OGH 3Ob94/99s

OGH3Ob94/99s25.8.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der führenden betreibenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, und weiterer beigetretener betreibender Gläubiger wider die verpflichtete Partei Dr. Wilhelm Joachim Leupold, Rechtsanwalt, Irdning, Klostergasse 54, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldner 1. H***** GmbH & Co KG *****, und 2. H***** GmbH *****, wegen S 15,000.000 sA, infolge Revisionsrekurses der Ersteherin C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ulrich Sinnißbichler, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 4. Februar 1999, GZ 2 R 52/99t, 53/99i-129, womit infolge Rekurses der führenden betreibenden Partei unter anderem der Beschluß des Bezirksgerichtes Bad Aussee vom 28. Dezember 1998, GZ 2 E 300/97b-116, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

In der Versteigerungstagsatzung vom 6. 11. 1998 wurden in vier Einlagezahlen eingetragene Liegenschaften an die Meistbietende, die nunmehrige Revisionsrekurswerberin, unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Grundverkehrskommission bzw der Abgabe einer Erklärung gemäß § 18 StmkGVG zugeschlagen. Mit Bescheiden vom 11. 12. 1998 erteilte die Grundverkehrskommission hinsichtlich zweier Liegenschaften ihre Genehmigung und sprach hinsichtlich der beiden übrigen aus, daß eine Erklärung gemäß § 17 Abs 1 StmkGVG nicht erforderlich sei.

Mit Beschluß vom 18. 12. 1998 (ON 114) erklärte das Erstgericht den Zuschlag für wirksam. Diese Entscheidung wurde der Ersteherin am 22. 12. 1998 zugestellt.

Mit Beschluß vom 28. 12. 1998 ernannte das Erstgericht einen einstweiligen Verwalter für die versteigerten Liegenschaften, sprach aus, die bisherige Zwangsverwaltung sei mit dem 22. 12. 1998 in eine einstweilige Verwaltung zugunsten der Ersteherin übergegangen und forderte den bisherigen Zwangsverwalter auf, seine bis zum 22. 12. 1998 reichende Verwaltungs- und Schlußrechnung binnen 6 Wochen vorzulegen (ON 116).

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Rekursgericht dem Rekurs der führenden betreibenden Partei, soweit er den Beschluß ON 114 betraf, nicht Folge. Dagegen änderte es infolge deren Rekurses den Beschluß ON 116 dahin ab, daß "a) die Zwangsverwaltung mit Wirkung vom 6. 11. 1998 (statt 22. 12. 1998) in eine einstweilige Verwaltung zugunsten des Erstehers übergegangen ist, b) der bisherige Zwangsverwalter den Auftrag erhält, seine bis zum 6. 11. 1998 (statt 22. 12. 1998) reichende Abrechnung vorzulegen".

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs gegen den abändernden Teil seiner Entscheidung für zulässig.

Daß der Meistbietende erst ab dem Tag der Zustellung des Beschlusses über die Rechtswirksamerklärung des Zuschlages als Ersteher anzusehen sei (so ohne Begründung Puster, Zwangsversteigerung Rz 926 und Anm 1 zu Rz 955; vgl auch Schneider, Handbuch Österreichisches Grundverkehrsrecht 443) lasse sich dem Text des Art 7 Abs 2 der Bund-Länder-Vereinbarung über zivilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken BGBl Nr 260/1993 nicht zwingend entnehmen. Vielmehr sei davon auszugehen, daß der Zuschlag seine unmittelbare Wirkung nicht erst mit dem Einlangen der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung entfalte, sondern bereits mit seiner Verkündung im Versteigerungstermin (vgl Schaar, Rechte und Pflichten des Erstehers bei exekutivem Liegenschaftserwerb 8, 144 f mit Hinweis auf SZ 33/120, MietSlg 27.747 und RZ 1989/103). Von diesen vor Inkrafttreten dieses Abkommens aufgestellten Grundsätzen abzugehen, bestehe keine Notwendigkeit. Auf diese Weise werde eine unnötige Verfahrensverzögerung hintangehalten und auch darauf Bedacht genommen, daß die Rekursfrist für jene Personen, die zu Unrecht vom Versteigerungstermin nicht verständigt worden seien, gemäß § 187 Abs 1 letzter Satz EO nach wie vor ab dem Versteigerungstermin laufe.

Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses begründete es damit, daß höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage des Eintritts der Rechtswirksamkeit des Zuschlages im Sinne des Art 7 Abs 2 der zitierten Vereinbarung nicht veröffentlicht sei und diese im Hinblick auf die angeführten Zitate von Puster und Schneider auch anders beurteilt werden könnte.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Ersteherin, soweit damit der Beschluß des Erstgerichtes ON 116 abgeändert wurde, mit dem Begehren, diesen wiederherzustellen.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, daß das Rekursgericht offenbar die gemäß Art 15a B-VG geschlossene Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über zivilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken (BGBl 1993/260; für die Steiermark kundgemacht in LGBl 1993/134) als durch die Gerichte anwendbares Recht angesehen hat. Das Gegenteil ergibt sich aber unzweifelhaft schon aus deren Art 1, wonach [von den Ländern] die entsprechenden zivilrechtlichen Bestimmungen in Übereinstimmung mit den [in der Vereinbarung] folgenden Regelungen zu treffen sind. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach Vereinbarungen nach Art 15a B-VG nur die Vertragspartner (Bund und Länder) verpflichten und ohne Transformation keine Rechtswirkung gegenüber den Normunterworfenen entfalten (VfSlg 9.581; 9.886; 13.780; 14.146). Eine derartige Transformation ist aber, worauf im Revisionsrekurs zutreffend hingewiesen wird, ohnehin durch das StmkGVG 1993 erfolgt.

§ 34 Abs 1 und 2 StmkGVG entspricht auch Art 7 des genannten Gliedstaatsvertrages. Diese Bestimmung bewirkt für den örtlichen und sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes eine Derogation der entgegenstehenden Bestimmungen der EO (vgl dazu bereits Kossak, Der Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren und die Landesgrundverkehrsgesetze, ÖJZ 1967, 88).

Wie sich aus der zuletzt genannten Gesetzesbestimmung ergibt, steht die Wirksamkeit des Zuschlags in allen Fällen, in denen nach dem StmkGVG eine Genehmigungs- oder Erklärungsbedürftigkeit vorliegt oder zumindest beim Exekutionsgericht Zweifel darüber bestehen, unter der aufschiebenden Bedingung der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde, der Abgabe der Erklärung gemäß § 18 StmkGVG durch den Ersteher, der Entscheidung der Grundverkehrsbehörde, daß die Übertragung des Eigentums an den Meistbietenden keiner Genehmigung oder Erklärung bedarf oder der Säumigkeit dieser Behörde durch vier Monate. Im Gegensatz zur früheren sieht die nunmehr ständige Rechtsprechung in dem Erfordernis der Genehmigung eines Vertrages durch die Grundverkehrsbehörde eine Suspensivbedingung (aufschiebende Bedingung) für dessen Wirksamkeit (1 Ob 33/53 und zahlreiche E zu RIS-Justiz RS0038627; ebenso die Lehre, vgl nur Apathy in Schwimann**2 Rz 9 zu § 897 ABGB; J. Steiner, Grundverkehrsbehördliche Genehmigung und Bedingungslehre, JBl 1996, 413 mwN aus Rsp in FN 7).

§ 34 Abs 1 StmkGVG sieht nun ausdrücklich vor, daß der Zuschlag in den fraglichen Fällen erst mit der Genehmigung bzw mit der Abgabe der Erklärung rechtswirksam wird. Eine Rückwirkung ist im Gesetz nicht angeordnet, weshalb sie nicht anzunehmen wäre (vgl Apathy aaO Rz 4 unter Berufung auf F. Bydlinski, Ostheim-FS 51). Auch eine subjektiv-historische Auslegung würde zu dem Ergebnis führen, daß ua auch der Übergang der Gefahr, des Nutzens und der Lasten der versteigerten Liegenschaft im Sinn des § 156 Abs 1 EO erst mit dem Eintritt der Wirksamkeit des Zuschlags erfolgen solle. So heißt es in den EB zur RV der zitierten Vereinbarung zwischen Bund und Ländern (723 BlgNR 18.GP 9): "Erst nachdem das Exekutionsgericht den Zuschlag gemäß Abs 2 für wirksam erklärt hat, treten diejenigen Rechtsfolgen ein, welche die Exekutionsordnung an die Erteilung des Zuschlags knüpft (siehe etwa § 156 EO). Das gleiche gilt für den Fall des Art 8 Abs 5." Praktisch wörtlich gleich (wenn man von den darin zitierten Gesetzesbestimmungen absieht) sind die EB zur Vorlage der Landesregierung für das SbgGVG 1993 (481 BlgSbgLT 10. GP zu § 23 SbgGVG 1993, abgedruckt bei Schreiner, Das Salzburger Grundverkehrsgesetz 1993, 82) und auch die EB zur RV für das KGVG 1994 (abgedruckt bei Schöffmann, Kärntner Grundverkehrsgesetz 1994, 152). Dasselbe gilt für die Materialien zum OÖGVG 1994 (Fischer/Lukas, HdB OÖGVG 195). In Übereinstimmung damit gelangen auch die vom Rekursgericht zitierten Autoren (Puster, Zwangsversteigerung leicht gemacht Rz 926, und Schneider, Handbuch Österreichisches Grundverkehrsrecht 443) zur Auffassung, daß bei Eintritt der aufschiebenden Bedingung (zB Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde) sämtliche Wirkungen des Zuschlags nur ex nunc eintreten.

Diesem Ergebnis steht aber entgegen, daß es sich aus dem Wortlaut des maßgebenden § 34 Abs 1 StmkGVG 1993 nicht ableiten läßt. Zu prüfen ist in Wahrheit auch nicht die Frage, inwieweit dieses Gesetz eine Rückwirkung für den Fall des Bedingungseintritts festlegt, sondern lediglich, in welchem Umfang es tatsächlich den Regeln der EO über die Zwangsversteigerung für seinen Geltungsbereich derogiert hat. Wie zu zeigen sein wird, führt eine verfassungskonforme Auslegung der angeführten Gesetzesbestimmung dazu, daß eine aufschiebende Wirkung des Vorbehalts der Wirksamkeit der Zuschlagserteilung für die Folgen des § 156 Abs 1 EO und auch des damit in engem inhaltlichen Zusammenhang stehenden, hier maßgebenden § 161 Abs 1 EO zu verneinen ist.

Auszugehen ist davon, daß - jedenfalls dann, wenn es vom Wortlaut her zulässig ist - der höherrangigem Recht konformen Auslegung der Vorzug vor sonstigen Auslegungsmethoden zu geben ist. Dies entspricht der Rechtsprechung sämtlicher Höchstgerichte und auch der Lehre (Nachweise bei Bydlinski in Rummel, ABGB**2 Rz 21 und Posch in Schwimann, ABGB**2 Rz 27 jeweils zu § 6).

Wie vom erkennenden Senat bereits zu 3 Ob 135/98v dargestellt wurde, reicht die sich aus Art 15 Abs 9 B-VG ergebende Kompetenz der Länder, im Bereich ihrer Gesetzgebung die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen des Straf- und Zivilrechtes zu treffen, nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nur so weit, als derartige Bestimmungen mit der Hauptmaterie in unerläßlichem Zusammenhang stehen bzw für diese erforderlich sind. Unter diese Annexkompetenz fällt auch die Erlassung exekutionsrechtlicher Bestimmungen (VfSlg 4.563; vgl dazu auch Pietsch, Grundverkehrsrecht Rz 217 f). Wie schon zu 3 Ob 135/98v (in Anschluß an Sandholzer, Grundverkehr und Ausländergrunderwerb 135) ausgeführt wurde, ist aus der dargelegten Beschränkung der landesgesetzlichen Kompetenz abzuleiten, daß durch die Regelungen in den Landesgrundverkehrsgesetzen der normale Ablauf des Exekutionsverfahrens so wenig wie möglich gestört werden soll.

Diesen Grundsätzen entsprach auch bereits die vom Rekursgericht für die Begründung seines Beschlusses herangezogenen Entscheidungen SZ 33/120, MietSlg 27.747 und RZ 1989/103. Wenngleich sie zur früheren Rechtslage ergingen, können sie auch für die Auslegung der geltenden gesetzlichen Bestimmungen herangezogen werden, zumal sich Art 7 BaugruV weitgehend an die früheren Landesregelungen anlehnt (vgl EB zur RV 723 BlgNR 18. GP 9). Insbesondere ist hier auf die Entscheidung MietSlg 27.747 hinzuweisen. Auch nach dem hiefür maßgebenden TirGVG 1970 war (sogar ausdrücklich) der Eintritt der Rechtsfolgen nach § 156 Abs 1 EO (und die Vornahme der Maßnahmen nach § 156 Abs 2 EO) bis zum Zeitpunkt der Verlautbarung der Zuschlagserteilung an den Meistbietenden im ersten Verlautbarungstermin aufgeschoben, falls es zunächst nicht zur Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde und im zweiten Zuschlagstermin nicht zur Erteilung des Zuschlages kam. Dennoch führte eine verfassungskonforme Auslegung zum Ergebnis, daß die Rechtswirkungen des Zuschlags rückwirkend ab dem Tag der Erteilung eintraten.

An den in dieser Entscheidung angestellten Erwägungen ist weiter festzuhalten. Ebenso wie nach der früheren Rechtslage in Tirol ist nämlich nicht erkennbar, inwieweit es für die Zwecke der Regelung des Grundverkehrs (sei es mit Ausländern, sei es betreffend land- oder forstwirtschaftliche oder Baugrundstücke) erforderlich sein sollte, nicht nur die Wirksamkeit des Zuschlags als Tatbestand der Eigentumsübertragung, sondern in gleicher Weise die sonstigen von der EO mit der Erteilung des Zuschlages verknüpften Rechtswirkungen bis zu jenem Zeitpunkt hinauszuschieben, zu dem die grundverkehrsrechtlichen Fragen (und sei es auch nur durch Fristablauf) endgültig geklärt sind. Dennoch treten auch nach dem StmkGVG diese Rechtsfolgen (hier nach § 161 Abs 1 EO) bei Eintritt der aufschiebenden Bedingung mit Wirkung vom Tag des Zuschlages selbst (und nicht erst mit dessen Wirksamerklärung) ein.

Hinter die dargestellten Erwägungen haben somit die subjektiven Vorstellungen des den Abschluß der Vereinbarung nach Art 15a B-VG genehmigenden Bundesgesetzgebers zurückzutreten. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß es dem Bund im Bereich seiner Gesetzesgebungskompentenz freistehe, diese teilweise durch Vereinbarung an die Länder zu übertragen. Solches hat der Verfassungsgerichtshof bereits als unzulässig angesehen (VfSlg 10.292; dazu Mayer, MKK B-VG**2 103). Dieser Auffassung ist auch jedenfalls insoweit zu folgen, als dies gelten muß, wenn solche Gliedsstaatsverträge nicht entsprechend § 15a Abs 1 Satz 2 iVm Art 50 Abs 3,Art 44 Abs 1 und2 B-VG ua in beiden Kammern des Parlaments mit 2/3-Mehrheit beschlossen und ausdrücklich als verfassungsändernd bezeichnet werden. Letzteres war aber bei der vorliegenden Vereinbarung nicht der Fall.

Da somit die bewilligte Zwangsverwaltung gemäß § 161 Abs 1 EO bereits mit dem Tag, an dem der Zuschlag im Versteigerungstermin verkündet wurde, in eine (einstweilige) Verwaltung zugunsten des Erstehers übergegangen ist, war der angefochtene Beschluß zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO.

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