OGH 5Ob8/99h

OGH5Ob8/99h26.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Elfriede B*****, vertreten durch Dr. Markus Ch. Weinl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Gertrude P*****, vertreten durch Dr. Georg Röhsner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung (Streitwert S 70.887), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 13. November 1998, GZ 41 R 559/98d-13, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 20. August 1998, GZ 4 C 144/98h-7, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Klägerin ist Eigentümerin des Hauses P*****gasse ***** in ***** W*****, die Beklagte ist Gattin und eingeantwortete Alleinerbin nach dem verstorbenen Hauptmieter der Wohnung top Nr 5 in diesem Haus, Dr. Eugen P*****.

Mit der Behauptung, der Beklagten stünde mangels dringenden Wohnbedarfs kein Eintrittsrecht gemäß § 14 MRG zu, sie benütze daher die gegenständliche Wohnung titellos, begehrt die Klägerin die geräumte Übergabe der Wohnung top Nr 5 im Haus P*****gasse ***** in ***** W*****.

Im Verfahren 4 C 258/95v des Bezirksgerichtes Josefstadt hat die Klägerin gegen die Verlassenschaft nach Dr. Eugen P***** eine Aufkündigung, gestützt auf die Gründe des § 30 Abs 2 Z 1 und 5 MRG eingebracht. Nachdem in zwei Instanzen die Aufkündigung aus dem Grund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG für rechtswirksam erkannt worden war, hob der Oberste Gerichtshof am 17. Juli 1996 zu 7 Ob 2109/96i die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die Aufkündigung aus dem Grund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG sei nicht berechtigt, weil ein dringendes Wohnbedürfnis der Witwe des verstorbenen Mieters zu bejahen sei. Das Erstgericht werde jedoch im fortgesetzten Verfahren den weiters geltend gemachten Kündigungsgrund der Nichtbezahlung des Mietzinses zu überprüfen haben.

Dieses Aufkündigungsverfahren ist bisher nicht rechtskräftig beendet, es ist gemäß § 41 MRG bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens 4 Msch 64/94i des BG Hernals unterbrochen.

Im gegenständlichen Verfahren widersetzte sich die Beklagte dem Räumungsbegehren mit der Begründung, zur Frage ihres Eintrittsrechts liege eine bindende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vor. Das hindere zwar nicht die Urteilsfällung über den neuen Anspruch, schließe jedoch die Verhandlung, Beweisaufnahme und neuerliche Prüfung des entschiedenen Anspruchs aus.

Die Parteien stellten außer Streit, daß die Beklagte eingeantwortete Alleinerben nach Dr. Eugen P***** ist.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der zu 7 Ob 2109/96i ergangene Beschluß des Obersten Gerichtshofes entfalte nur im Verfahren 4 C 258/95v eine Bindungswirkung für das Erstgericht. Dennoch sei das Klagebegehren nicht berechtigt. Aufgrund der mit der Einantwortung verbundenen Gesamtrechtsnachfolge sei die Beklagte Mieterin der Wohnung geworden und benütze diese daher nicht titellos.

Einer dagegen von der klagenden Partei erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es ging dabei von einer Bindung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 17. 7. 1996, 7 Ob 2109/96i, auch für das vorliegende Verfahren aus. Der dort abschließend erledigte Streitpunkt des Eintrittsrechts der Beklagten könne nicht wieder aufgerollt werden. Die Beklagte benütze daher nicht titellos, sondern seien die Mietrechte ihres verstorbenen Gatten gemäß § 14 Abs 2 und 3 MRG eingetreten.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei, die nicht zulässig ist.

Es liegt keine Rechtsfrage von entscheidungserheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vor.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht verkennt zwar die nur innerprozessuale Bindungswirkung des § 511 ZPO. In einem anderen Rechtsstreit, auch wenn er zwischen denselben Parteien geführt wird, besteht die Bindung an die rechtliche Beurteilung, welche das Revisionsgericht seinem aufhebenden Beschluß zugrundegelegt hat, nicht (RS0007010). Nicht einmal bei Verbindung mit einem anderen Verfahren, wenn dieses nicht schon Gegenstand des Aufhebungsbeschlusses war, besteht eine solche Bindung (1 Ob 547/93). Daran ändert auch der Umstand nichts, daß bezüglich der schon erledigten und entscheidungsreifen Sachanträge (Aufkündigung gestützt auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG) ein neues Vorbringen im dortigen Verfahren nicht mehr in Frage kommt (vgl Kodek in Rechberger, Rz 5 zu § 496 ZPO mwN). Eine Bindungswirkung kommt nur im Fall einer materiell rechtskräftigen Vorentscheidung in Betracht. Über die Aufkündigung wurde aber bisher nicht rechtskräftig entschieden.

Dadurch ist aber für die Revisionswerberin nichts gewonnen. Die beiderseitige Vererblichkeit eines Mietvertrags wird nämlich nicht nur in § 14 Abs 1 MRG, sondern schon in § 1116a ABGB normiert. Im Fall der Sonderrechtsnachfolge nach § 14 Abs 2 und 3 MRG setzen die danach Eintrittsberechtigten den Mietvertrag fort, ansonsten die nach allgemeiner Erbfolge berufenen Erben mit Rechtskraft der Einantwortung, weshalb die Verlassenschaft oder Erben nicht auf Räumung geklagt werden können (vgl MietSlg 29.177, 31.212, 34.250).

Der Eintritt der Erben in den Bestandvertrag vollzieht sich ex lege und bedarf keiner Erklärung. Soweit also nicht eine Sonderrechtsnachfolge eintritt, treten alle Erben in den Mietvertrag ein (WoBl 1988/31 = MietSlg 39.156 ua). Im Bereich des Kündigungsschutzes steht dem Vermieter ein Kündigungsrecht nur bei Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes zu (vgl Würth in Rummel Rz 5 zu § 1116a ABGB mwN), was schon aus § 33 Abs 1 MRG hervorgeht (vgl Würth in Würth-Zingher Miet- und Wohnrecht20 Rz 7 zu § 14 MRG).

Vor rechtskräftiger Entscheidung über die Sonderrechtsnachfolge der Beklagten (bzw das Vorliegen eines anderen geltend gemachten Kündigungsgrundes) benützt die Beklagte daher nicht titellos, sondern als eingeantwortete Erbin nach dem bisherigen verstorbenen Mieter. Dies entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung (MietSlg 29.177, 31.212, 34.250).

Darin liegt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vor.

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