OGH 1Ob229/99d

OGH1Ob229/99d5.8.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Patrizia W*****, geboren am *****, infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen, vertreten durch die Mutter Gabriele W*****, diese vertreten durch Dr. Adolf Kriegler und Dr. Helmut Berger, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. Mai 1999, GZ 45 R 89/99t-87, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Döbling vom 11. Jänner 1999, GZ 3 P 1782/95p-83, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Der Vater der Minderjährigen war zuletzt zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von S 7.500 verpflichtet. Die Minderjährige begehrte die Erhöhung des Unterhalts ab 1. 1. 1996 auf S 10.000 monatlich.

Das Erstgericht wies den Erhöhungsantrag ab. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Revisionsrekurs nicht zugelassen werde.

Den gegen diesen Beschluß erhobenen "außerordentlichen Revisionsrekurs" der Mutter (richtig: der Minderjährigen) legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 (WGN 1997) geltenden Rechtslage:

Nach § 14 Abs 3 AußStrG idF WGN 1997 ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 14a Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert ingesamt S 260.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden (§ 14a Abs 2 AußStrG) - Antrag an das Rekursgericht stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, daß der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muß hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

Im vorliegenden Fall übersteigt der Entscheidungsgegenstand nicht S 260.000. Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet den Streitwert nicht der Gesamtbetrag, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung (1 Ob 133/99m; 5 Ob 67/99k; 7 Ob 19/99s uva). Eines Bewertungsausspruchs durch das Gericht zweiter Instanz bedarf es bei Ansprüchen auf den gesetzlichen Unterhalt nicht (6 Ob 236/98v). Gegenstand des Rekursverfahrens war die begehrte Erhöhung um S 2.500 monatlich, sodaß sich der dreifache Jahresbetrag mit S 90.000 errechnet.

Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelwerberin das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und es als außerordentlichen Revisionsrekurs bezeichnet. Sie hat auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts den Revisionsrekurs für zulässig erachte. Dem Revisionsrekurs fehlt freilich die ausdrückliche Erklärung, daß der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Rekursgericht (§ 14a Abs 1 AußStrG) gestellt werde.

Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage war der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, sind doch im Streitwertbereich des § 14a AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 16 Abs 2 Z 2 AußStrG idF WGN 1997). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Rekursgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar an den Obersten Gerichtshof gerichtet sei, dann wird es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinn des § 84 Abs 3 ZPO, dann ist - auch im Verfahren außer Streitsachen (vgl Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren Rz 45) - ein Verbesserungsverfahren einzuleiten; das gilt nach § 474 Abs 2 Satz 2 ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags. Sollte der Rechtsmittelwerber die Verbesserung seines Schriftsatzes im Sinn des § 14a AußStrG sodann verweigern, so wäre der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (§ 14 Abs 3 AußStrG).

Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

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