OGH 4Ob35/99x

OGH4Ob35/99x9.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** AG, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz und Dr. Christian Reimitz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. J***** GmbH & Co KG, 2. K*****, GmbH, 3. Firma B*****, 4. Leopold B*****, 5. Kurt B*****, alle vertreten durch Dr. Gerhard Benn-Ibler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 2,000.000 S), infolge außerordentlicher Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 26. November 1998, GZ 6 R 137/98h-73, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der Beklagten wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz bekannter Marken gegen Rufausbeutung setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, daß sich der Verletzer an Ruf und Ansehen einer fremden Ware (Leistung) anhängt und diese für den Absatz seiner (ungleichartigen und nicht konkurrierenden) Ware auszunutzen versucht (ÖBl 1997, 83 - Football Association; ÖBl 1997, 72 - Schürzenjäger; ÖBl 1997, 225 - BOSS-Energydrink, jeweils mwN). Der wettbewerbsrechtliche Schutz besteht neben dem nach Art 5 Abs 2 der Ersten Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (89/104/EWG) möglichen markenrechtlichen Schutz der bekannten Marke (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht20 § 1 dUWG Rz 568f mwN). Aus der Zulässigkeit markenrechtlichen Schutzes folgt demnach nicht, daß die Rechtsprechung zur sittenwidrigen Rufausbeutung nicht mehr anwendbar wäre. Das gilt selbst für Deutschland, das mit § 14 II Nr 3 MarkenG Art 5 Abs 2 der MarkenRL umgesetzt hat (Baumbach/Hefermehl aaO), umso mehr aber für Österreich, dessen Markenschutzgesetz (noch) keine vergleichbare Bestimmung enthält.

Das Erstgericht hat die Feststellungen zur Bekanntheit von "BOSS" als Marke und Firmenschlagwort der Klägerin aufgrund des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens getroffen. Das Berufungsgericht hat die auf ein Privatgutachten gestützten Einwendungen der Beklagten für nicht stichhaltig erachtet und die Feststellungen des Erstgerichtes übernommen. Soweit die Beklagten unter Hinweis auf das Privatgutachten rügen, daß das Verfahren vor dem Berufungsgericht mangelhaft geblieben sei, rügen sie in Wahrheit angebliche Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens. Diese Mängelrüge muß aber daran scheitern, daß das Berufungsgericht die behaupteten Mängel verneint hat (s Kodek in Rechberger, ZPO § 503 Rz 3 mwN).

Demnach sind die vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes für das Revisionsgericht bindend. Soweit die Rechtsrüge nicht von diesen Feststellungen, sondern von den Ergebnissen des Privatgutachtens ausgeht, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt. Das gilt auch für die Ausführungen zur Frage, ob die Verwendung eines Zeichens durch zahlreiche Unternehmen dessen Kennzeichnungskraft schwächt.

Die Beklagten machen geltend, daß keine Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens auf den Zeitpunkt der Klageeinbringung zurückzurechnen seien. Sie übersehen, daß nicht der Zeitpunkt der Klageeinbringung maßgebend ist, sondern, wie ganz allgemein beim Zusammentreffen von Schutzrechten, der Kollisionszeitpunkt (stRsp ua SZ 55/43 = ÖBl 1982, 128 [Schönherr] = GRURInt 1983, 308 - Egger-Bier mwN; ÖBl 1993, 245 = RdW 1993, 366 = GRURInt 1994, 535 - COS). Für die Beklagten ist aber auch daraus nichts zu gewinnen: Auch wenn der vom Sachverständigen im Herbst 1997 erhobene Bekanntheitsgrad auf den Prioritätszeitpunkt der zugunsten der Erstbeklagten registrierten Marke (Juni 1994) zurückzurechnen ist, ist keine wesentliche Verminderung anzunehmen. Die Beklagten haben auch gar nicht behauptet, daß die Klägerin in dem zwischen Kollisionszeitpunkt und Befragung liegenden Zeitraum ihren Werbeaufwand wesentlich gesteigert hätte. Im übrigen hängt die wirtschaftliche Verwertbarkeit des Rufes einer Warenbezeichnung nicht allein von einem bestimmten Grad ihrer allgemeinen Bekanntheit im Verkehr ab. Sie wird auch durch andere Umstände, wie vor allem durch Art, Qualität und Prestigewert der damit bezeichneten Waren, beeinflußt (s BGH GRUR 1985, 550 - DIMPLE; s auch Moll, Die berühmte und die bekannte Marke, GRUR 1993, 8 [14]).

In welchem Umfang zur Urteilsveröffentlichung zu ermächtigen ist, bildet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (s Kodek aaO § 502 Rz 5 mwN). Ob zur Frage der mehrfachen Veröffentlichung eines Urteils in einem bestimmten Medium eine einheitliche Rechtsprechung fehlt, kann offen bleiben, weil die Klägerin nur zu einer einmaligen Veröffentlichung in einer, wenn auch bundesweiten Ausgabe der "Neuen Kronen Zeitung" ermächtigt wurde.

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