OGH 8ObA209/99i

OGH8ObA209/99i22.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Schenk und DI Hans Sailer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sarah S*****, vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Elisabeth T*****, vertreten durch Dr. Josef Thaler, Rechtsanwalt in Zell am Ziller, wegen S 75.738,30 netto, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. April 1999, GZ 11 Ra 49/99a-32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 5. Jänner 1999, GZ 16 Cga 99/97b-28, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat den Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, weshalb es gemäß §§ 510 Abs 3, 528a ZPO ausreicht, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses zu verweisen.

Ergänzend ist anzumerken:

Die vorzeitige Auflösung eines Lehrverhältnisses bedarf gemäß § 15 Abs 1 BAG zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Will der Lehrberechtigte von einem Auflösungsgrund Gebrauch machen, so muss er die Auflösung unverzüglich schriftlich aussprechen. Die Rechtsnatur des Erfordernisses der Unverzüglichkeit ist eine den die Auflösung aussprechenden Arbeitgeber belastende Aufgriffsobliegenheit. Die rechtliche Wurzel dieser Obliegenheit ist einerseits im Wesen der Entlassung als Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses und andererseits in dem aus den vertraglichen Schutz- und Fürsorgepflichten resultierenden Klarstellungsanspruch des Dienstnehmers begründet, der mit Recht wissen will, woran er ist (9 ObA 190/94 u. a.).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die - wenngleich rechtsunwirksame - mündliche Erklärung das Dienstverhältnis vorzeitig aufzulösen, bei Beurteilung der Unverzüglichkeit der schriftlichen Entlassungserklärung nicht völlig unberücksichtigt bleiben könne, weil dem Arbeitnehmer dadurch unmissverständlich vor Augen geführt werde, dass der Dienstgeber eine Weiterbeschäftigung als unzumutbar ansehe (ArbSlg 10.445; 9 ObA 190/94). Allerdings wurde ebenso judiziert, dass die Ursache des zwischen der Kenntnis vom Entlassungsgrund und dem Ausspruch der Entlassung liegenden Zuwartens des Arbeitgebers im Einzelfall geklärt werden müsse. Das Unterlassen der sofortigen Geltendmachung eines Entlassungsgrundes führe dann nicht zur Verwirkung des Entlassungsrechts, wenn das Zögern in der Sachlage begründet sei (ArbSlg 9606; ArbSlg 10.445; 9 ObA 249/97a u. a.).

Die Klägerin hat sowohl in der Klage als auch in der Verhandlung vom 25. 8. 1997 (AS 29) unter anderem ausdrücklich vorgebracht, dass die Auflösung verfristet sei. Dennoch hat die Beklagte keinerlei Vorbringen erstattet, aus welchem Grund die schriftliche Auflösungserklärung erst rund 14 Tage nach dem inkriminierten Vorfall der Klägerin zugekommen ist. Ein mit den Entscheidungen ArbSlg 10.445 und 9 ObA 190/94 vergleichbarer Fall liegt daher nicht vor, weil es dort um Zeitspannen von 5 bzw 4 Tagen ging, in welche zudem ein Feiertag und das Wochenende fiel. Während somit dort das Zuwarten mit der schriftlichen Erklärung leicht erklärbar war, ist im hier zu beurteilenden Fall ein Grund für die lange Verzögerung nicht zu finden. In einem derartigen Fall kann aber auch die das Dienstverhältnis nicht beendende mündliche Auflösungserklärung das gerechtfertigte Klarstellungsbedürfnis des Dienstnehmers nicht in ausreichendem Maß befriedigen.

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