Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.436,48 S (darin 406,08 S USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist die Schwiegermutter der Beklagten (vormals Zweitbeklagte) und die Mutter von deren mitbeklagtem Gatten (vormals Erstbeklagter); soweit die Klage gegen ihn gerichtet ist, haben die Streitteile nach seinem Auszug aus dem Reihenhaus der Klägerin die Streitteile "ewiges Ruhen" des Verfahrens vereinbart.
Die Beklagte war die Lebensgefährtin des Sohnes der Klägerin und ist seit 1991 seine Ehegattin. Die jetzt getrennt lebenden Eheleute wohnten seit Ende der 80-iger Jahre zunächst in einer Eigentumswohnung der Beklagten. Die Klägerin wurde sodann von ihrem Sohn, der damals keine größeren Verbindlichkeiten für den Erwerb einer größeren Wohnung eingehen wollte, auf die Möglichkeit zum Erwerb eines Grundstücks für die Errichtung eines Reihenhauses aufmerksam gemacht. Die Klägerin verkaufte daraufhin ihre Eigentumswohnung und investierte den Verkaufspreis von 700.000 S bis 800.000 S in den Grundkauf und den Bau eines Reihenhauses; sie erhielt auch eine Wohnbauförderung des Landes. Dass sie nur Treuhänderin für ihren Sohn und die Beklagte sein sollte, steht nicht fest. Zur weiteren Finanzierung des Bauvorhabens nahm die Klägerin ein Darlehen über 1,5 Mio S auf, für das sie die Rückzahlungen leistete und auch noch derzeit leistet. Der Ausbau des Reihenhauses erfolgte nach den Vorstellungen der Beklagten und des Sohnes der Klägerin. Die Beklagte brachte für das Reihenhaus keinerlei finanzielle Mittel auf; ihr Vater half jedoch ebenso bei dessen Ausgestaltung wie der Sohn der Klägerin. Diese erhielt von ihrem Sohn im Laufe der Zeit als Ausgleich für ihre Bankverbindlichkeiten insgesamt rund 100.000 S. Somit flossen durch ihn - freiwillig und ohne Eingehung einer Verpflichtung der Klägerin gegenüber - 100.000 S in den Gebäudewert und 200.000 S in die Einrichtung ein. Die Klägerin war damit einverstanden, dass ihr Sohn und die Beklagte im Reihenhaus mietfrei wohnten, erhielt dafür die Eigentumswohnung der Beklagten zur mietfreien Nutzung überlassen und wohnte dort bis zu ihrer eigenen Eheschließung. Es steht nicht fest, ob die Klägerin, ihr Sohn und die Beklagte jemals besprachen, was bei einer Änderung der Verhältnisse sein sollte, insbesondere wenn sich die beiden Letztgenannten nicht mehr verstehen sollten oder die Klägerin einen Partner ohne geeignete Wohnmöglichkeit finden würde.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Räumung ihres Reihenhauses. Sie habe ihrem Sohn und der Beklagten darin nur ein prekaristisches Wohnrecht eingeräumt, habe nunmehr dieses Recht widerrufen und die Beklagte ergebnislos zur Räumung aufgefordert. Die Beklagte benütze das Reihenhaus daher jetzt titellos. Seinerzeit hätten die Parteien Zug um Zug gegen Überlassung des Wohnrechts im Reihenhaus vereinbart, dass die Klägerin die Eigentumswohnung der Beklagten benützen könne, solange diese und ihr Sohn im Reihenhaus wohnen könnten. Die Klägerin sei mittlerweile aus der Eigentumswohnung der Beklagten ausgezogen und habe dieser am 25. Juni 1997 alle Schlüssel für diese Wohnung übersandt.
Die Beklagte wendete im wesentlichen ein, eine Bittleihe liege nicht vor, weil die jederzeitige Widerrufbarkeit nie vereinbart worden sei und sie der Klägerin als Gegenleistung ihre Eigentumswohnung zur Benützung zur Verfügung gestellt habe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es nahm in rechtlicher Hinsicht eine Bittleihe an, sodass die Beklagte das Reihenhaus nunmehr angesichts der Aufkündigung titellos benütze.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab, weil es sowohl das Vorliegen eines Prekariums als auch eines familienrechtlichen Wohnverhältnisses verneinte. Wesentliches Kriterium einer Bittleihe sei neben der jederzeitigen Widerrufbarkeit die Unentgeltlichkeit der Gebrauchsüberlassung, wobei die Entrichtung eines Entgelts eine Bittleihe nur dann nicht ausschließe, wenn es so geringfügig sei, dass es gegenüber dem Wert der Benützung wirtschaftlich nicht ins Gewicht falle. Im vorliegenden Fall sei die Überlassung der Eigentumswohnung der Beklagten an die Klägerin zur Nutzung Gegenleistung für die Überlassung des Reihenhauses gewesen. Die Nutzung der Eigentumswohnung sei der Klägerin dafür eingeräumt worden, dass sie ihren Sohn und die Beklagte in ihrem Reihenhaus wohnen lasse. In der Überlassung einer Eigentumswohnung zur Nutzung, wobei die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen nur die Betriebskosten für diese zu tragen gehabt habe, könne keinesfalls nur ein wirtschaftlich nicht ins Gewicht fallendes geringfügiges Entgelt iS eines "Anerkennungszinses" erblickt werden. Auch ein bloß familiäres Benützungsverhältnis rein faktischer Natur könne nicht angenommen werden. Wesentlich für ein solches sei das Fehlen einer vertraglichen Bindung. Wenn eine genügend bestimmte Bindung eingegangen worden sei, sodass von einem konkludenten Vertragsschluß gesprochen werden könne, fehlten die Voraussetzungen für die Annahme eines familiären Benützungsverhältnisses. Unter Familienangehörigen werde dabei auch nicht jene Bestimmtheit von Willenserklärungen verlangt, wie dies im Geschäftsverkehr zwischen fremden Personen der Fall sei. Entscheidend sei, ob aus Erklärung und Verhalten objektiv eine beiderseitige Rechtsgeschäftsabsicht erschließbar sei. Da der Klägerin für die Überlassung ihres Reihenhauses an ihren Sohn und die Beklagte zum Wohnen die Nutzung der Eigentumswohnung der letzteren zugestanden worden sei, sei durch den Austausch von Leistung und Gegenleistung eine Bindung zwischen den Streitteilen eingegangen worden, die die Annahme eines jederzeit widerrufbaren faktischen Benützungsverhältnisses ausschließe. Trotz der unbestrittenen Trennung der Beklagten von ihrem Ehegatten sei diese somit nicht zur Räumung des Reihenhauses der Klägerin verpflichtet, zumal letztere in erster Instanz gar nicht vorgebracht habe, der Beklagten das Wohnen im Reihenhaus nur für die Dauer der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft gestattet zu haben. Auch das Vorliegen eines allenfalls auflösend bedingten obligatorischen Wohnungsrechts sei nicht behauptet worden.
Rechtliche Beurteilung
Die von der zweiten Instanz zugelassene Revision der Klägerin ist nicht zulässig.
a) Hat man weder die Dauer, noch die Absicht des Gebrauchs bestimmt; so entsteht kein wahrer Vertrag, sondern ein unverbindliches Bittleihen (Prekarium), und der Verleiher kann die entlehnte Sache nach Willkür zurückfordern (§ 974 ABGB). Auch Grundstücke können Gegenstand einer Bittleihe sein (GlU 7410). Die Klägerin hat bereits in der Klage vorgebracht, ein bestehendes Prekarium widerrufen zu haben. Damit wäre gemäß § 974 ABGB das Prekarium erloschen, sodass die Beklagte infolge der dann titellosen Benützung zur Räumung zu verhalten wäre. Ein Prekarium wird indes nicht vermutet (stRspr, zuletzt 8 Ob 2140/96f; RIS-Justiz RS0019200); vielmehr spricht die Vermutung gegen ein solches. Neben dem Merkmal der freien Widerruflichkeit ist wesentliches Unterscheidungsmerkmal von der Miete die Unentgeltlichkeit der Bittleihe. Der Unentgeltlichkeit steht es gleich, wenn bloß ein Anerkennungszins oder ein so niedriges Entgelt zu entrichten ist, dass es gegenüber dem Wert der Nutzung nicht ins Gewicht fällt (stRspr: SZ 63/31; MietSlg 48.079; 1 Ob 2087/96k ua; Würth in Rummelý, § 1190 ABGB Rz 3; Schubert in Rummelý, § 974 ABGB Rz 2, jeweils mwN). Die Frage, ob die vereinbarten Gegenleistungen des Benützungsberechtigten als Bestandzins oder bloß als ein die Annahme einer Bittleihe rechtfertigender Anerkennungszins anzusehen sei, ist nach den Verhältnissen bei Vertragsabschluss zu beurteilen (1 Ob 618/88 = MietSlg 40.099), damit ganz einzelfallbezogen und entzieht sich solcherart einer Beurteilung als erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Eine auffallende Fehlbeurteilung der zweiten Instanz in der Frage der der Klägerin zugekommenen Gegenleistungen kann angesichts der festgestellten Leistungen des Sohnes der Klägerin und des Vaters der Beklagten sowie der mietfreien Überlassung der Eigentumswohnung der Beklagten an die Klägerin nicht erkannt werden. Damit kommt es auf die freie Widerruflichkeit, die sich auch aus den Umständen ergeben kann (Schubert aaO Rz 1), als eine weitere Voraussetzung für die Annahme einer Bittleihe gar nicht mehr an.
b) Begründet der Kläger sein Räumungsbegehren mit dem Widerruf einer prekaristisch eingeräumter Benützung, so ist das Gericht an diesen ausdrücklich geltend gemachten Rechtsgrund gebunden (MietSlg 22.083; 8 Ob 590/88, zuletzt 1 Ob 210/97g; RIS-Justiz RS0019055). Die Klägerin hat im vorliegenden Fall in ihrer Klage, aber auch noch im Berufungsverfahren ihr Räumungsbegehren ausdrücklich auf den Widerruf einer Bittleihe gestützt. Erweist sich der allein geltend gemachte Rechtsgrund als nicht gegeben, so ist das Gericht nicht berechtigt, dem Klagebegehren aus einem anderen (nicht geltend gemachten) Rechtsgrund stattzugeben (2 Ob 516/93 = WoBl 1995, 64 = MietSlg 45.658). Da das Verfahren ergab, dass die Beklagte das Reihenhaus der Klägerin nicht bloß prekaristisch bewohnt, ist es dem Gericht verwehrt, die Frage zu prüfen, ob und unter welchen Umständen dem Räumungsbegehren aus anderen Gründen, etwa wegen Beendigung eines bestehenden familienrechtlichen Wohnverhältnisses (vgl MietSlg 38.775), eines auflösend bedingten obligatorischen Wohnungsrechts oder eines Mietvertrags, auf die sich die Klägerin erstmals im Rechtsmittel beruft, stattgegeben werden könnte.
Diese Erwägungen müssen zur Zurückweisung des Rechtsmittels führen. Der vom Berufungsgericht zur Begründung seines Ausspruchs über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision relevierten Frage (Fehlen höchstgerichtlicher Rspr zum Vorliegen einer Bittleihe oder eines familiären Benützungsverhältnisses bei vergleichbarer Konstellation) kommt daher für die Entscheidung über die vorliegende Klage keine rechtserhebliche Bedeutung zu.
Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen.
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