Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 21.375 S (darin 3.562,50 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin betreibt in K***** ein behördlich bewilligtes Institut für Computer- und Magnetresonanztomographie sowie Sonographie- und Nuklearmedizin in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums. Die Beklagte ist eine durch Landesgesetz errichtete Anstalt öffentlichen Rechts, der die Führung der Landeskrankenanstalten, darunter auch des Landeskrankenhauses K***** (im Folgenden: LKH), obliegt. In K***** werden Untersuchungen mittels Computertomographie (im Folgenden: CT) und Magnetresonanztomographie (im Folgenden: MR) nicht nur im Ambulatorium der Klägerin und im LKH, sondern auch von zumindest zwei Röntgenfachärzten durchgeführt.
Bis 30. 9. 1996 bestanden zwischen der Klägerin sowie anderen privaten CT/MR-Anbietern und der Kärntner Gebietskrankenkasse sowie bestimmten anderen Sozialversicherungsträgern (Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Betriebskrankenkasse der Austria Tabakwerke AG) Kassenverträge betreffend die Direktabrechnung von Leistungen, die für Versicherte dieser Sozialversicherungsträger erbracht wurden; gängige Praxis der zuweisenden Ärzte war es bis dahin, ihre Patienten für CT/MR-Untersuchungen vorwiegend der Klägerin und anderen privaten CT-Instituten, nicht jedoch dem LKH zu überweisen. Im Bereich CT/MR ist das LKH in Klagenfurt ab 1. 10. 1996 einziger Vertragspartner eines Kassenvertrags mit der Kärntner Gebietskrankenkasse und den genannten Sozialversicherungsträgern; die Abrechnung erfolgt aufgrund eines zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungen abgeschlossenen Vertrags nach § 15a B-VG nicht nach Einzelleistungen, sondern mit einer jährlichen Pauschalabgeltung unter Zugrundelegung der vom LKH 1996 erbrachten Ambulanzleistungen, die zwar jährlich valorisiert, aber nicht leistungsangepaßt wurde. Nach Aufkündigung der Kassenverträge durch die Kärntner Gebietskrankenkasse haben die Zuweisungen von Patienten zur CT/MR an das LKH massiv zugenommen. Die CT/MR-Geräte des LKH waren schon bis Herbst 1996 gut ausgelastet; der ab damals einsetzende erweiterte Patientenzustrom kann nur unter Anordnung von Überstunden bewältigt werden und führt zu wesentlich längeren Wartezeiten als früher. Ab Oktober 1996 sanken bei der Klägerin die Zuweisungen von Patienten für CT/MR-Untersuchungen (1995: 6.927; 1996: 6.277; 1997: 4.706); für bei der Kärntner Gebietskrankenkasse versicherte Patienten erfolgten überhaupt keine Zuweisungen mehr.
Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung, Patienten in den öffentlichen Landeskrankenanstalten in Klagenfurt ambulant mittels CT zu untersuchen oder zu behandeln, wenn es nicht zur Leistung Erster ärztlicher Hilfe, zur Behandlung nach Erster ärztlicher Hilfe oder in Fortsetzung einer in der Krankenanstalt erfolgten Pflege, die im Interesse des Behandelten in derselben Krankenanstalt durchgeführt werden muß, zur Anwendung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit solchen Behelfen, die außerhalb der Anstalt in angemessener Entfernung vom Wohnort des Patienten nicht in geeigneter Weise oder nur in unzureichendem Ausmaß zur Verfügung stehen, über ärztliche Zuweisung zur Befunderhebung vor Aufnahme in die Anstaltspflege, im Zusammenhang mit Organ- oder Blutspenden, zur Durchführung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln oder Medizinprodukten oder für Maßnahmen der Fortpflanzungsmedizin notwendig ist oder der ambulanten Vorsorgeuntersuchung dient. § 41 Kärntner Krankenanstaltenordnung (KKAO) regle abschließend, in welchen Fällen Kärntner Krankenanstalten in Ambulanzfällen tätig werden dürften und sei (aus seiner Entstehungsgeschichte und den Intentionen der meisten Träger von öffentlichen Krankenanstalten) als Schutzgesetz zugunsten frei praktizierender Ärzte und selbständiger Ambulatorien zu beurteilen. Das LKH verstoße gegen § 41 KKAO, indem es CT-Untersuchungen an Patienten auch in Fällen durchführe, die nicht durch diese Norm gedeckt seien. Dies eröffne der Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. § 41 KKAO begrenze die Rechte von öffentlichen Krankenanstalten nicht, sondern lege vielmehr fest, unter welchen Voraussetzungen Patienten einen Anspruch auf ambulante Untersuchung und Behandlung hätten; nicht eingeschränkt werde dadurch das Recht der Krankenanstalten, darüber hinausgehende (freiwillige) Leistungen zu erbringen. Diese öffentlich-rechtliche Vorschrift grenze einerseits die Versorgungsverpflichtung der öffentlichen Krankenanstalt, andererseits den Behandlungsanspruch der Patienten ab; Dritte könnten daraus keine Rechte, insbesondere auch nicht den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ableiten. Die Klägerin habe auch keinen einzigen Fall aufgezeigt, in dem das LKH durch ambulante Untersuchung oder Behandlung den Rahmen des § 41 KKAO überschritten hätte.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt. Aus der Entstehungsgeschichte der Grundsatzbestimmung des § 26 KAG, ausgeführt durch § 41 KKAG, sei zu erkennen, daß vor allem die ärztliche Standesvertretung den Ambulanzbetrieb in Krankenanstalten zugunsten der frei praktizierenden Ärzte eingeschränkt habe wissen wollen, was sich auch mit den Intentionen der meisten Krankenanstaltenträger decke, den Ambulanzbetrieb nicht über Gebühr zu belasten; auch sei es volkswirtschaftlich und gesundheitspolitisch wünschenswert, die notwendige Zusammenarbeit zwischen frei praktizierenden Ärzten und Krankenanstalten nicht durch Ausweitung der Ambulanzbetreuung zu gefährden. Auch ein Umkehrschluß aus § 41 Abs 2 KKAO spreche dafür, daß § 41 Abs 1 KKAO abschließend regle, in welchen Fällen Krankenanstalten Ambulanzleistungen erbringen dürften. Die Klägerin habe den Anscheinsbeweis erbracht, daß das mit ihr im Wettbewerb stehende LKH durch Ambulanzleistungen den ihm gesetzlich auferlegten Wirkungskreis überschritten habe, was ihr einen verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch gebe.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. § 41 Abs 1 KKAO biete für sich allein keine Grundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch; Unterlassungspflichten ergäben sich nämlich - abgesehen von hier nicht in Frage kommenden rechtsgeschäftlichen Beziehungen - stets nur aus besonderen Verhaltens(Verbots-)Normen oder aus absoluten Rechten Dritter. Solche Rechte (etwa auf konkurrenzfreie Erwerbstätigkeit) würden der Klägerin in der zitierten Bestimmung aber nicht eingeräumt. Selbst wenn man mit der Klägerin § 41 KKAO als Schutzgesetz beurteilte, könne sie einen Unterlassungsanspruch mit Erfolg nur aus dem Wettbewerbsrecht ableiten. Dies setze ein Handeln der Beklagten zu Zwecken des Wettbewerbs iSd § 1 UWG voraus; diese Wettbewerbsabsicht habe die Klägerin aber nicht bewiesen. Eine solche Absicht folge nämlich noch nicht allein daraus, daß im LKH außer den verpflichtend durchzuführenden Behandlungen und Untersuchungen auch noch freiwillige Leistungen erbracht würden, sofern damit nicht die Absicht verbunden sei, den eigenen Patientenkreis durch Abwerben "fremder" Patienten zu erweitern, was im Verfahren nicht hervorgekommen sei. Einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch sei damit der Boden entzogen. Darüber hinaus stehe bei der Kärntner Gebietskrankenkasse versicherten Patienten keine gleichwertige Alternative iSd § 41 Abs 1 KKAO für CT-Untersuchungen neben jener im LKH zur Verfügung, wenn sie nur dort keinen Selbstbehalt zu tragen hätten.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Die Klägerin meint, der erkennende Senat habe schon in seiner Entscheidung RdM 1997, 186 (zust Adlassnig) offenkundig die Auffassung vertreten, eine Unterlassungsklage stehe ganz allgemein gegenüber drohenden rechtswidrigen Eingriffen zu und setze weder ein Schuldverhältnis noch die Existenz eines absoluten Rechts voraus; darüber hinaus sei § 41 KKAO als Schutzgesetz zugunsten der frei praktizierenden Ärzte zu beurteilen, dessen Verletzung durch die Beklagte der Klägerin einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gewähre. Hiezu hat der erkennende Senat erwogen:
§ 41 KKAO lautet: "(1) In öffentlichen Krankenanstalten der im § 2 Z 1 und 2 angeführten Arten sind Personen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen, ambulant zu untersuchen oder zu behandeln, wenn es
a) zur Leistung Erster ärztlicher Hilfe,
b) zur Behandlung nach Erster ärztlicher Hilfe oder in Fortsetzung einer in der Krankenanstalt erfolgten Pflege, die im Interesse des Behandelten in derselben Krankenanstalt durchgeführt werden muß,
c) zur Anwendung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit solchen Behelfen, die außerhalb der Anstalt in angemessener Entfernung vom Wohnort des Patienten nicht in geeigneter Weise oder nur in unzureichendem Ausmaß zur Verfügung stehen,
d) über ärztliche Zuweisung zur Befunderhebung vor Aufnahme in die Anstaltspflege,
e) im Zusammenhang mit Organ- oder Blutspenden notwendig ist,
f) zur Durchführung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln oder Medizinprodukten oder
g) für Maßnahmen der Fortpflanzungsmedizin.
(2) Den im Abs 1 genannten Krankenanstalten steht ferner das Recht zu, Vorsorgeuntersuchungen ambulant durchzuführen. Die Aufnahme dieser Tätigkeit ist der Landesregierung anzuzeigen."
Diese Bestimmung eines Landes-Ausführungsgesetzes übernimmt das Grundsatzgesetz des Bundes (§ 26 KAG) inhaltsgleich. In der Entscheidung RdM 1997, 186 hat der erkennende Senat zu § 38 TirKAG - dessen Abs 1 und 2 § 26 Abs 1 und 2 KAG entsprechen und dessen Abs 3 ferner bestimmt, daß an Universitätskliniken zu Zwecken von Forschung und Lehre Personen auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs 1 untersucht und behandelt werden können - ausgesprochen, ein Umkehrschluß lege die Auslegung nahe, daß die Krankenanstalten nur in den im Gesetz aufgezählten Fällen Personen ambulant untersuchen dürfen. Einer abschließenden Prüfung dieser Frage sowie derjenigen, ob schon dieses Gesetz allein Grundlage für einen Unterlassungsanspruch sein könne, bedurfte es damals jedoch nicht, weil ohnehin die Zulässigkeit der ambulanten Tätigkeit des beklagten Krankenhausträgers nach § 38 Abs 1 lit c TirKAG zu bejahen war.
Mit der Frage, inwieweit § 26 KAG ein Verbot ambulanter Behandlungen über die dort aufgezählten Fälle hinaus enthält, hat sich kürzlich Grillberger (Zum Konkurrenzschutz gegen ambulante Behandlung im Krankenhaus, WBl 1999, 146 ff) eingehend auseinandergesetzt und überzeugend nachgewiesen, daß weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte dafür sprechen, § 26 KAG als Verbotsnorm und damit als taugliche Grundlage eines allgemeinen Unterlassungsanspruchs anzusehen.
Weder ist es zwingend, aus § 26 Abs 2 KAG einen Umkehrschluß zu ziehen, solle doch dadurch vielleicht nur klargestellt werden, daß Krankenanstalten Vorsorgeuntersuchungen (überhaupt) durchführen dürfen, obwohl diese im Sozialversicherungsrecht nicht als Krankenbehandlung gelten, noch findet sich in den Materialien zur auszulegenden Norm ein Hinweis darauf, daß damit ein Konkurrenzschutz bzw ein Schutzgesetz zu Gunsten freiberuflicher Ärzte geschaffen werden sollte (Grillberger aaO 148 mwN; ebenso schon Radner, Krankenhaus-Ambulanzen und Sozialversicherungsrecht, SozSi 1995, 171 ff, 173 und Krejci, Untergang der Kassenärzte, 23). Überzeugend sind aber auch die von Grillberger (aaO 148 ff) angeführten teleologischen Argumente. Es würden nämlich öffentliche Mittel verschwendet, wenn Krankenanstalten im Bereich der apparativen Medizin vorerst Anschaffungen machen müßten, um Versorgungslücken im extramuralen Bereich durch Ausweitung ihrer Ambulanztätigkeit zu schließen, sich aber später Unterlassungsklagen nachträglich niedergelassener Ärzte ausgesetzt sähen, die dieselben Untersuchungsmethoden wie die Krankenhausambulanz anbieten; auch wären die Voraussetzungen, von denen ein solches auf § 26 KAG gestütztes Verbot abhängen soll, mehr als unbestimmt, was zur Rechtsunsicherheit aller Beteiligten führte (so schon Radner aaO 174).
Die von der Klägerin zitierte Judikatur der Gerichtshöfe des Öffentlichen Rechts beschäftigt sich mit den Kriterien einer Bedarfsprüfung bei der Bewilligung selbständiger Ambulatorien, nimmt aber zur Frage nach dem Verbotscharakter des § 26 KAG oder gleichlautender Landesgesetze nicht Stellung. Ob die Beklagte den Wettbewerb dadurch verfälsche, daß sie staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen iSd Art 92 EGV erhält, ist als unzulässige Neuerung unbeachtlich, wurde doch ein solcher Sachverhalt im Verfahren erster Instanz nicht behauptet und unter Beweis gestellt. Ob die Beklagte in Wettbewerbsabsicht iSd § 1 UWG gehandelt hat, spielt bei der gefundenen Auslegung des § 41 KKAO keine Rolle, weil die Beklagte bei (freiwilliger) ambulanter Tätigkeit außerhalb des Regelungsbereichs dieser Norm gegen keine Rechtsvorschrift verstößt und ihr damit nicht vorgeworfen werden kann, einen Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch anzustreben; in der Übergehung von Beweisanträgen der Klägerin zu diesem Thema durch das Berufungsgericht liegt daher keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Der Revision war deshalb keine Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.
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