Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Die Wohnrechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin, eine Mit- und Wohnungseigentümerin der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus *****, hat beantragt, die Zustimmung der Antragsgegner zum Ausbau des Dachbodens nach Maßgabe einer vorgelegten Planskizze zu ersetzen. Sie begründete diesen Antrag wie folgt:
Mit ihren 46/620 Miteigentumsansteilen sei Wohnungseigentum an der im Dachgeschoß gelegenen Wohnung W 6 verbunden. Zubehör dieser Wohnung sei ein nicht ausgebauter Dachboden mit einer Fläche von 82,09 m2. Sie wolle diesen Dachboden zu einer Wohnung ausbauen. Dabei soll ohne Kostenbelastung der anderen Wohnungseigentümer eine Dacherneuerung erfolgen. Zur Schadensabsicherung der anderen Wohnungseigentümer während des Umbaus werde eine Bauwesenversicherung abgeschlossen, zur finanziellen Absicherung der Dachfertigstellung eine Bankgarantie hinterlegt. Durch den Ausbau des Dachbodens führe zu keiner Erhöhung der Grundsteuer für den einzelnen Eigentümer; die bestehenden Heizungs- und Wasserkapazitäten würden nicht beeinträchtigt; mit einer Schädigung des Hauses sei nicht zu rechnen. Es seien daher mit dem geplanten Ausbau des Dachbodens keinerlei Nachteile für die Antragsgegner verbunden. Diese würden durch den Dachbodenausbau nur insoweit berührt, als dadurch eine Nutzwertänderung erfolge, doch stelle dies keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen dar.
Der Drittantragsgegner sprach sich gegen die beabsichtigte Bauführung aus. Der Ausbau, insbesondere die Errichtung einer Terrasse, würde das äußere Erscheinungsbild des Hauses erheblich beeinträchtigen, da die Dachschräge abgetragen und dort eine Dachterrasse angelegt werden soll. Durch die Errichtung einer Dachterrasse auf der Südseite werde außerdem die Einrichtung einer Solarheizung unmöglich gemacht, desgleichen die Errichtung eines Liftes, da ein solcher nur entlang der südseitigen Fassade montiert werden könne. Auf Grund der bestehenden Parkraumnot sei weiters zu befürchten, dass der als Allgemeinfläche verbleibende Hof über Antrag einiger Miteigentümer zur Parkfläche gemacht und der Parkraum durch den geplanten Ausbau verknappt werde. Es werde auch bestritten, dass durch den beabsichtigten Umbau keine Minderung des Verkehrswertes eintrete. Die Ausübung des Änderungsrechts nach § 13 Abs 2 WEG könne überdies nicht dazu führen, dass eine Ausdehnung der Eigentumsrechte durch Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft, wie dies nunmehr von der Antragstellerin begehrt werde, erfolge.
Eingangs der Tagsatzung vom 14. 4. 1999, bei welcher die Antragstellerin und der Drittantragsgegner jeweils anwaltlich vertreten waren, folgte der Erstrichter der Antragstellerin eine Gleichschrift des am 9. 4. 1999 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz mit dem Vorbringen des Drittantragsgegners aus. Er erörterte sodann mit den Parteien die Bestimmung des § 13 Abs 2 Z 1 - 3 WEG und wies darauf hin, dass von den begehrten Änderungen auch Erneuerungsarbeiten am Dach umfasst seien, also in allgemeine Teile der Liegenschaft eingegriffen werde. Seitens der Antragstellerin wurde daraufhin zum Vorbringen des Drittantragsgegners ein kurzes Vorbringen erstattet, womit sie die behaupteten Beeinträchtigungen der Interessen der Miteigentümer bestritt. Die Antragstellerin ersuchte außerdem, mittels Schriftsatzes detailliert zum Vorbringen des Drittantragsgegners Stellung nehmen zu können. Nach Ankündigung des Erstrichters, die Verhandlung zu schließen, falls kein weiteres Vorbringen erstattet werde, rügte die Antragstellerin noch, dass ihr nicht die Einbringung eines Schriftsatzes ermöglicht werde.
Ohne weitere Verhandlung wies schließlich das Erstgericht den gegenständlichen Sachantrag ab. Es begründete diese Entscheidung damit, dass § 13 Abs 2 Z 2 WEG bei Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft verlange, dass die Änderung entweder der Übung des Verkehrs entspricht oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dient. Ein Miteigentümer, der gemeinsame Teile der Liegenschaft für eine Änderung in Anspruch nehmen will, müsse daher entweder die Verkehrsüblichkeit oder sein eigenes Interesse an der geplanten Änderung dartun. Die Pflicht des Gerichtes zur amtswegigen Prüfung des Sachverhalts ende im außerstreitigen Verfahren gemäß § 26 Abs 2 WEG dort, wo ein Vorbringen der Partei überhaupt nicht vorliege. Die Partei treffe zwar keine förmliche Beweislast, jedoch eine qualifizierte Behauptungspflicht. Der vorliegende Antrag sei daher mangels eines entsprechenden Vorbringens nach § 13 Abs 2 Z 2 WEG abzuweisen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
In der Entscheidung 5 Ob 30/94 habe der Oberste Gerichtshof zwar ausgeführt, dass in der Ausstattung einer Eigentumswohnung mit einer Terrasse samt Zugang zum gemeinsamen Garten wegen der damit verbundenen erheblichen Steigerung des Wohn- und Verkehrswertes der Wohnung ein wichtiges Interesse des Antragstellers liege, wobei ein solches auch ein bloß wirtschaftlicher Natur sein könne, doch lasse sich dieser Entscheidung nicht entnehmen, dass die Steigerung des Verkehrswertes allein bereits zur Begründung eines wichtigen Interesses ausreiche.
In der Entscheidung 5 Ob 92/94, in der sich das Höchstgericht gleichfalls mit dem beabsichtigten Bau einer Terrasse - diesmal auf einem gemeinsamen Flachdach - zu befassen hatte, habe der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass es selbstverständlich sei, dass eine Wohnung, die über eine Dachterrasse verfügt, eine bessere Lebensqualität biete und daher einen größeren Verkehrswert habe, doch könne dies alleine nicht dazu führen, dass ein Miteigentümer bloß zur Befriedigung dieser Interessen allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch nimmt. Das wichtige Interesse iSd § 13 Abs 2 Z 2 WEG müsse vielmehr im Allgemeinen über das an einer Vergrößerung der Wohnung selbstverständlich bestehende Interessen eines jeden Miteigentümers hinausgehen, wolle man dem Gesetzgeber nicht die Schaffung einer inhaltsleeren Gesetzesbestimmung unterstellen. Die Lehre habe dieses Gesetzesverständnis gebilligt und als sachgerecht erkannt (Markl, Anm zu WoBl 1995, 143/63; Hausmann in ecolex 1995, 322).
In der Entscheidung 5 Ob 269/98i, in welcher es gleichfalls um die Errichtung einer Dachterrasse ging, habe das Höchstgericht festgehalten, das Interesse an einer Wertsteigerung des eigenen Objektes erfülle die Tatbestandsvoraussetzung der Genehmigungsfähigkeit einer Änderung in der Regel nicht, weil mit vielen dem § 13 Abs 2 Z 2 WEG zu unterstellenden Bauvorhaben, insbesondere mit der Vergrößerung einer Wohnungseigentumseinheit, die Steigerung des Verkehrswertes des betreffenden Objektes einhergehe.
Aus diesen Ausführungen ergebe sich, dass die Antragstellerin nicht für sich in Anspruch nehmen könne, es hätte keines Vorbringens zum Vorliegen einer der im § 13 Abs 2 Z 2 WEG normierten Voraussetzungen für die Genehmigungsfähigkeit der beabsichtigten Änderung bedurft, weil ihr wichtiges Interesse an der Baumaßnahme notorisch sei. Das Erstgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass ein Miteigentümer, der gemeinsame Teile der Liegenschaft für eine Änderung in Anspruch nehmen will, sein eigenes Interesse an der geplanten Änderung dartun muss (Würth in Rummel2 Rz 7 zu § 13 WEG; immolex 1998/66). Eine Pflicht zur amtswegigen Prüfung des Sachverhalts habe mangels einer entsprechenden Behauptung nicht bestanden.
Es liege im konkreten Fall aber auch kein Verfahrensverstoß dahingehend vor, dass das Erstgericht die Unvollständigkeit des Vorbringens der Antragstellerin nicht erörtert hätte. Für das Verfahren nach § 26 WEG gelte zwar der Untersuchungsgrundsatz, weshalb eine subjektive Beweislast im eigentlichen Sinn nicht bestehe, doch hätten die Verfahrensparteien unter Anleitung des Außerstreitrichters anspruchsbegründende und -vernichtende Tatsachen konkret zu behaupten bzw darzutun und auf diese Weise bei der Sammlung des Verfahrensstoffs mitzuwirken. Es treffe sie idS keine strenge Beweislast, aber eine Behauptungspflicht verbunden mit Beweisanboten (vgl Call in WoBl 1995, 203 für das mietrechtliche Verfahren gemäß § 37 Abs 3 Z 12 MRG).
Im konkreten Fall habe der Erstrichter den Sachantrag im Zusammenhang mit den Bestimmungen des § 13 Abs 2 Z 1 - 3 WEG erörtert und darauf hingewiesen, dass Eingriffe in allgemeine Teile der Liegenschaft geplant seien. Er habe es allerdings - nach dem Wortlaut des Protokolles - unterlassen, ausdrücklich darauf hinzuweisen, welche Erfordernisse § 13 Abs 2 Z 2 WEG im Falle einer Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft für eine Bewilligung vorsieht. Die Antragstellerin habe aber einen Verstoß gegen die Anleitungspflicht nicht etwa deshalb geltend gemacht, dass ihrem Vertreter die Genehmigungsvoraussetzungen nicht (auswendig) geläufig gewesen seien, sondern habe sich darauf berufen, dass für sie die Notwendigkeit eines weiteren Vorbringens wegen der Notorietät ihres Interesses nicht erkennbar gewesen sei. Damit habe die Antragstellerin zu erkennen gegeben, dass sie für den Fall, hätte der Erstrichter ausdrücklich auf die Alternativvoraussetzungen der Übung des Verkehrs oder des wichtigen Interesses des Wohnungseigentümers hingewiesen, zur Begründung dieses Interesses ausschließlich auf die mit dem Ausbau des Dachbodens verbundene Steigerung des Verkehrswertes hingewiesen hätte. Da die Antragstellerin also ohnedies nur Umstände behauptet hätte, die zur Begründung des Vorliegens eines wichtigen Interesses nicht ausgereicht hätten, hafte dem erstinstanzlichen Verfahren kein Mangel an.
Auch der Umstand, dass das Erstgericht der Antragstellerin nicht die Möglichkeit einräumte, auf das im Schriftsatz des Drittantragsgegners (ON 3) enthaltene Vorbringen schriftlich zu erwidern, begründe keinen Verfahrensmangel. Die betreffenden Einwendungen des Drittantragsgegners hätten nämlich nicht die Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 Abs 2 Z 2 WEG, sondern die negativen Voraussetzungen des § 13 Abs 2 Z 1 WEG betroffen, wonach durch die Änderung weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer erfolgen darf. Darüber hinaus hätte die Antragstellerin die Möglichkeit gehabt, in der Tagsatzung jegliches von ihr als notwendig erachtetes Vorbringen zu erstatten.
Damit erweise sich der Rekurs der Antragstellerin gegen den erstinstanzlichen Sachbeschluss insgesamt als nicht begründet.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,-- übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, dass sich das Rekursgericht an höchstgerichtlicher Judikatur orientieren konnte und den hier maßgeblichen Rechtsfragen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Gegen den zweitinstanzlichen Sachbeschluss hat die Antragstellerin fristgerecht ao Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, ihn entweder iS einer Stattgebung des auf Genehmigung der Änderung gerichteten Begehrens abzuändern oder aber aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen. Sie begründet die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels mit der widersprüchlichen Behandlung des wertsteigernden Effekts eines Dachbodenausbaus in der Judikaur zu den Änderungsvoraussetzungen des § 13 Abs 2 Z 2 WEG und damit, dass die vom Rekursgericht für seine Rechtsauffassung zitierten Entscheidungen weitaus geringere Wertsteigerungen betroffen hätten als der hier geplante Ausbau; in der Sache selbst bringt sie im Wesentlichen vor, dass beim Ausbau eines im Zubehör-Wohnungseigentum stehenden Dachbodens, der einen Gewinn an zusätzlicher Wohnfläche von 82,09 m2 und dazu noch die Vorteile einer Dachterrasse bringt, das "wichtige Interesse" iSd § 13 Abs 2 Z 2 WEG auf der Hand liege. Um die Änderungsvoraussetzungen des § 13 Abs 2 Z 2 WEG darzulegen, reiche somit der Hinweis auf die Steigerung des Verkehrswerts des Wohnungseigentumsobjektes der Antragstellerin.
Der Antragsgegnerin wurde die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt. Der Drittantragsgegner hat von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht und mit der Begründung, bloß wirtschaftliche Interessen könnten (zumindest) keine so schwerwiegende Änderungen an allgemeinen Teilen des Hauses rechtfertigen, wie sie die Antragstellerin im konkreten Fall plane, die Bestätigung des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinn seines Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.
Richtig ist, dass der eine Änderung seines Wohnungseigentumsobjektes nach § 13 Abs 2 Z 2 WEG anstrebende Wohnungseigentümer (vom hier nicht vorliegenden Fall der Verkehrsüblichkeit der Änderung abgesehen) sein wichtiges Interesse an der gelanten Maßnahme darzulegen hat (5 Ob 1082/92; 5 Ob 2334/96p = EWr II/13/76 = immolex 1998, 112/66) und dass hiefür nach neuerer Rechtsprechung eine Steigerung des Wohn- und Verkehrswerts, wie sie mit einer Vergrößerung der Wohnung selbstverständlich verbunden ist, idR nicht
genügt (5 Ob 92/94 = WoBl 1995, 143/63 [Markl]; 5 Ob 269/98i =
immolex 1999, 145/100 = NZ 1999, 391 mwN). Im konkreten Fall ist
jedoch der aus der Art der angestrebten Änderung hervorleuchtenden und von der Antragstellerin jetzt auch ausdrücklich geltend gemachten Wertsteigerung ihrer Eigentumswohnung nicht von vornherein die Eignung abzusprechen, ein wichtiges Interesse iSd § 13 Abs 2 Z 2 WEG zu begründen. Immerhin geht es um die Nutzung eines offenbar brach liegenden, im Zubehör-Wohnungseigentum stehenden Dachbodens von 82,09 m2, der zu einer Wohnung mit Dachterrasse ausgebaut werden soll. Ob dieses Interesse "wichtig" ist (also ausreichend gewichtig um das gemeinsame Dach durch eine Erneuerung und Umgestaltung in Anspruch zu nehmen) lässt sich an Hand des bisherigen Vorbringens nicht verlässlich beurteilen. Die Wichtigkeit des Interesses an der angestrebten Änderung ist nämlich in Relation zum Ausmaß der Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft zu sehen (vgl Hausmann, Zum Änderungsrecht des Wohnungseigentümers, ecolex 1995, 321 [323]). Hierüber fehlen präzise Behauptungen und auch die dem Sachantrag angeschlossene Planskizze ist zu wenig aussagekräftig. Dementsprechend hätte das Problem in Wahrnehmung der richterlichen Anleitungspflicht mit der Antragstellerin erörtert werden müssen. Das Erstgericht hat zwar nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolls vom 14. 4. 1999 (ON 5) ganz allgemein auf die Änderungsvoraussetzungen des § 13 Abs 2 Z 2 WEG und die Unzulänglichkeit des Vorbringens der Antragstellerin hingewiesen, nicht jedoch auf die Notwendigkeit einer präziseren Darlegung der geplanten Umgestaltung des Dachs. Das bedingt eine Verfahrensergänzung. Sollte sich nach den dargelegten Kriterien ein wichtiges Interesse der Antragstellerin an der geplanten Veränderung ergeben, werden noch die vom Drittantragsgegner geltend gemachten gegenläufigen Interessen (§ 13 Abs 2 Z 1 WEG) zu prüfen sein.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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