OGH 2Ob305/98m

OGH2Ob305/98m4.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon-Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Nikola M*****, vertreten durch Dr. Reinhard Schwarzkogler und Mag. Norbert Stiefmüller, Rechtsanwälte in Lambach, gegen die beklagte Partei Branko I*****, vertreten durch Dr. August Rogler, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen S 28.500,-- sA und Feststellung (S 50.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 6. Juli 1998, GZ 22 R 195/98b-36, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 7. April 1998, GZ 2 C 2390/96g-28, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.086,40 (darin enthalten S 1.040,40 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war am 12. 6. 1992 als Lenker des vom Kläger gehaltenen PKWs, der bei der ***** Versicherungs AG haftpflichtversichert war, an einem Verkehrsunfall beteiligt, bei welchem dritte Personen Sachschäden erlitten. Diese Schäden wurden von der Haftpflichtversicherung liquidiert. Sie begehrte vom Kläger mit Klage vom 4. 3. 1993 zu 2 Cg 123/93b des Landesgerichtes Wels Ersatz dieser Leistungen, weil sie zum Unfallszeitpunkt infolge Prämienverzuges leistungsfrei gewesen sei. Dem Begehren wurde mit Urteil vom 28. 2. 1995 stattgegeben.

Der Beklagte informierte die Lebensgefährtin des Klägers am 12. 6. 1992 vom Unfall. Ihm war zum Unfallszeitpunkt nicht bekannt, dass die Versicherungsprämie nicht bezahlt war. Die Lebensgefährtin des Klägers bezahlte noch am 12. 6. 1992 die Versicherungsprämie ein. Der Beklagte, der gegenüber dem Kläger sein Verschulden am Unfall bestritt, wurde von diesem ca zwei bis drei Monate später davon informiert, dass sich die Haftpflichtversicherung beim Kläger regressieren wolle. Der Beklagte deutete schon damals an, dass er für den Fall der Feststellung seines Verschuldens für die Regressforderung aufkommen werde. In der Folge empfahl ein Dolmetsch, der schon zuvor für beide Streitteile tätig war, dem Kläger, sich mit dem Beklagten zu einigen und wies ihn darauf hin, dass er den Beklagten nur dann "festnageln" könne, wenn "etwas Schriftliches" aufgesetzt werde. Am 14. 6. 1993 kamen die Streitteile im Büro des Dolmetsch zusammen und fuhren dann zu einem ehemaligen Richter, der den Dolmetsch kannte. Von den Streitteilen wurde schließlich folgende Vereinbarung unterfertigt und dem Beklagten übergeben:

"Vereinbarung, welche an heutigem Tag zwischen Herrn Nikola M***** einerseits und Herrn Branko I***** andererseits geschlossen wurde wie folgt:

Herr Branko I***** verpflichtet sich, Herrn M***** für alle Schäden klag- und schadlos zu halten, welche die ***** Versicherung zu 2 Cg 123/93b des Landesgerichtes Wels gegen Herrn Nikola M***** geltend macht.

Herr Branko I***** erklärt in einer abgesonderten eidesstattlichen Erklärung, dass er Herrn M***** erst am 15. 6. 1992 vom Verkehrsunfall vom 12. 6. 1992 verständigt hat, weil am Auto des M***** kein Schaden entstanden ist und darüber hinaus es keine Verletzung von Beteiligten gegeben hat. Weiters versichert Herr Branko I*****, dass er den Unfall selbst nicht verschuldet hat, sondern dieser auf das vorschriftswidrige Verhalten des unfallsbeteiligten Gegenfahrzeuges zurückzuführen ist. Herr Branko I***** kommt weiters für alle Barauslagen und Kosten auf, welche Herr Nikola M***** in der Zwischenzeit für seine rechtsfreundliche Vertretung ausgelegt hat.

Wels, 14. Juni 1993".

Der Kläger leistete bis Ende Februar 1997 an die Haftpflichtversicherung Ratenzahlungen von insgesamt S 28.500.

Der Kläger begehrt mit Klage vom 5. 9. 1996 Zahlung von S 28.500 sowie die Feststellung, dass eine am 14. 6. 1993 zwischen den Parteien abgeschlossene Vereinbarung rechtswirksam sei.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, ihn habe am Verkehrsunfall kein Verschulden getroffen, es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass der Kläger die Haftpflichtversicherungsprämie nicht beglichen habe, eine Vereinbarung vom 14. 6. 1993, wonach der Beklagte den Kläger klag- und schadlos halte, habe er nicht unterfertigt. Der mit der Klage vom 5. 9. 1996 geltend gemachte Anspruch sei auf Grund des Unfallsdatums vom 12. 6. 1992 verjährt. Dies wäre auch dann der Fall, wenn der Beklagte am 14. 6. 1993 eine Rückersatzforderung des Klägers anerkannt hätte, weil für den Anspruch des Klägers dieselbe Verjährungsfrist von drei Jahren gelte.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Leistungsteil statt, über den Zwischenfeststellungsantrag des Klägers wurde nicht entschieden. Rechtlich erörterte es, dass die Vereinbarung vom 14. 6. 1993 ein konstitutives Anerkenntnis für den Fall sei, dass im Verfahren 2 Cg 123/93b des Landesgerichtes Wels das Verschulden des Beklagten am Verkehrsunfall festgestellt werde. Die Verschuldensfeststellung sei mit Urteil vom 28. 2. 1995 erfolgt.

Das von beiden Teilen angerufene Berufungsgericht gab lediglich der Berufung des Klägers statt und stellte fest, dass die Vereinbarung vom 14. 6. 1993 rechtswirksam sei. Der Berufung des Beklagten gab es nicht Folge. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und erörterte rechtlich, dass das Versprechen einer "Schad- und Klagloshaltung" ein interner Vertrag zwischen dem Schuldner und einem Dritten sei, wonach sich Letzterer ohne Rechtswirkung für den Gläubiger dazu verpflichte, dem Schuldner die wirtschaftliche Last abzunehmen, die die Schuld in dessen Vermögen bilde. Diese Zusicherung sei als Erfüllungsübernahme zu qualifizieren. Der Erfüllungsübernehmer trete im Gegensatz zum Schuldübernehmer nicht in das Grundverhältnis ein. Der Schuldner habe aus der Vereinbarung mit dem Erfüllungsübernehmer primär einen nicht auf Geld gerichteten Befreiungsanspruch. Dieser könne erst dann mit Klage geltend gemacht werden, wenn der Erfüllungsübernehmer die Forderung bei deren Fälligkeit nicht erfülle und der Schuldner deswegen in Gefahr laufe, in Anspruch genommen zu werden. Erst dann könne der Schuldner auch eine Klage auf Leistung an den Gläubiger erheben. Ein Ersatzanspruch gegen den Erfüllungsübernehmer stehe dem Schuldner erst dann zu, wenn dieser in Ermangelung einer Befreiung vom Gläubiger in Anspruch genommen worden sei. Der Kläger hätte seinen Befreiungsanspruch mittels Klage erstmals ab jenem Zeitpunkt geltend machen können, zu dem die Forderung fällig gewesen sei und er Gefahr gelaufen sei, vom Gläubiger in Anspruch genommen zu werden. Ein Befreiungsanspruch hätte erst ab Klageführung gegen den Kläger (am 4. 3. 1993 zu 2 Cg 193/93b) bestanden, der Ersatzanspruch sei jedoch noch nicht gegeben gewesen. Der Befreiungsanspruch hätte dem Kläger auch nicht mehr geboten als die Feststellung der Ersatzverpflichtung des Beklagten, die aber ohnehin vereinbart worden sei. Schließlich sei im Regressverfahren das Verschulden des Lenkers am Zustandekommen des Verkehrsunfalls bestritten worden, weil der Beklagte den Standpunkt vertreten habe, dass er am Unfall schuldlos sei. Der Kläger habe daher zunächst eine Sachfälligkeit im Regressverfahren abwarten können, um sodann erst Ersatzansprüche gegenüber dem Beklagten zu erheben.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Rechtsfrage zur Verjährung von Ersatzansprüchen gegen einen Erfüllungsübernehmer eine über den Einzelfall hinausgehende rechtserhebliche Bedeutung zukomme.

In seiner ordentlichen Revision verweist der Beklagte darauf, dass in den Legalzessionsfällen (§§ 1358 ABGB, 158 VersVG) die Verjährung mit dem Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses zu laufen beginne und der Kläger daher eine Feststellungsklage hätte einbringen müssen, weil ihm bei Verjährungsbeginn (Unfall am 12. 5. 1992) Schaden und Schädiger bekannt gewesen seien.

Die klagende Partei beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionswerber übersieht in seiner Argumentation, dass im vorliegenden Fall keine Legalzession, sondern eine Erfüllungsübernahme im Sinne des § 1404 ABGB vorliegt. Insoweit ist auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist noch auszuführen, dass eine mit dem Unfallszeitpunkt zu laufen beginnende Verjährungsfrist hinsichtlich des Klägers schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil er vom Beklagten über den Unfall erst drei Tage später verständigt wurde. Die Klage wurde aber auch nicht auf einen aus dem Unfall resultierenden Schadenersatzanspruch, sondern auf die getroffene Schad- und Klagloshaltungsvereinbarung gestützt. Eine solche gewährt dem Schuldner primär einen (vertraglichen, hier der 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegenden) Befreiungsanspruch, der keine Geldforderung ist (SZ 17/35). Der Schuldner kann den Erfüllungsübernehmer daher zunächst nicht auf Zahlung an ihn sondern nur auf Zahlung an den Gläubiger klagen (SZ 69/18). Erst dann, wenn der Schuldner mangels Befreiung von der bereits fälligen Schuld durch den Erfüllungsübernehmer vom Gläubiger mit Erfolg auf Zahlung in Anspruch genommen wurde, steht ihm nur ein Geldersatzanspruch gegen den Übernehmer zu (vgl Mader in Schwimann § 1404 ABGB Rz 4, SZ 17/35), der als Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung der 3-jährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB unterliegt. Diesen Geldersatzanspruch kann der Schuldner gegen den Erfüllungsübernehmer aber frühestens mit der Zahlung der Schuld an den Gläubiger oder aber mit der Verurteilung zur Zahlung an diesen geltend machen. Die Verjährungsfrist für den hier geltend gemachten Schadenersatzanspruch konnte hier daher nicht vor Eintritt der Rechtskraft des Urteils im Verfahren 2 Cg 123/93b des Landesgerichtes Wels am 28. 2. 1995 zu laufen beginnen. Der Schadenersatzanspruch war daher zum Zeitpunkt des Einlangens der vorliegenden Klage beim Erstgericht am 5. 9. 1996 noch nicht verjährt.

Der allein in der Revision geltend gemachte Einwand der Verjährung trifft daher nicht zu.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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