OGH 4Ob297/99a

OGH4Ob297/99a23.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Clement Achammer und andere Rechtsanwälte in Feldkirch, gegen die beklagte Partei V***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Blum und andere Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert restliche 900.000 S), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 10. Juni 1999, GZ 2 R 53/99g-39, womit das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 1. Dezember 1998, GZ 5 Cg 219/97d-32, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 22.455 S (darin 3.742,50 S USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts ist nur unter der Voraussetzung des Vorliegens einer Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO anfechtbar (§ 519 Abs 2 ZPO); eine solche Rechtsfrage wird von der Klägerin aber nicht aufgezeigt.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die Beklagte ein von der Klägerin entwickeltes Produkt (Spannsystem für Werkzeugmaschinen), das in Österreich keinen Sonderrechtsschutz genießt, nicht identisch, sondern in technisch abgewandelter und teilweise verbesserter Form nachgebaut. Absicht der Beklagten war es dabei, ein Produkt herzustellen, das mit jenem der Klägerin kompatibel ist.

Das Berufungsgericht hält die Rechtssache noch nicht für entscheidungsreif, weil das Erstgericht zu den Fragen, ob a) zwischen den Produkten der Streitteile Verwechslungsgefahr bestehe, und ob b) die Beklagte durch die äußere Gestaltung ihres Produkts eine vermeidbare Herkunftstäuschung herbeigeführt habe, obwohl - nach den Behauptungen der Klägerin - die Formgebung nicht durch technische Vorgaben bedingt sei, von der Klägerin beantragte Beweise nicht aufgenommen habe. Schließlich könne auch noch nicht abschließend beurteilt werden, ob sich c) die Beklagte die zum Nachbau erforderlichen Informationen arglistig, nämlich durch Ausübung von sittenwidrigem Druck auf die Klägerin, beschafft habe.

Die von der Klägerin in ihrem Rekurs als fehlend bemängelten Feststellungen darüber, dass - ihrer Behauptung nach - die Beklagte nur nach einem Vorwand gesucht habe, um die bestehende Vertriebsvereinbarung zwischen den Streitteilen auflösen zu können, sind unter dem Gesichtspunkt des § 1 UWG ohne Bedeutung: Die Klägerin hat ihr Produkt mit einer Einzugskraft von 10.000 N gekennzeichnet, obwohl diese Kraft nach den Feststellungen nicht erreicht wurde, was unter anderem Grund für die Beendigung der Geschäftsbeziehung gewesen ist. Die Beklagte war damit schon allein auf Grund der unrichtigen Produktdeklaration zur Vertragsauflösung berechtigt, mögen bei ihrer Entscheidung auch noch andere Motive eine Rolle gespielt haben. Ob die Beklagte in diesem Zusammenhang die Klägerin angeschwärzt hat, konnte schon deshalb ungeprüft bleiben, weil ein solches Verhalten vom Unterlassungsbegehren nicht umfasst ist.

Die weitwendigen Ausführungen der Klägerin in lit 1b) und 1c) ihres Rechtsmittels übersehen, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts, es bedürfe - bei dem hier vorliegenden technischen Produkt - noch ergänzender Beweisaufnahmen zur Verwechslungsgefahr, dann keiner Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof unterliegt, wenn die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht richtig ist (Kodek in Rechberger, ZPO § 519 Rz 5 mN); dass es aber hier gerade auch auf die Verwechslungsgefahr ankommt, wird von der Klägerin selbst nicht in Abrede gestellt. Ob das Berufungsgericht das Gutachten des Sachverständigen als in sich widersprüchlich und unschlüssig werten und durch ein (Kontroll-)Gutachten überprüfen hätte müssen, betrifft hingegen die nicht revisible Frage der Beweiswürdigung (vgl zum Kontrollbeweis EvBl 1962/133; EFSlg 49.403; SZ 63/133; SSV-NF 6/28 uva).

Die vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrundegelegte Rechtsprechung des erkennenden Senats, wonach die Herstellung kompatibler Produkte für sich allein wettbewerbsrechtlich

unbedenklich ist (ÖBl 1998, 66 = WBl 1998, 138 = GRURInt 1999, 89 -

Rahmenschalungs- elemente; vgl auch SZ 62/207 = MR 1990, 101; MR

1991, 161 - Nachschlüssel), unterscheidet - entgegen den Ausführungen der Rechtsmittelwerberin - nicht danach, ob es sich beim nachgebauten Produkt um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens oder um ein hochtechnisiertes Produkt handelt; die Grundsätze dieser Rechtsprechung sind daher auch hier anzuwenden. Weder das Unterbieten der Preise der Klägerin durch die Beklagte noch die Gleichartigkeit des bei beiden Systemen verwendeten Einzugbolzens, die eine Austauschbarkeit beider Systeme ermöglicht, stehen mit dem Gedanken des Leistungswettbewerbs in Widerspruch und machen die als verbesserte Weiterentwicklung zu beurteilenden Produkte der Beklagten zu einem sittenwidrigen Nachbau iSd § 1 UWG. Ob aber andere die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände vorliegen, ist Gegenstand des Ergänzungsauftrags des Berufungsgerichts.

Der Rekurs war mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte in ihrer Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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