OGH 1Ob234/99i

OGH1Ob234/99i22.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter C*****, vertreten durch Dr. Klaus Fürlinger, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Cäcilie C*****, vertreten durch Dr. Roland Gabl, Dr. Josef Kogler und Mag. Harald Papesch, Rechtsanwälte in Linz, wegen Zustimmung zur grundbücherlichen Übertragung eines Grundstücks (Streitwert S 300.000,- -) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Juni 1999, GZ 2 R 269/98m-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 13. August 1998, GZ 1 Cg 153/97h-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Streitteile sind deutsche Staatsangehörige und haben am 20. 7. 1977 vor dem Standesamt Nürnberg die Ehe geschlossen. Mit Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 18. 8. 1995 wurde diese Ehe geschieden. Zum Zeitpunkt der Eheschließung war der Kläger Alleineigentümer einer Liegenschaft, über die die Streitteile am 19. 6. 1981 vor einem österreichischen Notar einen Ehepakt in Form eines Notariatsakts errichtet und darin eine besondere Gütergemeinschaft über diese Liegenschaft begründet haben. Gleichzeitig verfügten sie, das übrige, den Streitteilen jeweils gehörige Vermögen sollte Vorbehaltsgut des bisherigen Eigentümers bleiben. Dieser Ehepakt wurde grundbücherlich durchgeführt, auf der Liegenschaft wurden jeweils das Hälfteeigentum für den Mann und die Frau und in der für das Gesamtgut bestehenden Grundbuchseinlage die Beschränkung des Eigentumsrechts durch das wechselseitig zustehende Recht der Gütergemeinschaft einverleibt. Im Zuge des Ehescheidungsverfahrens trafen die Streitteile eine vergleichsweise Regelung über den Hausrat, nicht aber auch über die in Gütergemeinschaft stehende Liegenschaft. In einem Vorverfahren strebte die Beklagte die Zivilteilung der Liegenschaft in Form einer gerichtlichen Feilbietung an; ihr Begehren wurde rechtskräftig abgewiesen.

Im vorliegenden Verfahren begehrte der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Einwilligung in die Einverleibung des alleinigen Eigentumsrechts des Klägers an der von ihm in die Gütergemeinschaft eingebrachten Liegenschaft. Er brachte vor, der Ehepakt sei unter der Voraussetzung und im Glauben geschlossen worden, die Streitteile würden auf Dauer verheiratet bleiben; dies sei ein maßgeblicher Beweggrund für den Kläger gewesen. Ein (weiterer) Grund für die Errichtung des Ehepakts habe darin bestanden, dem Sohn des Klägers im Falle des Todes des letzteren den Zugriff auf die gesamte Liegenschaft zu verwehren. Da die Ehe geschieden worden sei, liege ein gemeinschaftlicher Irrtum bzw ein Motivirrtum vor; überdies sei die Geschäftsgrundlage für den Ehepakt weggefallen.

Die Beklagte wendete ein, es sei deutsches Recht anzuwenden, wonach eine Ehescheidung für die Wirksamkeit eines abgeschlossenen Notariatsakts (Ehepakt) bedeutungslos sei. Dem Begehren des Klägers fehle die Anspruchsgrundlage. Der Grund für die Übertragung des Hälfteanteils an der Liegenschaft sei darin gelegen gewesen, daß die Beklagte beträchtliche Investitionen in das auf der Liegenschaft errichtete Haus vorgenommen habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es sei deutsches Ehegüterrecht anzuwenden, eine Rechtswahl sei nicht vorgenommen worden. Nach deutschem Recht sei eine richterliche (gestaltende) Teilung von Gemeinschaftsgut nicht möglich, bei einem Streit könne nur eine Klage auf Zustimmung zu einem Teilungsplan, der den §§ 1475 ff BGB entspreche, erhoben werden. Danach seien grundsätzlich die Gesamtgutsverbindlichkeiten zu begleichen bzw entsprechende Rückstellungen vorzunehmen; soweit erforderlich sei das Gesamtgut zu versilbern. Der Überschuß sei dann je zur Hälfte zu verteilen. Grundsätzlich könne jeder Ehegatte gegen Ersatz des Wertes eine Sache, die er in die Gütergemeinschaft eingebracht habe, übernehmen. Dem Klagebegehren, das auf die vorbehaltlose Abgabe einer Einwilligungserklärung gerichtet sei, mangle es daher an der Anspruchsgrundlage.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands S 260.000,-- übersteige, und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Es sei deutsches Recht anzuwenden, eine Rechtswahl sei nicht getroffen worden. Dem Klagebegehren könne schon deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil ein Ehegatte zwar die von ihm in die Gütergemeinschaft eingebrachten Gegenstände gegen Wertersatz übernehmen könne, der Kläger aber die Einwilligung der Beklagten in die grundbücherliche Einverleibung seines Alleineigentums anstrebe, ohne einen Wertersatz anzubieten. Eine Gütergemeinschaft könne nach deutschem Recht nur durch Tod, Eheauflösung, Ehevertrag oder Aufhebungsurteil beendet werden, nicht jedoch aus anderen Gründen, insbesondere nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig und im Ergebnis berechtigt.

Der erkennende Senat war bereits mit einer Klage der Beklagten gegen den Kläger befaßt, mit der sie (vergeblich) die Aufhebung des Miteigentums an der gemeinschaftlichen Liegenschaft durch Zivilteilung in Form gerichtlicher Feilbietung begehrte. Schon dort (1 Ob 264/98z) sprach er aus, daß aufgrund des Umstands, daß die engste Beziehung und die meisten Anknüpfungspunkte zur deutschen Rechtsordnung bestünden, deutsches Recht anzuwenden sei (S 7 f der genannten Entscheidung). An den Anknüpfungskriterien hat sich nichts geändert, sodaß österreichisches Recht nicht zur Anwendung gelangt. Dann ist aber auch nicht zu prüfen, inwieweit die österreichische Judikatur die Anfechtung eines zwischen den Ehegatten geschlossenen Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zuließe. Abgesehen davon wäre auch nach österreichischem Recht die Scheidung einer Ehe kein Grund für die Annahme des Wegfalls der Geschäftsgrundlage einer Gütergemeinschaft, sind doch die Rechtsfolgen einer Scheidung auf bestehende Gütergemeinschaften im § 1266 ABGB ohnehin ausdrücklich gesetzlich geregelt. Überdies ist bei Ehen die Möglichkeit einer Scheidung, also eine Änderung der Verhältnisse, jedenfalls vorhersehbar, weshalb sich die Ehepartner nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen könnten (vgl SZ 57/208; RZ 1974/59). Nach deutschem Recht sind die Gründe für die Aufhebung einer Gütergemeinschaft im Gesetz erschöpfend aufgezählt; der vom Kläger behauptete Wegfall der Geschäftsgrundlage ist kein Aufhebungsgrund (BGHZ 29, 129 [134 f]; Diederichsen in Palandt, BGB58 Rz 2 zu § 1415; Thiele in Staudinger BGB13 Rz 3 zu § 1469).

Soweit der Kläger ausführt, es sei (auch) die Absicht, die Beklagte zu bevorzugen, ein Motiv für die Begründung der Gütergemeinschaft gewesen, ist ihm entgegenzuhalten, daß er schon im vorbereitenden Schriftsatz vom 27. 10. 1997 (ON 4) klar zum Ausdruck brachte, daß der Hälfteanteil an der Liegenschaft "im Hinblick auf die Ehe (gerade wegen der Ehe)" übertragen worden sei. Er behauptet auch ausdrücklich nur Motivirrtum bzw Wegfall der Geschäftsgrundlage "zufolge der Scheidung" (S 2 f des genannten Schriftsatzes), nicht aber wegen der "mit einen Grund" bildenden Absicht der Privilegierung der Beklagten zu Lasten eines Sohnes (S 2 des Schriftsatzes vom 27. 10. 1997).

Der Kläger macht Aktenwidrigkeit geltend, weil er entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage der Wahl österreichischen Rechtes Beweise angeboten habe; diese seien nicht aufgenommen worden; dies habe er auch als Verfahrensmangel in seiner Berufung gerügt. Selbst wenn man aus der vom Kläger im vorbereitenden Schriftsatz vom 27. 10. 1997 zu seinem Vorbringen, es sei österreichisches Recht anzuwenden, gewählten Formulierung "Beweis: wie bisher" ein Beweisanbot des Klägers ableitete, läge keine relevante Aktenwidrigkeit vor. Die Berufung wurde nämlich - wie schon das Gericht zweiter Instanz richtig erkannte (siehe S 5 des Berufungsurteils) - nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil nicht dargelegt wurde, welche Beweise konkret aufzunehmen gewesen wären, und weil auch nur die Möglichkeit eines anderen Ergebnisses angedeutet wurde (siehe S 6 f der Berufung).

Zielführend sind aber die Ausführungen des Klägers, wonach es nicht schade, daß er für die grundbücherliche Rückübertragung der Liegenschaftshälfte keinen Wertersatz angeboten habe:

In der Tat erfolgt die Übernahme eines von einem Ehegatten in die Gütergemeinschaft eingebrachten Gegenstands nur gegen Wertersatz (Thiele aaO Rz 13 zu § 1477; Kanzleiter in Münchener Komm z BGB3 Rz 8 und 11 zu § 1477; Finke in RGRK BGB12 neben Rz 13 und 16 zu § 1477; FamRZ 1996, 170; FamRZ 1988, 1275). Zwar besteht gegen den Anspruch auf Übernahme für den Anspruch auf Wertersatz ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273d BGB (Diederichsen aaO Rz 5 zu § 1477), doch muß dieses im Wege einer Einrede geltend gemacht werden (Wolf in Soergel, BGB12 Rz 57 zu § 273; Selb in Staudinger aaO Rz 39 zu § 273) und setzt eine genaue Bezeichnung der Gegenleistung voraus (Selb aaO Rz 3 zu § 274); nur dann kann eine Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgen (Selb aaO Rz 1 und 4 zu § 274; Wolf aaO Rz 61 f zu § 273; Blunck, Verurteilung zur Leistung Zug um Zug, in NJW 1967, 1598 f; Finke aaO Rz 16 zu § 1477; Thiele aaO Rz 18 zu § 1477; FamRZ 1996, 170). Da der Kläger sein Begehren aber auf die Bestimmungen des österreichischen Rechts stützte (§ 1266 ABGB) und erst das Berufungsgericht die Frage des Anbietens von Wertersatz - rechtlich verfehlt - aufwarf, ist der Beklagten Gelegenheit zu geben, die aufgrund der Anwendung deutschen Rechts erforderliche Einrede zu erheben, weil sie sonst mit einer Rechtsansicht überrascht würde. Dementsprechend ist eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen unumgänglich.

In Stattgebung der Revision sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben; das Erstgericht hat das Verfahren im aufgezeigten Sinne zu ergänzen und neuerlich zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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