OGH 4Ob57/99g

OGH4Ob57/99g9.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Theodor M*****, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. H***** Handelsgesellschaft mbH,

2. Franz Josef H*****, beide vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 450.000 S) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 50.000 S), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 12. Jänner 1999, GZ 12 R 226/98m-23, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Urteilsveröffentlichung soll nach Lehre und ständiger Rechtsprechung eine durch den Wettbewerbsverstoß hervorgerufene unrichtige Meinung richtigstellen und verhindern, daß diese Meinung weiter um sich greift; sie dient der Aufklärung des Publikums über einen bestimmten Gesetzesverstoß, der auch in Zukunft noch nachteilige Auswirkungen besorgen läßt. Normzweck ist demnach das Bedürfnis, den entstandenen Schaden gutzumachen und den Verletzten vor weiteren Nachteilen zu bewahren, nicht hingegen die Bestrafung des Verletzers (Ciresa, Handbuch der Urteilsveröffentlichung Rz 164 und 190 mwN zur Rsp; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 34 Rz 18 ff; ÖBl 1992, 21 - Bausparer-Werbung mwN; ÖBl 1993, 212 - Ringe uva).

Das Gericht hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles, die zu beweisen dem Kläger obliegen (stRsp ÖBl 1980, 73 - Nerzölcreme "Mona Lisa" mwN), insbesondere ein berücksichtigungswürdiges Interesse der siegreichen Partei, das Veröffentlichungsbegehren rechtfertigen (ÖBl 1984, 81 - Rabattgewährung an Testkäufer mwN). Das Urteil ist - dem Talionsprinzip entsprechend - in der Regel in jener Form und Aufmachung zu publizieren, in der auch die beanstandete Ankündigung

veröffentlicht worden ist (ÖBl 1991, 113 = ecolex 1990, 627 = EvBl

1991/5 = SZ 63/109 - Goldfassl; ÖBl 1996, 285 = MR 1996, 197 [Ciresa]

- Technodat-Küchenplanung). Für die Beurteilung des Umstandes, ob die Urteilsveröffentlichung notwendig ist, ist der Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz maßgebend (SZ 58/38 = ÖBl 1986, 68 - Jetzt kaufen, doppelt sparen; SZ 66/91 = ÖBl 1993, 212 = ecolex 1993, 760 - Ringe). Das Gericht ist nur befugt, ein (von vornherein) offenkundig fehlendes Rechtschutzbedürfnis von Amts wegen wahrzunehmen und einen Rechtsschutzantrag aus diesem Grund zurückzuweisen (EvBl 1972/20).

Die angefochtene Entscheidung kann sich auf diese Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung stützen. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann nicht schon allein die Existenz eines rechtskräftigen Urteils, das eine Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung anordnet, in einem dieselbe Wettbewerbsverletzung betreffenden Verfahren einem anderen Kläger das Rechtsschutzinteresse an der Schaffung eines ebenfalls auf Veröffentlichung zielenden Exekutionstitels nehmen, steht doch allein mit Urteilsfällung noch keineswegs fest, ob und wann der Parallelkläger von der ihm eingeräumten Ermächtigung Gebrauch machen und damit die erwünschte Aufklärung des Publikums stattfinden wird. Daß aber eine Veröffentlichung in dem vom Kläger beantragten Sinn im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz schon erfolgt wäre, haben die Beklagten nicht einmal behauptet.

Der erkennende Senat hat sich in seiner Entscheidung ÖBl 1996, 95 - S-Brillen ausführlich mit dem Umfang der Urteilsveröffentlichung beschäftigt und sich auch mit der von der Lehre an der bisherigen Rechtsprechung geübten Kritik eingehend auseinandergesetzt. Er ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß zwar die Veröffentlichung ihrem Wortlaut nach grundsätzlich den gesamten Urteilsspruch umfaßt, dem damit verfolgten Zweck nach aber (nur) der Ausspruch über den Prozeßkostenersatz nicht darunter fällt. Von dieser Rechtsprechung abzuweichen bieten die Rechtsmittelausführungen keinen Anlaß. Die Einheit des Urteilsspruches verbietet es, abgesehen von der Kostenentscheidung einzelne Teile davon (etwa - wie von den Beklagten gewünscht - die Namen der Parteienvertreter oder jene Publikationsmedien, in denen Parallelveröffentlichungen angeordnet worden sind) von der Veröffentlichung auszunehmen.

Maßgebend für das Veröffentlichungsbedürfnis dem Ausmaß nach ist der festgestellte Sachverhalt. Danach haben die Beklagten für die beanstandete Werbeaktion zwei Wochen lang österreichweit in allen bedeutenden Medien fast pausenlos die Werbetrommel gerührt. Davon ausgehend haben die Vorinstanzen zu Recht eine Beweisaufnahme zum Umfang der aufklärungsrelevanten Öffentlichkeit für entbehrlich gehalten und - dem Talionsprinzip entsprechend - eine Veröffentlichung ohnehin nur in jenen Medien gewährt, in denen die Werbung der Beklagten seinerzeit erfolgt ist. Ob und in welchem Umfang eine Veröffentlichung des Urteils nach den Umständen des Falles zur Aufklärung des Publikums geboten ist, begründet im übrigen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (stRsp ua SZ 56/156 = EvBl 1984/14 = MRA 1984 H 1, 7 = ÖBl 1984, 13 = RdW 1984, 76 = GRURInt 1984, 311 - Telefonwerbung; MR 1987, 144 - Lieblingszeitung II; ÖBl 1989, 86; ÖBl 1996, 284 - Expo-Technik II; zuletzt 4 Ob 301/98p). Daß die von der Rechtsprechung zum Umfang der Publikationsbefugnis gezogene Grenze der Demütigung (ÖBl 1976, 25 - Fertighaus; ÖBl 1980, 46 - Hol' dir Geld vom Staat) überschritten worden wäre, ist nicht zu erkennen.

Auch dem Gesetzgeber war bewußt, daß mit der Veröffentlichung umfangreicher und kompliziert formulierter Urteilssprüche - vor allem für unbeteiligte Laien - nicht immer das angestrebte Ziel der Aufklärung gewährleistet wird; er hat deshalb in § 25 Abs 5 erster Satz UWG in der Fassung der UWG-Novelle 1980 die Möglichkeit der Veröffentlichung einer vom Urteilsspruch abweichenden oder ihn ergänzenden, auch für einen unbeteiligten Laien erfaßbaren kurzen Darstellung der wesentlichen Verfahrensergebnisse ("corrective advertising") eröffnet (zu den Voraussetzungen der Veröffentlichung einer derartigen Ergänzung zum Urteilsspruch vgl. ÖBl 1996, 285 = MR 1996, 197 [Ciresa] - Technodat-Küchenplanung). Nach dem klaren Wortlauf des Gesetzes handelt es sich dabei um eine alternative Möglichkeit, die das Gericht immer nur auf Antrag des Klägers bestimmen kann; eine - von den Beklagten angestrebte - amtswegige Abweichung vom Urteilsspruch bei der Festsetzung des Veröffentlichungstextes ist nicht vorgesehen.

Die Revision war als unzulässig zurückzuweisen.

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