OGH 2Ob33/99p

OGH2Ob33/99p25.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Theresa Maria H*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Krems an der Donau als Unterhaltssachwalter, infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen gegen den Beschluß des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 9. September 1998, GZ 2 R 147/98z-21, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Langenlois vom 18. Mai 1998, GZ P 27/96v-12, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht gab einem ca eineinhalb Jahre nach einer pflegschaftsgerichtlich genehmigten Unterhaltsvereinbarung gestellten Erhöhungsantrag statt und verpflichtete den Vater zur Zahlung von monatlich S 4.425,-- (zuvor S 2.800,--).

Das Rekursgericht reduzierte die Unterhaltsleistung auf monatlich S 3.640,-- und wies das Mehrbegehren von monatlich S 785,-- ab. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Rechtsprechung zur Berücksichtigung der in einem Unterhaltsvergleich ausdrücklich festgesetzten Relationen, insbesondere zwischen Unterhaltsbemessungsgrundlage und Unterhaltsbetrag, nicht einheitlich, insbesondere aber nicht in einer bestimmten Richtung gefestigt erscheine.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Minderjährigen; das Rechtsmittel ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 14 Abs 1 AußStrG) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die aktuelle Rechtsprechung zu der vom Rekursgericht als erheblich bezeichneten Frage läßt sich - mit Schwimann, Unterhaltsrecht2, 100 mwN - folgendermaßen zusammenfassen:

Die Wirkung der Umstandsklausel nach entsprechender Umstandsänderung hängt von der in der Unterhaltsvereinbarung enthaltenen Parteiabsicht ab. Danach bestehen zwei Möglichkeiten: Weicht die Unterhaltsvereinbarung deutlich vom gesetzlichen Unterhalt ab und sind die von den Parteien zugrundegelegten Bemessungsfaktoren ("Vergleichsrelationen") erkennbar, dann sind diese Bemessungsfaktoren auch bei der Anpassung der Unterhaltsvereinbarung an die geänderten Verhältnisse vorrangig zu berücksichtigen, solange dadurch das gesetzliche Gesamtmaß des Kindesunterhalts nicht geschmälert wird; war der Unterhalt etwa in der Höhe einer bestimmten Einkommensquote vereinbart, dann ist bei Einkommenssteigerung von der gleichen Quote auszugehen, wobei zusätzlich auch eine allfällige Änderung des Unterhaltsbedarfes des Kindes mitzuberücksichtigen ist. Diente die Unterhaltsvereinbarung aber nur der Konkretisierung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches oder sind die von den Parteien zugrundegelegten Bemessungsfaktoren nicht feststellbar, so ist mit relevanter Umstandsänderung die Vereinbarung ipso iure außer Kraft getreten und der Unterhalt daher ohne Bedachtnahme auf die Vereinbarung nach dem Gesetz neu auszumessen.

Die vom Rekursgericht als gegenteilig zitierten Entscheidungen stammen nicht vom Obersten Gerichtshof, sondern von zweitinstanzlichen Gerichten; die publizierten Leitsätze verschaffen überdies keine genaue Kenntnis vom Inhalt dieser Entscheidungen. In der umfangreichen höchstgerichtlichen Judikatur (vgl aus jüngster Zeit etwa die Zurückweisungsbeschlüsse 4 Ob 201/97f, 4 Ob 242/97k; 1 Ob 281/98z) mag die Wortwahl unterschiedlich sein. Unterschiede in den Ergebnissen sind aber meist in einer unterschiedlichen Auslegung des Unterhaltsvergleiches begründet, also weniger auf unterschiedliche Rechtsauffassungen als auf unterschiedliche Tatsachengrundlagen zurückzuführen (6 Ob 207/98d). Welche der beiden eingangs erwähnten Möglichkeiten im Einzelfall zum Tragen kommt, hängt vom Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen ab. Eine Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung ist in der Vornahme entsprechender Differenzierungen nicht zu erblicken.

Daß es bei Auslegung von Unterhaltsvergleichen auf die allgemeinen Grundsätze des § 914 ABGB ankommt, ist schon wiederholt ausgesprochen worden (vgl zuletzt 4 Ob 242/97k; 6 Ob 207/98d). Wurde im Unterhaltsvergleich festgehalten, daß der Unterhalt auf der Grundlage eines dort näher bezeichneten Einkommens vereinbart wird, dann kann es (regelmäßig) nicht zweifelhaft sein, daß die Parteien weitere Unterhaltsfestsetzungen an die im Vergleich festgehaltenen Bemessungsparameter binden wollten (4 Ob 201/97f mwN; 1 Ob 291/98z). Ob ein weitergehendes Beweisverfahrens zur Ermittlung des - erkennbar erklärten - Parteiwillens erforderlich ist, kann nur im Einzelfall beantwortet werden; im vorliegenden Fall haben sich Hinweise auf eine vom Vergleichstext abweichende Parteienabsicht nicht ergeben. Die allgemeinen Bedenken des Rekursgerichts gegen eine nachträgliche Darstellung der Absicht der Parteien durch diese gehen daher hier ins Leere.

Die vom Rekursgericht vorgenommene - den Regelbedarf überschreitende - Unterhaltsbemessung bewegt sich im Rahmen der Grundsätze einer ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Daß hiedurch das Kindeswohl gefährdet worden wäre, ist nicht erkennbar. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung wird auch im Revisionsrekurs nicht aufgezeigt. Dieser war daher - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts - als unzulässig zurückzuweisen.

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