OGH 7Ob73/99g

OGH7Ob73/99g14.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schenk und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 17. August 1997 verstorbenen Michael J*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, infolge Revisionsrekurses des „Einschreiters“ Dr. Gunther W*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 6. November 1998, GZ 44 R 749/98t‑59, womit infolge Rekurses der erblasserischen Tochter und des erblasserischen Bruders der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 18. August 1998, GZ 1 A 178/97g‑49, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Begründung

Zum Verständnis ist es erforderlich, den umfangreichen mehrbändigen bisherigen Akteninhalt und Verfahrensgang, soweit für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes von Wesentlichkeit, chronologisch wie folgt zusammenzufassen:

Michael J***** (im folgenden: Erblasser) verstarb am 17. 8. 1997 anläßlich eines Flugzeugabsturzes im Ausland. Aus seiner am 5. 2. 1992 geschiedenen Ehe entstammt die minderjährige Tochter Melanie Christine, geboren am 10. 1. 1988, welche er mit letztwilliger Verfügung vom 13. 5. 1991, in der er über seine erheblichen Vermögenswerte (ua Firmenbeteiligungen und Liegenschaften) detaillierte Regelungen traf, zur Universalerbin einsetzte; gleichzeitig bestellte er (vorbehaltlich der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung) seinen Bruder Jan Anton J***** zu deren Vermögensverwalter für die Dauer ihrer Minderjährigkeit und weiters Rechtsanwalt Dr. Gerhard T*****, W*****, zum Testamentsvollstrecker seines Testaments. Die von der genannten Tochter, vertreten durch ihre Mutter Andrea J*****, zum gesamten Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 13. 11. 1997 angenommen und des weiteren (ua) ein Wiener Notarsubstitut zum Verlassenschaftskurator gemäß § 78 AußStrG bestellt; der Antrag des erblasserischen Bruders auf Bestellung seiner Person (insoweit unangefochten und rechtskräftig) sowie der geschiedenen Gattin auf Bestellung ihrer Person jeweils zum Verlassenschaftskurator wurden gleichzeitig abgewiesen (ON 20). Das Rekursgericht behob diesen Beschluß insoweit, als der Notarsubstitut zum Verlassenschaftskurator bestellt und der diesbezügliche Antrag der Andrea J***** abgewiesen worden war, und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Ein neuer Verlassenschaftskurator wurde bisher vom Erstgericht noch nicht bestellt.

In der Folge beantragte der erblasserische Bruder seine Bestellung zum Sachwalter für seine minderjährige Nichte betreffend die Verwaltung der dieser von ihrem Vater im Nachlaßweg hinterlassenen Vermögenswerte und aller Vertretungshandlungen, beginnend mit dem Zeitpunkt der Überlassung der Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft an diese und endend mit Erreichung der Volljährigkeit. Mit dem nunmehr zur Prüfung anstehenden Beschluß bestellte das Erstgericht (Pkt 1.) Rechtsanwalt Dr. Gunther W*****, W*****, zum Vermögensverwalter zur Verwaltung des Nachlaßvermögens für die mj Melanie Christine J*****; in seiner Begründung führte das Erstgericht aus, daß der vom Erblasser bestellte und hiezu vorgesehene Vermögensverwalter (Bruder) aufgrund bestehender Interessenkollisionen (hinsichtlich der mit dem Erblasser gemeinsam gegründeten Firmen, bezüglich derer der minderjährigen Tochter/Nichte das Recht auf ein Auseinandersetzungsguthaben zustehe) nicht zum Sachwalter für die Verwaltung des betroffenen Vermögens bestellt werden könne; in diese Funktion sei vielmehr im Rahmen der Berücksichtigung des Wohles des Kindes ein Rechtsanwalt zu bestellen. Damit wurde - wenngleich nicht ausdrücklich, sondern bloß implizit - der Antrag des erblasserischen Bruders auf Bestellung seiner Person zum Vermögenssachwalter abgewiesen.

Gegen die Einsetzung des Rechtsanwaltes Dr. W***** erhoben sowohl die Minderjährige, vertreten durch ihre Mutter, als auch der für diese Funktion abgelehnte Bruder Jan Anton J***** Rekurs; während die erstgenannte Rekurswerberin die ersatzlose Behebung beantragte, beantragte letzterer seine Bestellung zum Sachwalter anstelle des genannten Rechtsanwaltes.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Jan Anton J***** nicht Folge und erklärte den Revisionsrekurs für nicht zulässig; dem Rekurs der mj erblasserischen Tochter gab es hingegen teilweise dahin Folge, daß es Pkt 1. des angefochtenen Beschlusses betreffend die Bestellung des Rechtsanwaltes Dr. W***** ersatzlos aufhob und insoweit den Revisionsrekurs für zulässig erklärte. In seiner Begründung führte das Rekursgericht - zusammengefaßt - aus, daß beim Bruder (und Rekurswerber) tatsächlich eine ihn für eine Vermögensverwaltung nach § 145c ABGB ungeeignet machende Interessenkollision vorliege. Im übrigen sei das Gesetz (§ 145c ABGB) so zu interpretieren, daß bei Berufung einer bestimmten Person zum Verwalter durch jenen Dritten, der dem minderjährigen Kind ein Vermögen zugewendet habe (hier also des erblasserischen Bruders), nicht ein Ausschluß des verbleibenden Elternteiles (hier also der Mutter der Minderjährigen) von der Verwaltung dieses Vermögens zu sehen sei, wenn der bestellte Verwalter sich nachträglich als ungeeignet erweise; da der Mutter die Obsorge für die Minderjährige zukomme und in ihrer Person eine Interessenkollision nicht vorliege, komme ihr diese Vertretung zu, weshalb der diesbezügliche Bestellungsbeschluß (betreffend Rechtsanwalt Dr. W*****) ersatzlos zu beheben sei. Der Revisionsrekurs wurde zugelassen, weil zur Auslegung des § 145c Abs 2 iVm Abs 3 ABGB eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der (erkennbar) auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte ordentliche Revisionsrekurs des Rechtsanwaltes Dr. W***** als „Einschreiter“ und „als vom Bezirksgericht Döbling bestellter Kollisionskurator für Melanie Christine J*****“ mit dem Antrag, in Stattgebung seines Rechtsmittels den Beschluß des Rekursgerichtes dahin abzuändern, daß Jan Anton J***** zum Vermögensverwalter und für die minderjährige Erbin ein Kollisionskurator bestellt werde. Begründet wird das Rechtsmittel damit, daß § 145c ABGB bestimme, daß der bestellte Verwalter, wenn er geeignet ist, vom Gericht für das zugewendete Vermögen unter Ausschließung anderer Personen von der Verwaltung, so auch der Mutter, zum Sachwalter zu bestellen sei.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Nach § 9 Abs 1 AußStrG kann Rekurs (und gleichermaßen nach § 14 AußStrG Revisionsrekurs) erheben, „wer sich durch die Verfügung der ersten [bzw im Falle eines Revisionsrekurses zweiten] Instanz über einen Gegenstand der Gerichtsbarkeit außer Streitsachen beschwert erachtet“. Voraussetzung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist daher ein Eingriff in eine geschützte Rechtssphäre, mit anderen Worten: Ein Rekursrecht im Verfahren außer Streitsachen steht grundsätzlich nur demjenigen zu, dessen rechtlich geschützte Interessen durch den angefochtenen Beschluß beeinträchtigt worden sind (SZ 50/41, RIS‑Justiz RS0006641; MGA Verfahren außer Streitsachen2 E 1 zu § 9). Einzig Beschwerter hinsichtlich seiner Übergehung als vom Erblasser bestellter und von den Vorinstanzen abgelehnter, jedoch im Revisionsrekurs erneut angestrebter und für diese Funktion vorgeschlagener Vermögensverwalter (Sachwalter) könnte der hiefür vom Verstorbenen testamentarisch erwählte Bruder desselben und vormalige Rekurswerber sein, dessen Rechtsmittel jedoch von der zweiten Instanz keine Folge gegeben wurde und der hiegegen selbst kein weiteres Rechtsmittel (außerordentlicher Revisionsrekurs nach § 14 Abs 5 AußStrG) erhoben hat. Insoweit ist daher dieser Teil der zweitinstanzlichen Entscheidung jedenfalls zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen. Rechtsanwalt Dr. W*****, der sich selbst als „Einschreiter“ bezeichnet, hat das Rechtsmittel auch nicht als Vertreter des Genannten (mit Bevollmächtigungshinweis nach § 30 Abs 2 ZPO) erhoben; schon daraus folgt, daß er fremde Interessen (bezüglich des erblasserischen Bruders Jan Anton J*****) nicht ins Treffen führen kann, weil ihm die Vertretungsmacht fehlt.

Auch aus der Benennung seiner Person „als vom Bezirksgericht Döbling bestellter Kollisionskurator für Melanie Christine J*****“ (so am Rubrum des Rechtsmittelschriftsatzes) vermag der „Einschreiter“ keine Rekurslegitimation iSd § 9 AußStrG abzuleiten. Abgesehen vom Widerspruch, wenn er sich einerseits als bereits „bestellter“ Kollisionskurator bezeichnet, andererseits jedoch (S 4 des Rechtsmittels) erst die Bestellung eines solchen (durch den Obersten Gerichtshof in Stattgebung seines Rechtsmittels) beantragt, ist er nach der Aktenlage gar nie in diese Funktion bestellt worden, war doch Rechtsanwalt Dr. W***** mit dem vom Rekursgericht ersatzlos behobenen Beschluß des Erstgerichtes ausdrücklich nur zum Vermögensverwalter (§ 145c ABGB) und nicht zum Kollisionskurator (§ 77 Z 1 AußStrG iVm § 271 ABGB) bestellt worden; im übrigen strebt er in seinem nunmehrigen Rechtsmittel auch gar nicht an, selbst hiefür (wiederum) bestellt zu werden, sondern beantragt nur allgemein, daß ein solcher (welcher Person auch immer) vom Gericht bestellt werden möge. Bereits in der Entscheidung 2 Ob 314/58 (JBl 1959, 291) hat der Oberste Gerichtshof jedoch ausgeführt, daß das Eigeninteresse, das jemand haben mag, persönlich zum Kurator bestellt zu werden, keine Rekurslegitimation begründet und unberücksichtigt bleiben müsse; umsomehr muß dies gelten, wenn jemand - so wie hier - diese Bestellung gar nicht für sich, sondern für Dritte begehrt. Anstelle solcher (unbestimmter) Personen Revisionsrekurs gegen die zweitinstanzliche Entscheidung zu ergreifen, ist dem „Einschreiter“ hier damit jedenfalls verwehrt. Voraussetzung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels (in Außerstreitsachen) ist nämlich - wie bereits ausgeführt - ein Eingriff in eine rechtlich geschützte Rechtssphäre (SZ 50/41; Mayr/Fucik, Verfahren Außerstreitsachen [1998], Rz 5 zu § 9), nicht bloß irgendeine (allgemeine) Interessenssphäre (EvBl 1955/333, 8 Ob 503/82; Mayr/Fucik aaO); die Berührung bloß wirtschaftlicher, ideeller oder sonstiger Interessen genügt nicht (1 Ob 633/91); es muß sich vielmehr um ein subjektives Recht des Beschwerdeführers handeln, also um eine Rechtsmacht, die dem einzelnen von der Rechtsordnung verliehen ist (RIS‑Justiz RS0006497). Dem „Einschreiter“ mangelt es damit an einer (im übrigen von ihm selbst auch gar nicht näher schlüssig begründeten) Rechtsmittellegitimation.

Das Rechtsmittel ist damit mangels Rekursrechtes als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen, ohne daß geprüft werden müßte, ob die vom Rekursgericht als gegeben erachtete, im Revisionsrekurs jedoch inhaltlich ebenfalls nicht näher ausgeführte erhebliche Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG vorliegt.

Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil solche (zutreffend) nicht verzeichnet wurden.

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