OGH 1Ob253/98g

OGH1Ob253/98g27.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei G***** GesmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Karl Nöbauer, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, wider die beklagten Parteien 1. Johann N*****, und 2. P*****-GesmbH, ***** beide vertreten durch Mag. Thomas Leitner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 63.300,-- sA und S 230.400,-- sA sowie Räumung infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 2. Juli 1998, GZ 54 R 137/98f-50, womit infolge Rekurses der beklagten Parteien der Beschluß des Bezirksgerichts Salzburg vom 31. Juli 1997, GZ 18 C 377/96b-40, aufgehoben wurde, in nichöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte von den Beklagten die Bezahlung von rückständigem Mietzins und die Räumung des Bestandobjekts.

Die Beklagten gestanden als richtig zu, keine Mietzinse zu bezahlen, wendeten jedoch ein, ein Mietzinsrückstand bestehe nicht, weil mit der Voreigentümerin eine Mietzinsvorauszahlung bis 31. 12. 2010 vereinbart worden sei, wovon die Klägerin Kenntnis gehabt habe. Darüber hinaus werde eine Gegenforderung von S 200.000 eingewendet, weil der Erstbeklagte aufgrund konsenslos betriebener Anlagen der Klägerin an seiner Gesundheit Schaden gelitten habe.

Nach Aufnahme der beantragten Beweise faßte das Erstgericht einen Beschluß gemäß § 33 Abs 2 und 3 MRG und stellte die Mietzinsrückstände in den verbundenen Verfahren mit S 52.800 und S 230.400 fest. Der in einer Ergänzung zum Mietvertrag festgeschriebene Verzicht der Vermieterin auf Mietzinszahlungen bis zum 31. 12. 2010 wegen der von den Mietern erbrachten Vorleistungen stelle eine Nebenabrede ungewöhnlichen Inhalts dar, mit welcher die Klägerin als Erwerberin der Liegenschaft nicht habe rechnen müssen. Da sie auch sonst von der Nebenabrede nicht Kenntnis erlangt habe, sei sie daran nicht gebunden. Die vom Erstbeklagten aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung bestehe nicht zu Recht, weil die Regelung der §§ 364 und 364a ABGB Bestandnehmern als Anspruchsgrundlage nicht zur Verfügung stehe und ein Schadenersatzanspruch mangels Rechtswidrigkeit - das von der Klägerin konsensgemäß betriebene Werk sei behördlich genehmigt - nicht zustehe.

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Gericht zweiter Instanz dem dagegen erhobenen Rekurs der Beklagten Folge, hob den erstinstanzlichen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die urteilsmäßige Entscheidung (Teilurteil) über allfällige Bestandzinsrückstände auf. Ohne auf die Sache selbst einzugehen, führte es aus, daß die Beschlußfassung gemäß § 33 Abs 2 und 3 MRG nur in Kündigungs- oder Räumungsverfahren, die auf einen qualifizierten Mietzinsrückstand gegründet sind, zulässig sei. Für Rechtsstreitigkeiten, die neben dem Räumungsbegehren auch ein Begehren auf Zahlung des Mietzinsrückstands zum Gegenstand haben, fehle es an einer vergleichbaren Vorschrift. Für diese Verfahren fordere die gesicherte Rechtsprechung die Entscheidung über den Mietzinsrückstand durch Teilurteil, um dem (nicht aus grobem Verschulden säumigen) Mieter eine dem „reinen Räumungsverfahren“ gleichgelagerte Abwendung der Räumungsfolgen durch Zahlung zu ermöglichen. Ein gemäß § 33 Abs 2 und 3 MRG erlassener Beschluß sei nur mittels einseitigen Rekurses in den Grenzen des § 528 ZPO anfechtbar. Durch die vom Erstgericht gewählte Entscheidungsform seien die Beklagten daher verfahrensrechtlich benachteiligt. Auch verschaffe ein Beschluß gemäß § 33 MRG dem Vermieter keinen Exekutionstitel für den Mietzinsrückstand. Trotz eines derartigen Beschlusses müsse daher urteilsmäßig erkannt werden, wobei schon wegen der erweiterten Anfechtungsmöglichkeit Urteil und Beschluß zu divergierenden Ergebnissen gelangen könnten. Diese Überlegungen könnten nur zu dem Ergebnis führen, daß in einem auf Räumung und Zahlung gerichteten Rechtsstreit für einen auf § 33 MRG gestützten Beschluß kein Raum sei.

Rechtliche Beurteilung

Dem Revisionsrekurs der Klägerin kommt keine Berechtigung zu.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung 6 Ob 689/86 = MietSlg 39.478 = RZ 1988/24 ausgesprochen, daß in einem wegen Räumung und Zahlung des Mietzinsrückstands geführten Rechtsstreit neben dem Urteil über das Zahlungsbegehren eine parallel dazu getroffene beschlußmäßige Entscheidung gemäß § 33 Abs 2 MRG sinnwidrig und überflüssig wäre. Das Urteil über das Begehren auf Zahlung eines Mietzinsrückstands ersetze für das auf § 1118 ABGB gestützte Räumungsbegehren die Entscheidung nach § 33 Abs 2 MRG. An dieser Rechtsansicht hat der Oberste Gerichtshof in der Folge stets festgehalten und darauf verwiesen, daß die Beschlußfassung gemäß § 33 Abs 2 MRG in derartigen Rechtsstreitigkeiten zu entfallen habe (WoBl 1991, 65; 7 Ob 1501/94; 9 Ob 2278/96g; immolex 1997, 76; 7 Ob 342/98i ua). Auch Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, geben zu § 33 MRG in Rz 31 diese Rechtsprechungslinie wieder, wobei sie das Wort „ersetzt“ durch Fettdruck besonders hervorheben.

Die beiden vom Revisionsrekurswerber zitierten Entscheidungen MietSlg 41.365 und MietSlg 43.286 vermögen demgegenüber den Standpunkt der Klägerin schon deshalb nicht zu stützen, weil Gegenstand der Entscheidungen jeweils das über das Zahlungsbegehren ergangene Urteil war und der Oberste Gerichtshof somit über die Zulässigkeit eines bereits früher ergangenen rechtskräftigen Feststellungsbeschlusses nicht zu befinden hatte. Allerdings leuchtet aus den beiden Entscheidungen das bereits vom Berufungsgericht gegen die Zulässigkeit eines Beschlusses nach § 33 Abs 2 MRG ins Treffen geführte Argument hervor, daß einem solchen Beschluß keine über den Räumungsprozeß hinausgehende Bindungswirkung zukomme, weshalb auch im Falle der Klagenhäufung nach § 227 ZPO auf die Frage der Höhe des Mietzinsrückstands im Rechtsstreit über die Bestandzinsklage neuerlich eingegangen werden müsse. Ist aber das Teilurteil die bei weitem zielführendere Art der Entscheidung, so kann dem Erstgericht schon aus Gründen der Prozeßökonomie nicht ein freies Wahlrecht zwischen Beschlußfassung und Urteilsfällung eingeräumt werden. Dazu kommt noch die bloß eingeschränkte Anfechtbarkeit des Beschlusses nach § 33 MRG (vgl WoBl 1991/77), die es schlechthin ausschließt, die Wahl der Entscheidungsform uneingeschränkt dem Richter zu überlassen. Wenngleich die eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeiten des im Räumungsverfahren zu fassenden Beschlusses dadurch erklärbar sein mögen, daß Verzögerungen des Verfahrens tunlichst zu vermeiden seien (WoBl 1991/77), kann diese Überlegung in einem Verfahren, das auf Räumung und Zahlung gerichtet ist, wegen der dargestellten, sonst gegebenen Zweigleisigkeit von Entscheidung und Rechtsmittelverfahren nicht durchschlagen, würde sich doch die gewünschte Verfahrensbeschleunigung in ihr gerades Gegenteil verkehren.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung des Zwischenverfahrens gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO.

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