OGH 5Ob142/99i

OGH5Ob142/99i26.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Albert H*****, vertreten durch Dr. Klaus Steiner, Rechtsanwalt in Linz, gegen die Antragsgegnerin Anna S*****, vertreten durch Dr. Martin Steininger, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung des zulässigen Untermietzinses, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 11. Februar 1999, GZ 11 R 2/99m-13, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 16. Oktober 1998, GZ 16 Msch 8/98w-8, bestätigt wurde, folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsgegnerin hat im Jahr 1971 um monatlich S 200,-- ein ca 100 m2 großes Grundstück in P***** gemietet, darauf - im Einvernehmen mit den Vermietern - ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel einen Kiosk errichtet und in diesem jahrelang eine Tabaktrafik betrieben. Am 14. 6. 1995 untervermietete sie den Kiosk um monatlich S 3.000,-- dem Antragsteller, der ihn bis Ende September 1996 für Geschäftszwecke nutzte und nach Ablauf des Untermietverhältnisses zunächst bei der Schlichtungsstelle der Stadt Linz, dann gemäß § 40 Abs 2 MRG bei Gericht die Überprüfung des Untermietzinses beantragte. Er ist der Meinung, daß die Antragsgegnerin von ihm gemäß § 26 Abs 1 MRG idF des

3. WÄG höchstens S 300,-- monatlich hätte verlangen dürfen und ihm daher S 40.500,-- s. A. zurückzuzahlen habe. Die Antragsgegnerin ist diesem Begehren ua mit dem Argument entgegengetreten, daß § 26 MRG auf das verfahrensgegenständliche Untermietverhältnis gar nicht anwendbar sei, weil der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG vorliege.

Beide Vorinstanzen wiesen das Mietzinsüberprüfungsbegehren des Antragstellers ab, wobei sich das Rekursgericht (teils übereinstimmend mit dem Erstgericht) von folgenden Erwägungen leiten ließ:

Unstrittig sei, daß das MRG anzuwenden ist, wenn ein Grundstück zur Errichtung und geschäftlichen Verwertung eines Superädifikates gemietet wird (vgl Würth in Rummel2, Rz 2a zu § 1 MRG; WoBl 1989/73; WoBl 1991/27 u. a.). Das MRG regle in seinem § 1 Abs 4 Z 1, daß lediglich die §§ 14, 29-36, 45, 46 u. 49, nicht jedoch die übrigen Bestimmungen des I. und II. Hauptstückes, für Mietgegenstände, die in Gebäuden gelegen sind, die ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel aufgrund einer nach dem 30. 6. 1953 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind, anzuwenden sind.

Erkennbar sei, daß der Gesetzgeber in dieser Ausnahmebestimmung den Vermieter begünstigen wollte, der Wohn- oder Geschäftsraum durch eine Gebäudeerrichtung, also nicht etwa nur durch Errichtung bloß einzelner Räume ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel schafft. Die Gesetzesbestimmung stelle auf den Vermieter als Errichter des Bauwerkes ab. Es stelle sich die Frage, ob sich die Antragsgegnerin, die den Kiosk aus eigenen Mitteln ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mitteln nach 1953 errichtet hat, auf die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG als Vermieterin dieses Kiosks berufen kann. Die Antragsgegnerin meine unter Bezugnahme auf die Entscheidung MietSlg 47.172, daß die Ausnahmebestimmung nicht greife, weshalb das Mietrechtsgesetz in seinem vollen Umfang und damit auch § 26 MRG anwendbar wäre. Das Rekursgericht trete jedoch den Ausführungen des Erstgerichtes bei, daß der der Entscheidung MietSlg 47.172 zugrundeliegende Sachverhalt nicht mit dem vorliegenden Sachverhalt (bei Berücksichtigung der oben ausgeführten Intention des Gesetzgebers) unmittelbar vergleichbar ist. Der Sachverhalt der zitierten Entscheidung stimme mit dem hier vorliegenden Sachverhalt zwar insoferne überein, als ein Grundeigentümer sein Grundstück an einen Mieter vermietete und dieser Mieter auf diesem Grundstück ein Superädifikat (in der zitierten Entscheidung eine Lagerhalle, in der vorliegenden Entscheidung einen Kiosk) errichtete. Für diesen Fall kam der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis, daß sich der Vermieter nicht auf die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG berufen könne, da die Zweckrichtung der Ausnahmebestimmung diesfalls nicht greife, da der Vermieter des Grundstückes das Gebäude nicht errichtet habe, weshalb es zu keiner Begünstigung seiner Position kommen solle.

Bei genau gleicher Sachlage erweitert um das Sachverhaltselement eines Untermieters, der sowohl Grundstück als auch den vom Mieter des Grundstückes errichteten Kiosk in Unterbestand genommen hat, schließe das Erstgericht zurecht entgegen dem Wortlaut der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in MietSlg 47.172, daß die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG für den Mieter des Grundstückes = Vermieter des Kiosks greife, weshalb es zu keiner Anwendung des § 26 MRG kommen könne.

Diese Ansicht des Erstgerichtes werde vom Rekursgericht geteilt, wobei das Rekursgericht darüber hinaus bezüglich der Anmietung des Kiosks nicht von einem Unterbestandverhältnis und damit von der Anwendbarkeit des § 26 MRG ausgehe. Die Antragsgegnerin habe vom Grundeigentümer lediglich die Grundfläche im Ausmaß von 100 m2 angemietet, wobei zugleich im Bestandvertrag vereinbart wurde, daß sie das Recht habe, dort einen Kiosk zu errichten. Bei Abschluß eines Untermietvertrages bezüglich dieser Grundfläche könne die Antragsgegnerin daher lediglich jene Rechtsposition weiter in Bestand geben, die sie selbst innehat, das heißt lediglich das Mietrecht an der Grundfläche sowie das Recht, dort einen Kiosk zu errichten. Lediglich bezüglich dieses Rechtsverhältnisses sei ein Untermietverhältnis mit dem Antragsteller anzunehmen. Die Inbestandnahme des (von der Antragsgegnerin später auf eigene Kosten errichteten) Kiosks durch den Antragsteller sei damit aber als Hauptmietverhältnis zu bewerten. Somit scheidet von vornherein die Anwendung des § 26 MRG in Bezug auf die Bestandnahme des Kiosks aus. Bei realistischer Betrachtung sei eine Trennung der Bestandverhältnisse bezüglich der Grundfläche und des Kiosks nicht möglich, weshalb eine Reduzierung des Bestandzinses unter Berufung auf § 26 MRG insgesamt scheitern müsse.

Aber auch wenn man, wie das Erstgericht, davon ausgehe, daß auch bezüglich des Kiosks ein Unterbestandverhältnis vorliegt, sei - wie bereits ausgeführt - entsprechend der ratio des § 1 Abs 4 Z 1 MRG davon auszugehen, daß für den Mieter des Grundstückes = Vermieter des Kiosks die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG zu greifen hat. Die Entscheidung MietSlg 47.172 stehe dem insgesamt nicht entgegen, da dem gegenständlichen Sachverhalt ein Dreipersonenverhältnis zugrundeliege.

Berücksichtige man, daß die Inbestandnahme des Kiosks durch den Antragsteller in Form eines Hauptmietverhältnisses erfolgte bzw bei Ablehnung dieser Ansicht die ratio des § 1 Abs 4 Z 1 MRG für die Antragsgegnerin aufgrund ihrer Errichtung des Kiosks auf eigene Kosten zu greifen hat, so könne sich der Antragsteller weder in dem einen noch in dem anderen Fall auf § 26 MRG berufen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht sei nämlich vom Leitsatz der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 18. 5. 1995, 6 Ob 595/95 (MietSlg 47.172/24) abgewichen; im übrigen liege zum gegenständlichen Sachverhalt keine höchstgerichtliche Judikatur vor.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs wiederholt der Antragsteller - gestützt auf die Entscheidung 6 Ob 595/95 - im wesentlichen das Argument, daß der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG nur greifen könne, wenn der Vermieter (nicht der Mieter selbst) das Gebäude, in dem sich der Mietgegenstand befindet, ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet wurde. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, dem Mietzinsüberprüfungsantrag in Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung vollinhaltlich stattzugeben.

Von der Antragsgegnerin liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die in der Entscheidung 6 Ob 595/95 (MietSlg 47/14 = WoBl 1996, 246/85) vertretene Rechtsansicht, die Ausnahmeregelung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG gelte nur für Bauwerke, die der Vermieter selbst errichtete, war von Anfang an umstritten (siehe etwa die gegenteilige Entscheidung zu 3 Ob 560/94 = MietSlg 46/27 = SZ 67/179 = WoBl 1996, 249/86) und wurde nach einer Kritik von Würth (WoBl 1996, 251) mittlerweile aufgegeben. Zu 6 Ob 59/98i (WoBl 1998, 370/234) hat der Oberste Gerichtshof in einem dem gegenständlichen vergleichbaren Fall entschieden, daß der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG greift, wenn sich das Mietobjekt in einem Superädifikat befindet, das vom Mieter des Grundstücks auf Grund einer nach dem 30. 6. 1953 erteilten Baubewilligung ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet wurde (insoweit zustimmend Prader in WoBl aaO). Der erkennende Senat teilt diese Rechtsansicht. Schon aus diesem Grund sind die Bestimmungen, auf die der Antragsteller sein Mietzinsüberprüfungsbegehren stützt (§ 26 MRG iVm § 37 Abs 1 Z 8 MRG), auf das verfahrensgegenständliche Mietverhältnis gar nicht anwendbar. Es kann dahingestellt bleiben, ob gesetzliche Mietzinsbildungen überhaupt generell auf Bestandobjekte übertragen werden können, die sich in einem Gebäude befinden, das der Mieter auf einem zunächst unbebauten und daher frei vermietbaren Grundstück errichtete (siehe dazu Würth aaO). Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.

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