OGH 7Ob244/99d

OGH7Ob244/99d20.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon-Prof Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rupert H*****, vertreten durch Dr. Gottfried Lindner und Mag. Thomas Fragner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1.) Karin A***** und 2.) Günther G*****, beide vertreten durch Dr. Helmut Valenta und Dr. Gerhard Gferer, Rechtsanwälte in Linz, wegen Räumung (Wert des Entscheidungsgegenstandes S 24.000,--) infolge "außerordentlicher" Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 14. Jänner 1999, GZ 15 R 228/98z-11, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt die Beklagten schuldig zu erkennen, die ihm gehörende Liegenschaft einschließlich aller darauf stehenden Baulichkeiten binnen 14 Tagen zu räumen. Er bewertete sein Begehren mit S 24.000,-. Er habe die Liegenschaft bis Juni 1997 mit seiner Ehefrau bewohnt. Die Erstbeklagte sei die außereheliche Tochter seiner Ehefrau, der Zweitbeklagte der Lebensgefährte der Erstbeklagten. Im Juni 1997 hätten sich die Beklagten mit der Bitte an den Kläger gewandt, vorübergehend in dessen Haus einziehen zu können, weil sie ihre ursprüngliche Wohnung verloren hätten. Dem habe der Kläger mit Rücksicht auf seine Frau unter der Voraussetzung zugestimmt, daß ein ordnungsgemäßer Mietvertrag über den Umfang des Benützungsrechtes, die Dauer des Mietverhältnisses und die Gegenleistung geschlossen werde, die in der Zahlung eines monatlichen Entgelts von S 2.000,-- und in der gelegentlichen Mitarbeit in der Nebenerwerbslandwirtschaft des Klägers bestehen sollte. Die Beklagten seien ohne Unterfertigung dieses Vertrages im Juni 1997 in ein Zimmer im Obergeschoß des Hauses eingezogen und hätten trotz mehrmaliger Aufforderung den Mietvertrag nicht unterzeichnet. Der Kläger habe die Beklagten wiederholt zur Räumung aufgefordert. Nach einem schweren Verkehrsunfall des Klägers hätten die Beklagten seine Hilfslosigkeit ausgenützt, um sich im gesamten Anwesen breitzumachen. Das Räumungsbegehren werde neben einer titellosen Benützung auch auf einen erheblich nachteiligen Gebrauch und ein unleidliches Verhalten gegenüber dem Kläger gestützt.

Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage und wendeten ein, daß sie seit 1993 bzw der Zweitbeklagte seit 1995 über Ersuchen des Klägers und dessen Ehefrau auf deren Liegenschaft wohnten. Es sei ihnen ein lebenslanges Wohnrecht zugesichert worden, wobei als Entgelt die Führung der Landwirtschaft und die Mitwirkung im Haushalt vereinbart worden sei. Ihre Anwesenheit im Haus des Klälgers erfolge auch auf Wunsch seiner Ehefrau. Die Beklagten hielten sich daher auch aus familienrechtlichen Gründen dort auf.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Vom Kläger sei den Beklagten weder ausdrücklich noch schlüssig ein lebenslängliches Wohnrecht zugesagt bzw eingeräumt worden. Es liege eine prekaristische Wohnungsleihe vor, die vom Kläger jederzeit widerrufen werden könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000,-- nicht übersteige und die Revision nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei. Es erörterte ausdrücklich, daß keine Bestandsache iSd § 502 Abs 5 Z 2 ZPO vorliege, weil das Klagebegehren ausdrücklich auf Räumung einer Wohnung wegen titelloser Benützung gerichtet sei. Derartige Klagen gehörten nicht zu den unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten gegen diese Entscheidung ist unzulässig.

Geltend gemacht wird, daß entgegen den Feststellungen der Vorinstanzen tatsächlich ein Bestandverhältnis vorliege und die Revision iSd § 502 Abs 5 Z 2 streitwertunabhängig zulässig sei.

§ 502 Abs 2 und 3 ZPO gilt gemäß § 502 Abs 5 Z 2 (idF WGN 1997) nicht für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, daß Klagen auf Räumung von Wohnräumen und Geschäftsräumen, wenn sie die Benützung des Objektes ohne Rechtsgrund geltend machen, nicht zu den Streitigkeiten gehören, die ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes gemäß § 49 Abs 2 Z 5 JN den Bezirksgerichten zugewiesen sind und daher nicht der Ausnahmebestimmung des § 502 Abs 5 Z 2 JN (idF WGN 1997) unterliegen (RIS-Justiz RS0046865). Durch die Erweiterte Wertgrenznovelle 1997 (BGBl I 1997/140), die auf Verfahren anzuwenden ist, in denen das Berufungsurteil nach dem 1. 1. 1998 gefällt wurde (Art XXXII Z 14 WGN 1997) wurde für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrages entschieden wird, das bisherige Revisionsmodell nicht geändert (siehe § 502 Abs 5 Z 2 ZPO idF der WGN 1997 im Vergleich zu § 502 Abs 3 Z 2 ZPO alt). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Bewertung des Streitgegenstandes mit unter S 52.000,-- ist daher hier beachtlich, weil über keine Bestandstreitigkeit entschieden wurde und dem zwingende Bewertungsvorschriften nicht entgegenstehen. Dem steht die vom erkennenden Senat in der Entscheidung 7 Ob 1577/91 vertretene Rechtsansicht, wonach es für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht allein auf das Klagevorbringen ankommt, nicht entgegen, weil auch nach den Feststellungen der Vorinstanzen über ein Bestandverhältnis nicht entschieden wurde.

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