Spruch:
Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird Folge gegeben und der angefochtene Sachbeschluß dahin abgeändert, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Mieterin der Wohnung top Nr 11 im Haus ***** in ***** W*****, das seit dem Jahr 1990 im Eigentum des Antragsgegners steht. Vor etwa 10 Jahren hat die Antragstellerin vor ihrer Wohnungseingangstür im Türstockbereich ein schwarz gestrichenes Sicherheitsgitter über die gesamte Türhöhe anbringen lassen. Eine solche versperrbare Gittertür wird vom kriminalpolizeilichen Beratungsdienst unter anderen Varianten als Einbruchssicherung empfohlen.
An der Wohnungseingangstür der Antragstellerin befinden sich, wie auch bei den übrigen Türen des Hauses in beiden Türflügeln fensterförmige Glaseinsätze mit schwarzer Gitterverzierung. Auch im obersten Bereich der Türe ist ein Glaseinsatz vorhanden. Im Stiegenhaus befinden sich auch vor allen Gangfenstern schwarz lackierte schmiedeeisene Ziergitter.
Die Antragstellerin hat weder den früheren Eigentümer noch den Antragsgegner um Zustimmung zur Anbringung bzw Belassung des Sicherheitsgitters aufgefordert.
Am 25. 5. 1998 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, dieses von ihr angebrachte Gitter binnen vier Wochen zu entfernen, ansonsten er eine Entfernung des Gitters veranlassen werde.
Die Antragstellerin begehrte die fehlende Zustimmung des Vermieters zur Anbringung der Sicherheitstür zu ersetzen. Die von ihr durchgeführte Veränderung entspreche einem wichtigen Interesse, weil die Anbringung solcher Sicherheitsvorkehrungen sogar vom kriminalpolizeilichen Beratungsdienst ua in Hinblick auf die immer größer werdende Gefahr von Wohnungseinbrüchen empfohlen werde. Auch entspreche die Anbringung einer solchen Tür in Wien einem durchaus üblichen Schutz der Wohnungen. Der Vermieter könne seine Zustimmung zur Errichtung eines solchen Gitters nicht verweigern. Die vom Antragsgegner vorgeschlagene Anbringung eines Gitters im Inneren der Wohnung würde nicht denselben Schutz bewirken.
Es seien daher die gesetzlichen Voraussetzungen der Zustimmungspflicht des Antragsgegners erfüllt.
Der Antragsgegner beantragte Abweisung des Begehrens der Antragstellerin und wendete im wesentlichen ein, daß das bestehende Gitter das einheitliche Erscheinungsbild des Hauses im Gangbereich störe und im Zuge einer beabsichtigten Sanierung auch einwandfrei gleichmäßige Wohnungstüren und Gänge geschaffen werden sollten. Er habe erst kürzlich anläßlich einer Begehung des Hauses von der Anbringung des Gitters Kenntnis erlangt. Auch habe die Antragstellerin die Sicherheitsgittertür in den Gang hinein montieren lassen. Es handle sich daher nicht um Veränderungen innerhalb des Mietgegenstandes, die von der Vorschrift des § 9 MRG umfaßt seien. Weiters entspreche das von der Antragstellerin angebrachte Sicherheitsgitter nicht der Übung des Verkehrs, es sei veraltet. Wichtige Interessen der Antragstellerin würden nicht berührt, weil das Interesse, einen Wohnungseinbruch zu verhindern, jedem Mieter eigen sei und dennoch nicht überall derartige Gitter zur Absicherung von Wohnungstüren angebracht werden. Im übrigen sei die Art der Anbringung der Gittertür auch im Vergleich zu anderen Lösungsmöglichkeiten nicht sicherheitserhöhend.
Durch die Vorgangsweise der Antragstellerin sei das Interesse des Antragsgegners, unvermietete Wohnungen im Haus zu marktkonformen Mietpreisen zu vermieten beeinträchtigt, weil das Stiegenhaus und die Gänge nicht in einen einwandfreien Zustand mit einem untadeligen gleichmäßigen äußeren Erscheinungsbild zu versetzen seien.
Das Erstgericht gab dem Begehren der Antragstellerin statt und verhielt den Antragsgegner zur Duldung des angebrachten Sicherheitsgitters.
Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen bejahte das Erstgericht zunächst die Anwendbarkeit des § 9 MRG unter Hinweis auf die Durchsetzbarkeit der Anbringung von Antennen gemäß § 9 Abs 2 Z 5 MRG an Bereichen außerhalb eines Wohnungsverbandes eines Mieters. Daß die Antragstellerin selbst die Kosten für die Montage der Gittertür getragen habe und die Gittertür einwandfrei entsprechend dem Stand der Technik ausgeführt worden sei, habe der Antragsgegner nicht bestritten. Eine als Maßnahmen der Einbruchssicherung angebrachte Gittertür entspreche zweifellos einem wichtigen Interesse des Hauptmieters, nämlich dem Schutz vor Wohnungseinbrüchen. Daß diese Maßnahme auch der Übung des Verkehrs entspreche ergebe sich bereits daraus, daß ua solche Gittertüren von der Kriminalpolizei als Einbruchssicherung empfohlen würden. Solche Gittertüren seien auch, wie gerichtsbekannt, bei vielen alten Wohnungseingangstüren zu finden. Daß auch andere Möglichkeiten einer Einbruchssicherung bestünden, die nur innerhalb des Mietgegenstandes angebracht werden könnten, wie Riegel, Verstrebungen, Gittertür innen etc, sei nicht verfahrensgegenständlich, weil hier nicht die grundsätzlich beste Möglichkeit zur Erreichung des angestrebten Zwecks zu eruieren sei.
Aus den Feststellungen und den vorliegenden Fotos ergebe sich, daß im Stiegenhaus an mehreren Stellen andere schwarze Ziergitter vorhanden seien, sodaß das von der Antragstellerin angebrachte keineswegs störend wirke. Eine Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes werde dadurch nicht bewirkt, sodaß der Einwand des Antragsgegners, die Veränderung stünde seinen Interessen auf marktkonforme Vermietung anderer Objekte entgegen, nicht nachvollziehbar sei.
Einem dagegen vom Antragsgegner erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und wies das Duldungsbegehren ab.
Zunächst teilte das Rekursgericht die Ansicht des Erstgerichtes, daß § 9 MRG auch auf die verfahrensgegenständliche Veränderung anzuwenden sei. Hier handle es sich keineswegs um eine Änderung, durch die eine Ausweitung des Umfangs des Mietgegenstandes herbeigeführt werde, wie etwa durch Einbeziehung eines Gang-WCs in den Wohnungsverband oder durch Anbringung eines vergrößerten Steckschildes an einer Fassade. Eine § 9 MRG zu unterstellende Veränderung stelle auch die Anbringung einer Markise an der Front eines Mietgegenstandes dar, wie der Austausch von Holzkastenfenstern mit Innen- und Außenflügeln gegen einflügelige Kunststoffenster, welche Veränderung ebenfalls an allgemeinen Teilen des Hauses vorgenommen werde. So sei auch die Anbringung einer Gittertüre vor der Wohnungseingangstür im Sinn der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze § 9 MRG zu unterstellen.
Bei der Beurteilung eines wichtigen Interesses des Hauptmieters an der durchgeführten Veränderung könne allerdings nicht außer acht gelassen werden, daß eine Einbruchssicherung auch durch alternative Maßnahmen erzielt werden könne. Stehe einem Mieter die Möglichkeit zur Verfügung, einen annähernd gleichwertigen Einbruchsschutz durch Maßnahmen innerhalb des Bestandobjektes zu erreichen, so bedürfe sein Interesse an der Errichtung einer allgemeine Teile des Hauses berührenden Außengittertüre einer besonderen Begründung. Eine solche sei bisher nicht erörtert worden. Diese Frage könne allerdings schon deshalb dahingestellt bleiben, weil es am Erfordernis der Verkehrsüblichkeit für die durchgeführte Veränderung mangle. Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes könne es nicht als der Übung des Verkehrs entsprechend angesehen werden, daß Sicherheitsgittertüren vor einer Wohnungseingangstür angebracht würden, weil es erfahrungsgemäß andere Sicherungsmaßnahmen gebe, von denen Mieter und Wohnungseigentümer vielfach Gebrauch machten. Gittertüren vor einer Wohnungseingangstür seien in Wien keineswegs generell üblich.
Damit fehle es aber an der in § 9 Abs 1 Z 2 MRG genannten positiven Voraussetzung für die Duldungspflicht des Vermieters, was zur Abweisung des Antrags zu führen habe.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 nicht übersteige, der Revisionsrekurs jedoch zulässig sei, weil zur Frage, ob eine vor einer Wohnungseingangstür angebrachte Sicherheitsgittertüre der Übung des Verkehrs entspreche, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Gegen diesen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Antragsgegner beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Frage der Übung des Verkehrs im Sinn des § 9 Abs 1 Z 2 MRG keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt. Der Rekurs ist auch berechtigt.
Zunächst begegnet die im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittige Anwendbarkeit des § 9 MRG auf den gegenständlichen Sachverhalt keinen Bedenken. Sofern Sicherheitsgitter nicht außerhalb des Türstockbereichs angebracht sind, gehören sie örtlich und begrifflich noch zum Bereich der Wohnungseingangstür, deren Verstärkung sie bewirken sollen. Veränderungen daran bilden daher noch keine solche Ausweitung des Mietrechts auf nicht vermietete Teile des Hauses, die nicht mehr unter den Veränderungsbegriff des § 9 MRG zu subsumieren wäre (WoBl 1992/42).
Das Rekursgericht hat das Begehren der Antragstellerin im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß die Anbringung von Sicherheitsgittertüren vor Wohnungseingangstüren in Wien nicht der Übung des Verkehrs entspreche und einem wichtigen Interesse der Mieterin an der Herstellung einbruchssichernder Einrichtungen auch durch andere Maßnahmen entsprochen werden könnte.
Entgegen dieser Ansicht ist aber ein wichtiges Interesse der Antragstellerin am Schutz vor Wohnungseinbrüchen zu bejahen. Steht - wie hier - fest, daß die von der Mieterin durchgeführte Maßnahme eine von mehreren möglichen zur Erschwerung von Wohnungseinbrüchen taugliche darstellt, kommt eine Verweisung auf technisch anders durchführbare Sicherheitsmaßnahmen nicht in Betracht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn feststünde, daß nur andere Maßnahmen zielführend sind oder jedenfalls erheblich bessere Problemlösungen bieten als die vom Mieter angestrebte.
Ganz allgemein kann zugrunde gelegt werden, daß Maßnahmen zur Einbruchsicherung durchaus der Übung des Verkehrs entsprechen. In welcher Form die von einem Mieter geplanten Vorkehrungen dem Vermieter auch zumutbar sind, ist jeweils Sache des Einzelfalls. Hier steht wegen der Ausgestaltung des den übrigen im Stiegenhaus vorhandenen schwarzen Gittern angepaßten Türgitters fest, daß damit keinerlei optische Beeinträchtigung verbunden ist. Alle übrigen in § 9 Abs 1 MRG angeführten Voraussetzungen stehen nicht mehr in Zweifel, so daß es Sache des Vermieters gewesen wäre, Gründe für die auf seiner Seite gelegene Unzumutbarkeit zu behaupten und nachzuweisen. Auf der Hand liegt die fehlende Zumutbarkeit für den Vermieter schon in Anbetracht des Umstandes nicht, daß die gegenwärtige Situation bereits durch ein Jahrzehnt hindurch aufrecht besteht.
Unter den Aspekten des vorliegenden Falls ist daher die verweigerte Zustimmung des Vermieters zu der von der Mieterin durchgeführten einbruchssichernden Maßnahme zu ersetzen.
In diesem Sinn war ihr Revisionsrekurs berechtigt.
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