OGH 8ObA45/99x

OGH8ObA45/99x8.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Bukovec und Stefan Schöller als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G. *****gmbH, *****, vertreten durch Dr. Konrad Ferner, Dr. Walter Wienerroither und Dr. Robert Krivanec, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Johann D*****, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Zustimmung zur Entlassung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtsachen vom 10. November 1998, GZ 11 Ra 215/98m‑19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 9. April 1998, GZ 19 Cga 220/97s‑11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1999:008OBA00045.99X.0708.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.086,40 (darin S 1.014,40 Ust) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben den Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, weshalb es gemäß § 510 Abs 3 ZPO ausreicht, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu verweisen. Ergänzend ist anzumerken:

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als erhebliche Ehrverletzung und damit als Entlassungsgrund zu qualifizieren ist, kommt es darauf an, ob die Äußerung objektiv geeignet ist, ehrverletzend zu wirken und ob sie diese Wirkung auch tatsächlich gehabt hat (DRdA 1983, 373; 9 ObA 333/89; 9 ObA 49/95; u.a.). Sinn und Bedeutungsinhalt einer Äußerung richten sich nicht primär nach dem subjektiven Willen des Erklärenden, sondern nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung für den unbefangenen Durchschnittsadressaten (MR 1998, 269; MR 1998, 328; u.a.).

Nach den Feststellungen des Erstgerichts (S 8 der Urteilsausfertigung = AS 101) wurde die Diskussion zwischen Geschäftsführung und Belegschaftsvertretung über die Arbeitszeit am Freitag etwa Mitte August 1997 begonnen und in eben diesem Zeitraum das inkriminierte Plakat hergestellt und affichiert. Der Zusammenhang zwischen den Plänen der Geschäftsführung und dem Inhalt des Plakats war daher für den objektiven Beobachter evident. Es kann auch kein Zweifel daran bestehen, daß die Absicht des Beklagten darauf gerichtet war, die Angehörigen der Geschäftsführung wegen ihrer Versuche die Arbeitszeit auszuweiten, mit der Person Adolf Hitlers in Verbindung zu bringen. Daß mit dieser im Kern dahin zusammenzufassenden Behauptung, die Mitglieder der Geschäftsführung verhielten sich bei der Gestaltung der Arbeitszeit wie der faschistische Diktator, die Ehre der Angesprochenen zutiefst gekränkt wurde, bedarf keiner weiteren Erörterung (vgl. zum Vorwurf "Nazi": 6 Ob 32/95; zum Vorwurf der Verharmlosung von Konzentrationslagern: MR 1998, 328).

Daß ein Rechtfertigungs‑ oder Schuldausschließungsgrund vorliege, hat der damit beweisbelastete (RdW 1989, 72; 9 ObA 100/98s) Beklagte nicht behauptet. Nach ständiger Rechtsprechung kann auch eine einmalige empfindliche Beleidigung einen Entlassungsgrund darstellen (ArbSlg 6.787; ArbSlg. 9.431; 8 ObA 116/98m; u.a.). Daß es sich im gegenständlichen Fall nicht bloß um eine unerhebliche, polemische und übertriebene Unmutsäußerung handelte ‑ wie der Revisionswerber darzustellen versucht ‑ , sondern ein für den Arbeitgeber schlechthin untolerierbares Verhalten vorlag, haben bereits die Vorinstanzen zutreffend begründet.

Das Recht der freien Meinungsäußerung kann nach Art 10 Abs 2 EMRK, da die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, bestimmten vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie vom Gesetz vorgeschrieben und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse u.a. des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind. Demnach können unrichtige Tatsachenbehauptungen und darauf basierende in die Ehre eines anderen eingreifende Werturteile nicht mit dem Recht auf Meinungsfreiheit gerechtfertigt werden (ÖBl 1991, 27; MR 1993, 14; MR 1998, 328; 6 Ob 25/99s; u.a.).

 

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