Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der am 29. 3. 1998 verstorbene Erblasser hinterließ kein Testament. Erben nach dem Gesetz wären die Witwe und drei Kinder. Erstere verzichtete auf ihr Erbrecht zugunsten des Sohnes. Dieser gab zu 5/9 des Nachlasses eine bedingte Erbserklärung ab, die zwei Töchter je zu 2/9. Die Erben beantragten die gerichtliche Feststellung, ob es sich bei der rund 5,5 ha großen, in den Nachlaß fallenden Liegenschaft um einen Erbhof handle (ON 10 und 12).
Das Erstgericht nahm die bedingten Erbserklärungen zu Gericht an und stellte ohne Begründung fest, daß die Liegenschaft EZ ***** GB ***** ein Erbhof im Sinne des Kärntner Erbhöfegesetzes 1990 und der erblasserische Sohn Wilhelm S***** Anerbe im Sinne des § 6 leg cit sei (P 3. in ON 20).
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beiden erblasserischen Töchter nicht Folge. Es traf nach dem Akteninhalt folgende ergänzende Feststellungen:
"Die Nachlaßliegenschaft EZ ***** GB ***** ist 5,5221 ha groß. Davon sind 2,3102 ha landwirtschaftlich genutzt, 3,1608 ha Wald, 0,0360 ha Weg und 0,0151 ha Baufläche (Schätzungsgutachten des Dipl.-Ing. Karl M***** und des Ing. Siegfried K***** vom 21. 7. 1998, S 4 = AS 49; diesem beigeschlossener Grundbuchsauszug vom 7. 4. 1998, AS 67).
Ein Wohnhaus und ein Wirtschaftsgebäude sind vorhanden. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen sind verpachtet und werden nur gemäht bzw als Weide genutzt. Der Betrieb liegt nach den Buchführungsergebnissen der österreichischen Landwirtschaft im Produktionsgebiet des "Alpenostrandes" und wird als Grünlandwirtschaft geführt. Das für einen vergleichbaren Betrieb erzielte landwirtschaftliche Jahreseinkommen beträgt S 19.200,--, das forstwirtschaftliche S 7.007,--, das Gesamtdurchschnittsjahreseinkommen daher S 26.207,--. Zur Erhaltung einer 5-köpfigen Familie wäre fiktiv ein Jahresertrag von S 218.400,-- erforderlich (Gutachten ON 14, S 4 f = AS 49 f)."
In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht im wesentlichen aus, daß Erbhöfe im Sinne des Anerbengesetzes BGBl 1958/106 mit einer Hofstelle versehene land- und forstwirtschaftliche Betriebe seien, die im Eigentum einer natürlichen Person, von Ehegatten oder eines Elternteiles und eines Kindes stehen und mindestens einen zur angemessenen Erhaltung von zwei erwachsenen Personen ausreichenden, jedoch das Zwanzigfache dieses Ausmaßes nicht übersteigenden Durchschnittsertrag hätten. Dieses Bundesgesetz gelte nicht für die Länder Kärnten und Tirol. In Kärnten sei das Kärntner Erbhöfegesetz 1990, BGBl 1989/658, anzuwenden. Nach § 2 Abs 1 leg cit seien Erbhöfe landwirtschaftliche, mit einer Hofstelle versehene Betriebe mittlerer Größe, deren Flächenausmaß wenigstens 5 ha betrage und deren Durchschnittsertrag das Sechsfache des zur Erhaltung einer fünfköpfigen Familie Erforderliche nicht übersteige. Landwirtschaftliche Betriebe seien auch solche, die ausschließlich oder vorwiegend dem Obst- oder Gemüseanbau dienten. Ausschließlich forstwirtschaftlich genützte Güter zählten aber nicht dazu. Die Untergrenze des Erbhofes sei lediglich flächenmäßig festgelegt, der Ertrag spiele hiefür keine Rolle. Auch in der vor Inkrafttreten des Gesetzes geltenden § 2 des Kärntner Landesgesetzes vom 16. 9. 1903, LGBl Nr 33 idF BGBl 1930/235 sei als Untergenze nur eine Fläche von 3 ha und kein Mindestertrag vorgesehen gewesen. Auch "gemischte Höfe", auf denen Land- und Forstwirtschaft betrieben werde, fielen in den Anwendungsbereich des Kärntner Erbhöfegesetzes. Für das Gesamtflächenausmaß von zumindest 5 ha seien landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Nutzflächen zusammenzurechnen (EvBl 1994/178). Maßgeblich für die Beurteilung der Erbhofeigenschaft sei die objektive Eignung der betreffenden Liegenschaft für einen landwirtschaftlichen Betrieb. Ob der Erblasser Bauer gewesen sei oder ob er den Hof verpachtet habe, sei nicht relevant. Ein Betrieb habe schon dann die geforderte "mittlere Größe", wenn er wenigstens 5 ha groß sei. Es lägen auch die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen vor, nämlich das Vorhandensein einer Hofstelle und die objektive Eignung der Liegenschaft für einen landwirtschaftlichen Betrieb.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs wegen fehlender oberstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob nach Kärntner Erbhöferecht ein gewisser Mindestertrag des Landwirtschaftsbetriebs erforderlich sei, zulässig sei. Die Lehre sei überwiegend der vom erkennenden Senat vertretenen Auffassung, es gäbe aber auch eine gegenteilige Ansicht.
Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragen die Töchter des Erblassers die Abänderung dahin, daß fesgestellt werde, daß die Liegenschaft kein Erbhof sei. Hilfsweise wird die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Verfahrensergänzung beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Mit dem Anerbenrecht und dem Höferecht ordnet der Gesetzgeber Beschränkungen des landwirtschaftlichen Liegenschaftsverkehrs von Todes wegen an. Nach dem Grundgedanken des historischen Gesetzgebers sollen gesunde (lebensfähige) landwirtschaftliche Betriebe erhalten bleiben und nicht der Gefahr ausgesetzt werden, im Erbweg zersplittert zu werden. Vor der Kodifizierung beruhten Verfügungsbeschränkungen auf bäuerlichem Gewohnheitsrecht. Die österreichischen Sondererbteilungsvorschriften (für Tirol das Tiroler Höfegesetz LGBl 1900/47; für Kärnten das Kärntner Erbhöfegesetz LGBl 1903/33; für die übrigen Bundesländer mit Ausnahme Vorarlbergs das Anerbengesetz BGBl 1958/106) wurden 1989 mit den Bundesgesetzen BGBl 1989/657, 658 und 659 reformiert. Die Gesetze idgF definieren den Begriff des Erbhofs unterschiedlich:
Nach § 1 Abs 1 AnerbenG sind Erbhöfe mit einer Hofstelle versehene land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die im Eigentum einer natürlichen Person, von Ehegatten oder eines Elternteils und eines Kindes (§ 42 ABGB) stehen und mindestens einen zur angemessenen Erhaltung von zwei erwachsenen Personen ausreichenden, jedoch das Zwanzigfache dieses Ausmaßes nicht übersteigenden Durchschnittsertrag haben.
Das Tiroler Höfegesetz verwendet den Begriff geschlossener Hof und versteht darunter im § 1 jede landwirtschaftliche mit einem Wohnhause versehene Besitzung, deren Grundbuchseinlage sich in der Höfeabteilung des Hauptbuches befindet. Nach einer Eintragung im Grundbuch spielt die Lebensfähigkeit des Betriebes, also die Ertragsfähigkeit keine Rolle mehr. Bei der Neubildung eines geschlossenen Hofes auf Antrag des Grundeigentümers oder bei der Abtrennung von Bestandteilen eines geschlossenen Hofes sehen allerdings die Tiroler höferechtlichen Bestimmungen (§§ 3 und 5 Tiroler HöfeG) als Voraussetzung vor, daß der Hof bzw der Durchschnittsertrag des Hofes zur angemessenen Erhaltung einer Familie von mindestens fünf Köpfen ausreicht.
Das hier anzuwendende Kärntner ErbhöfeG definiert im § 2 Erbhöfe als landwirtschaftliche, mit einer Hofstelle versehene Betriebe mittlerer Größe, deren Flächenausmaß wenigstens fünf Hektar beträgt und deren Durchschnittsertrag das Sechsfache des zur Erhaltung einer fünfköpfigen Familie Erforderlichen nicht übersteigt. Dieser Gesetzestext ist für die hier zu entscheidende Frage nach der Untergrenze, ab der von einem Erbhof ausgegangen werden kann, entscheidend. Für den Standpunkt des Rekursgerichtes sprechen ältere und jüngere Lehrmeinungen (Schellander, Zum Begriff des Kärntner Erbhofes in JBl 1953, 368; Kathrein, Anerbenrecht Anm 1 zu § 2 Kärntner ErbhöfeG 1990; Eccher in Schwimann, ABGB2 Rz 3 zu § 2 Krnt ErbHöfeG) und im Ergebnis die in EvBl 1994/178 veröffentlichte Entscheidung 6 Ob 10/94 des erkennenden Senates. Dort war die Erbhofeigenschaft einer rund 6 ha großen Liegenschaft zu prüfen, von der rund 4,8 ha landwirtschaftlich und als Garten und rund 1,25 ha als Wald genutzt worden waren. Der erkennende Senat bejahte die Erbhofeigenschaft des "gemischten Hofes", weil die verschieden genutzten Flächen zusammenzurechnen seien und prüfte die Frage nicht näher, ob es für die Untergrenze des Erbhofes nur auf die gesetzliche Mindestfläche oder auch auf den Ertrag ankomme. Auch die schon zitierten Lehrmeinungen enthalten mit Ausnahme derjenigen von Schellander keine nähere Begründung. Dessen Auffassung ist Schneidergruber mit seinem in NZ 1965, 1 veröffentlichten Aufsatz Die drei Hektar-Grenze des Kärntner Anerbengesetzes entgegengetreten. Beide Autoren befassen sich eingehend mit dem damals geltenden Gesetzeswortlaut und legten diesen nach der Entstehungsgeschichte des nur in Kärnten normierten Begriffsmerkmals der Grundfläche und nach dem Gesetzeszweck unterschiedlich aus. Schellander rückt in den Vordergrund, daß das ursprüngliche Kärntner Landesgesetz (LGBl 1903/33) bei der Untergrenze auf das Katastral-Reinerträgnis von mindestens 50 Kronen abgestellt habe und daß die Novellierung mit dem BGBl 1930/235 folgende Definition des Erbhofs normiert hätte:
"Als Höfe mittlerer Größe im Sinne dieses Gesetzes sind mit einem Wohnhaus versehene, landwirtschaftliche Besitzungen anzusehen, deren Flächenausmaß wenigstens 3 Hektar beträgt und deren Durchschnittsertrag das Vierfache des zur Erhaltung einer Familie von 7 Köpfen Erforderliche nicht übersteigt". Aus den Begriffen "Hof" und "Besitzung mittlerer Größe" sei nichts abzuleiten, weil darunter nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch (in Kärnten) 50 ha bzw. 25 ha zu verstehen seien. Von einem Ertrag sei im Gesetz keine Rede. Aus der Entstehungsgeschichte der Novelle (der Autor zitiert dazu stenographische Protokolle des Nationalrats) gehe nur die Tendenz der Abgeordneten hervor, möglichst viele bäuerliche Besitzungen in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen zu lassen. Über die Untergrenze sei nicht debattiert worden. In Kärnten habe es 1939 eine Vielzahl kleiner Betriebe zwischen zwei bis fünf Hektar Grundfäche gegeben, die 18,5 % aller Betriebe ausgemacht hätten. Es sei nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber das Begriffsmerkmal der Lebensfähigkeit des Betriebes normieren hätte wollen, wenn in vielen Fällen in der Praxis ein Nebenerwerb des Betriebsinhabers notwendig gewesen wäre. Bei drei Hektar Mindestfläche landwirtschaftlicher Art sei ohne jede Bindung an eine Ertragsform die Erbhofeigenschaft zu bejahen.
Das gegenteilige Ergebnis begründet Schneidergruber vor allem mit dem historischen Grundgedanken, daß der Übernehmer des Hofes "wohl bestehen können soll", also dem Gedanken, daß nur lebensfähige Betriebe geschützt werden sollten. Gesetzeszweck sei die Erhaltung des Bauernstandes in seiner wirtschaftlichen Kraft, nicht aber die Erhaltung von Kleinbetrieben und Nebenbetrieben. Hier sei eine Kürzung der Erb- und Pflichtteilsberechtigten, die dem Hofübernehmer weichen müßten, aus öffentlich-rechtlichen Gründen nicht zu vertreten. Die Dreihektargrenze sei daher keine Ertragsgrenze. Als Erbhöfe kämen Höfe mit einem Durchschnittsertrag zur Erhaltung einer fünfköpfigen Familie analog dem Tiroler Höfegesetz oder dem Bundesanerbengesetz in Betracht.
Die gekürzt wiedergegebenen Ausführungen der beiden Autoren sind auch bei der Lösung der gestellten Frage nach geltendem Recht bedeutsam, dies vor allem für die historische Interpretation, zeichnen sie doch die Entstehungsgeschichte der Kärntner Sonderregelung nach und sind sich zumindest in dem Punkt einig, daß die Abgeordneten des Novellengesetzgebers aus dem Jahr 1930 auch den Kleinbesitz aus volkswirtschaftlichen Gründen in den Schutzbereich des Gesetzes bringen wollten (Schneidergruber aaO 3). Eine derartige Absicht des modernen Gesetzgebers liegt jedoch offensichtlich auch der Reform aus dem Jahr 1989 zugrunde. In der Regierungsvorlage zur Novelle des Anerbengesetzes wird zu den Zielen des Gesetzesvorhabens und zur Senkung des für die Untergrenze eines Erbhofes maßgeblichen Durchschnittsertrages folgendes ausgeführt:
"Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grundlagen der Landwirtschaft haben sich seit dem Inkrafttreten des Anerbengesetzes im Jahre 1958 tiefgreifend verändert. Das Bild eines sich weitgehend selbst versorgenden Betriebes mit zahlreichen Familienmitglieder und unselbständigen Arbeitskräften trifft heute häufig nicht mehr zu. Vielfach bearbeitet nur mehr ein Ehepaar allein mit Hilfe von Maschinen den Hof. Kinder und Seitenverwandte, aber oft auch ein Ehegatte gehen hauptberuflich anderen Erwerbstätigkeiten nach, Landarbeiter sind im Zuge der Mechanisierung selten geworden. Auch die Ertragsverhältnisse haben sich gewandelt.
Um der dadurch in den letzten Jahren - schleichend und ohne Gesetzesänderung - eingetretenen Einengung des Anwendungsbereiches des Anerbengesetzes entgegenzuwirken, muß der Begriff des Erbhofs neu gefaßt werden: Die für die Festlegung der Untergrenze des Anwendungsbereichs maßgebliche Zahl der Personen, auf deren Erhaltung es ankommt, soll gesenkt werden. Das Vielfache des Durchschnittsertrags ist dagegen zu erhöhen, um ein Absinken der Obergrenze zu vermeiden. Mit dieser Erhöhung wird der Geltungsbereich des Gesetzes geringfügig ausgedehnt" (RV 518, BlgNR 17. GP 5).
Der erkennende Senat hat dies in der Entscheidung 6 Ob 2027/96y dahin interpretiert, der Gesetzgeber habe die geänderten Verhältnisse in der Landwirtschaft erkannt und darauf reagiert und sei bei der für die Anwendbarkeit des Sondererbrechtes maßgeblichen Untergrenze so weit gegangen, daß davon gesprochen werden kann, daß nicht mehr die im öffentlichen Interesse gelegene Erhaltung eines leistungsfähigen (im Sinne eines internationalen wettbewerbsfähigen) mittleren Bauernstandes im Vordergrund steht, sondern vielmehr die Erhaltung von Landwirtschaftsbetrieben schlechthin, also auch von kleineren Betrieben, jedoch unter Ausschluß von Kleinstbetrieben. Diese Interpretation kann auch für die Einführung der Mindestflächengrenze im Kärntner Höferecht mit der Novelle aus dem Jahr 1930 und die Beibehaltung einer Untergrenze nach dem Kriterium der Grundfläche anläßlich der Reform 1989 gelten. In der RV zur Kärntner Erbhöfegesetz (RV 462 BlgNR 17. GP) wird im allgemeinen Teil der Erläuterungen zur maßgeblichen Frage nach der Untergrenze folgendes ausgeführt:
"Mit den Änderungen der ökonomischen und sozialen Verhältnisse hat sich auch die Vorstellung verschoben, was unter einer "landwirtschaftlichen Besitzung mittlerer Größe" zu verstehen ist. Ein Hof mit wenigen Hektar wird heute nicht mehr als mittlerer Betrieb angesehen. Um unter diesen Voraussetzungen das ursprüngliche, nach wie vor anzustrebende Ziel der Erhaltung wirtschaftlich leistungsfähiger bäuerlicher Mittelbetriebe weiterhin erfüllen zu können, muß der Umfang der Erbhöfe geändert werden: Die bisher mit drei Hektar festgelegte Untergrenze soll daher angehoben werden, während die für die Berechnung der Obergrenze maßgebliche Anzahl der zu erhaltenden Personen herabzusetzen ist. Zur Vermeidung eines mit dieser Verringerung verbundenen Absinkens der Obergrenze ist das Vielfache des Durchschnittsertrags zu erhöhen."
Zu § 2 leg cit führt die RV folgendes aus:
"Wie erwähnt hat sich die Vorstellung, was unter einem Hof mittlerer Größe zu verstehen ist, seit Erlassung des Kärntner Erbhöfegesetzes und der Novelle im Jahre 1930 gewandelt. Daher soll die Untergrenze von drei Hektar angehoben werden, um den Anwendungsbereich des Gesetzes wieder seinen ursprünglichen Zielen anzugleichen. Die Untergrenze soll - abweichend von dem zur Begutachtung versandten Entwurf, in dem sechs Hektar vorgeschlagen wurden - mit fünf Hektar festgesetzt werden. Dadurch soll vermieden werden, daß zu viele Bergbauernhöfe der Sondererbteilung unterzogen werden."
Aus diesen Erläuterungen geht mit hinreichender Deutlichkeit hervor, daß der Gesetzgeber seinen Gesetzestext dahin verstanden haben will, daß die festgelegte Grundfläche den Begriff "mittlere Größe" definiert und daß diese nicht ein zusätzliches Bestimmungsmerkmal eines Erbhofs nach seinem Ertrag darstellen soll. Wenn es auch auf einen bestimmten Durchschnittsertrag ankäme, wäre gerade der Hinweis auf Bergbauernhöfe nicht mehr sinnvoll, die notorischerweise weniger Ertrag erwirtschaften können, insbesondere wohl nur selten den zur Erhaltung einer fünfköpfigen Familie erforderlichen Ertrag. Die historische Auslegung steht auch nicht mit der reinen Wortinterpretation im Widerspruch. Diese läßt beide Lösungen zu. Der Gesetzestext normiert eine Untergrenze (Betrieb mittlerer Größe mit wenigstens 5 ha) und eine Obergrenze mit einem definierten Durchschnittsertrag. Was unter "mittlerer Größe" zu verstehen ist, bleibt offen. Dies kann dahin ausgelegt werden, daß mit dem unbestimmten Begriff einleitend nur der Anwendungsbereich des Gesetzes beschrieben werden soll, daß also das Gesetz für Betriebe mittlerer Größe innerhalb von zwei abschließend definierten Grenzen gilt. Der Wortlaut läßt auch die von den Rekurswerberinnen angestrebte, von Schneidergruber vertretene Auslegung zu, daß mit dem Abstellen auf Betriebe mittlerer Größe doch auch das Kriterium des Ertrages als Begriffsmerkmal eingeführt werde. Die weiters angestrebte Analogie zu § 1 AnerbenG erscheint dem erkennenden Senat allerdings nicht zulässig, weil dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden soll, er habe die Sonderregelung des Kärntner Höferechtes nicht erkannt und planwidrig keine Harmonisierung des Bundesrechts vorgenommen. Die Begriffsdefinition des § 2 Abs 1 Kärntner ErbhöfeG bietet aber ohnehin den Parameter an, der für die Auslegung des Begriffs "mittlere Größe" maßgeblich sein könnte, nämlich den Durchschnittsertrag, der zur Erhaltung einer fünfköpfigen Familie erforderlich ist. Bei dieser im Gesetzeswortlaut ebenfalls Deckung findenden Auslegung wäre das Flächenerfordernis nur eines von zwei Mindesterfordernissen bzw eine absolute Untergrenze, bei der auch ein hoher Ertrag eine Erbhofeigenschaft nicht begründen könnte. Gegen die Annahme einer doppelten Untergrenze spricht allerdings, daß auch bei kleinen Landwirtschaften durchaus ein hoher Ertrag erwirtschaftet werden kann (zB in einer "Biogärtnerei"; Obst- und Gemüsebetriebe unterliegen seit der Reform 1989 dem Kärntner Höferecht), sodaß ein Abgrenzungskriterium zur Klarstellung der Frage, was unter einem Erbhof zu verstehen ist, durchaus ausgereicht hätte. Die aufschlußreichen Gesetzesmaterialien haben die Vermutung der Richtigkeit für sich (Koziol/Welser, Grundriß I10 21 mwN). Das sich nach der historischen Interpretation ergebende Auslegungsergebnis steht mit der Interpretation nach dem Wortsinn nicht im Widerspruch. Es ist daher der Auslegung nach dem Willen des Gesetzgebers der Vorzug zu geben. Das in der Lehre überwiegend vertretene Ergebnis, dem das Rekursgericht folgte, ist auch nach Auffassung des erkennenden Senates sachgerecht, weil es der deklarierten Absicht des Gesetzgebers Rechnung trägt, daß in den Anwendungsbereich des Anerben- und Höferechts auch die bäuerlichen Kleinbetriebe fallen, die zwar im internationalen Wettbewerb nicht als leistungsfähig qualifiziert werden können - wie dies auch bei Erbhöfen mit der im § 1 AnerbenG normierten Ertragsgrenze zutrifft - dennoch aber aus vielfältigen rechtspolitischen Erwägungen vor der Zersplitterung im Erbweg geschützt werden sollen. Der Rekurs der beiden Erbinnen ist daher nicht berechtigt.
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