OGH 7Ob338/99b

OGH7Ob338/99b11.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Margit L*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Dipl. Ing. Eriden L*****, vertreten durch Robathin & Hofmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Ehescheidung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Beklagten gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 20. Mai 1999, GZ 43 R 374/99i-21, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2und § 521a Abs 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung

Dem Beklagten wurde mit rechtskräftiger EV vom 10. 11. 1998, befristet bis 10. 2. 1999 a) verboten, in die eheliche Wohnung und deren (näher bezeichnete) unmittelbare Umgebung zurückzukehren sowie

b) verboten, sich bei der Tagesmutter seines mj Sohnes und in deren (näher bezeichneter) unmittelbarer Umgebung aufzuhalten und c) aufgetragen, das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit der Klägerin und dem gemeinsamen Sohn Elias zu vermeiden (§ 382b Abs 2 Z 2 EO). Diese einstweilige Verfügung wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 15. 3. 1999 bis zur rechtskräftigen Erledigung des anhängigen Scheidungsverfahrens der Streitteile verlängert; für den Fall, dass die Antragstellerin innerhalb von drei Monaten nach rechtskräftiger Erledigung des Scheidungsverfahrens ein Verfahren nach §§ 81 ff EheG einleite, wurde die einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Aufteilungsverfahrens verlängert.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die Erhebung des ordentlichen Revisionsrekurses für unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Im ao. Revisionsrekurs macht der Beklagte folgende Rechtsfragen geltend (§ 528 Abs 1 ZPO):

1. dass sein Sohn Elias niemals einen Antrag auf Verlängerung gestellt habe. Der Verlängerungsantrag sei vom rechtsfreundlichen Vertreter der Klägerin gestellt worden, der sich nicht darauf berufen habe, auch für Elias einzuschreiten. Die Vorinstanzen hätten daher die Verlängerung hinsichtlich Elias nicht genehmigen dürfen. Zu dieser Frage liege noch keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vor.

2. Die Formulierung der Fristsetzung durch das Erstgericht entspreche nicht der Setzung einer "Rechtfertigungsfrist" im Sinn des § 391 Abs 2 EO. Richtigerweise hätte das Erstgericht eine Frist bestimmen müssen, innerhalb welcher nach rechtskräftiger Beendigung des Scheidungsverfahrens die gefährdete Partei einen Antrag gemäß §§ 81 ff EheG einzubringen habe, widrigenfalls die einstweilige Verfügung aufzuheben sei. Das Erstgericht habe jedoch die Verlängerung der einstweiligen Verfügung unzulässiger Weise von einer Bedingung abhängig gemacht, sodass der Fall eintreten könne, dass die einstweilige Verfügung zunächst nach Beendigung des Scheidungsverfahrens außer Kraft trete und in der Folge bei fristgerechter Antragstellung gemäß §§ 81 ff EheG wieder in Kraft trete.

Mit diesen Ausführungen vermag der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:

Zu 1.: Die Frage, ob eine Mutter bzw deren Anwalt einen Antrag auch für ihr minderjähriges Kind stellt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab; über den vorliegenden Fall hinaus kommt dieser Frage daher keine Bedeutung zu. Die Behauptung des Revisionsrekurswerbers, dass im vorliegenden Fall die Klägerin nicht - wie schon bei Stellung des Antrags nach § 382b EO - auch für ihr in ihrer Pflege und Erziehung befindliches dreijähriges Kind eingeschritten sein soll, muss als geradezu mutwillig bezeichnet werden.

Zu 2.: Entsprechend stRsp kann der Zeitraum, für den die EV erlassen

werden soll, nicht nur mit einem bestimmten Kalendertag, sondern auch

durch Anführung eines Ereignisses, eines Vorfalls oder eines Umstands

begrenzt werden, bis zu dessen Eintritt der gefährdeten Partei die

Sicherung zugute kommen soll, also etwa bis zur Rechtskraft eines

Urteils in einem für die EV maßgeblichen Verfahren (EFSlg 49.640 =

MietSlg 37.845 uva). Es kann aber auch eine alternative Festsetzung

des Zeitpunktes erfolgen, etwa indem als äußerster Endpunkt ein

kalendermäßig bezeichneter Tag genannt wird, falls nicht ein gewisses

maßgebendes Ereignis schon früher eintritt (5 Ob 113, 114/75 = EFSlg

25.705; 3 R 6/77 OLG Linz = EFSlg 30.357).

Die im vorliegenden Fall vom Erstgericht über Antrag der Klägerin gewählte alternative Bestimmung zweier Ereignisse als mögliche Endpunkte erfolgte im Rahmen dieser oberstgerichtlichen Judikatur. Da nach hM eine einstweilige Verfügung nicht von selbst erlischt, sondern nur über Antrag aufzuheben ist (für viele Heller-Berger-Stix EO4 2842), ist auch der Einwand des Revisionsrekurswerbers, es könne zu einem "Außerkrafttreten" der EV nach rechtskräftiger Beendigung des Scheidungsverfahrens, dann aber im Falle eines Aufteilungsantrags innerhalb von drei Monaten zu einem "Wiederaufleben" kommen, nicht wirklich stichhaltig bzw problematisch: kann doch die gefährdete Partei im Falle eines Aufhebungsantrags ihres Gegners nach rechtskräftiger Beendigung des Scheidungsverfahrens eine Aufhebung der EV durch umgehende Stellung eines Antrags nach §§ 81 ff EheG ja verhindern. Der Beklagte erscheint durch die vom Erstgericht vorgenommene Befristung im Vergleich zu seinem eigenen Formulierungsvorschlag auch keineswegs beschwert: würde doch nach seiner Formulierung die einstweilige Verfügung sofort mit einem Zeitpunkt drei Monate nach rechtskräftiger Beendigung des Scheidungsverfahrens befristet werden, mit der Option einer Verlängerung einer Befristung bis zur rechtskräftigen Beendigung eines - innerhalb dieser Frist beantragten - Aufteilungsverfahrens.

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