Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der am 23. 11. 1906 geborene Walter H***** war Eigentümer von 3/5 Anteilen an den Liegenschaften EZ 128 und EZ 433 Grundbuch K*****. Er ist am 7. 9. 1990 unter Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung gestorben. In diesem Kodizill ordnete er unter anderem folgendes an:
"... 3. An den Liegenschaften, die meine Erben aufgrund dieser meiner letztwilligen Verfügungen gemeinsam besitzen werden, sind für meinen Sohn Roberto Carlo H***** und meine Ehefrau Rina H***** in dieser Reihenfolge/Rangfolge Vorrechte für jede Art entgeltlicher oder unentgeltlicher Besitzübertragung, sowie Verpachtung oder Vermietung für mehr als 10 Jahre (also Vorkaufs-, Vorschenks-, Vortausch-, Vorpachts-, Vormietrecht) grundbücherlich einzutragen. Für meinen außerehelichen Sohn Herbert Walter U***** gilt dies ebenfalls für sich und seine Kinder im Range nach meinem Sohn Roberto Carlo und meiner Frau Rina H*****, jedoch vor meinem Neffen Peter K*****. Derzeit bestehende Pacht- und Mietverträge gelten unbeschadet weiter. Betreffend die Liegenschaften/Grundbuchskörper, an deren Besitz mein Neffe Mag. Peter K***** zusammen mit Roberto Carlo und Rina H***** sowie ohne oder mit Herbert Walter U***** beteiligt ist, sollen auch ihm, Mag. Peter K*****, nachrangig zu meinen anderen Erben diese Rechte eingeräumt werden unter der Voraussetzung, daß er seinerseits die gleichen Rechte betreffend alle seine Anteile am gemeinsamen Besitz zugunsten Roberto Carlo H*****, Rina H***** und Herbert Walter U***** einräumt und eintragen läßt ...".
Im Punkt 6 des Kodizills verfügte der Erblasser, für den Fall, daß die Erben diverse, im einzelnen taxativ aufgezählte Liegenschaften - darunter auch die EZ 128, 433 und 140 KG Kitzbühel - verkaufen, werde seinem unehelichen Sohn Herbert Walter U***** das unter Punkt 3 des Kodizills statuierte Vorkaufs- oder Vorerwerbsrecht zu einem bis zu 50 % verminderten Kaufpreis eingeräumt. Sollte Herbert Walter U***** von diesem Recht keinen Gebrauch machen, hätten die verkaufenden Erben die Hälfte des erzielten Nettowerts an ihn oder seine Rechtsnachfolger zu bezahlen. Die Zahlungsverpflichtungen seiner Erben gegenüber Herbert Walter U***** und dessen Rechtsnachfolger verminderten sich nach Ablauf eines jeden Jahres nach seinem Tode von anfänglich 50 % jährlich um 3 1/3 %.
Im Zuge des Abhandlungsverfahrens schlossen Rina und Roberto H***** sowie Mag. Peter K***** ein Erbteilungsübereinkommen, mit welchem sie in teilweiser Abänderung der letztwilligen Anordnung vereinbarten, daß der eheliche Sohn Roberto Carlo H***** die 3/5 Anteile des Erblassers an den Liegenschaften EZ 128 und 433 und von der Liegenschaft EZ 140 5/6- sowie die Witwe Rina H***** den restlichen 1/6-Anteil übernehmen. Der Nachlaß wurde dem Beklagten gegen Entrichtung der angeordneten Vermächtnisse und unter Hinweis auf das Erbteilungsübereinkommen rechtskräftig eingeantwortet.
Am 22. 10. 1993, also noch vor der Einantwortung des Nachlasses, verkaufte die Verlassenschaft, vertreten durch den Beklagten als einzig verbliebenen Gesetzeserben, der K***** Gesellschaft mbH die Miteigentumsanteile an der EZ 140 KG K***** zum Kaufpreis von 4,6 Mio S.
Am 28. 12. 1993 verkaufte die Verlassenschaft die 3/5-Anteile des Erblassers an den Liegenschaften EZ 128 und 433 je KG K***** zum Preise von 7,15 Mio S an Mag. Peter K*****. Dieser war bereits zu 2/5 grundbücherlicher Eigentümer der zuvor genannten Liegenschaften gewesen.
Mit einer zwischen der Verlassenschaft und der K***** Gesellschaft mbH am 16. 6. 1995 getroffenen Vereinbarung wurde der Kaufvertrag vom 22. 10. 1993 dahin abgeändert, daß der Kaufpreis auf S 3,770.000 reduziert wurde.
Für das noch zu Lebzeiten des Erblassers der Liegenschaft EZ 128 KG K***** zugehörige Grundstück 186 wurde die neue EZ 883 KG K***** eröffnet. Sowohl diese Liegenschaft als auch die verbliebenen EZ 128 und 433 stehen nunmehr zu 9/10 im Eigentum des Mag. Peter K***** und zu 1/10 im Eigentum von Herta K*****. An der EZ 140 KG K***** wurde in der Zwischenzeit Wohnungseigentum begründet.
Der Kläger begehrte mit der am 2. 11. 1995 eingebrachten Klage die Einwilligung des Beklagten in die Einverleibung seines Eigentumsrechts auf den 3/5-Anteilen des Erblassers an den EZ 128 und 433 KG K*****. Im Hinblick auf die mittlerweile erfolgte Veräußerung dieser Liegenschaftsanteile änderte der Kläger sein Begehren dahin, daß der Beklagte schuldig sei, in die Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers auf den 3/5 Miteigentumsanteilen des Walter H*****, nunmehr 5/10 Anteilen des Mag. Peter K***** und dem 1/10 Anteil der Herta K*****, an den Liegenschaften EZ 128, 883 und 433 KG K***** einzuwilligen. Für den Fall der Unmöglichkeit der Leistung erhob der Kläger mehrere Eventualbegehren: Nach dem ersten dieser Begehren sei der Beklagte schuldig, dem Kläger jenen Geldbetrag zu bezahlen, der sich als Anteil von 40 % des arithmetischen Mittels aus der Schätzung der ursprünglichen 6/10 Miteigentumsanteile des Walter H*****, nunmehr 5/10 Anteile des Mag. Peter K***** und 1/10 Anteil der Herta K*****, an den Liegenschaften EZ 128, 883 und 433 KG K***** durch zwei gerichtlich beeidete Sachverständige errechne. Dem zweiten Eventualbegehren zufolge ist der Beklagte schuldig, dem Kläger die Einwilligung zur Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers auf den 3/5 Miteigentumsanteilen des Walter H*****, nunmehr 5/10 Anteile des Mag. Peter K***** und 1/10 Anteil der Herta K*****, an den EZ 128, 883 und 433 je KG K***** durch Mag. Peter K***** und Herta K***** zu verschaffen. Mit dem dritten Eventualbegehren fordert der Kläger, Mag. Peter K***** und Herta K***** seien schuldig, in die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Kläger auf den ihnen zugeschriebenen Liegenschaftsanteilen einzuwilligen. Letztlich ergänzte der Kläger in der Verhandlungstagsatzung vom 13. 5. 1997 das erste Eventualbegehren dahin, daß er zumindest einen Betrag von 3,5 Mio S sA fordere.
Er brachte vor, der Beklagte sei im Wege der Einantwortung Eigentümer der genannten Liegenschaftsanteile geworden. Bereits vor der Einantwortung habe er als erbserklärter Erbe und alleiniger Vertreter der Verlassenschaft wesentliche Teile der EZ 140 und die 3/5 Anteile an den Liegenschaften EZ 128 und 433 samt einem damit verbundenen Unternehmen verkauft. Laut Kaufvertrag hätten die Käufer der Liegenschaftsanteile hiefür S 7,150.000 bar zu bezahlen und die mit dem Gewerbebetrieb verbundenen Verbindlichkeiten von etwa 52 Mio S, soweit sie nicht ohnedies die Übernehmer beträfen, zu übernehmen. Tatsächlich sei nur ein Barbetrag von 4,5 Mio S zu entrichten gewesen. Dem Kläger stünden aufgrund des Kodizills "Vorrechte" bei jeder Art entgeltlicher oder unentgeltlicher Besitzübertragung zu. Darüber hinaus habe der Verstorbene verfügt, daß der Kläger bei Veräußerung der Liegenschaften nach seiner Wahl bis zu 50 % des Werts der veräußerten Güter zu erhalten habe oder diese zu einem bis zu 50 % reduzierten Preis erwerben könne. Der Kläger habe das ihm zustehende Wahlrecht ausgeübt. Für seine Rechte an der EZ 140 KG K***** habe er 40 % des Veräußerungserlöses (S 1,840.000) begehrt, in Ansehung der Liegenschaften EZ 128 und 433 KG K***** habe er von seinem Aufgriffsrecht Gebrauch gemacht. Ausgehend von dem zu entrichtenden Barbetrag von 4,5 Mio S habe der Kläger dem Kodizill entsprechend 2,7 Mio S zu bezahlen. Die vom Beklagten für die Zeit zwischen dem Todestag und dem Veräußerungszeitpunkt aufgeschlagenen Schulden seien nicht zu veranschlagen; der Kläger könne sich bei Berechnung des Aufgriffspreises am Verkehrswert der veräußerten Güter orientieren. Der Beklagte habe zu Lasten der mit 52 Mio S bezifferten Verbindlichkeiten ungerechtfertigte Entnahmen, die er zurückzuzahlen habe, getätigt, so daß der Kläger letztlich im Aufgriffsweg keine Zahlung zu leisten habe. Schon bei Abschluß des Kaufvertrags vom 28. 12. 1993 sei dem Beklagten und den Käufern Mag. Peter und Herta K***** bekannt gewesen, daß der Kläger das Aufgriffsrecht für die strittigen Liegenschaften neben dem Zahlungsanspruch betreffend die EZ 140 KG K***** geltend mache. Aus dem Verkauf der 3/5 Anteile an den Liegenschaften EZ 128 und 433 habe der Beklagte zumindest S 4,150.000 erhalten, wovon dem Kläger für den Fall der Unmöglichkeit des Hauptklagebegehrens zumindest S 1,660.000 (40 % des Kaufpreises) zustünden. Der gesamte Geldanspruch des Klägers belaufe sich demnach auf 3,5 Mio S.
Der Beklagte wendete ein, er sei nicht Eigentümer der Liegenschaftsanteile, so daß das Einverleibungsbegehren gegen ihn nicht vollstreckt werden könne. Die Ehegatten K***** hätten die Liegenschaftsanteile gutgläubig erworben und seien nicht bereit, diese herauszugeben. Dem Inhalt des Kodizills nach habe der Kläger keinen Anspruch auf einen Kauf der im Punkt 6 des Kodizills genannten Liegenschaften. Dies habe der Klagevertreter auch mit Schreiben vom 11. 11. 1992 anerkannt. Die Liegenschaftsanteile gehörten zum Betriebsvermögen eines Hotels, bei dessen Betrieb in den Jahren 1990 bis 1993 Verluste in Millionenhöhe erwirtschaftet worden seien. Der Beklagte habe deshalb die strittigen Liegenschaftsanteile verkaufen müssen, um den Rest des ererbten Vermögens erhalten zu können. Demnach könne er nicht zu Zahlungen an den Kläger verpflichtet werden. Die aus den Verkäufen erzielten Nettoerlöse seien zur Gänze in die Liegenschaften reinvestiert bzw zur Abdeckung von Verlassenschaftsverbindlichkeiten verwendet worden. Der zu diesem Zweck aufgewendete Betrag von insgesamt S 6,541.136,20 übersteige den Verkaufserlös aus der Veräußerung der Anteile an den EZ 128 und 433 KG K*****. Der Kläger habe die Zahlung des Betrags von S 4,150.000 nie angeboten oder konkret Gegenforderungen im Aufrechnungsweg geltend gemacht, so daß er das ihm allenfalls vom Erblasser eingeräumte Vorkaufsrecht nicht ausgeübt habe. Der Kläger habe im übrigen auf die ihm eingeräumten Rechte verzichtet.
Das Erstgericht wies das Hauptklagebegehren ab; dem ersten Eventualbegehren gab es insoweit statt, als der Beklagte zur Zahlung von S 1,382.459 sA verurteilt, das Mehrbegehren von S 2,117.541 sA hingegen abgewiesen wurde. Des weiteren wies es das zweite Eventualbegehren ab. Es führte aus, die passive Klagslegitimation des Beklagten sei zu bejahen, weil er durch die Einantwortung des Nachlasses außerbücherlicher Eigentümer der strittigen Liegenschaftsanteile geworden sei. Der Kläger habe das ihm eingeräumte Vorkaufsrecht im Sinne des Punktes 6 des Kodizills ausgeübt, aber ohne "wirkliche Einlösung". Im Schreiben vom 23. 6. 1995 habe der Kläger nur das Vorkaufsrecht, nicht aber sein "Partizipationsrecht" geltend gemacht und damit das ihm zustehende Wahlrecht konsumiert, so daß er aus der Vereitlung seines Vorkaufsrechts durch den Verkauf der Liegenschaftsanteile an das Ehepaar K***** keine (Geld)Ansprüche ableiten könne. In Ansehung der Anteile an der EZ 140 stünde dem Kläger ein Geldanspruch zu, weil hier eine Analogie zum gesetzlichen Vorkaufsrecht nicht in Betracht komme. Unter Bedachtnahme auf die Regelung im Punkt 6 des Kodizills stünden dem Kläger S 1,382.459 zu.
Das Berufungsgericht hob infolge von Berufungen beider Parteien das Urteil des Erstgerichts auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, daß der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß zulässig sei. Die Ausgestaltung des gesetzlich nicht ausdrücklich geregelten Aufgriffsrechts sei dem letztwillig verfügenden Erblasser vorbehalten gewesen. Letzterer habe unter anderem dem Kläger "Vorrechte" für jede Art der Besitzübertragung eingeräumt und bestimmte Vorrechte beispielsweise genannt. Im Punkt 6 des Kodizills habe er dem Kläger für den Fall, daß dieser von dem unter Punkt 3 des Kodizills statuierten Vorkaufs- oder Vorerwerbsrecht nicht Gebrauch mache, die Möglichkeit eingeräumt, die zum Verkauf oder zur Veräußerung gelangenden Vermögenswerte zu einem bedeutend ermäßigten Preis zu erwerben. Mit dieser Verfügung habe der Erblasser die Absicht verfolgt, die Hotelliegenschaften der EZ 128 und 433 KG K***** als Einheit zu erhalten. Diese Schutzfunktion des dem Kläger eingeräumten Aufgriffsrechts und der Umstand, daß der Erblasser, der ansonsten detaillierte Verfügungen getroffen habe, keine Anordnungen getroffen habe, wann die Liegenschaften dem Kläger zwecks Geltendmachung des Aufgriffsrechts anzubieten seien und innerhalb welcher Frist er dieses Recht geltend zu machen habe, ließen die Schlußfolgerung zu, daß die Ausübung des Aufgriffsrechts nicht den strengen Regeln des Vorkaufsrechts - insbesondere in Anbetracht der 30-tägigen Frist für die wirkliche Einlösung nach § 1075 ABGB - zu unterstellen sei. Es sei vielmehr naheliegend, daß der Erblasser eine analoge Anwendung der Regelungen über das Wiederkaufsrecht "im Auge gehabt" habe. Beim Wiederkaufsrecht sei der Kaufpreis aber (erst) Zug um Zug mit der Übergabe der Liegenschaften zu leisten. Nun habe der Kläger vorgebracht, den Übernahmspreis bereits im Wege der Aufrechnung geleistet zu haben. Sollte dies der Fall sein, wäre der Beklagte verpflichtet, dem Kläger das Eigentum an den Anteilen der EZ 128, 433 und 883 KG K***** zu verschaffen. Diesfalls wäre dem Hauptbegehren stattzugeben, sofern nicht die vom Beklagten behauptete Unmöglichkeit der Leistung vorliege. Die Frage der Unmöglichkeit der Eigentumsverschaffung durch den Beklagten sei im Verfahren erster Instanz nicht erörtert worden und das Erstgericht habe auch keine Feststellungen hiezu getroffen. Auf § 234 ZPO könne sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen, weil das Eigentumsrecht der Eheleute K***** an den Liegenschaftsanteilen erst nach Klagseinbringung einverleibt worden sei. Streitverfangen seien nicht die an die Eheleute K***** veräußerten Liegenschaftsanteile, sondern nur der Anspruch des Klägers auf Verschaffung des Eigentums an diesen. Das Erstgericht habe die "Partizipation" des Klägers am Verkaufserlös für die EZ 140 nicht richtig berechnet. Da nach dem Tod des Erblassers bis zur Veräußerung der Liegenschaftsanteile nur drei volle Jahre verstrichen seien, seien nur 10 % von der dem Kläger gebührenden Hälfte des Verkaufspreises abzuziehen. Das Verfahren vor dem Erstgericht sei auch mangelhaft geblieben, weil die Vernehmung eines Zeugen unterblieben und kein Sachverständigengutachten über den Schätzwert der Liegenschaften eingeholt worden sei. Die Auslegung der letztwilligen Verfügung lasse nicht den Schluß zu, der Erblasser habe das "Vorkaufsrecht" des Klägers auf Liegenschaften der KG A***** und der KG J***** beschränken wollen, sodaß ihm das Vorerwerbsrecht für die hier bedeutsamen Liegenschaftsanteile nicht zustehe. Der Kläger sei auch berechtigt, zur Ermittlung des Wertes der veräußerten Liegenschaftsanteile Gutachten zweier Sachverständigen über den Verkehrswert zu verlangen. Dies ergebe sich aus dem Text des Kodizills. Unter Bedachtnahme darauf, daß der Erblasser die natürliche und notwendige Einheit der Hotelliegenschaften unbedingt habe erhalten wollen, sei zu schließen, daß der Zukauf von Liegenschaften, der durch Veräußerung von Teilen der in Punkt 6 des Kodizills angeführten Liegenschaften finanziert werde, nicht gestattet werden sollte. Es sollten auch nur Kredite, die zur Gutsbestandvermehrung dienten, aufgenommen werden dürfen. Von den Rechten des Klägers habe der Beklagte Kenntnis gehabt, wenngleich er die letztwilligen Anordnungen seines Vaters zu seinen Gunsten und zum Nachteil des Klägers ausgelegt habe. Ein Verzicht auf die dem Kläger eingeräumten Vorrechte sei nicht feststellbar gewesen. Der Verkauf von Anteilen an der EZ 140 sei stets Gegenstand dieses Rechtsstreits gewesen; das im ersten Eventualbegehren enthaltene Zahlungsbegehren habe (ursprünglich) auch gar nicht diese Liegenschaft betroffen, sondern die EZ 128, 433 und 883, die auch Gegenstand des Hauptbegehrens seien. Der vom Beklagten vermißte Zusammenhang zwischen Haupt- und Zahlungsbegehren des Klägers sei demnach gegeben. Das erste Eventualbegehren stütze sich nicht auf einen "völlig neuen" Sachverhalt, sondern der Kläger begehre hier das Interesse für den Fall, daß sein Hauptbegehren wegen Unmöglichkeit der Leistung abgewiesen werden sollte.
Der Rekurs des Beklagten ist unzulässig.
Der Beklagte vertritt die Ansicht, auf das dem Kläger im Kodizill eingeräumte Aufgriffsrecht seien die Regeln über das Vorkaufsrecht und nicht jene über das Wiederkaufsrecht anzuwenden. Die Vorrechte des Klägers - darunter das Vorkaufsrecht - seien im Punkt 3 des Kodizills erschöpfend aufgeführt; die Einräumung eines Wiederkaufsrechts finde sich dort nicht. Der Erblasser habe somit für den Fall des Verkaufs der strittigen Liegenschaftsanteile ausdrücklich und eindeutig nur ein Vorkaufsrecht des Klägers vorgesehen. Demnach wäre der Kläger aber zur "wirklichen Einlösung" verpflichtet gewesen; eine solche sei indessen unterblieben. Das Hauptbegehren sei demnach abzuweisen. Dem Kläger sei außerdem für die EZ 128, 433 und 883 KG K***** überhaupt kein Vorkaufs- oder Vorzugsrecht eingeräumt worden. Die dem entgegenstehende Auslegung durch die Vorinstanzen widerspreche den Formulierungen in den Punkten 3 und 6 des Kodizills. Der Kläger habe aber auch ein ihm allenfalls zustehendes Vorkaufs- oder Vorzugsrecht für die "Hotelliegenschaften" verwirkt. Der Klagevertreter habe nämlich schon im Schreiben vom 11. 11. 1992 ausgeführt, der Kläger bestehe auf der Erfüllung des erblasserischen Willens, ihm komme also das Eintrittsrecht "im Falle eines Verkaufes der Alpen", ein Geldanspruch aber im Falle eines Verkaufs der sonstigen Liegenschaften zu. Jedenfalls habe der Kläger mit dieser Erklärung das ihm zukommende Wahlrecht (Vorkaufsrecht oder Partizipationsanspruch) konsumiert.
Rechtliche Beurteilung
Mit all diesen Ausführungen macht der Beklagte indes Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung nicht geltend:
Das Aufgriffsrecht ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Es ist das einem Erben oder einem Dritten zustehende Recht, den Nachlaß oder bestimmte körperliche oder unkörperliche Nachlaßsachen gegen Zahlung eines Übernahmspreises zu erwerben (SZ 58/131; Welser in Rummel, ABGB2 Rz 1 im Anhang zu § 550). Für das Aufgriffsrecht lassen sich auch nicht auf alle Fälle zutreffende, also allgemein gültige Regeln aufstellen (EvBl 1956/167; Welser aaO Rz 2). Die Ausgestaltung des Aufgriffsrechts obliegt bei letztwilligen Verfügungen dem Erblasser. Zweifel sind durch Auslegung der letztwilligen Anordnung zu klären (Welser aaO). Unter der Bezeichnung "Aufgriffsrecht" verbergen sich häufig rechtsähnliche, aber keineswegs unterschiedslose Gestaltungsarten. Die rechtliche Qualifikation des Aufgriffsrechts kann demnach unterschiedlich ausfallen, weil wesentliche Sachverhaltsunterschiede bestehen können (Grabenwarter, Zur Rechtsnatur des Aufgriffsrechts, in NZ 1988, 317). Es ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, welcher der im Gesetz geregelten Rechtsfiguren das vereinbarte oder letztwillig verfügte Aufgriffsrecht am nächsten kommt. Demgemäß vertrat die Judikatur schon bisher die Auffassung, das Aufgriffsrecht könne verschiedenen im ABGB geregelten Rechten ähnlich sein, etwa dem Vorkaufs- oder dem Wiederkaufsrecht (JBl 1962, 89; JBl 1948, 387; vgl Grabenwarter aaO 318 f). Da sich die verschiedensten Rechtsfiguren als rechtsähnlich herausstellen können (vgl hiezu auch Stauffer, Das Aufgriffsrecht, in NZ 1963, 33; derselbe, Bemerkungen zum Aufgriffsrecht, in NZ 1963, 145; Bubak, Zur Ausübung des Aufgriffsrechts, in NZ 1963, 177), ist jeweils im Einzelfall nach der speziellen Ausgestaltung des Aufgriffsrechts zu entscheiden, welche Regeln auf die eingeräumten Rechte anzuwenden sind. Wird in Rechnung gestellt, daß sich bei letztwillig angeordneten Aufgriffsrechten für die Ausübungsfrist üblicherweise keine einheitlichen Regeln aufstellen lassen, weil dann der Wille des Erblassers allein maßgeblich und dessen Absicht zu erforschen ist (Bubak aaO 178), so ist die vom Berufungsgericht gewählte rechtliche Beurteilung, der Erblasser habe die analoge Anwendung der Regelungen über das Wiederkaufsrecht beabsichtigt, gesetzeskonform und logisch einwandfrei begründet. Die Rechtsrüge, mit der die Auslegung einer letztwilligen Verfügung durch die Vorinstanzen bekämpft wird, könnte - wenn außer der Urkunde Beweise für den Willen des Erblassers nicht herangezogen wurden - vor dem Obersten Gerichtshof nur dann Erfolg haben, wenn die Auslegung mit den Sprachgesetzen unvereinbar oder unlogisch wäre oder gesetzliche Auslegungsregeln vernachlässigt worden wären (8 Ob 2130/96k; NZ 1984, 130; 1 Ob 532/82; NZ 1973, 187 uva). Soll dagegen eine nach den zuletzt genannten Kriterien unbedenkliche Urkundenauslegung nur durch eine andere, ebenfalls mögliche Auslegung ersetzt werden, so kann von einer Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen nicht gesprochen werden (NZ 1973, 187).
Diese Ausführungen haben auch für den Umfang der dem Kläger letztwillig eingeräumten "Vorrechte", nämlich für die Frage ob sich dessen "Vorerwerbsrecht" auch auf bestimmte, nur im Punkt 6 des Kodizills genannte Liegenschaften beziehe, Geltung. Auch das ist eine Auslegungsfrage, die vom Gericht zweiter Instanz logisch einwandfrei gelöst wurde, sodaß ihr die Revisibilität zu verwehren ist.
Letztlich ist es auch eine Frage der Auslegung einer Erklärung, ob auf ein bestimmtes Recht verzichtet wurde. Dem vom Beklagten zitierten Schreiben vom 11. 11. 1992 (Beilage J) läßt sich ein Verzicht des Klägers auf sein Aufgriffsrecht nicht entnehmen. Auch von einer (endgültigen) Ausübung des Wahlrechts (zwischen begünstigtem Kauf der zu verkaufenden Liegenschaften oder Partizipation am Verkaufserlös) kann nach dem Inhalt dieser Urkunde nicht die Rede sein. Konkret bringt das genannte Schreiben nur zum Ausdruck, daß der Wille des Erblassers erfüllt werden sollte, wobei der Klagevertreter namens des Klägers zwei ihm aus damaliger Sicht möglich erscheinende Erfüllungsvarianten anführte. Da der Verkauf der Liegenschaftsanteile des Erblassers erst nach dem 11. 11. 1992 stattfand, wäre dem Kläger im übrigen im Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens noch gar kein Recht auf den Erwerb dieser Liegenschaftsanteile zugestanden und konnte er damals auch die Höhe eines allfälligen Kaufpreises bzw Partizipationserlöses noch gar nicht kennen. Angesichts dieser Umstände kann keine Rede davon sein, der Kläger habe sein Wahlrecht definitiv dahin ausgeübt, daß er sich für den Geldanspruch bezüglich der in Punkt 6 des Kodizills genannten Liegenschaften entschieden habe. Dazu kommt noch, daß der Klagevertreter im Schreiben vom 11. 11. 1992 der Ansicht des Beklagten ausdrücklich entgegentrat, die zugunsten des Klägers verfügten Vorrechte bezögen sich bloß auf die Liegenschaften, an denen ihm auch Miteigentum zukäme.
Da der Beklagte in seinem Rekurs erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht aufzeigte, ist sein Rechtsmittel zurückzuweisen. An den Ausspruch des Berufungsgerichts, der Rekurs sei wegen Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zulässig, ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 526 Abs 2 ZPO).
Der Kläger hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen, weil er in seiner Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rekurses nicht hingewiesen hat.
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