OGH 9Ob279/99s

OGH9Ob279/99s15.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****vertriebsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Alexander Diemand, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Mag. Ing. Franz H*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in Amstetten, wegen S 103.434 sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 14. Juni 1999, GZ 3 R 110/99p-28, womit über Berufung des Beklagten das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 19. März 1999, GZ 14 Cg 156/97x-22, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte beauftragte die Klägerin mit der Lieferung, Montage und Inbetriebnahme einer Schwimmhallen-Entfeuchtungsanlage bestehend aus einer Kompakteinheit samt Warmwasserheizregister und Hygrostat und diversen Lüftungskanälen zu einem nicht näher aufgeschlüsselten Preis von insgesamt S 242.390 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer für ein Bauvorhaben in A*****. Nach dem schriftlichen Vertrag sollten die Lüftungskanäle binnen zwei bis drei Wochen, die Entfeuchtungsanlage binnen sechs bis acht Wochen frei Haus geliefert, 50 % der Totalsumme bei Auftragserteilung, der Rest bei Komplettlieferung und Fertigstellung der Anlage bezahlt werden. Die Entfeuchtungsanlage ohne Lüftungskanäle wurde am 23. 8. 1996 an den Beklagten versendet, vom Beklagten zunächst jedoch nicht übernommen, da der Technikraum noch nicht fertiggestellt war. Am 6. 9. 1996 zahlte der Beklagte die vereinbarte Anzahlung von S 145.434 (inklusive Umsatzsteuer). Erst gegen Ende Oktober 1996 war der Bau soweit fortgeschritten, dass die Entfeuchtungsanlage aufgestellt werden konnte und eine Montage der Lüftungskanäle möglich gewesen wäre. Der Geschäftsführer der Klägerin schlug dem Beklagten am 30. 10. 1996 vor, die Lüftungskanäle samt Montage gegen eine Reduktion der Gesamtauftragssumme von netto S 70.000 aus dem Auftragsumfang herauszunehmen. Der Beklagte war mit diesem Vorschlag nicht einverstanden, bestand auf einer Ausführung der Anlage laut Auftragsbestätigung und teilte der Klägerin noch am 30. 10. 1996 mit, dass mit der Montage begonnen werden könne. Wegen der eingetretenen Verzögerung unter Berufung auf eine 90-tägige Preisbindung war die Klägerin zur Fertigstellung der Anlage nur unter der Bedingung bereit, dass der Beklagte weitere 40 % der Auftragssumme sofort und die restlichen 10 % nach Inbetriebnahme der Anlage bezahlt. Der Beklagte lehnte eine weitere Vorauszahlung ab und forderte die Montage und Inbetriebnahme der Lüftungsanlage bis 15. 11. 1996. Da beide Parteien auf ihrem Standpunkt beharrten, kam es weder zu weiteren Zahlungen des Beklagten noch zu weiteren Leistungen der Klägerin. Mit Schreiben vom 20. 12. 1996 erklärte der Beklagte unter Setzung einer Nachfrist bis 10. Jänner 1997 den Rücktritt vom Vertrag und ließ sodann die Lüftungskanäle von einem anderen Unternehmen herstellen und montieren. Mit Rechnung vom 30. 1. 1997 rechnete die Klägerin unter Hinweis auf die vom Beklagten nicht geleistete weitere Teilzahlung den Auftrag dergestalt ab, dass sie von der vereinbarten Auftragssumme für die unterbliebene Montage der Lüftungskanäle S 35.000 (exklusive USt) in Abzug brachte und unter Berücksichtigung der vom Beklagten geleisteten Teilzahlung einen restlichen Betrag von S 103.434 in Rechnung stellte.

Die Klägerin begehrt diesen offenen Rechnungsbetrag mit der Begründung, die Lüftungskanäle seien bereits im Juni 1996 angefertigt und zur Auslieferung bereit gestanden. Der Beklagte habe die Versuche der Klägerin, die Anlagenteile zu liefern und zu montieren, nicht zugelassen, so dass unter Zugrundelegung der vereinbarten Lieferfristen der gesamte Werklohn bereits im August 1996 zur Zahlung fällig gewesen sei. Die Klägerin habe daher am 6. 11. 1996 eine weitere Teilrechnung über S 116.347,20 gelegt und die Lieferung und Montage der Lüftungskanäle von deren Begleichung abhängig gemacht.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe den ihr erteilten Auftrag trotz Nachfristsetzung nur teilweise erfüllt und lediglich Lieferungen und Leistungen im Wert von insgesamt S 109.260 erbracht. Es liege eine Überzahlung in der Höhe von S 36.174 vor. Die Lüftungskanäle seien Ende Oktober 1996 noch nicht gefertigt gewesen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren bis auf eine unbekämpft gebliebene Abweisung des 5 vH übersteigenden Zinsenmehrbegehrens statt. Der Beklagte habe sich ab 23. 8. 1996 in Annahmeverzug befunden, weil er weder die übersandten Geräte übernommen noch die angebotene Montage der Lüftungskanäle zugelassen habe. Mit Eintritt des Annahmeverzuges habe die Klägerin einen unbedingten Anspruch auf Zahlung des Werklohnes erworben und daher die Erbringung weiterer Leistungen von der vorherigen Bezahlung weiterer 40 % des Werklohnes abhängig machen dürfen, zumal der gesamte restliche Werklohn bereits fällig gewesen sei. Da im Hinblick auf den Vertragsrücktritt des Beklagten eine Ausführung des Werkes nicht mehr in Frage komme, gebühre der Klägerin das vereinbarte Entgelt abzüglich der Kosten für die unterbliebene Montage der Lüftungskanäle.

Das Berufungsgericht hob über Berufung des Beklagten das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens an das Erstgericht. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Die auf Grund des vorliegenden Werkvertrages von der Klägerin geschuldete Lieferung und Montage der bereits seit August 1996 fertiggestellten Lüftungskanäle habe sich wegen der der Sphäre des Beklagten zuzurechnenden Nichterbringung der für die Montage erforderlichen bauseitigen Vorleistungen zunächst bis Ende Oktober 1996 verzögert. Als infolge des Baufortschrittes die Montage der Lüftungskanäle möglich gewesen wäre, habe die Klägerin im Hinblick auf die eingetretene Verzögerung die Erbringung weiterer Leistungen von Bedingungen abhängig gemacht, die im Vertrag nicht vorgesehen gewesen seien. Unterbleibe die Ausführung des Werkes, gebühre dem Unternehmer gleichwohl das vereinbarte Entgelt, wenn er zur Leistung bereit gewesen und durch Umstände, die auf Seite des Bestellers liegen, daran verhindert worden sei. Er müsse sich jedoch anrechnen lassen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt habe. Sei er infolge solcher Umstände durch Zeitverlust bei der Ausführung des Werks verkürzt worden, gebühre ihm angemessene Entschädigung. Während § 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB das Unterbleiben der Ausführung des Werkes voraussetze, sei für die Rechtsfolgen des § 1168 Abs 1 Satz 2 ABGB eine Verzögerung der Werkleistung maßgeblich. Die erstgenannte Gesetzesbestimmung sei anzuwenden, wenn feststehe, dass das Werk endgültig nicht hergestellt werde. Dies sei dann der Fall, wenn es überhaupt oder für diesen Besteller nicht weiter ausgeführt werden könne, wenn der Besteller die erforderliche Mitwirkung ernsthaft unterließe oder eine Ausführung nicht mehr wolle. Die Fälligkeit ergebe sich für den Zeitpunkt, in dem das endgültige Unterbleiben der Herstellung oder der Übernahme des Werkes durch den Besteller feststehe. § 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB sei weiters zumindest analog anzuwenden, wenn das Werk auf längere Zeit hin nicht ausgeführt werden könne, weil der Besteller es vorläufig nicht haben wolle. Wenn beide am Vertrag festhielten, könne der Unternehmer dann sofort das eingeschränkte Entgelt gemäß § 1168 Abs 1 ABGB verlangen und den Rest nach Herstellung des Werkes. Ein Anspruch auf das volle Entgelt sei nicht gegeben, weil der Unternehmer vorleistungspflichtig sei. Fällig sei der eingeschränkte Entgeltanspruch dann, wenn das Werk ohne den Hinderungsgrund ausgeführt und vollendet gewesen wäre. Für den von der Klägerin geltend gemachten auf § 1168 ABGB gestützten Entgeltanspruch sei maßgeblich, ob die vollständige Ausführung des Werkes aus Umständen auf Seiten des beklagten Bestellers oder wegen eines infolge Leistungsverzuges der Klägerin berechtigten teilweisen Vertragsrücktrittes unterblieben sei. Dazu sei zu prüfen, ob die Klägerin im Hinblick auf die bauseits bedingten Verzögerungen berechtigt war, auch nach Wegfall der eine Werkvollendung verhindernden Umstände auf Seiten des Bestellers die Erbringung weiterer geschuldeter Leistungen von einer im Vertrag nicht vorgesehenen weiteren Teilzahlung abhängig zu machen. Die Klägerin, die nach Lieferung des Entfeuchtungsgerätes ab diesem Zeitpunkt auch zur Lieferung und Montage der Lüftungskanäle bereit gewesen sei, hätte ab jenem Zeitpunkt Anspruch auf das eingeschränkte Entgelt des § 1168 Abs 1 ABGB gehabt, zu dem eine Fertigstellung der Anlage möglich gewesen wäre, wenn die bauseitigen Vorleistungen bereits ab dem Zeitpunkt des Eintreffens des Entfeuchtungsgerätes eine Montage und Inbetriebnahme der Anlage ermöglicht hätten. Unter Zugrundelegung der vereinbarten Montage- und Fertigstellungsfrist von rund zwei Wochen hätte die Klägerin daher ab Mitte September 1996 gegen den Beklagten Anspruch auf das eingeschränkte Entgelt nach § 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB, abzüglich der geleisteten Anzahlung, sohin auf restliche S 103.434 gehabt. Während der Dauer des vorübergehenden Leistungshindernisses auf Bestellerseite habe die Klägerin jedoch keine Forderungen auf das eingeschränkte Entgelt erhoben. Zu dem Zeitpunkt, als sie die Zahlung des eingeschränkten Entgeltes mit Rechnung vom 30. 1. 1997 begehrte, sei der Annahmeverzug des Beklagten jedoch längst beendet gewesen und das Leistungshindernis nicht mehr vorgelegen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin in Abänderung der vereinbarten Zahlungsbedingungen eine weitere Teilzahlung begehrt. Die Verzögerung bei der Werkserfüllung hätte jedoch zu keiner Änderung der Vertragsbedingungen, insbesondere zu keiner Vorleistungspflicht des Beklagten geführt. Die Klägerin habe daher nach dem Wegfall der einer Lieferung des Werkes entgegenstehender Hindernisse gegenüber dem annahmebereiten und auf Fertigstellung des Werkes dringenden Beklagten die Fertigstellung des Werkes nicht von einer vertraglich nicht vereinbarten, den eingeschränkten Entgeltanspruch übersteigenden weiteren Vorleistung des Beklagten abhängig machen dürfen. Sie habe sich daher ab Ende Oktober 1996 mit Lieferung und Montage der Lüftungskanäle und Inbetriebnahme der Anlage in Schuldnerverzug befunden, so dass der Beklagte zu Recht hinsichtlich der ausständigen Leistungen nach erfolgloser Nachfristsetzung den Teilrücktritt vom Werkvertrag erklärt habe. Dies führe zu einer Reduktion des vereinbarten Pauschalentgeltes. Diesbezüglich seien jedoch noch weitere Feststellungen erforderlich.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass das erstgerichtliche Urteil bestätigt werde; hilfsweise den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs- oder das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei stellt den Antrag, dem Rekurs der Klägrin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Unterbleibt die Werkerstellung durch Umstände auf Seiten des Bestellers, so gebührt dem Unternehmer gemäß § 1168 ABGB das vereinbarte Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war. Er muss sich jedoch auch im Falle eines Pauschalpreises anrechnen lassen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart hat (SZ 64/71; 2 Ob 54/99a). Verweigert der Besteller den Abruf endgültig, dann erübrigt sich jede Fälligstellung und dem Unternehmer gebührt, solange das Werk nicht hergestellt werden kann, seit dem Tag, an dem das Unterbleiben des Werks endgültig feststeht (ecolex 1990, 212 = 8 Ob 625/88), der eingeschränkte Entgeltanspruch nach § 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB (SZ 52/178; 8 Ob 550/85; 1 Ob 167/99m).

Die Klägerin hätte daher bei dem gegebenen Annahmeverzug des Beklagten unter Voraussetzung des endgültigen Unterbleibens des Werkes bzw der Übernahme den eingeschränkten Entgeltanspruch nach § 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB geltend machen können (SZ 64/71). Diesen Anspruch hat die Klägerin jedoch nicht geltend gemacht, sondern sie bestand nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes auf einer den eingeschränkten Entgeltanspruch nach § 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB übersteigenden, weiteren vertragswidrigen Vorleistung des Beklagten. Auch durch die mangelnde Mitwirkung des Beklagten blieb das durch den Vertrag begründete Schuldverhältnis, an dem der Beklagte festhielt, bestehen (SZ 45/11). Die Klägerin war daher an die geschlossene Vereinbarung gebunden und nicht berechtigt, einseitig die Vereinbarung über die Zahlungsmodalitäten zu ändern oder ihre vertragliche Leistungspflicht von einseitig gesetzten, vom Beklagten nicht akzeptierten Bedingungen abhängig zu machen. Ob es sich dabei um für den Beklagten nachteilige Bedingungen handelte oder nicht, ist ohne Bedeutung, weil sie vom Inhalt der geschlossenen Vereinbarung abwichen und daher einer Willenseinigung bedurft hätten.

An der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass die Klägerin ihrerseits durch ihr vertragswidriges Verhalten in Schuldnerverzug geriet, weil sie die geschuldete Leistung nicht erbrachte, so dass der Beklagte zum Rücktritt des Vertrages berechtigt war, ist daher nichts auszusetzen.

Soweit das Berufungsgericht Feststellungen zur Höhe des der Klägerin noch zustehenden Teiles des Pauschalpreises vermisst und Überlegungen zur Ermittlung der Reduktion des vereinbarten Pauschalentgeltes durch Entfall der Restleistung infolge des berechtigtgen Teilrücktrittes anstellte, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten. Andererseits zieht die Rekurswerberin diese im Aufhebungsbeschluss angestellten rechtlichen Überlegungen des Berufungsgerichtes ohnehin nicht in Zweifel.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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