OGH 5Ob196/99f

OGH5Ob196/99f14.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. I***** Gesellschaft mbH, ***** 2. Gerlinde H*****, 3. Mag. Ernst K*****, 4. Gerald R*****, 5. Dr. Franz A*****, 6. Christian R*****, 7. Dr. Gerhard A*****, 8. Dr. Herbert S*****, 9. Dr. Günther H*****, 10. Elisabeth B*****, 11. Herbert M*****, 12. Dr. Franz K*****, 13. Monika N*****, 14. Franz G*****, alle vertreten durch Dr. Angelika Truntschnig, Rechtsanwältin in Wien, wegen Vornahme von Grundbucheintragungen in den EZ ***** und ***** je Grundbuch 63106 Jakomini, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 4. Mai 1999, GZ 4 R 18/99t, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 10. Dezember 1998, TZ 30962/98, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Erstantragstellerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, die Zweit- bis 14. Antragsteller sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****.

Unter Vorlage des Originalservitutsvertrags vom 23. 11. 1998 (Beilage A) beantragten die Antragsteller im Grundbuch ***** nachstehende grundbücherliche Eintragungen:

1. Im Lastenblatt der Liegenschaft EZ ***** die Einverleibung der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens "gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages" an den dienenden Grundstücken 2537/2 und 2538/14, je landwirtschaftlich genutzt, zugunsten "der jeweiligen Eigentümer" der Grundstücke 2537/4 und 2538/20, Baufläche (Gebäude und begrünt) inliegend in der EZ ***** und bei den herrschenden Grundstücken der zuvor genannten Liegenschaft die Ersichtlichmachung dieser Dienstbarkeit als Recht.

2. Im Lastenblatt der Liegenschaft EZ ***** die Einverleibung der Dienstbarkeit der Errichtung und Duldung einer Elektroerdleitung gemäß "den Bestimmungen dieses Vertrages" am dienenden Grundstück 2538/20, Baufläche (Gebäude und begrünt) zugunsten der jeweiligen Eigentümer der herrschenden Grundstücke 2537/2 und 2538/14, jeweils landwirtschaftlich genutzt, inliegend in der EZ ***** und bei den herrschenden Grundstücken der zuvor genannten Liegenschaft die Ersichtlichmachung dieser Dienstbarkeit als Recht.

Das Erstgericht wies das gesamte Begehren um Einverleibungen ab. Es stützte sich dabei auf die Bestimmungen der §§ 5, 12 Abs 1 und 85 Abs 2 GBG. Es sei nicht zulässig, die Eintragung eines Rechtes mit der Maßgabe "gemäß den Bestimmungen des Vertrags" zu begehren und sich nicht auf eine genau bezeichnete Stelle der Urkunde zu beziehen, die der Eintragung zugrundeliege. Damit werde dem Gebot des § 5 GBG zuwidergehandelt und dem Formerfordernis des § 85 Abs 2 GBG nicht entsprochen.

Weiters müsse aus dem Grundbuch eine klare Unterscheidung zwischen Grunddienstbarkeiten und unregelmäßigen Dienstbarkeiten zu ersehen sein, weshalb Grunddienstbarkeiten nicht wie von den Antragstellern begehrt "zugunsten der jeweiligen Eigentümer" von Grundstücken eingetragen werden könnten.

Einem dagegen von den Antragstellern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. § 5 GBG gebiete es, in das Hauptbuch die wesentlichen Bestimmungen der bücherlichen Rechte einzutragen. Sei dies in einer Kurzfassung nicht möglich, so sei im Hauptbuch eine Berufung auf die genau zu bezeichnende Stelle der Urkunde, die der Eintragung zugrundeliege, zulässig.

Dieses Bestimmtheitsgebot, das auch in § 85 GBG geregelt sei, werde verletzt, wenn die Eintragung eines Rechtes "aufgrund eines Vertrages" an sich begehrt werde.

Der zweite, vom Erstgericht herangezogene Abweisungsgrund liege allerdings nicht vor. Bei den Grunddienstbarkeiten stehe das Recht immer dem jeweiligen Eigentümer einer bestimmten, nämlich der herrschenden Liegenschaft zu. Am Gebrauch des Begriffs "zugunsten der jeweiligen Eigentümer" einer konkret genannten Liegenschaft sei daher nichts auszusetzen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG jedoch nicht zulässig sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller, der zulässig ist, weil zur Frage, ob ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des § 5 GBG einen Abweisungsgrund darstellt oder nur den Umfang der dinglichen Wirkung iSd § 4 GBG betrifft, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt. Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst sei bloß der Vollständigkeit halber anzumerken, daß der vom Erstgericht herangezogene, vom Gericht zweiter Instanz verneinte Ablehnungsgrund, der darin gelegen sein soll, daß das bücherliche Recht "dem jeweiligen Eigentümer" der herrschenden Liegenschaft zugeschrieben werden sollte, nicht besteht. Schon die zweite Instanz hat richtigerweise erkannt, daß das aus Grunddienstbarkeiten erfließende Recht dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstückes zusteht (vgl EvBl 1980/173 mwN). Ein solcher Zusatz ist überflüssig und daher bei Eintragung der Grunddienstbarkeit zweckmäßigerweise wegzulassen (vgl auch Dittrich-Pfeiffer, Grundbuchsanträge2, 24). Der Bewilligung der begehrten Eintragungen steht ein solcher Zusatz allerdings nicht entgegen.

Im übrigen ist die Abweisung des Grundbuchsgesuchs jedoch berechtigt.

Zutreffend weisen die Revisionsrekurswerber zunächst darauf hin, daß die Frage, ob bei Eintragung eines bücherlichen Rechts auf eine bestimmte, genau bezeichnete Stelle einer Vertragsurkunde Bezug genommen wird oder aber bloß auf den Vertrag im Ganzen, den Umfang der dinglichen Wirkung betrifft. Wird nämlich im Hauptbuch nur auf den Vertrag an sich verwiesen, tritt keine dingliche Wirkung der einzelnen Bestimmungen des Vertrages ein (§ 4 GBG). Dies wird nur durch einen ausdrücklichen Hinweis im Sinn des § 5 GBG bewirkt (NZ 1982, 42 = MietSlg 33.046; NZ 1983, 185; NZ 1986, 44; SZ 46/56; SZ 49/46 ua). Eine weitergehende Wirkung hat die Rechtsprechung allerdings dann anerkannt, wenn zwar nicht im Hauptbuch auf eine Vertragsbestimmung in der Urkundensammlung Bezug genommen wurde, aber doch bei dem in das Hauptbuch Einsichtnehmenden der Verdacht erweckt werden mußte, daß das Hauptbuch und die Urkundensammlung nicht übereinstimmen oder wenn die Einsichtnahme in die Urkundensammlung als verkehrsüblich angesehen werden muß (vgl SZ 46/56; SZ 49/46; MietSlg 39/34; JBl 1989, 390 ua). In diesem Sinn wurde ausgesprochen, daß sich etwa bei Grunddienstbarkeiten in der Regel aus der Art der Eintragung die Vermutung ergibt, daß wichtige Nebenbestimmungen wohl in den Urkunden, nicht aber im Hauptbuch aufscheinen und daher eine Verpflichtung besteht, die Urkundensammlung einzusehen (vgl NZ 1977, 44).

Die Revisionsrekurswerber verkennen allerdings, daß § 5 GBG nicht nur zusammen mit § 4 GBG eine Regelung über den Umfang der Wirkung eines eingetragenen Rechts darstellt, sondern auch eine Ausformung des allgemeinen Bestimmtheitsgebots des § 85 enthält.

Da nach § 96 GBG das Gericht nichts anderes bewilligen darf, als beantragt wurde, sind die Bestimmungen des § 98 GBG, die den Inhalt des zu fassenden bewilligenden Beschlusses regeln, auch für den Inhalt des Gesuchsbegehrens maßgeblich (SZ 41/141; SZ 65/123; Feil, Grundbuchsgesetz3 Rz 1 zu § 85). Dazu gehört infolge des Bezugs des § 98 GBGB auf § 5 GBG also auch diese Vorschrift, die anordnet, daß in das Hauptbuch die wesentlichen Bestimmungen der bücherlichen Rechte einzutragen sind. Wenn sie eine kurze Fassung nicht zulassen, ist im Hauptbuch eine Berufung auf die genau zu bezeichnenden Stellen der Urkunden, die der Eintragung zugrundeliegen, zulässig. Dies mit der Wirkung, daß die bezogenen Stellen als im Hauptbuch eingetragen anzusehen sind.

In dem in insgesamt 10 Vertragspunkte aufgegliederten Servitutsvertrag sind zwei Dienstbarkeiten vereinbart, die sich die Erst- und Zweit- bis 14. Antragsteller wechselseitig eingeräumt haben. Die erste Servitut ist in Punkt I unter Verweis auf einen beiliegenden Plan, die zweite Servitut unter Punkt III ebenfalls unter Verweis auf den beiliegenden Plan vereinbart und beschrieben. Beide in Frage stehende Servituten sind im Servitutsbestellungsvertrag verbal und unter Bezugnahme auf den einen Bestandteil des Vertrags bildenden Plan örtlich eingeschränkt. Dieser Plan zeigt den vereinbarten Verlauf der Elektroerdleitung und der Zufahrtsstraße auf.

Für Dienstbarkeiten und Reallasten besteht neben der allgemeinen Regelung des § 85 GBG und der besonderen Regelung des § 5 GBG noch ein weiteres Bestimmtheitsgebot in § 12 GBG. Bei Dienstbarkeiten und Reallasten muß Inhalt und Umfang des einzutragenden Rechtes möglichst bestimmt angegeben werden. Sollen Dienstbarkeiten auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt sein, so müssen diese genau bezeichnet werden. Diese Bestimmung bezweckt vor allem bei Teilung, Vereinigung und Änderung am Umfang der von einer Dienstbarkeit betroffenen Grundstücke festzustellen, ob die Servitut von einer solchen Änderung betroffen wird, denn bei Grunddienstbarkeiten, die auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt sind, entfällt die Eintragung in einer neuen Einlage, wenn sich diese Lasten nicht auf ein abzuschreibendes Trennstück beziehen (§ 3 Abs 2 LTG).

Der von den Vorinstanzen abgewiesene Grundbuchsantrag erfüllt alle die aufgezählten Bestimmtheitserfordernisse nicht, die, wie oben ausgeführt, auch für den Inhalt des Gesuchsbegehrens maßgeblich sind. Die Antragsteller sind weder dem Erfordernis, Inhalt und Umfang des einzutragenden Rechts möglichst bestimmt durch Berufung auf eine genau bezeichnete Stelle der Urkunde nachgekommen, noch haben sie die räumliche Bestimmung durch Angabe des vorgesehenen Verlaufs des Fahrwegs oder der Erdleitung (vgl dazu NZ 1990, 307 [Hofmeister]) durch Bezug auf den einen Teil der Urkunde bildenden Plan dargetan.

Neben dieser Verletzung von Bestimmtheitsgeboten, die die Abweisung des Eintragungsbegehrens nach sich zog, steht der begehrten Eintragung auch noch die Bestimmung des § 94 Abs 1 Z 3 GBG entgegen. Das Begehren auf Erwirkung einer grundbücherlichen Eintragung einer Dienstbarkeit ohne die in der maßgeblichen Vertragsurkunde vorgenommene räumliche Einschränkung ist durch den beigebrachten Servitutsvertrag, der die Dienstbarkeiten räumlich beschränkt, nicht begründet.

Zu Recht sind daher die Vorinstanzen zur Abweisung des Begehrens gelangt.

Dem unberechtigten Revisionsrekurs war der Erfolg zu versagen.

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