OGH 1N523/99

OGH1N523/9922.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Betroffenen Dr. Sylvia G*****, über deren Ablehnungsantrag gegen die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Angst und Dr. Niederreiter sowie gegen die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko, Dr. Baumann und Dr. Tittel im außerordentlichen Revisionsrekurs gegen den Beschluß des Landesgerichts Leoben vom 26. Februar 1999, GZ 2 R 375/98v-77, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Ablehnungsantrag wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der 2. Senat des Obersten Gerichtshofs hatte mit Beschluß vom 3. Dezember 1998 die außerordentlichen Revisionsrekurse der Betroffenen gegen insgesamt drei Beschlüsse des Gerichts zweiter Instanz vom 6. und 7. Oktober 1998 (ON 51 bis 53) mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG begründungslos zurückgewiesen.

Mit Beschluß vom 26. Februar 1999 wies das Gericht zweiter Instanz den Rekurs der Betroffenen gegen den erstgerichtlichen Beschluß vom 11. Mai 1998 auf Bestellung eines Rechtsanwalts als einstweiligen Sachwalter zurück.

Dagegen wendet sich der nunmehrige außerordentliche Revisionsrekurs der Betroffenen. Dieses Rechtsmittel fiel nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs wiederum dem 2. Senat zur Erledigung zu. Die Betroffene lehnt darin alle Mitglieder des 2. Senats in seiner Besetzung vom 3. Dezember 1998, die mit Ausnahme eines Mitglieds mit der derzeitigen Senatsbesetzung übereinstimmt, mit der Begründung ab, die Zurückweisung ihrer einleitend bezeichneten außerordentlichen Revisionsrekurse sei "eine Gefälligkeitsentscheidung" gewesen. Die Senatsmitglieder hätten dem Akteninhalt ferner entnehmen können, daß in ihre "im Wohnungseigentum stehende Rechtsanwaltskanzlei" drei Rechtsanwälte und ein Rechtsanwaltsanwärter "eingebrochen" seien und "sämtliche Akten sowie Unterlagen der Hausverwaltung und Privaturkunden entfernt" hätten. Einer Standesvertretung stehe keine "Zwangsgewalt" zu. Die "Herren vom OGH" seien "verpflichtet, derartige Vorfälle von Amts wegen weiterzuleiten". Die Unterlassung "einer Meldung an die Generalprokuratur" erfülle "den Tatbestand des Amtsmißbrauchs". Ihr sei nicht bekannt, "daß dieser Senat eine entsprechende Sachverhaltsmitteilung an die Staatsanwaltschaft erstattet" habe.

Mit Verfügung des nunmehrigen Vorsitzenden des 2. Senats vom 18. Oktober 1999 wurde der Akt dem nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs zur Entscheidung über Ablehnungsanträge gegen bestimmte seiner Mitglieder berufenen 1. Senat ohne Äußerungen der abgelehnten Richter vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

Der Ablehnungsantrag ist unzulässig.

Der erkennende Senat sprach in der Entscheidung 1 N 506/99 (= EvBl 1999/139) aus, daß ein Ablehnungsantrag ohne vorherige inhaltliche Äußerung der abgelehnten Richter zu den Ablehnungsgründen gemäß § 24 JN sofort als unzulässig zurückzuweisen sei, wenn der Ablehnungswerber seine Behauptung, Mitglieder des Obersten Gerichtshofs seien befangen, ausschließlich darauf gestützt habe, sie hätten als dessen Spruchkörper in einer anderen, ihn betreffenden Rechtssache unrichtig entschieden. Eine Äußerung der abgelehnten Richter könnte sich nur mit Erläuterungen zur gefällten Vorentscheidung befassen. Solche Erläuterungen verbiete aber die Endgültigkeit der Urteile und Beschlüsse des Obersten Gerichtshofs. Wegen des - dort im einzelnen begründeten - Nachprüfungsverbots könnten derartige Erläuterungen bei der Entscheidung über den Ablehnungsantrag auch gar nicht berücksichtigt werden.

Daran ist festzuhalten. Diese Grundsätze müssen wegen der im Kern gleichen Ausgangslage jedoch auch dann gelten, wenn als Ablehnungsgrund behauptet wird, die abgelehnten Richter hätten als Spruchkörper des Obersten Gerichtshofs in einer Vorentscheidung derselben Rechtssache unrichtig entschieden, könnte doch zu einem solchen Ablehnungsantrag in der Sache gleichfalls nur unter Verletzung des Verbots der Nachprüfung einer endgültigen und im innerstaatlichen Instanzenzug nicht mehr überprüfbaren Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Stellung genommen werden. Daran kann im Ablehnungsverfahren auch eine Behauptung des Ablehnungswerbers nichts ändern, die abgelehnten Richter hätten die Vorentscheidung als Spruchkörper des Obersten Gerichtshofs unter Mißbrauch ihrer Amtsgewalt bei absichtlicher Übergehung entscheidungswesentlicher, im Akteninhalt gedeckter und für den Rechtsmittelwerber vorteilhafter Gesichtspunkte gefällt oder gebotene Rechtshandlungen im Vorfeld ihrer Entscheidung unterlassen.

Die Verwirklichung einer strafbaren Handlung nach § 302 Abs 1 StGB setzt die Unrichtigkeit der inkriminierten Entscheidung voraus, kann sich doch ein wissentlicher Mißbrauch der Amtsgewalt mit dem Vorsatz, einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, unmöglich auf die Bildung eines der Rechtslage entsprechenden und daher richtigen Entscheidungswillens unter Einschluß aller dafür erforderlichen richterlichen Vorbereitungshandlungen beziehen. Auch die Klärung eines solchen Mißbrauchsvorwurfs wäre also nicht ohne inhaltliche Nachprüfung der inkriminierten Entscheidung im Ablehnungsverfahren möglich, weshalb auch eine derartige Prüfung vom voranstehend erläuterten Nachprüfungsverbot im Ablehnungsverfahren erfaßt wird. Lediglich dann, wenn eine durch konkrete strafgerichtliche Ermittlungen gestützte Verdachtslage bestünde, wäre darin in Ermangelung einer Suspendierung der verdächtigen Organwalter - unabhängig von Fragen nach der sachlichen Richtigkeit der inkriminierten Vorentscheidung - ein zureichender Grund zu erblicken, die Unbefangenheit der den seinerzeitigen Spruchkörper bildenden Richter des Obersten Gerichtshofs in Zweifel zu ziehen, weil schon die Tatsache solcher Ermittlungen bei Anlegung eines strengen Maßstabs auf dem Boden objektiver Betrachtungsweise den Anschein hervorruft, die verdächtigen Organwalter würden künftige Entscheidungen in derselben Rechtssache nicht mehr völlig unvoreingenommen fällen. Eine solche Verdachtslage besteht jedoch im Anlaßfall nicht.

Vor dem Hintergrund aller voranstehenden Erwägungen ist daher der Ablehnungsantrag der Betroffenen als unzulässig zurückzuweisen.

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