OGH 4Ob15/99f

OGH4Ob15/99f9.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****verband *****, vertreten durch Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Paul D*****, vertreten durch Dr. Horst Brunner und Dr. Emilio Stock, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Unterlassung, Veröffentlichung und Zahlung (Streitwert im Provisorialverfahren 300.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Klägers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 9. Dezember 1998, GZ 4 R 306/98a-7, mit dem der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. September 1998, GZ 7 Cg 47/98z-3, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Rechtssache an das Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Text

Begründung

Der Beklagte ist Herausgeber der Zeitschrift "K***** Magazin". In der Ausgabe 6/Jänner 1998 wurden mehrere Fotos veröffentlicht, die die A*****gesellschaft mbH & Co KG hergestellt hatte. Beim Großteil der Fotos war der Lichtbildhersteller nicht angegeben; bei zwei Hochzeitsfotos war "Fotos: Jo Mei" vermerkt; bei der Aufnahme eines Golfhotels "Concept Studio 7".

Mit Schreiben vom 8. 1. 1998 forderte der Kläger die Beklagte auf, sich rechtsverbindlich zu verpflichten, Lichtbilder, an welchen die Rechte des Lichtbildherstellers der A*****gesellschaft mbH & Co KG zustehen, nicht ohne deutliche Anbringung der Herstellerbezeichnung "Foto: Andreas L. O*****" zu veröffentlichen, die A*****gesellschaft mbH & Co KG zur Vergleichsveröffentlichung in einer Tiroler Tageszeitung zu ermächtigen und die Kosten des Klägers zu zahlen. In der diesem Schreiben folgenden Korrespondenz behauptete der Beklagte, sich mit dem Lichtbildhersteller geeinigt zu haben, was vom Kläger bestritten wurde. Der Kläger wies darauf hin, daß eine außergerichtliche Einigung ausschließlich auf Grundlage seines Vergleichsvorschlages erfolgen könne. Die Beklagtenvertreter kündigten an, mit ihrem Mandanten Rücksprache halten zu wollen und unaufgefordert auf die Sache zurückzukommen.

In der Ausgabe 7/Februar/März/April 1998 des "K***** Magazins" veröffentlichte der Beklagte eine Erklärung, die im wesentlichen mit dem Text übereinstimmte, dessen Veröffentlichung der Kläger im Schreiben vom 8. 1. 1998 verlangt hatte:

"Über Verlangen des R*****verbandes *****, vertreten durch Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in 1080 Wien, informieren wir unsere Leser, daß die auf den Seiten 31, 47 und 54 unserer Ausgabe 6/Jänner 1998 veröffentlichten Lichtbilder und das Logo auf der Seite 21 unserer Ausgabe 6/Jänner 1998 aus dem Fotostudio Andreas L. O*****, stammen."

Mit Erklärung vom 31. 7. 1998 übertrug die A*****gesellschaft mbH & Co KG dem Kläger ihre Schutzrechte als Lichtbildhersteller.

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten zu verbieten, von der A*****gesellschaft mbH & Co KG stammende Hochzeits- und/oder Werbeaufnahmen, an denen die Urheber-, Werknutzungs- und/oder Leistungsschutzrechte dieser oder dem Kläger zustehen, ohne ordnungsgemäße Herstellerbezeichnung (§ 74 Abs 3 UrhG) zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten bzw. vervielfältigen und/oder verbreiten zu lassen. Dieses Verbot solle sich insbesondere auf die in der vom Beklagten herausgegebenen Zeitschrift "K***** Magazin" auf den Seiten 31, 47 und 54 der Ausgabe 06/Jänner 1998 veröffentlichten neun Farbaufnahmen erstrecken. Sämtliche Fotos seien bei der Übergabe an den jeweiligen Auftraggeber mit der Herstellerbezeichnung versehen gewesen. Der Beklagte habe die Fotos entweder ohne Herstellerbezeichnung veröffentlicht oder sie sogar Dritten zugeschrieben.

Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Er anerkenne das Unterlassungsbegehren, weise aber darauf hin, keinen Anlaß zur Klageführung gegeben zu haben. Er beantrage daher Kostenzuspruch nach § 45 ZPO. Die einstweilige Verfügung sei nicht zu erlassen, weil insbesondere keine Wiederholungsgefahr bestehe.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es hielt fest, nicht feststellen zu können, daß die A*****gesellschaft mbH & Co KG vor Übertragung der Urheber- und Leistungsschutzrechte an den Kläger niemand anderem Nutzungsrechte eingeräumt, Nutzungsbewilligungen erteilt oder Namensnennungsrechte übertragen hat, daß die Fotos bei der Übergabe an die jeweiligen Auftraggeber mit einer Herstellerbezeichnung versehen waren und daß der Beklagte Maßnahmen getroffen hat, um weitere Verstöße gegen die Verpflichtung zur Herstellerbezeichnung zu verhindern und es seither zu keinem Verstoß gegen die Verpflichtung zur Herstellerbezeichnung gekommen ist. Das Erstgericht nahm an, daß die Wiederholungsgefahr weggefallen sei. Durch die Veröffentlichung der Erklärung habe sich der Beklagte unter entsprechender Aufklärung der Öffentlichkeit von der Gesetzesverletzung distanziert. Zwar habe nicht festgestellt werden können, daß der Beklagte geeignete Maßnahmen zur Verhinderung gleichartiger Vorfälle ergriffen habe; es habe aber auch der Kläger keine weiteren Verstöße bescheinigen können. Ebensowenig habe festgestellt werden können, daß die Aufnahmen mit einer entsprechenden Herstellerbezeichnung versehen waren.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr, weil der Beklagte den Unterlassungsanspruch vorbehaltlos anerkannt und die festgestellte Erklärung veröffentlicht habe. Auch ein Vergleichsangebot beseitige die Wiederholungsgefahr und zwar selbst dann, wenn kein Kostenersatz angeboten werde. Für ein Anerkenntnis könne nichts anderes gelten. Ob der Beklagte Kostenzuspruch nach § 45 ZPO begehre, sei nicht entscheidend.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Der Kläger vertritt die Auffassung, daß eine bloß dem Gericht gegenüber abgegebene Prozeßerklärung nicht ausreichen könne, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, wenn es dem Kläger nicht gleichzeitig möglich ist, die Erlassung eines Anerkenntnisurteils zu beantragen. Auch ein Vergleichsangebot müsse dem Kläger jedenfalls zugehen; die Wiederholungsgefahr falle nur weg, wenn der Kläger das Angebot nicht innerhalb angemessener Frist annimmt.

Den Ausführungen des Rechtsmittelwerbers ist insoweit zuzustimmen, als er die Auffassung vertritt, daß die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht durch Prozeßerklärungen entkräftet werden kann, von denen der Kläger keine Kenntnis erlangt:

Um die Vermutung der Wiederholungsgefahr zu entkräften, hat der Beklagte nach ständiger Rechtsprechung besondere Umstände darzutun, die eine Wiederholung seiner Handlung als völlig ausgeschlossen oder doch zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen. Dabei kommt es immer auf die Art des Eingriffes und die Willensrichtung des Störers an, für welche insbesondere sein Verhalten nach der Beanstandung und während des Rechtsstreites wichtige Anhaltspunkte bieten kann. Maßgebend ist stets, ob dem Verhalten des Verletzers in seiner Gesamtheit wichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, daß er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (stRsp SZ 51/87 = ÖBl 1978, 127 - Umsatzbonus II; ÖBl 1995, 42 - Gebäudereinigung, jeweils mwN uva).

Das ist nach ständiger Rechtsprechung (ua) dann der Fall, wenn der Verletzer einen den ganzen Unterlassungsanspruch umfassenden, an keinerlei Bedingungen geknüpften Vergleich anbietet und nach den Umständen keine Bedenken gegen die Ernstlichkeit seines Willens bestehen, von gleichartigen Handlungen künftig Abstand zu nehmen (ÖBl 1980, 70 - Arzneimittel-Versandhandel; ÖBl 1985, 16 - Linzer Tort, jeweils mwN uva). Begehrt der Kläger berechtigterweise auch die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung, so muß das Vergleichsangebot auch die Veröffentlichung des Vergleichs auf Kosten des Beklagten in angemessenem Umfang umfassen (stRsp ÖBl 1984, 135 - Superaktionsspanne; ÖBl 1994, 227 - Ritter/Knight, jeweils mwN uva).

Durch einen solchen Vergleich erhält der Kläger alles das, was er durch ein seinem Unterlassungsbegehren stattgebendes Urteil hätte erlangen können, nämlich einen Titel, welcher ihn bei jedem weiteren Zuwiderhandeln des Beklagten zur Exekutionsführung nach § 355 EO berechtigt (ÖBl 1985, 16 - Linzer Tort; ÖBl 1998, 31 - Telefaxwerbung uva). Aus diesem Grund ist ein Vergleichsangebot auch ein verläßliches Indiz für eine Willensänderung des Verletzers: Es ist nicht anzunehmen, daß jemand eine exekutionsfähige Verpflichtung eingehen wird, wenn er nicht den festen Willen hat, sie auch einzuhalten.

Das trifft zwar auch bei einem Anerkenntnis zu; dennoch ist ein Anerkenntis von vornherein ungeeignet, die Vermutung der Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Anerkennt der Verletzer den Unterlassungsanspruch, dann gesteht er damit zu, daß die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Dazu gehört die Wiederholungsgefahr oder, wenn der Beklagte bisher nicht gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen hat, die Erstbegehungsgefahr. Anerkennt der Beklagte den Unterlassungsanspruch, dann gesteht er das Vorliegen auch der Wiederholungsgefahr als materiellrechtlicher Anspruchsvoraussetzung (stRSp SZ 51/87 = ÖBl 1978, 127 - Umsatzbonus II; ÖBl 1979, 104 - Saturday Night Fever, jeweils mwN, ua), zu, sodaß eine Klageabweisung ausgeschlossen wäre.

Aus denselben Gründen kann das Anerkenntnis eines Unterlassungsanspruchs auch nicht mit dem Antrag verbunden werden, dem Beklagten nach § 45 ZPO Kosten zuzusprechen. Nach dieser Bestimmung fallen dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Beklagte durch sein Verhalten die Erhebung der Klage nicht veranlaßt und den in der Klage erhobenen Anspruch sofort bei der ersten Tagsatzung anerkannt hat. Mangelnde Veranlassung der Klage und Anerkenntnis des Klageanspruches sind aber bei Unterlassungsklagen unvereinbar:

Hat der Beklagte die Klage nicht veranlaßt - weil er bisher nicht rechtswidrig gehandelt hat und auch keine unmittelbare Gefahr besteht, daß er rechtswidrig handeln wird -, so hat der Kläger keinen Unterlassungsanspruch. Für ein Anerkenntnis besteht bei einer solchen Sachlage kein Anlaß. Anerkennt der Beklagte aber das Klagebegehren, so gesteht er damit auch zu, daß er den behaupteten Verstoß begangen hat oder daß ein Verstoß unmittelbar bevorsteht. Damit hat er aber die Klage veranlaßt; das schließt einen Kostenzuspruch nach § 45 ZPO von vornherein aus. Die vom Rekursgericht ausführlich erörterte Frage, ob ein "Teilanerkenntnisurteil" in dem Sinn gefällt werden könnte, daß über das Unterlassungsbegehren, nicht aber über die Kosten entschieden wird, stellt sich daher nicht.

Das Rekursgericht hat neben dem Anerkenntnis die Veröffentlichung der Erklärung, daß die Fotos aus dem Fotostudio Andreas L. O***** stammen, als weiteres Indiz für die Sinnesänderung des Beklagten gewertet. Es hat dabei außer acht gelassen, daß die Veröffentlichung keine Rückschlüsse auf das künftige Verhalten des Beklagten zuläßt. Der Beklagte hat damit keine Handlung vorgenommen, die nach außen hin klar erkennen läßt, daß es ihm mit seiner Sinnesänderung, künftig die verpönte Handlung zu unterlassen, ernst ist (s WBl 1995, 428 = ÖBl 1996, 35 - "Rolls-Royce" mwN). Er hat nur die unterlassene Herstellerbezeichnung "nachgetragen", ohne damit etwas über sein künftiges Verhalten auszusagen. Daß der Beklagte durch Anweisungen an seine Mitarbeiter die verläßliche Angabe des jeweiligen Fotografen sichergestellt hat, konnte das Erstgericht nicht feststellen.

Das Erstgericht konnte auch nicht feststellen, daß die A*****gesellschaft mbH & Co KG vor Übertragung der Schutzrechte an die Klägerin niemand anderem Nutzungsrechte eingeräumt, Nutzungsbewilligungen erteilt oder Namensrechte übertragen hat und daß die vom Beklagten veröffentlichten Fotos mit einer entsprechenden Herstellerbezeichnung versehen waren. Das Erstgericht hat diese Negativfeststellungen getroffen, weil es die eidesstättige Erklärung des Andreas L. O***** für nicht ausreichend erachtet hat, ohne dies aber näher zu begründen und auch ohne darzulegen, warum es, entgegen dem Bescheinigungsangebot des Klägers, Andreas L. O***** nicht als Auskunftsperson vernommen hat. Der Kläger hat die Entscheidung des Erstgerichtes als nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO nichtig und auch als mangelhaft bekämpft. Das Rekursgericht hat sowohl den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund als auch den behaupteten Verfahrensmangel verneint. Das Erstgericht habe seine Entscheidung noch ausreichend begründet; ein Verfahrensmangel liege mangels Relevanz der bekämpften Feststellungen nicht vor.

Verneint das Rekursgericht die behauptete Nichtigkeit der erstgerichtlichen Entscheidung, so kann dies in dritter Instanz nicht überprüft werden (Kodek in Rechberger, ZPO § 528 Rz 1 mwN). Das gleiche gilt bei der Verneinung angeblicher Mängel des Verfahrens erster Instanz (Kodek aaO mwN). Hat das Rekursgericht aber den behaupteten Verfahrensmangel mangels Relevanz nicht aufgegriffen, so kann dies als Teil der rechtlichen Beurteilung mit Revisionsrekurs bekämpft werden.

Der Kläger weist zutreffend darauf hin, daß die bekämpften Feststellungen für die Entscheidung erheblich sind. Nach § 74 Abs 3 UrhG sind die Vervielfältigungsstücke mit einem entsprechenden Hinweis auf den Hersteller zu versehen, wenn der Hersteller ein Lichtbild mit seinem Namen bezeichnet hat; der Kläger ist nur dann aktiv legitimiert, wenn der Lichtbildhersteller im Zeitpunkt der festgestellten Rechtsübertragung noch Inhaber der Schutzrechte war.

Das Rekursgericht hat aufgrund seiner vom erkennenden Senat nicht

geteilten Rechtsauffassung, daß der Sicherungsantrag schon mangels

Wiederholungsgefahr abzuweisen sei, weder den vom Kläger gerügten

Verfahrensmangel wahrgenommen noch die Beweisrüge erledigt. Es wird

zu prüfen haben, ob, wie vom Kläger geltend gemacht, das Erstgericht

bereits aufgrund der vorgelegten eidesstättigen Erklärung die für die

Entscheidung notwendigen Feststellungen hätte treffen können. Die

Überprüfung der Beweiswürdigung durch das Rekursgericht ist zulässig,

weil das Erstgericht seine Feststellungen nur aufgrund von Urkunden

getroffen hat (verstSenat SZ 66/164 = ecolex 1994, 159 = EFSlg 73.269

= EvBl 1994/53 = JBl 1994, 549 [Pichler] = Jus-Extra OGH-Z 1492 =

MietSlg 45.679 = ÖA 1994, 110 = ÖBl 1993, 259). Hält das

Rekursgericht die Beweiswürdigung des Erstgerichtes für zutreffend, so wird es den vom Kläger gerügten Verfahrensmangel wahrzunehmen haben.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte