OGH 15Os14/99-9 (15Os15/99)

OGH15Os14/99-9 (15Os15/99)11.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. März 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Matz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian F***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 3 und § 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 9. September 1998, GZ 13 Vr 246/98-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgerichtes Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Mitangeklagten Sven-Oliver G***** enthaltenden) Urteil wurde Christian F***** der Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 3 und 15 StGB (A.) sowie der Verleumdung nach § 297 (zu ergänzen: Abs 1) zweiter Fall StGB (C./2.), ferner des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 StGB (C./1.) schuldig erkannt.

Danach hat er (zusammengefaßt wiedergegeben) mit einem Mittäter zwischen 20. Februar 1992 und März 1998 in verschiedenen Orten Niederösterreichs in insgesamt zehn Angriffen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung (überwiegend) durch Einbruch im Urteil genau bezeichneten Personen und Unternehmen zu den dort festgestellten Zeiten 176.587,40 S Bargeld sowie Süßigkeiten, Getränke und Zigaretten im Wert von rund 2.000 S weggenommen (A./I./1.) sowie dies in einem Fall versucht (A./II./1.).

Ferner liegt ihm zur Last (C./) in Allentsteig

(1.) am 2. Oktober 1997 eine der öffentlichen Sicherheit dienende fremde Sache zerstört zu haben, indem er das Blaulicht vom Streifenwagen der Bundesgendarmerie mit dem Kennzeichen BG-3508 abriß und wegwarf, sowie

(2.) am 3. Mai 1998 Walter P***** der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt zu haben, indem er ihn der Begehung der zu C./1. geschilderte Tat, sohin einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung, nämlich des Vergehens der schweren Sachbeschädigung, falsch verdächtigte, wobei er wußte (§ 5 Abs 3), daß die Verdächtigung falsch ist.

Gegen dieses Urteil richtet sich eine auf die Z 4, 5, 9 lit a und b sowie 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Die eingangs seiner Beschwerde geübte allgemeine Kritik am Urteil stellt - wie er selbst zugesteht (S 283/III) - keine gesetzmäßige Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde dar, weil darin Nichtigkeitsgründe nicht deutlich und bestimmt bezeichnet werden.

Die Verfahrensrüge (Z 4) wirft den Tatrichtern eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes vor, weil sie Christiane T***** in der Hauptverhandlung nicht als Zeugin vernommen hätten.

Die Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes hat jedoch zur Voraussetzung, daß über einen Antrag des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung nicht oder nicht in seinem Sinn erkannt worden ist. Nach dem über den Gang der Hauptverhandlung aufgenommenen (vollen Beweis machenden) Protokoll wurde ein Antrag auf Vernehmung dieser Zeugin nicht gestellt. Der Angeklagte ist daher zur Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nicht legitimiert (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 1).

Durch die Verlesung der vor der Gendarmerie abgelegten Aussage dieser Zeugin wurde aber auch der (nominell nicht herangezogene) Nichtigkeitsgrund nach Z 3 des § 281 Abs 1 StPO nicht verwirklicht, weil diese Verlesung einverständlich, also auch mit Zustimmung des Beschwerdeführers erfolgte (S 147/III).

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet Unvollständigkeit und Undeutlichkeit des Urteils.

Ein formeller Begründungsmangel im Sinne dieses Nichtigkeitsgrundes muß eine entscheidungswesentliche Tatsache betreffen, die entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß übt (Mayerhofer aaO § 281 Z 5 E 18 und 26).

Dies trifft zum Urteilsfaktum A./I./1./a für eine ausdrückliche Feststellung, daß der Angeklagte zur Zeit der Begehung der Tat noch Jugendlicher war, ebensowenig zu, wie für die Behauptung, einzelne Details der Aussage der Zeugin T***** seien nicht ausreichend erörtert worden. Der Beschwerdeführer hat neben der am 20. Februar 1992 als Jugendlicher begangenen Tat nach Vollendung des 19. Lebensjahres (§ 1 Z 2 JGG) weitere Diebstähle überwiegend durch Einbruch verübt. Der anzuwendende Strafrahmen ist daher nicht jener für die Ahndung von Jugendstraftaten durch § 5 Z 4 JGG eingeschränkte nach § 128 Abs 1 StGB, sondern der (uneingeschränkte) nach § 129 StGB (vgl 12 Os 1, 2/91 mwN). Eine ausdrückliche Feststellung, daß es sich bei der am 20. Februar 1992 begangenen Tat um eine Jugendstraftat handelt, hat daher keinen Einfluß auf den anzuwendenden Strafsatz und ist somit nicht entscheidungswesentlich.

Mit der Aussage der Zeugin T***** hat sich das Schöffengericht auseinandergesetzt und sie zur geständigen Verantwortung des Angeklagten vor der Gendarmerie in Beziehung gesetzt (US 26 f). Im Sinne einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe bedurfte es nicht der Erörterung aller Einzelheiten dieser Aussage, zumal die genaue Art der Ablenkung der Kassierin durch den Beschwerdeführer nicht entscheidungsrelevant ist. Im übrigen versucht das Rechtsmittel nur die Beweiskraft dieser Zeugin abzuschwächen und damit in unzulässiger Weise die freie Beweiswürdigung des Erstgerichts zu kritisieren.

Eine im Rechtsmittelverfahren gegen Urteile von Kollegialgerichten unzulässige Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung stellen auch die einen Begründungsmangel behauptenden Ausführungen zu den Urteilsfakten A./I./1./b bis f und II./1. dar. Das Schöffengericht hat sich mit allen wesentlichen Beweisergebnissen ausführlich auseinandergesetzt (US 21 bis 46) und in logisch zutreffender Weise dargelegt, auf welcher Grundlage es seine Feststellungen getroffen hat. Dabei war es weder verpflichtet noch in der Lage, sich mit jedem einzelnen nunmehr im Rechtsmittel hervorgehobenen Detail der Aussagen auseinanderzusetzen, sondern hat diese zutreffend in ihrer Gesamtheit beurteilt. Die Behauptung, daß aus den Beweisergebnissen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlüsse möglich gewesen wären, vermag den Nichtigkeitsgrund nicht zu begründen, sondern stellt nur neuerlich eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar (Mayerhofer aaO E 145, 147).

Ein formeller Begründungsmangel liegt somit nicht vor.

Die Rechtsrügen (Z 9 lit a und b) sind nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die prozeßordnungsgemäße Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes setzt das strikte Festhalten an allen getroffenen Urteilsfeststellungen und den ausschließlich auf dieser Basis geführten Nachweis einer rechtsirrtümlichen Beurteilung dieses Urteilssachverhaltes durch das Erstgericht voraus. Auch die Behauptung von Feststellungsmängeln kann nur unter Berücksichtigung sämtlicher Urteilskonstatierungen erfolgen und erfordert die Darlegung, daß diese nicht ausreichen, um eine umfassende und verläßliche rechtliche Beurteilung vornehmen zu können, oder daß Verfahrensergebnisse auf bestimmte, für diese Subsumtion rechtlich erhebliche Umstände hingewiesen haben und dessen ungeachtet eine entsprechende klärende Feststellung unterlassen wurde (Mayerhofer aaO § 281 Z 9a E 5).

Bei der zu mehreren Urteilsfakten als fehlend monierten Feststellungen zur genauen Art der Teilung der Beute (wann und in welchem Ausmaß) unterläßt der Beschwerdeführer darzulegen, inwieweit solche Konstatierungen eine andere Lösung der Rechtsfrage bewirken könnten; er übergeht dabei sämtliche für die Unterstellung der Tat unter das Gesetz maßgeblichen Annahmen der Tatrichter und übersieht dadurch, daß die Frage der Teilung der Beute für einen Diebstahl nicht entscheidungswesentlich ist.

Den Bereicherungsvorsatz hat das Erstgericht - entgegen den Rechtsmittelausführungen - ohnedies festgestellt (US 46).

Die zum Urteilsfaktum A I 1 a eine Anwendung des § 4 Abs 2 Z 1 JGG fordernden Ausführungen mißachten die gegenteiligen Feststellungen des Schöffengerichtes (US 11).

Auch die Strafzumessungsrüge (Z 11) versagt. Wie bereits zur Mängelrüge ausgeführt, hat der Angeklagte nicht nur eine Tat als Jugendlicher, sondern zahlreiche weitere als Erwachsener begangen, wobei die Strafe infolge der Begehung von Einbruchsdiebstählen nach Vollendung des 19. Lebensjahres gemäß § 129 StGB auszumessen und rechtsrichtig § 5 Z 4 JGG nicht anzuwenden war (siehe oben).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - zumal entgegen der in der Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO vorgebrachten Meinung auch der Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO nicht vorliegt - teils als nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt, teils als unbegründet bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO).

Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung das Oberlandesgericht Wien zuständig ist (§ 285i StPO).

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