Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die klagende Partei gründet ihr Begehren auf Zahlung von 154.000,-- S sA auf folgendes Vorbringen:
Sie sei Eigentümerin eines Hauses in Wien 3; die am 7. 9. 1993 verstorbene Melanie S***** sei Mieterin einer in diesem Haus gelegenen Wohnung gewesen. Alleinerbe nach der Verstorbenen sei deren Stiefsohn, der Beklagte. Dieser habe es unterlassen, der klagenden Partei den Tod seiner Stiefmutter mitzuteilen, er habe vielmehr weiterhin die auf deren Namen lautenden Mietzinsvorschreibungen unter diesem Namen eingezahlt, wodurch er die klagende Partei getäuscht habe. Erst im Frühjahr 1996 habe die klagende Partei bzw ihre Hausverwaltung wegen eines Rohrgebrechens in der betreffenden Wohnung Kenntnis vom bereits zweieinhalb Jahre zurückliegenden Tod der Mieterin erhalten. Daraufhin sei das Bestandverhältnis aus dem Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG zum nächstmöglichen Zeitpunkt gerichtlich aufgekündigt worden, der Beklagte habe dagegen keine Einwendungen erhoben und das Bestandobjekt Ende Mai 1996 zurückgestellt. Wäre der klagenden Partei der Tod der Mieterin vom Beklagten binnen angemessener Frist bekanntgegeben worden, so hätte sie das Bestandobjekt spätestens ab 1. 2. 1994 zu einem mindestens 5.000,-- S netto monatlich über dem vom Beklagten bezahlten monatlichen Mietzins neu vermieten können. Die Möglichkeit zur Kündigung und neuerlichen Vermietung habe sie nicht wahrnehmen können, weil der Beklagte es schuldhaft unterlassen habe, den Tod der Mieterin bekanntzugeben, und die klagende Partei durch die weitere Zinszahlung unter dem Namen der Verstorbenen schuldhaft getäuscht habe. Entsprechende Interessenten, die das Bestandobjekt zum höheren Mietzins angemietet hätten, seien vorhanden gewesen oder hätten am Markt leicht gefunden werden können.
Der Beklagte, dem der Nachlaß der Melanie S***** am 17. 10. 1994 als deren Alleinerben eingeantwortet wurde, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, ihn habe keine Rechtspflicht getroffen, der klagenden Partei das Ableben seiner Stiefmutter bekannt zu geben, darüber hinaus sei dieser Umstand im Haus durch Anschlag des Partezettels bekanntgemacht worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Aufnahme der beantragten Beweise ab. Selbst bei Annahme der Richtigkeit des Klagevorbringens könne der Klage nicht stattgegeben werden, weil nach den allgemeinen Vorschriften nur derjenige schadenersatzpflichtig werde, der rechtswidrig und schuldhaft handle. Die Unterlassung der Mitteilung, daß seine Stiefmutter verstorben sei, sei jedoch keineswegs ein rechtswidriges Verhalten des Beklagten, weil eine solche Mitteilung weder gesetzlich vorgeschrieben sei, noch - entgegen der Behauptung der klagenden Partei - eine vertragliche Nebenpflicht sei. Eine derartige vertragliche Verpflichtung könnte den Beklagten erst ab dem Zeitpunkt der Einantwortung treffen, weil er mangels Eintrittsberechtigung nicht schon mit dem Tod der Mieterin in das Mietverhältnis eingetreten sei, sondern als deren Erbe erst mit der Einantwortung. Auch die von der klagenden Partei als "Täuschungshandlung" qualifizierte Weiterzahlung des vorgeschriebenen Mietzinses könne keine rechtswidrige Handlung darstellen.
Das Berufungsgericht hob in Stattgebung der Berufung der klagenden Partei das Urteil des Erstgerichtes auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig und das Verfahren in erster Instanz erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei. Da nach der Rechtsprechung im Rechtsverkehr bereits bei Aufnahme rechtsgeschäftlichen Kontaktes gegenseitige Schutz - und Sorgfaltspflichten entstünden, so müßten solche um so mehr bei aufrechtem Vertragsverhältnis fortbestehen. Im Sinne eines redlichen Geschäftsverkehrs müsse daher ein Vertragspartner den anderen über Umstände, von denen er annehmen müsse, daß sie für die Entscheidung des Geschäftspartners von Bedeutung seien oder doch von Bedeutung sein könnten, unterrichten. Eine Aufklärungspflicht bestehe jedenfalls dort, wo die Verschweigung die Vertragszwecke des Partners gefährde und dazu führe, daß dieser einen Schaden erleide. Daher wäre der Beklagte ab dem Zeitpunkt der Einantwortung der Verlassenschaft nach Melanie S***** als Erbe verpflichtet gewesen, die klagende Partei über den Tod seiner Stiefmutter aufzuklären. Er sei Universalerbe und werde unabhängig vom Eintrittsrecht nach dem MRG durch die Einantwortung zum Vertragspartner der klagenden Partei. Der hier behauptete Schaden könne dadurch entstanden sein, daß die klagende Partei infolge Verschweigung des Todes der Melanie S***** durch den Beklagten keine Möglichkeit gehabt habe, ihr Kündigungsrecht zeitgerecht auszuüben bzw danach einen höheren Mietzins zu erzielen. Die Rechtspflicht zur Information der klagenden Partei habe den Beklagten allerdings erst ab der Einantwortung getroffen, allenfalls bereits ab der Überlassung der Besorgung und Vertretung der Verlassenschaft durch das Verlassenschaftsgericht. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren nach Erörterung mit den Parteien und Einräumung der Möglichkeit zu weiterem Vorbringen Feststellungen über die Parteienbehauptungen zu treffen und insbesondere zu klären haben, ob die klagende Partei tatsächlich (wohl gemeint: vor dem Frühjahr 1996) keine Kenntnis vom Ableben ihrer vormaligen Mieterin erhalten habe, wobei alleine aus der Anbringung eines Partezettels im Hausflur noch nicht eine Kenntnis des Vermieters abgeleitet werden könne. Schließlich werde das Erstgericht zu prüfen haben, ob der Beklagte nach der Einantwortung tatsächlich den Tod der bisherigen Mieterin gegenüber der klagenden Partei verschwiegen habe, und je nach dem Ergebnis der dargestellten Fragen noch zu klären haben, ob die klagende Partei die vom Beklagten benutzte Wohnung um einen monatlich S 5.000,-- höheren Mietzins vermieten hätte können. Die Voraussetzungen für die Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof lägen deshalb vor, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob eine Haftung eines Rechtsnachfolgers in einen Bestandvertrag wegen Verletzung von Aufklärungspflichten bestehe.
Der gegen den zweitinstanzlichen Aufhebungsbeschluß gerichtete Rekurs des Beklagten ist aus den von der Vorinstanz genannten Gründen zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt:
Rechtliche Beurteilung
Durch den Tod des Mieters wird der Mietvertrag nicht aufgehoben (§ 1116a Satz 1 ABGB; § 14 Abs 1 MRG). Als Mieter treten - abgesehen vom hier nicht gegebenen Fall der Sonderrechtsnachfolge gemäß § 14 Abs 2 bis 4 MRG - die Erben in den Vertrag ein, und zwar erst mit der rechtskräftigen Einantwortung; bis dahin bleibt der ruhende Nachlaß Bestandnehmer, der entweder durch den erbserklärten Erben, dem die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen wurde (§ 145 AußStrG iVm § 810 ABGB), oder durch einen Verlassenschaftskurator vertreten wird (Würth in Rummel2 Rz 2 zu § 1116a; Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 2 zu § 14 jeweils mwN aus der Rechtsprechung). Zutreffend hat daher die Vorinstanz ausgesprochen, daß der Beklagte erst mit der (rechtskräftigen) Einantwortung zum Mietvertragspartner der klagenden Partei wurde und erst ab diesem (erst festzustellenden) Zeitpunkt bzw ab einer allenfalls (ebenfalls erst festzustellenden) früheren Verlassenschaftsvertretung aus diesem Vertrag entspringende, diesem als Nebenpflichten innewohnende Verpflichtungen gegenüber der klagenden Partei haben kann. Solche, einem (Dauer-)Vertrag über die Wohnungsmiete innewohnende, den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs entspringende, wenn auch ungeschriebene Pflichten können auch darin bestehen, den Vertragspartner über alle den Vertrag und insbesondere die Vertragsparteien selbst betreffenden Umstände zu informieren, die auf die Entschließungen des Vertragspartners zur weiteren Gestaltung (Aufhebung, Erneuerung oder dgl) des mit dem Rechtsnachfolger des verstorbenen Mieters fortgesetzten Vertrages insoferne wesentlichen Einfluß haben (könnten), als damit die Vertragszwecke gefährdet wären oder gar ein Schaden des Vertragspartners eintreten könnte (vgl Reischauer in Rummel2 Rz 15 vor §§ 918-933 mwN). Dem Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang beizupflichten, daß den Beklagten als Rechtsnachfolger (Alleinerben) der verstorbenen Mieterin spätestens ab der rechtskräftigen Einantwortung, aber auch frühestens ab "Vertretung des ruhenden Nachlasses durch ihn" die Rechtspflicht traf, der klagenden Partei oder der für sie tätigen Hausverwaltung den Tod der Mieterin und die danach bestehenden, das Mietvertragsverhältnis betreffenden Umstände (hier das Fehlen eintrittsberechtigter Personen) bekannt zu geben.
Liegt dem Beklagten aber eine schuldhafte (§ 1298 ABGB) Verletzung von Schutz- und/oder Aufklärungspflichten zur Last, dann wird daher zu klären sein, ob und wann die klagende Partei zufolge der den Beklagten treffenden Aufklärungspflicht Kenntnis vom Todesfall erlangen hätte müssen und damit das gegenständliche Mietobjekt - ab einem für die Kündigung und Räumung der Wohnung angemessenen Zeitpunkt bis zur tatsächlichen Räumung - im Sinne ihrer Klagebehauptungen günstiger als zu dem vom Beklagten entrichteten Mietzins vermieten hätte können. Den Ersatz eines solchen Schadens hätte ihr sodann der Beklagte zu leisten, soferne die Klägerin nicht ohnehin schon früher vom Tod der Mieterin und vom Fehlen eintrittsberechtigter Personen Kenntnis erlangt hat.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 letzter Satz ZPO, zumal das Rekursverfahren zur weiteren Klärung der Rechtslage beitrug und dessen Kosten somit dem weiteren Verfahren vorzubehalten sind (EvBl 1958/28 ua).
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