Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit 39.182,40 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 6.530,40 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Klägerin ist die gesetzliche Interessenvertretung der in der Steiermark niedergelassenen Tierärzte.
Der Beklagte betreibt eine tierärztliche Praxis in Deutschland. 1996 war er (auch) in Oberösterreich, in Niederösterreich und in der Steiermark als Tierarzt tätig. Er meldete die Aufnahme seiner grenzüberschreitenden tierärztlichen Tätigkeit bei den zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden an.
In der Steiermark meldete der Beklagte seine tierärztliche Tätigkeit am 7. 6. 1996 für die Zeit bis zum 31. 12. 1996 bei der Bezirkshauptmannschaft L***** an. Für 1997 und 1998 gab der Beklagte in der Steiermark keine Anmeldung ab.
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, in Österreich die Tätigkeit eines praktischen Tierarztes auszuüben oder Leistungen eines praktischen Tierarztes anzubieten. Der Beklagte behaupte selbst, in der Steiermark als Tierarzt tätig zu sein. Dazu sei er aber nicht berechtigt, weil er die in § 4a TierärzteG vorgesehene Anmeldung nicht erstattet habe. Die Unterlassung der Anmeldung bringe dem Beklagten Vorteile; er unterliege nicht der Disziplinaraufsicht der zuständigen Kammer und er habe offenbar für die in Österreich erzielten Einkünfte keine Steuern gezahlt. Sein Verhalten verstoße auch gegen § 2 UWG, weil die beteiligten Verkehrskreise über seine Berechtigung zur Berufsausübung in Österreich getäuscht würden.
Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die Klägerin habe nicht bescheinigt, daß der Beklagte in der Steiermark tierärztlich tätig sei. 1997 habe er seine Anmeldungen bei jenen Bezirkshauptmannschaften wiederholt, in deren Verwaltungsbezirk er weiterhin tätig gewesen sei. 1998 sei er der Meinung gewesen, daß eine Anmeldung nach Gemeinschaftsrecht nicht mehr notwendig sei. Er sei jedoch von der Bezirkshauptmannschaft B***** darauf hingewiesen worden, daß eine Meldung erforderlich sei. Dieser Aufforderung sei er umgehend nachgekommen. Es liege daher weder der von der Klägerin behauptete Gesetzesbruch vor noch sei eine etwaige Gesetzesverletzung sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG. Die behauptete Täuschung sie nicht gegeben, weil der Beklagte zur Berufsausübung berechtigt sei.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es könne nicht festgestellt werden, ob der Beklagte in der Steiermark auch in den Jahren 1997 und 1998 tierärztlich tätig gewesen sei. Der Beklagte sei befugt, als Tierarzt tätig zu werden. Ein allfälliger Verstoß gegen die Anmeldepflicht sei nicht geeignet, dem Beklagten einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor seinen Mitbewerbern zu bringen. Der Beklagte unterliege der Disziplinaraufsicht; daß er keine Steuern gezahlt hätte, sei nicht bescheinigt. Als in Deutschland zugelassener Tierarzt sei der Beklagte auch in Österreich zur Berufsausübung berechtigt.
Das Rekursgericht verbot dem Beklagten, in Österreich ohne vorherige ordnungsgemäße Anmeldung gemäß § 4a Abs 4 TierärzteG - ausgenommen bei Gefahr im Verzug - tierärztliche Leistungen zu erbringen oder anzubieten, und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es sei als bescheinigt anzunehmen, daß der Beklagte 1997 und 1998 in der Steiermark ohne vorherige Anmeldung tierärztlich tätig geworden sei. § 4a Abs 4 TierärzteG regle den Zugang zum Wettbewerb; ein Verstoß gegen diese Bestimmung sei daher geeignet, die Wettbewerbsposition des gesetzwidrig Handelnden zu verbessern. Der Verstoß sei dem Beklagten subjektiv vorwerfbar. Ob der Beklagte der Disziplinaraufsicht der Kammer unterliege und ob er seine Einkünfte versteuere, sei nicht mehr maßgebend. Der Spruch der einstweiligen Verfügung sei deutlicher zu fassen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes widerspricht; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, daß das Rekursgericht die nunmehr ständige Rechtsprechung zur Wettbewerbswidrigkeit eines Gesetzesverstoßes nicht beachtet hat. Danach begründet eine Gesetzesverletzung nur dann sittenwidriges Handeln im Sinne des § 1 UWG, wenn sie dazu geeignet ist, dem gesetzwidrig Handelnden einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen (ua ÖBl 1993, 66 - Impressum mwN). Der dem Beklagten angelastete Gesetzesverstoß besteht darin, daß er seiner Meldepflicht nach § 4a Abs 4 TierärzteG nicht nachgekommen ist.
§ 4a TierärzteG regelt die Berufsausübung von Tierärzten, die nicht österreichische Staatsangehörige sind, aber einer Vertragspartei des EWR-Abkommens angehören. Sie sind berechtigt, ihren Beruf in Österreich auszuüben, wenn sie in einem anderen Vertragsstaat zur Berufsausübung befugt sind (§ 4a Abs 1 TierärzteG). Bei Ausübung ihrer Tätigkeit in Österreich haben sie eine Bescheinigung des Niederlassungsstaates darüber mitzuführen, daß sie den tierärztlichen Beruf im Niederlassungsstaat rechtmäßig ausüben (§ 4a Abs 2 TierärzteG). § 4a Abs 4 TierärzteG trägt ihnen auf, sich bei der Bezirksverwaltungsbehörde jenes Bezirks, in dem sie tierärztliche Leistungen zu erbringen beabsichtigen, vor Aufnahme ihrer tierärztlichen Tätigkeit einmal je Kalenderjahr schriftlich anzumelden. Die Meldepflicht hat den Zweck, es der Behörde zu ermöglichen, die angemeldeten Tierärzte unverzüglich über aufgetretene Tierseuchen oder andere veterinärhygienisch bedeutsame Vorkommnisse zu informieren (758 BlgNR 18. GP 6).
Die Anmeldung kann einer Gewerbeanmeldung nicht gleichgehalten werden, weil sie keine Voraussetzung der Berechtigung zur Berufsausübung ist. Ihre Unterlassung ist nicht geeignet, die Wettbewerbsposition des Tierarztes gegenüber seinen Mitbewerbern zu beeinflussen: Sie hindert weder die Disziplinaraufsicht der zuständigen Kammer, noch besteht irgendein Zusammenhang mit der Steuerpflicht des Tierarztes. Der Disziplinaraufsicht unterliegt ein in einem EWR-Staat niedergelassener Tierarzt schon deshalb, weil er - unabhängig davon, ob er seiner Anmeldepflicht nachgekommen ist - bei Ausübung seiner Tätigkeit in Österreich den Kammermitgliedern gleichgestellt ist (§ 4a Abs 3 TierärzteG). Daß die Einkünfte unabhängig von einer Anmeldung nach § 4a Abs 4 TierärzteG zu versteuern sind, bedarf keiner Begründung. Inwiefern die Unterlassung der Anmeldung ein "steuerschonendes" Vorgehen erleichtern mag, kann offenbleiben, weil es jedenfalls nicht Zweck der Anmeldung ist, das Steueraufkommen zu sichern.
Es trifft auch nicht zu, daß der Beklagte in Österreich tätig geworden wäre, ohne die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Der Beklagte ist als Tierarzt in Deutschland zugelassen; damit ist er auch berechtigt, seine Tätigkeit in Österreich auszuüben. § 4a Abs 4 TierärzteG ist eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Einhaltung nicht den Zugang zum Beruf des Tierarztes in Österreich regeln, sondern (nur) sicherstellen soll, daß der Tierarzt auch im Interesse der Allgemeinheit liegende Aufgaben wahrnehmen kann.
Soweit die Klägerin ihr Begehren auf § 1 UWG stützt, muß ihr Antrag demnach schon daran scheitern, daß nicht ersichtlich ist, inwiefern die Unterlassung der Anmeldung geeignet sein soll, dem Beklagten einen Vorsprung vor seinen gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Auf die weiteren Ausführungen des Beklagten braucht nicht mehr eingegangen zu werden.
Auch der behauptete Verstoß gegen § 2 UWG liegt nicht vor. Die Unterlassung der Anmeldung ändert nichts daran, daß der Beklagte als Staatsangehöriger einer Vertragspartei des EWR-Abkommens berechtigt ist, in Österreich grenzüberschreitend als Tierarzt zu tätig sein. Die von der Klägerin behauptete Täuschung über seine Berufsberechtigung liegt daher nicht vor.
Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten des Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.
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