Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:
1.) "Das Sicherungshauptbegehren, zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte auf Unterlassung der berechtigte Interessen der Klägerin verletzenden Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen der Klägerin werde der Beklagten ab sofort bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils mit einstweiliger Verfügung geboten, die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen der Klägerin ohne deren Einwilligung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein Gerichtsverfahren gegen Peter R*****, insbesondere ein Strafverfahren wegen Verdachts der Untreue oder des Betruges gegen Peter R***** zu unterlassen, wird abgewiesen.
2.) Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte auf Unterlassung der berechtigte Interessen der Klägerin verletzenden Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen der Klägerin wird der Beklagten ab sofort bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils geboten, die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen der Klägerin ohne deren Einwilligung zu unterlassen, wenn gleichzeitig sie und der der Begehung von Straftaten wie Betrug oder Untreue verdächtige Peter R***** im Begleittext als (niederösterreichische Mutation von) Bonnie & Clyde (aus Niederösterreich) bezeichnet werden oder wenn die Klägerin durch sinnähnliche Bezeichnungen in einen Zusammenhang mit der Begehung von Straftaten gebracht oder solcher verdächtigt wird.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 6.844,10 S (darin enthalten 1.144,35 S USt) bestimmten anteiligen Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die Klägerin hat die Hälfte ihrer Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen, die halben Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 18.890,10 S bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 3.148,35 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Beklagte ist die Medieninhaberin der periodischen Druckschrift "profil". In der Ausgabe des "profil" Nr. 21 vom 18. 5. 1998 veröffentlichte die Beklagte einen Artikel, in dem die Freundschaft der Klägerin zu Peter R***** als ein (in der "Partei" bekanntes) Verhältnis bezeichnet wird und ein Bildnis der Klägerin, welche darauf in Gesellschaft mehrerer Personen in unverfänglicher Weise zu sehen ist, neben einem Bildnis Peter R*****s mit der beiden Bildern gemeinsamen "Beschreibung": Liebespaar R*****, G*****" gezeigt wird.
Emil B*****, Redakteur des "profils", lernte die Klägerin nach der Festnahme Peter R*****s in Brasilien kennen und fotografierte sie, wie zahlreiche andere Fotografen, im Polizeigebäude von Fortaleza bei einem Zusammentreffen mit Peter R*****. Diese sprach sich bei dieser Gelegenheit nicht gegen die Aufnahme oder Veröffentlichung der Lichtbilder im Rahmen der Berichterstattung über den Fall "Peter R*****" und über die gemeinsame Reise Peter R*****s und der Klägerin nach Brasilien aus.
In der Ausgabe des "profils" Nr. 25 vom 15. 6. 1998 erschien in der
Folge ein Artikel mit der Überschrift "Tagebuch einer Flucht", in dem
ein Lichtbild enthalten ist, das die Klägerin von der rechten
Körperseite, Peter R***** von vorne und sitzend sowie drei weitere
Personen im Hintergrund zeigt und mit den Worten "Medienobjekte
G*****, R***** ......" beschrieben ist. Im Textteil werden die beiden
mehrfach als "Bonnie and/und Clyde" oder als niederösterreichische
Mutation von "Bonnie and Clyde" oder "Bonnie und Clyde" aus
Niederösterreich bezeichnet. An anderer - unauffälliger - Stelle
heißt es im Text: "...... Zurück bleibt Cornelia G*****, gegen die
nichts vorliegt."
In der Zeitschrift "NEWS" Nr. 24/98 wurde ein Interview der Klägerin mit Isabell D***** abgedruckt, in dem es unter anderem heißt: "News:
Wann haben Sie sich zur Flucht entschlossen? G*****: Die Situation ist seit eineinhalb Jahren brisant gewesen. Seit damals haben wir uns mit Flucht auseinandergesetzt. Wir haben das gedanklich durchgespielt und waren uns immer im klaren, daß wir vielleicht von einem Tag auf den anderen fliehen müssen. Ich habe als Sicherheitspolster im vergangenen Oktober einen Kredit aufgenommen. Im April haben wir uns dann ans Internet gesetzt und geschaut, welche Länder keine Auslieferungsabkommen mit Österreich haben. So sind wir auf Brasilien gekommen."
Im Rahmen dieses Interviews ist die Klägerin zweimal abgebildet und einmal als R*****s Freundin und einmal als treue Gefährtin bezeichnet.
In der Zeitschrift "WIENER" Nr. 1/99 ist die Klägerin in sehr privaten Positionen zum Teil mit Peter R***** mehrfach im Rahmen eines Artikels unter dem Titel "Peter und Conny in Brasilien" abgebildet, wobei diese Bilder offensichtlich mit Zustimmung der Klägerin angefertigt wurden.
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu gebieten, die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen der Klägerin ohne deren Einwilligung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein Gerichtsverfahren gegen Peter R*****, insbesondere ein Strafverfahren wegen Verdachts der Untreue oder des Betrugs gegen Peter R*****, zu unterlassen; eventualiter die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen der Klägerin zu unterlassen, wenn gleichzeitig sie und der der Begehung von Straftaten wie Betrug oder Untreue verdächtige Peter R***** im Begleittext als (niederösterreichische Mutation von) Bonnie & Clyde (aus Niederösterreich) bezeichnet werden, oder wenn die Klägerin durch sinngemäße Bezeichnungen in einen Zusammenhang mit der Begehung von Straftaten gebracht oder solcher verdächtigt wird. Sie stützt ihr Begehren auf § 78 UrhG, da sie durch die gegenständlichen Veröffentlichungen in berechtigten Interessen verletzt sei. Zur Veröffentlichung ihres Bildnisses im "profil" Nr. 21 vom 18. 5. 1998 habe sie keine Zustimmung erteilt; sie sei um eine solche auch gar nicht ersucht worden. Sie werde in diesem Artikel als "Verhältnis" des Peter R***** bezeichnet, was sie in ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich bloßstelle und ihre berechtigten Interessen im Sinne des § 78 UrhG verletze. Durch die mehrfache Bezeichnung Peter R*****s und der Klägerin als Bonnie & Clyde (aus Niederösterreich bzw niederösterreichische Mutation) im Text des Artikels vom 15. 6. 1998 verstoße der Bericht gegen die §§ 6, 7b MedienG. Die Gleichsetzung mit dem amerikanischen Verbrecherpaar verwirkliche objektiv nicht nur üble Nachrede sowie einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung, sondern verletze im Sinne des § 78 UrhG iVm der Bildveröffentlichung auch berechtigte Interessen der Klägerin, die mit Verbrechen überhaupt nichts zu tun habe und gegen die auch keinerlei Verdacht einer strafbaren Handlung bestehe.
Die Beklagte beantragte, den Sicherungsantrag abzuweisen. Es sei notorisch, daß die Klägerin und der damalige Abgeordnete zum Nationalrat Peter R***** am 22. 4. 1998 "verschwunden" seien und erst Monate später in Brasilien aufgespürt werden konnten. Die Klägerin habe bereits lange vor der Flucht von den Schwierigkeiten ihres Freundes gewußt und mit ihm Fluchtvorbereitungen getroffen. Der Artikelverfasser Emil B***** habe mit der Klägerin Gespräche über die Flucht Peter R*****s und die Beteiligung der Klägerin daran geführt. Der Klägerin sei bekannt gewesen, daß B***** Redakteur des "profils" sei. Er habe die Klägerin gemeinsam mit anderen Fotoredakteuren im Gerichtsgebäude von Fortaleza bei einem Zusammentreffen mit Peter R***** fotografiert, wogegen sich die Klägerin in keiner Weise gewehrt habe. Darüber hinaus habe die Klägerin zu Zwecken der Bildberichterstattung über den Kriminalfall R***** und die gemeinsame Flucht verschiedenen Medien Interviews gegeben und sich dabei in verschiedenen Posen fotografieren lassen. Bereits aufgrund der Artikelüberschrift sei jedermann klar, daß mit der Bezeichnung "Bonnie & Clyde" nur ein Pärchen auf der Flucht gemeint sei, zumal im Text auch festgehalten sei, daß gegen die Klägerin nichts vorliege. Da die Klägerin darüber hinaus durch Aufnahme eines Kredits die Flucht Peter R*****s begünstigt und damit, daß sie sich im gegebenen Zusammenhang fotografieren ließ, der Veröffentlichung von Lichtbildern zugestimmt habe, und das Interesse der Öffentlichkeit, das Bildnis der Klägerin kennen zu lernen, allfällige Interessen der Klägerin am Unterbleiben der Veröffentlichung bei weitem überwiege, sei der Sicherungsantrag nicht berechtigt.
Das Erstgericht gab dem Hauptsicherungsantrag statt. In rechtlicher Hinsicht sah es "berechtigte Interessen" der Klägerin im Sinne des § 78 UrhG beeinträchtigt. Bei Bildveröffentlichungen im Zusammenhang mit einer Berichterstattung sei nicht nur auf das Bild, sondern auch auf den damit im Zusammenhang stehenden veröffentlichten Text abzustellen. Die Klägerin werde durch die Aufmachung der Artikel in Zusammenhang mit den Straftaten, deren Peter R***** verdächtig ist, gebracht, zumal von "Flucht" und "Bonnie & Clyde" die Rede sei. Da die Klägerin aber keiner strafbaren Handlung verdächtig sei, könne bei ihr von Flucht nicht die Rede sein. Selbst wenn man davon ausgehe, daß das Leserpublikum unter "Bonnie & Clyde" ausschließlich ein Pärchen auf der Flucht verstehe, so sei auch das unrichtig, weil sich die Klägerin eben nicht auf der Flucht befunden habe. Eine Zustimmung der Klägerin zur Bildnisveröffentlichung sei nicht vorgelegen. Auch die Bezeichnung der Klägerin als "Verhältnis" Peter R*****s berühre den höchstpersönlichen Lebensbereich der Klägerin in abwertender und somit negativer Weise. Somit sei durch die inkriminierten Artikel im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin ein Verstoß gegen deren berechtigte Interessen im Sinne des § 78 Abs 1 UrhG iVm § 7 MedienG, gegeben.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000,-- S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es ging davon aus, daß ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit angesichts des Verschwindens eines Abgeordneten zum Nationalrat offenkundig sei und von diesem Informationsinteresse auch die Kenntnis der näheren Umstände des Verschwindens, insbesondere auch die Kenntnis der Personen, die ihn bei seinem Untertauchen begleitet haben und ihm dabei auch behilflich waren, umfaßt sei. Da die Klägerin gegenüber mehreren Medien, zB in "News" Nr. 24/98 ausgesagt habe, sie habe von Anfang an alles gewußt, und sich dabei auch abbilden ließ, bestehe kein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Nichtveröffentlichung eines nicht bloßstellenden Bildes im Zusammenhang mit einem Text, in dem über mögliche Straftaten Peter R*****s berichtet werde. Ebenso sei das Eventualbegehren nicht berechtigt, weil die Bezeichnung Peter R*****s und der Klägerin als Bonnie und Clyde oder sinngemäße Bezeichnungen nicht notwendig den Schluß zuließen, daß dadurch der Klägerin die Begehung strafbarer Handlungen unterstellt werde. Der Vergleich wecke vielmehr die Assoziation mit einem flüchtenden Pärchen. Auch sei der Begriff "Flucht" nicht notwendig mit der Begehung strafbarer Handlungen zu verbinden. Ebenso sei das Liebesverhältnis zwischen Peter R***** und der Klägerin eine veröffentlichungswürdige Tatsache, hinter die das Interesse der Klägerin an der Nichtveröffentlichung zurückzutreten habe, zumal ohne diese Kenntnis das Verhalten der Klägerin im Fall R***** von der Öffentlichkeit gar nicht verstanden werden könnte.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht im Einklang steht; der Revisionsrekurs ist auch teilweise berechtigt.
Nach § 78 Abs 1 UrhG dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt, noch auf eine andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt würden.
Durch § 78 UrhG soll jedermann gegen einen Mißbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit geschützt werden, also namentlich dagegen, daß er durch die Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, daß dadurch sein Privatleben der Öffentlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Mißdeutungen Anlaß geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt (Dittrich, UrhR3 § 78/14). Das Gesetz legt den Begriff der "berechtigten Interessen" nicht näher fest, weil es bewußt einen weiten Spielraum offen lassen wollte, um den Verhältnissen des Einzelfalls gerecht zu werden (SZ 60/188 = ÖBl 1988, 139 - "Wahlnachlese"; MR 1989, 54 - "Frau des Skandalrichters";
MR 1990, 226 - "Rote Karte"; ÖBl 1993, 31 - "Austria - Boss"; MR
1995, 226 - "Bombenterror"; uva). Die Beurteilung, ob berechtigte
Interessen verletzt wurden, ist darauf abzustellen, ob Interessen des
Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schutzwürdig anzusehen sind
(MR 1995, 226 - "Bombenterror" mwN). Dabei ist auch der mit dem
veröffentlichten Bild zusammenhängende Text zu berücksichtigen (MR
1989, 54 - "Frau des Skandalrichters" mwN; ÖBl 1993, 39 - "Austria -
Boss"; MR 1995, 143 - "Haider - Fan" uva). Der erste Schritt gilt
daher der Prüfung, ob im Einzelfall überhaupt ein schutzwürdiges
Interesse des Abgebildeten vorliegt, das verletzt sein könnte. Ist
schon das zu verneinen, ist der rechtliche Schutz zu versagen; bei Bejahung dieses Interesses ist aber in einem zweitem Schritt die Interessenlage auf beiden Seiten zu beurteilen, aus deren Abwägung sich ergibt, ob die Geheimhaltungsinteressen des Abgebildeten den Vorrang haben und damit zu "berechtigten Interessen" werden (Buchner,
Das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten, Festschrift 50 Jahre UrhG (1986) 21 ff [26 f]; MR 1989, 54 - "Frau des Skandalrichters").
Im vorliegendem Fall ist daher zunächst zu prüfen, ob die Klägerin durch die Veröffentlichung ihres Bildnisses im Rahmen der beanstandeten Artikel in schutzwürdigen Interessen verletzt wurde.
Was das Bild der Klägerin im "profil" Nr. 21 vom 18. 5. 1998 auf Seite 32 anlangt, so ist zunächst einmal darauf hinzuweisen, daß nicht nur das Bild allein, sondern auch die Art seiner Verbreitung und der Rahmen, in den das Bild gestellt wurde, berücksichtigt werden müssen (stRspr, zB SZ 28/205; SZ 37/148; SZ 50/22 uva). Hiebei ist zu beachten, daß unmittelbar vor dem Artikel, in dem sich das Bild der Klägerin befindet, ein weiterer Artikel unter der Schlagzeile "Untreue Hände" die Affäre R***** behandelt und unmittelbar im Anschluß daran unter der Schlagzeile "Das Scheitern des Peter R." ein Porträt über die "private Seite" Peter R*****s präsentiert wird, eben jener Artikel, in dem sich das Bildnis der Klägerin und der eingangs auszugsweise dargestellte Text befindet. In der Entscheidung MR 1989, 54 - "Frau des Skandalrichters" hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß schutzwürdige Interessen einer abgebildeten Ehefrau des einer strafbaren Handlung Verdächtigen verletzt würden, weil sie infolge der Veröffentlichung nun in der Öffentlichkeit erkannt und mit den Verdachtsmomenten gegen ihren Gatten in Verbindung gebracht werde; mit einer solchen Bildnisveröffentlichung werde eine verpönte "Prangerwirkung" erzielt, weil die Abgebildete damit erst einer breiten Öffentlichkeit optisch kenntlich gemacht, mithin eine Identifikationsmöglichkeit erst geschaffen werde; dies wirke sich für Personen, die mit dem Gegenstand der mit der Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang stehenden Berichterstattung nichts anderes zu tun hätten, als Ehepartner einer in dieser Berichterstattung dargestellten Person zu sein, besonders gravierend aus; im Aussehen des Ehepartners einer im Verdacht einer strafbaren Handlung stehenden Person bestehe keinerlei schutzwürdiger Nachrichtenwert, sodaß die im zweiten Schritt der Prüfung vorzunehmende Interessenabwägung zum Nachteil der Beklagten auszufallen habe; mit dem Interesse an der Berichterstattung über den in der Öffentlichkeit bekanntgewordenen Verdacht strafbarer Handlungen gegen den Ehegatten könne ein Interesse an der Veröffentlichung eines Bildnisses des anderen Ehegatten nicht begründet werden.
Im Lichte dieser Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall die Nahebeziehung der Klägerin zur "Person und zum Fall R*****" doch einer differenzierteren Betrachtung und Beurteilung zu unterziehen. Sie hat, wie sie in dem festgestellten Interview in der Zeitschrift "NEWS" Nr. 24/1998 selbst sagte, seit eineinhalb Jahren die Brisanz der Situation gekannt, sich mit Peter R***** seit damals mit dem Thema Flucht - "von einem Tag auf den anderen" - auseinandergesetzt, als "Sicherheitspolster" einen Kredit aufgenommen und mit Peter R***** gemeinsam im Internet Länder gesucht, die mit Österreich kein Auslieferungsabkommen haben, und dabei letzlich Brasilien ausgewählt. Diese Umstände weisen somit zumindest auf eine längerdauernde Kenntnis der Klägerin über einen gegen Peter R***** entstandenen und/oder bestehenden Verdacht der Begehung strafbarer Handlungen hin und belegen ihre Beteiligung an der Planung und Durchführung der in allen österreichischen Medien äußerstes Aufsehen erregenden gemeinsamen Flucht. Im Gegensatz zum Sachverhalt der Entscheidung MR 1989, 54 - "Frau des Skandalrichters" hatte die Klägerin hier mit dem einen hohen Nachrichtenwert genießenden Fall "Peter R*****" wesentlich mehr zu tun, als bloß die "Lebensgefährtin oder Freundin" des Verdächtigen zu sein. Aus diesem Grund ist ein das Geheimhaltungsinteresse der Klägerin überwiegendes Informationsinteresse der Beklagten zu bejahen.
Ob durch die unverfängliche Abbildung im Rahmen der Berichterstattung über die "private Seite" Peter R*****s, in der sie als dessen Freundin, die beiden als Liebespaar und ihre Beziehung als ein "in der Partei bekanntes" Verhältnis bezeichnet werden, die durch § 78 UrhG geschützten Interessen der Klägerin verletzt wurden, bedarf keiner Prüfung, weil diese Berichterstattung vom Verbotsbegehen nicht erfaßt ist. Demgemäß ist das Sicherungshauptbegehren nicht berechtigt.
Hinsichtlich des im "profil" Ausgabe Nr. 25/98 vom 15. 6. 1998 veröffentlichten Artikels ist nach den getroffenen Feststellungen zwar davon auszugehen, daß die Klägerin dem Redakteur die Zustimmung zur Veröffentlichung der Lichtbilder im Rahmen der Berichterstattung im Fall Peter R***** und über die gemeinsame Reise Peter R*****s und der Klägerin nach Brasilien erteilt hat. Wenn die Beklagte aber nun im genannten Artikel die Klägerin und Peter R***** als Bonnie und Clyde, als niederösterreichische Mutation von Bonnie & Clyde oder Bonnie und Clyde aus Niederösterreich bezeichnet, so kann sich der erkennende Senat nicht der Auffassung des Rekursgerichts anschließen, wonach dadurch in der Öffentlichkeit bloß die Assoziation mit einem flüchtenden Pärchen geweckt werde. Mögen Bonnie und Clyde der Öffentlichkeit auch aus einem erfolgreichen Film bekannt sein, in dem sie mit filmischen Mitteln zu Sympathieträgern stilisiert wurden (ein nicht selten praktiziertes Erfolgsrezept des Filmgenres), so ändert dies doch nichts an der Tatsache, daß es sich dabei um ein amerikanisches Verbrecherpaar handelte. Eine Gleichsetzung der Klägerin und Peter R*****s mit Bonnie und Clyde in dem beanstandeten Artikel läßt nun aus Sicht des Leserpublikums denkmöglich (auch) das Interpretationsergebnis zu, daß der Klägerin damit unterstellt wird, in die Machinationen Peter R*****s verstrickt zu sein oder unter dem Verdacht sonst begangener strafbarer Handlungen zu stehen.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs reicht für die Annahme einer Verletzung berechtigter Interessen und sohin einen Verstoß gegen § 78 UrhG jedoch schon die Möglichkeit von Mißdeutungen einer Veröffentlichung aus (vgl ÖBl 1998, 162 - "Lachen ist gesund"; MR 1989, 54 - "Frau des Skandalrichters"; ua). Der Bildnisschutz kommt der Klägerin somit hier zustatten. Das Sicherungseventualbegehren der Klägerin ist daher berechtigt.
Dem Revisionsrekurs war daher teilweise Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf den §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50 ZPO. Die Klägerin ist mit ihrem Sicherungshauptbegehren unterlegen, mit ihrem Sicherungseventualbegehren aber durchgedrungen. Mangels anderer Anhaltspunkte für die Bewertung sind Unterliegen und Obsiegen mit jeweils 50 % zu bewerten.
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