OGH 10ObS96/99m

OGH10ObS96/99m4.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wilhelm Koutny und Mag. Dr. Walter Zeiler (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Lilli Z*****, selbständige Masseurin, ***** vertreten durch Dr. Rudolf Rabl und Dr. Wolfgang Aigner, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram und Dr. Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. Februar 1999, GZ 12 Rs 6/99k-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 13. Oktober 1998, GZ 17 Cgs 284/97m-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodaß es genügt, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Den Revisionsausführungen ist folgendes entgegenzuhalten:

Nach § 175 Abs 1 ASVG sind Arbeitsunfälle solche Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. Der Unfallversicherungsschutz der in der Unfallversicherung teilversicherten selbständig Erwerbstätigen wird nach § 8 Abs 1 Z 3 lit a ASVG durch die Mitgliedschaft zu einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft erworben und erstreckt sich daher auf Tätigkeiten, die in einem oben geschilderten inneren Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb stehen, der die Grundlage der Kammermitgliedschaft bildet. Dazu zählen alle jene Tätigkeiten, die unmittelbar der Aufrechterhaltung, Förderung und Abwicklung der selbständigen Existenz dienen. Es ist nach objektiven Gesichtspunkten zu prüfen, ob sich die Tätigkeit als zur Aufrechterhaltung, Förderung und Abwicklung der selbständigen Existenz tauglich darstellt und ob sie vom Handelnden subjektiv auch in dieser Intention entfaltet wurde (SSV-NF 10/50 mwN; 10/112 ua).

Nach den Feststellungen wollte die Klägerin, die damals ein Masseurgewerbe, eine Ernährungsberatung und eine Lebens- und Sozialberatung betrieb und im Rahmen dieser selbständigen Erwerbstätigkeit unfallversichert war, am Unfallstag nach Erledigung betrieblicher Besorgungen in einem auf der gegenüberliegenden Straßenseite situierten Zeitschriftengeschäft die "ORF-Nachlese" für Jänner 1995 kaufen. Auf dem Rückweg zu ihrem Fahrzeug kam die Klägerin beim Betreten des Gehsteiges zu Sturz und zog sich dabei eine Verletzung am Arm zu. Die Klägerin hatte am Vortag im Fernsehen einen Beitrag zum Thema: "Kräutersalben vom Bergbauernhof" gesehen. In diesem Beitrag wurde berichtet, welche Kräuter wann und wo gepflückt werden und wie sie zu Naturkosmetiksalben verarbeitet werden können. Über Ringelblumensalben wurde dabei nicht berichtet. Im Anschluß an die Sendung wurde darauf hingewiesen, daß die Jänner-Ausgabe der erwähnten Zeitschrift dazu eine Nachlese enthält. Die Klägerin wollte am Unfallstag diese Zeitschrift kaufen, weil sich ihre vorwiegend älteren Kunden bei ihr immer wieder über die Herstellung und Wirkung von Salben, insbesondere von Ringelblumensalben, zu informieren versuchten. Da die Klägerin in diesem Bereich keine Ausbildung erhalten hatte, wollte sie sich durch den Kauf dieser Zeitschrift fortbilden, um solche Fragen besser beantworten zu können.

Weiters steht fest, daß die Klägerin - unabhängig vom Umfang ihrer Gewerberechtigung - weder die Herstellung noch den Vertrieb von "Kräutersalben" oder anderen Salben tatsächlich durchführte oder auch nur beabsichtigte. Es hat daher das Berufungsgericht die Beantwortung gelegentlicher Fragen von Kunden durch die Klägerin bezüglich der Herstellung und Wirkung von solchen Salben zutreffend als bloße Gefälligkeitsdienste, die nicht unmittelbar dem Betrieb der Versicherten gedient haben, gewertet. Nach der bereits vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SSV 10/112; 6/21) können auch Gefälligkeitsdienste, die nicht unmittelbar dem Betrieb des Versicherten dienen, unter Unfallversicherungsschutz stehen, wenn sie zur unmittelbaren Förderung des Betriebes wie etwa zur Werbung, zum Kundendienst oder zur Pflege des geschäftlichen Ansehens unternommen werden und eng mit dem Betrieb zusammenhängen. Der im § 175 Abs 1 ASVG geforderte Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit liegt nach der Rechtsprechung auch dann vor, wenn sie zumindest nebenher auch zur mittelbaren Förderung des eigenen Betriebes (im weitesten Sinne) vorgenommen wurden, also für diesen ansehensmäßig und damit wirtschaftlich jedenfalls förderlich waren, ohne daß (zusätzlich) ein objektiver geldwerter Nutzen für ihn auch tatsächlich und konkret eingetreten sein mußte und ohne daß es erforderlich war, daß es sich dabei um eine tatsächlich ins Gewicht fallende wirtschaftliche Leistung handelte. Voraussetzung für das Vorliegen des Unfallversicherungsschutzes ist jedoch auch in diesem Fall, daß eine der Gewerberechtigung entsprechende Ausübungshandlung im Vordergrund der Tätigkeit steht (vgl SSV-NF 10/50). Handelt es sich dagegen - wie im vorliegenden Fall - um eine unternehmensfremde Gefälligkeitsleistung, ist für die Abgrenzung des Versicherungsschutzes ein strenger Maßstab anzulegen. Würde man hier den Rahmen weiterziehen und den Versicherungsschutz für jede unternehmensfremde Gefälligkeitsleistung aus Anlaß einer Geschäftsbeziehung bejahen, so wäre eine klare Unterscheidung zwischen versicherten Tätigkeiten und privaten Handlungen unter Menschen, die auch geschäftliche Beziehungen unterhalten, kaum noch möglich. Bei unternehmensfremden Gefälligkeitsdiensten - etwa für große Kunden - muß deshalb zur Bejahung des Versicherungsschutzes die Gefälligkeit als Kundendienst eng mit dem Betrieb zusammenhängen; dies ist insbesondere der Fall, wenn sie in unmittelbarer Verbindung zu bestimmten, kurz vorher getätigten oder bald bevorstehenden Geschäftsabschlüssen steht (SSV-NF 6/21 mwN).

Im hier zu beurteilenden Fall ist der Zusammenhang der unternehmensfremden Gefälligkeitsleistung mit dem Betrieb der Klägerin nach zutreffender Auffassung des Berufungsgerichtes zu locker, um Versicherungsschutz begründen zu können. Der Zulauf der Kunden erfolgte wohl unabhängig von der Beantwortung gelegentlicher über das von der Klägerin betriebene Gewerbe hinausgehender Anfragen und auch der von der Klägerin beabsichtigte Kauf der Zeitschrift stellte sich aus objektiver Sicht als bloße Vorbereitungshandlung für eine solche mögliche Gefälligkeitsleistung dar. Soweit die Klägerin in ihren Revisionsausführungen vor allem geltend macht, daß sie sich zum Zwecke der Fortbildung Kenntnisse über die Herstellung und Wirkung von Salben aneignen wollte, ist darauf hinzuweisen, daß auch die Fort- und Weiterbildung mit der versicherten Erwerbstätigkeit in engem Zusammenhang stehen muß, um unter Unfallversicherungsschutz zu stehen (vgl 10 ObS 200/98d). Beim selbständig Erwerbstätigen muß sie sich somit auf Tätigkeiten beziehen, die im Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb stehen, der Grundlage der Kammermitgliedschaft ist. Da dies bei der Klägerin nicht der Fall war, die von der Klägerin angesprochene Weiterbildung vielmehr unternehmensfremde Gefälligkeitsleistungen betraf, hat das Berufungsgericht den Unfallversicherungsschutz zutreffend verneint.

Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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