OGH 8ObA153/99d

OGH8ObA153/99d8.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Stefan Schöller und Dr. Peter Bukovec in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat *****, vertreten durch Dr. Gottried Korn und Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei A***** GmbH i.L., ***** vertreten durch Dr. Georg Grießer und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert S 300.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Februar 1999, GZ 9 Ra 313/98k-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6. Mai 1998, GZ 24 Cga 154/94f-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 13.725,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.287,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Begründung der Berufungsentscheidung, die Tätigkeit der Piloten für Kurzstreckenflugzeuge (Type Fokker 50) sei nicht mit der von Piloten von Mittel- und Langstreckenflugzeugen (der Typen Airbus 310 und MD-80) vergleichbar im Sinne des § 10 Abs 1 dritter Satz AÜG, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen zu erwidern: Soweit der Unterschied des Einsatzes von Piloten auf Kurzstreckenflügen und Mittel- und Langstreckenflügen in Abrede gestellt wird, geht das Rechtsmittel nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wobei aber nicht verkannt werden soll, daß die Vergleichbarkeit der Tätigkeit von Piloten auf unterschiedlichen Fluggeräten nach Wertungen des Kollektivvertrages eine Rechtsfrage darstellt. In dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitraum (vom 8. 7. 1993 bis 31. 5. 1994) enthielt der AUA-Kollektivvertrag nur für Piloten von Mittel- und Langstreckenflugzeugen maßgebliche und von den Kollektivvertragspartnern so gewollte Verwendungsgruppen, anders als der Kollektivvertrag für das Unternehmen, das in der beklagten Partei aufgegangen ist (Verschmelzung durch Aufnahme), der nur für Piloten von Kurzstrecken (Inlands- und Regionalflüge) mit kleineren Flugzeugen bestimmt war.

Es ist einsichtig, daß die Verantwortung sowie die Länge und Aufwendigkeit der Ausbildung bzw das erforderliche Maß an Berufserfahrung von Piloten mit der Größe des Flugzeuges (und der damit zur korrelierenden Anschaffungskosten) und der Zahl der beförderten Passagiere steigt. Eine die Kollektivvertragsgrenzen überschreitende und auf das Kriterium der Sachgerechtigkeit von Einstufungsmerkmalen in den Kollektivverträgen bedachtnehmende Auslegung (vgl Arb 11.527 = RdW 1996, 489) muß dies berücksichtigen. Wenn etwa der Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs mit den unterschiedlichen Einstufungsmerkmalen für die Beschäftigungsgruppe 4 (Angestellte mit selbständiger Tätigkeit) Beschäftigungsgruppe 5 (Angestellte mit Dispositions- und/oder Anweisungstätigkeiten, die schwierige Arbeiten selbständig und verantwortlich ausführen oder Angestellte die Tätigkeiten, wofür Spezialkenntnisse und praktische Erfahrung erforderlich sind, selbständig und verantwortlich ausführen) und für die Beschäftigungsgruppe 6 (Angestellte mit umfassenden Kenntnissen und mehrjähriger praktischer Erfahrung, die eine leitende, das Unternehmen in ihrem jeweiligen Tätigkeitsbereich entscheidend beeinflussende Stellung einnehmen) als Kollektivvertrag mit einem relativ großen persönlichen Anwendungsbereich als repräsentativ herausgegriffen wird, zeigt sich, daß von den Kollektivvertragspartnern die Verantwortlichkeit, die aufwendige Berufsausbildung, die lange Berufserfahrung und Spezialkenntnisse für die unterschiedliche Einstufung in einem Gehaltsschema als sachgerecht und damit als gerechtfertigte Entgeltbestimmungsmerkmale beurteilt werden. Es ist hingegen nicht sachgerecht, aufgrund des Umstandes, daß für alle Piloten neben einer "Einschulung auf das Spezialgerät" "nur" ein Pilotenschein erforderlich ist, einen unmittelbar einleuchtenden Unterschied der verschiedenen Anforderungen an Piloten von Kurzstreckenflügen einerseits und Mittel- und Langstreckenflügen andererseits in Abrede zu stellen. Insbesondere wird bei Gleichsetzung der "Einschulung für das Spezialgerät" (etwa im Sinne der Unterweisung von § 14 ArbeitnehmerInnenschutzG) mit dem Type-Rating (Erlangung der Typenberechtigung für unterschiedlich große Flugzeuge) die Bedeutung des hohe Ausbildungskosten erfordernden Type-Ratings (vgl den Sachverhalt DRdA 1994/19, 247 mit Anm Dirschmied) völlig verkannt. Im Bereich des nur entfernt vergleichbaren Kraftfahrrechtes wird ebenso selbstverständlich ein Unterschied zwischen dem Lenken von Kleinbussen bis zu neun Sitzplätzen (Führerscheingruppe B) und dem Lenken von Bussen mit mehr als 8 Sitzen außer dem Lenkersitz (Gruppe D) gemacht.

Es ist unzulässig einen Kollektivvertrag in der Weise zu interpolieren (vgl 9 ObA 94/93), daß, wenn zwischen Flugzeugen von bis zu 150 beförderten Personen und knapp 300 beförderten Personen nicht unterschieden wird, auch ein Unterschied zwischen Flugzeugen mit bis zu 50 Sitzplätzen und (rund) 150 Sitzplätzen außer acht gelassen werden darf. Es darf weiters nicht die unterschiedliche Art des Antriebes, die erhöhten Schwierigkeiten bei Anflügen von internationalen Flughäfen mit dichtem Flugverkehr gegenüber Regionalflughäfen mit wenigen Flugbewegungen und die unterschiedliche Reisegeschwindigkeit übersehen werden. Die Annahme, der Autopilot würde einen Piloten nahezu vollständig entlasten, ist unzutreffend, denn jener bedarf der ständigen Kontrolle, der wiederholten Adjustierung (unterschiedlicher Luftdruck für den Höhenmesser, unterschiedliche Versetzung durch Luftströmungen gegenüber terrestrischen Markierungen usw) und kann während des Startes und der Landung kaum eingesetzt werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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