OGH 7Ob106/99k

OGH7Ob106/99k28.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Thomas M*****, geboren am 20. Oktober 1992, in Obsorge seiner Mutter Ingrid M*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Minderjährigen und seiner Mutter, vertreten durch Dr. Wolfgang Themmer und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. Dezember 1998, GZ 45 R 827/98w-74, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Kindes und seiner Mutter wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 ZPO und § 510 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung kann in Angelegenheiten der Obsorge einschließlich des Besuchsrechts nur ein mündiger Minderjähriger, sofern keine Bedenken gegen seine ausreichende geistige Reife bestehen, auch selbst Rechtsmittel einbringen und in diesem Umfang auch einen Rechtsanwalt bevollmächtigen (EFSlg 67.306 mwN ua), nicht aber ein unmündig Minderjähriger oder ein Kind (EFSlg 49.733; SZ 38/216 mwN; 1 Ob 2043/96i ua; Pichler in Rummel2 § 177 ABGB Rz 1b; Schlemmer/Schwimann in Schwimann, § 148 ABGB Rz 3; Feil, Rechtsmittel im Außerstreitverfahren nach der WGN 1989, Rz 18 Pkt. 9). Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung 7 Ob 1611/93 (vgl auch 1 Ob 2043/96i) klargestellt, daß im Verfahren zur Regelung der Obsorge einem unmündigen Minderjährigen keine Beteiligtenstellung zukommt. Unmündige haben im Verfahren über die Regelung des persönlichen Verkehrs nach § 148 ABGB demnach kein Antrags- und Rekursrecht (EFSlg 56.700; vgl auch EFSlg 44.447).

Demnach ist der Minderjährige im vorliegenden Fall nicht (revisions-)rekurslegitimiert.

Betreffend die Mutter ist auszuführen, daß eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG nicht vorliegt, wenn das Gesetz - hier § 148 ABGB - eine klare und eindeutige Regelung trifft. Nach Abs 1 leg cit steht dem nicht obsorgeberechtigten Elternteil das Recht zu, mit dem Kind persönlich zu verkehren. Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, stellt diese Gesetzesbestimmung nicht auf die Blutsverwandtschaft ab, sondern auf die rechtliche Stellung des Kindes. Im vorliegenden Fall ist also entscheidend, daß der Minderjährige als eheliches Kind des Antragsgegners Herbert M***** anzusehen ist, dieser also als ehelicher Vater des Kindes gilt.

Das Recht auf persönlichen Verkehr zwischen Eltern und Kindern ist ein allgemein anzuerkennendes Menschenrecht. Darüber hinaus ist aber ein Mindestmaß persönlicher Beziehungen eines Kindes zu beiden Elternteilen höchst erwünscht und wird im Dienst der gesunden Entwicklung des Kindes allgemein gefordert. Den Eltern steht das Recht auf persönlichen Verkehr nur insoweit nicht zu, als die Ausübung des Rechtes das Wohl des Kindes gefährdet (stRsp ua EvBl 1974/284; EFSlg 71.652; EFSlg 71.655 uva; RIS-Justiz RS0047754). Den von der Revisionsrekurswerberin angestellten Überlegungen hinsichtlich der Auswirkung der von ihr offenbar in den nächsten Monaten geplanten Mitteilung an das Kind, daß ihr geschiedener Ehemann nicht dessen biologischer Vater sei, kann aufgrund der bloßen Einzelfallproblematik der Auswirkungen einer solchen Eröffnung keine Bedeutung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zuerkannt werden. Im übrigen hat sich der beigezogene Sachverständige auch mit dieser Frage beschäftigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Umstand der künstlichen Befruchtung keinen Anlaß biete, das Kindeswohl durch die Ausübung des Besuchtsrechts durch den Vater gefährdet zu sehen, sofern dem Kind der Umstand der heterologen Insemination in einer kindgerechten, dem Entwicklungsalter entsprechenden Weise von der Mutter mitgeteilt werde, die sich diesbezüglich gegebenenfalls von Experten beraten lassen müsse. Dies leuchtet ohne weiteres ein und ist die Revisionsrekurswerberin in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß sie sich nicht nur die mit der Ausübung des Besuchsrechtes verbundene Einschränkung ihre Befugnisse gefallen lassen muß, sondern sogar verpflichtet ist, das Kind einfühlend auf die Besuche des anderen Elternteiles vorzubereiten und allenfalls einer unberechtigten Ablehnung des persönlichen Kontaktes zum besuchsberechtigten anderen Teil durch das Kind entgegenzuwirken (Dittrich/Tades, ABGB35 § 148 E 16 mwN).

Schließlich vermag der Rekurs auch nicht aufzuzeigen, inwiefern die Vorinstanzen bei ihrer nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Entscheidung hinsichtlich des Umfanges bzw der Gestaltung des Besuchsrechtes leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt hätten. Auch insoferne kommt der gegenständlich angefochtenen Entscheidung keine Bedeutung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zu (RIS-Justiz RS0097114).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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