Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das eine stillgelegte Deponie darstellt. Etwa ein Viertel der gesamten Grundfläche von 22.222 m2 ist Schlammteich, etwa ein Viertel erdabgedeckte Deponie, rund ein Viertel folienabgedeckte Deponie und schließlich ca ein Viertel leeres Becken. Der Antragsgegnerin obliegt die Sanierung der Deponie. Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. 2. 1996 wurden zur näheren Bestimmung des Schadstoffpotentials der Altlast Probeschürfungen angeordnet, wobei das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie mit der die Berufung gegen diesen Bescheid erledigenden Entscheidung vom 17. 9. 1996 aussprach, daß die Antragstellerin zur Duldung des Untersuchungsprogramms der Antragsgegnerin verpflichtet ist. Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. 5. 1996 wurde der Antragstellerin infolge der der Antragsgegnerin eingeräumten Dienstbarkeit eine Entschädigung von S 83.385 zuerkannt. Gemäß § 117 Abs 4 WRG beantragten beide Parteien fristgerecht die gerichtliche Entscheidung über die zu leistende Entschädigung.
Das Erstgericht setzte die Entschädigung für die zugunsten der Antragsgegnerin im Rahmen des Untersuchungsprogramms begründeten Zwangsrechte mit S 68.560 fest. Davon entfielen auf Rekultivierungskosten für die vom Untersuchungsprogramm betroffene Liegenschaftsfläche (16.667 m2) S 16.700, für die Kosten der Überprüfung der im Rahmen des Untersuchungsprogramms gesetzten Folienschweißnähte S 13.300, und "für die Rechtseinräumung auf der Liegenschaft der Antragstellerin" in der Dauer von fünf Monaten S
38.560.
Das Rekursgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, daß es die zu leistende Entschädigung mit S 34.861 festsetzte. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. In den für die Erledigung des Revisionsrekurses bedeutsamen Passagen führte es aus, daß der Entschädigungsanspruch keinen Schadenersatzanspruch darstelle und nicht Ersatz für einen rechtswidrig verursachten Verlust gewähre. Durch die bloß fünf Monate währende Benützung der aufgelassenen Deponie seitens der Antragsgegnerin sei der Antragstellerin kein konkreter, durch Wertermittlung eines Benutzungsrechts abzugeltender Nachteil entstanden. Daß die Antragstellerin für die aufgelassene und von der Untersuchung betroffene Grundfläche eine konkrete wirtschaftliche Verwendungsmöglichkeit gehabt hätte, sei weder behauptet noch festgestellt worden. Eine abstrakte Nutzungsmöglichkeit sei nicht zu entschädigen. Der Antragstellerin gebühre aber der Ersatz der von ihr weiterhin entrichteten Grundsteuer und Bodenwertabgabe, sodaß ihr aus diesem Titel S 4.681, wie sich aus dem Spruch der Entscheidung im Zusammenhalt mit dem Inhalt der Verhandlungsschrift der Oö Landesregierung vom 20. 11. 1997 eindeutig ergibt, richtig: S 4.861, wobei der Zuspruch dieses Betrags auch unbekämpft geblieben ist) zuzuerkennen seien. Die Entscheidung über den Zuspruch der Rekultivierungskosten (S 16.700) bzw der Überwachungskosten (S 13.300) bestätigte das Gericht zweiter Instanz.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin, der auf die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzielt, ist unzulässig.
Die Antragstellerin vertritt die Ansicht, ihr sei für die entgangene Nutzungsmöglichkeit für die gesamte vom Untersuchungsprogramm der Antragsgegnerin betroffene Grundfläche eine Entschädigung zuzuerkennen, weil es lediglich darauf ankomme, ob für das Grundstück eine auch nur fiktive Nutzungsmöglichkeit bestanden habe. Die Art der Verwendungsmöglichkeit der "enteigneten Sache" sei für die Höhe der Entschädigung maßgeblich.
Hiezu ist vorweg festzuhalten, daß die Revisionsrekurswerberin für jenen Teil der Deponie, der erd- bzw folienabgedeckt ist oder ein leeres Becken darstellt (insgesamt drei Viertel der gesamten Grundfläche), überhaupt keine - auch keine fiktive - Nutzungsmöglichkeit aufzeigt, also nicht darlegt, welche vermögensrechtlichen Nachteile ihr im Hinblick auf diese Grundstücksteile durch die Einräumung der Zwangsservitut entstanden seien. Die Feststellung der "enteignungsbedingten" Nachteile hat aber stets unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des "Enteigneten" unter Heranziehung eines objektiven Maßstabs bei der Wertermittlung (objektiv-konkret) zu erfolgen; dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn die Enteignung durch Einräumung einer Zwangsservitut verwirklicht wurde (1 Ob 21/95 mwN).
Lediglich in Hinsicht auf ein Viertel der gesamten Grundfläche, des sogenannten Schlammteichs, führt die Antragstellerin aus, daß es sich dabei um ein intaktes Feuchtbiotop mit etwa 100 Vogelbrutstätten gehandelt habe, wobei die "Teich- und Tiernutzung" einer bestimmten Person überlassen worden sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Enteignungsentschädigung nicht Schadenersatz im Sinne des 30. Hauptstücks des ABGB ist, sondern Entgelt für die durch die Aufhebung des enteigneten Rechts eintretenden vermögensrechtlichen Nachteile. Solche bringt die Revisionsrekurswerberin aber nicht zur Darstellung. Für die Festsetzung der Entschädigung sind gemäß den §§ 117 und 118 Abs 1 WRG die Vorschriften der §§ 4 bis 7 EisbEG 1954 dem Sinn nach anzuwenden. Gemäß §§ 4 Abs 1 und 5 EisbEG richtet sich der Umfang der Entschädigung nach dem durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteil. Maßgeblich für die Höhe der Entschädigung ist nicht der Nutzen oder Vorteil, den ein Mitbenutzungsberechtigter erlangt, sondern das Maß der verursachten vermögensrechtlichen Nachteile, die dem Eigentümer der belasteten Anlage erwachsen, soll doch durch die zu gewährende Entschädigung dem Enteigneten grundsätzlich der Unterschied zwischen seiner Vermögenslage vor und nach der Enteignung ausgeglichen werden. Diesen von der Judikatur entwickelten Grundsätzen (1 Ob 21/95; SZ 68/121; SZ 60/269; EvBl 1987/79; SZ 51/175; EvBl 1976/255; JBl 1974, 202 u.a.;
s. auch Raschauer, Wasserrecht, Rz 3 zu § 118 WRG) hat der Beschluß des Rekursgerichts Rechnung getragen, sodaß die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO abhängt.
Schließlich ist die Antragstellerin auch darauf zu verweisen, daß die Ermittlung der Vermögensnachteile eines Enteigneten dem Tatsachenbereich angehört und nur dann einer Überprüfung im Rahmen der Rechtsrüge zugänglich wäre, wenn sie auf Schlußfolgerungen beruhte, die mit den Gesetzen der Logik und Erfahrung unvereinbar wären. Auch die Ermittlung des beiderseitigen Nutzens gehört dem Tatsachenbereich an und wäre daher nur in den eben aufgezeigten Ausnahmsfällen überprüfbar (1 Ob 21/95 mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 117 Abs 6 WRG iVm § 30 Abs 4, § 44 EisbEG 1954. Demnach hat die Antragsgegnerin die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung jedenfalls selbst zu tragen, weil ein Kostenersatz an sie an der Einseitigkeit der Kostenersatzpflicht nach § 117 Abs 6 WRG iVm § 44 EisbEG 1954 scheitern muß (1 Ob 21/95 mwN; SZ 60/269). Von einem ungerechtfertigten Einschreiten der Antragstellerin im Sinne einer schuldhaften Rechtsmittelerhebung im Sinne des § 44 EisbEG 1954 (vgl 1 Ob 21/95 mwN) kann trotz des Umstands, daß der von der Antragstellerin erhobene Revisionsrekurs der Zurückweisung verfiel, nicht die Rede sein.
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