Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.370,- (darin enthalten S 1.395,- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Aufgrund des am 25. 11. 1996 von der Wiener Gebietskrankenkasse gestellten Antrages wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 6. 3. 1997 der Konkurs über das Vermögen der Z***** GmbH eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Die beklagte Partei stand mit der Z***** GmbH, der nunmehrigen Gemeinschuldnerin, in Geschäftsbeziehung. Am 17. 12. 1996 erging zugunsten der beklagten Partei ein Versäumungsurteil gegen die nunmehrige Gemeinschuldnerin über den Betrag von S 1,229.090,60 sA, den die beklagte Partei für offene Rechnungen betreffend die Lieferung von Baustoffen begehrt hatte. Mit "Abtretungserklärungs-Zession" vom 10. 12. 1996 trat die nunmehrige Gemeinschuldnerin ihre Forderungen gegen die V***** GmbH im Umfang von 25 % jeder Teilrechnung betreffend das Bauvorhaben "E*****" (Auftragssumme S 7.267.720) zahlungshalber an die beklagte Partei ab. Mit Schreiben vom 14. 1. 1997 teilte die V***** GmbH der beklagten Partei mit, daß vereinbarungsgemäß ein Zessionsverbot bestehe. Die V***** GmbH sei mit der Zession aber unter der Voraussetzung einverstanden, daß von jeder Teilrechnung 1 % Zessionsgebühr abgezogen und 25 % des Restbetrages an den Rechtsvertreter der beklagten Partei überwiesen werde. Mit Schreiben vom 15. 1. 1997 stimmte die Beklagte diesen Bedingungen zu.
Aufgrund dieser Zession zahlte die V***** GmbH am 17. 1. 1997 S 16.565,16, am 24. 2. 1997 S 99.840 und nach Konkurseröffnung am 22. 4. 1997 S 32.640 an die beklagte Partei.
Mit Anfechtungsklage vom 16. 5. 1997 begehrte der Kläger, die Abtretungserklärung der nunmehrigen Gemeinschuldnerin, die "Vereinbarung vom 14. 1. 1997" sowie die aufgrund der Abtretungserklärung an die beklagte Partei erfolgten Zahlungen für unwirksam zu erklären und die beklagte Partei zur Zahlung von S 149.045,16 sA zu verpflichten.
Der Kläger stützte sich auf die Anfechtungsgründe der §§ 30 und 31 KO. Der Anfechtungstatbestand des § 30 Abs 1 Z 1 KO sei verwirklicht, weil die beklagte Partei keinen Anspruch auf Bezahlung oder Sicherstellung durch Zession gehabt habe. Sowohl die Zession als auch die aus der Zession erfolgten Zahlungen seien inkongruent. Der beklagten Partei habe die jedenfalls seit November 1996 eingetretene Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gemeinschuldnerin zumindest bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt bekannt sein müssen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß die nunmehrige Gemeinschuldnerin im November 1996 nicht überschuldet oder zahlungsunfähig gewesen sei. Der beklagten Partei sei überdies eine allfällige Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung weder bekannt gewesen noch hätte ihr eine solche bekannt sein müssen. Es liege keine inkongruente Deckung im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO vor.
Das Erstgericht gab der Klage - mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens - statt. Die angefochtene Zession stelle eine inkongruente Deckung im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO dar. Da ein Anspruch der beklagten Partei auf Forderungsabtretung nicht bestanden habe, seien auch die aufgrund der Zession geleisteten Zahlungen der V***** GmbH an die beklagte Partei inkongruent gewesen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Den Zahlungen der V***** GmbH an die beklagte Partei sei im Gegensatz zu deren Rechtsansicht keine Anweisung der Gemeinschuldnerin, sondern eine Zessionsvereinbarung zugrundegelegen. Der wesentliche Unterschied zur Anweisung bestehe darin, daß die rechtsgeschäftliche Zession eine Willenseinigung zwischen altem und neuem Gläubiger voraussetze, während die Anweisung eine doppelte Ermächtigung beinhalte, die grundsätzlich dem realen Vollzug zweier Verträge im kurzen Wege diene. Die Tatsache, daß die V***** GmbH ihr Einverständnis zur Zession erklärt habe, obwohl die rechtsgeschäftliche Zession lediglich die Willenseinigung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar voraussetze, nicht aber die Verständigung oder gar die Einwilligung des Schuldners, folge aus dem im Vertrag zwischen der Gemeinschuldnerin und der V***** GmbH vereinbarten Zessionsverbot. Die V***** GmbH habe somit lediglich auf ihre Einwendungen aus dem Zessionsverbot verzichtet. Eine inhaltliche Änderung erfahre die zwischen der späteren Gemeinschuldnerin und der beklagten Partei getroffene Zessionsvereinbarung durch diese Zustimmung der V***** GmbH nicht.
Ob es sich um eine Zession zahlungshalber oder um eine Zession an Zahlungs Statt gehandelt habe, sei nicht entscheidend, weil durch die Zession in jedem Fall eine vom ursprünglichen Anspruch materiellen Rechtes abweichende inkongruente Deckung geschaffen worden sei. Der in der Entscheidung 6 Ob 665/95 (ÖBA 1997, 208) hervorgehobene Grundsatz, daß die Anweisung einer Zession an Zahlungs Statt deshalb nicht gleichgehalten werden könne, weil der Anweisungsempfänger nicht anders gestellt werde als er bei unmittelbarer Zahlung durch den Schuldner gestellt gewesen wäre, während die Zession an Zahlungs Statt dem Beklagten Gläubigerstellung dem Schuldner des Abtretenden gegenüber und damit zwangsläufig "eine andere Art der Befriedigung" verschaffe, gelte genauso für die Zession zahlungshalber. Auch hier werde eine Gläubigerstellung dem Schuldner des Abtretenden gegenüber begründet. Der Unterschied zwischen einer Zession an Zahlungs Statt und einer bloß zahlungshalber erfolgten Forderungsabtretung liege lediglich darin, daß die Zession an Zahlungs Statt bereits die Zahlung und somit die Befriedigung bewirke, während die Zession zahlungshalber dem Zessionar zwar Gläubigerstellung, nicht aber unmittelbare Befriedigung verschaffe. Die Zession zahlungshalber sei daher unter die Sicherstellungen zu rechnen. Daß die Beklagte auf die zahlungshalber vereinbarte Zession einen Anspruch gehabt habe, habe die beklagte Partei nicht einmal behauptet. Da überdies die im § 30 KO genannten Fristen gewahrt seien, sei von einer inkongruenten Deckung der Beklagten auszugehen. Die Berechtigung des Leistungsbegehrens betreffend die nach Konkurseröffnung geleistete Zahlung durch die V***** GmbH an die Beklagte sei eine Konsequenz aus der erfolgreichen Anfechtung der Zession. Die an die beklagte Partei vor Konkurseröffnung aufgrund der Zessionsvereinbarung geleisteten Zahlungen stellten nach der Rechtsprechung ebenfalls eine inkongruente Befriedigung dar. Zahlungen aufgrund einer vertraglichen Zession seien mit Zahlungen, die aufgrund von Drittschuldner- oder Fahrnisexekutionen erfolgten, nicht gleichzustellen. Die Voraussetzungen der Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung sowie der Begünstigung der beklagten Partei seien ebenfalls zu bejahen.
Die Revision sei zulässig, weil eine neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Inkongruenz der Befriedigung aufgrund einer zahlungshalber erfolgten Zession nicht vorliege. Es bedürfe einer Klarstellung, ob kongruente Deckung bei Zahlung des Drittschuldners nur bei einer im Zuge einer Exekution erfolgten Zwangszahlung oder auch bei einer zahlungshalber vereinbarten Zession anzunehmen sei.
Die Revision der beklagten Partei ist zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß auch Zessionen zahlungshalber und die daraufhin erfolgten Zahlungen unter den Begriff inkongruenter Deckung fallen, entspricht der nach wie vor aktuellen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (in diesem Sinne nicht nur die vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen 5 Ob 868/76 und 8 Ob 520/78, sondern weiters auch 7 Ob 697/80 und 1 Ob 577/94). Gerade im Fall der Zession zahlungshalber wird eine vom ursprünglichen Anspruch materiellen Rechts abweichende inkongruente Deckung geschaffen (1 Ob 577/94). Diese Ansicht wird auch von der Lehre geteilt (König, Die Anfechtung nach der KO, 152, FN 95 unter Berufung auf Ehrenzweig). Gegenteilige Entscheidungen liegen nicht vor.
Zessionsvereinbarungen und Zahlungen des debitor zessus aufgrund einer Zession, die weder auf dem Gesetz noch auf einer vertraglichen Verpflichtung beruht, sind Zahlungen des Drittschuldners oder des Verpflichteten im Zuge einer Exekution nicht gleichzuhalten. Unter der im § 30 Abs 1 Z 1 KO geforderten "Inkongruenz" ist eine Sicherstellung oder Befriedigung zu verstehen, die gar nicht oder nicht in der Art oder nicht in der Zeit zu beanspruchen war. "Gebührende", eine Anfechtung ausschließende Deckung liegt vor, wenn sie in einer Art gewährt wurde, auf die der Gläubiger durch Vertrag oder Gesetz schon vor Beginn der Frist des § 30 Abs 1 KO Anspruch erworben hatte (6 Ob 665/95 ua). Ein vollstreckbares Urteil allein ergibt noch keinen "Anspruch" auf Sicherstellung im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO. Die (vertragliche) Zession verschafft dem Zessionar Gläubigerstellung dem Schuldner des Abtretenden gegenüber und somit eine "andere Art der Sicherstellung oder Befriedigung". Erwägungen im Sinn des § 12 KO (vgl SZ 45/12) sind bei der vertraglichen Zession nicht anzustellen.
In der in der Revision zitierten Entscheidung 1 Ob 558/91 wurde die Kongruenz der Zession ausschließlich aufgrund der §§ 232, 233 Bundesabgabenordnung, die der dort beklagten Sozialversicherungsanstalt einen materiellrechtlichen Sicherungsanspruch für Beitragsforderungen gewährte, bejaht. Eingeschränkt auf den dort zugrundeliegenden Fall führte der Oberste Gerichtshof - wie bereits in JBl 1986, 394 - aus, daß eine kongruente Sicherstellung und Befriedigung auch dann gegeben sei, wenn die Sicherstellung bei Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen nicht zwangsweise, sondern freiwillig erfolgt sei. Im hier vorliegenden Fall fehlte es jedoch im Gegensatz zur zitierten Entscheidung an einem materiellrechtlichen Sicherstellungsanspruch der beklagten Partei, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat.
Daß nach den getroffenen Feststellungen von einer Zession und nicht von einer Anweisung auf Schuld auszugehen ist, hat das Berufungsgericht ausführlich und zutreffend dargelegt, so daß auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen werden kann. Die Revisionswerberin wiederholt nur ihre bereits in ihrer Berufung dargelegten Argumente, denen jedoch aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen nicht gefolgt werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO). Aus der Entscheidung 6 Ob 595/95, in der die Kongruenz von Zahlungen im Wege von Anweisungen, die im Valutaverhältnis eine Schuld des Anweisenden gegenüber dem Empfänger zur Grundlage hatten, bejaht wurde - und zwar im ausdrücklichen Gegensatz zur Zession - , ist daher für die beklagte Partei entgegen ihren Revisionsausführungen nichts zu gewinnen.
Die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung und die Begünstigung der beklagten Partei durch die bekämpften Zahlungen wurden in der Revision zutreffend nicht mehr in Zweifel gezogen.
Die insgesamt im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes stehenden Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher aus den bereits vom Berufungsgericht zutreffend dargelegten Gründen zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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