OGH 15Os204/98-7 (15Os205/98)

OGH15Os204/98-7 (15Os205/98)11.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Februar 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gutschi als Schriftführer, in der Strafsache gegen Walter D***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG, teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB, und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 19. Oktober 1998, GZ 39 Vr 1286/98-46, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluß gemäß § 20 Abs 1 Z 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch sowie andere Entscheidungen enthält, wurde Walter D***** des - teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB verbliebenen - Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG (A) und des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er in Salzburg

(A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge durch Verkauf

(I) in Verkehr gesetzt, und zwar

zwischen März und 15. Mai 1998 mindestens 33 Gramm Heroin an Helmut K*****;

zwischen März und April 1998 ca 500 Gramm Heroin und 2 bis 3 kg Cannabiskraut an Sandra S*****,

im April/Mai 1998 15 Gramm Heroin an Brigitte J*****;

(II) am 18. Mai 1998 27,4 Gramm Heroin an einen bislang unbekannten Käufer in Verkehr zu setzen versucht;

(B) am 18. Mai 1998 den total gefälschten tschechischen Führerschein AJ 245592 im Zuge einer Amtshandlung den kontrollieren Beamten vorgezeigt, mithin eine gefälschte Urkunde zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses bzw einer Tatsache gebraucht.

Gegen den Schuldspruch zu Punkt A I und B richtet sich die auf die Z 3 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich als nicht zielführend erweist.

Rechtliche Beurteilung

Einen Verfahrensmangel (Z 3) erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die in der Hauptverhandlung als Zeugin vernommene Brigitte J***** (S 213 ff) - nachdem ihr das Erstgericht aus dem gegen sie geführten Voruntersuchungsakt Vorhalte gemacht hatte und zur (vermeintlich irrigen) Überzeugung gelangt wäre, daß ihr auf Grund ihres Geständnisses in dem gegen sie geführten Verfahren kein Entschlagungsrecht nach § 152 Abs 1 Z 1 StPO zukäme - weder auf ihr Entschlagungsrecht hingewiesen worden sei noch auf dieses rechtswirksam verzichtet habe.

Der Beschwerdeauffassung zuwider war die Zeugin J***** jedoch nicht berechtigt, ihre Aussage im gegenständlichen Verfahren zu verweigern. Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vermag weder ein anhängiges oder bereits beendetes Verfahren gegen eine als Zeuge in Betracht kommende Person noch deren sich darauf berufende Entschlagungserklärung für sich allein eine rechtswirksame Zeugnisbefreiung zu begründen. Bei einer derartigen Konstellation hat das erkennende Gericht vielmehr zu prüfen, ob die Aussage des Zeugen die Gefahr einer Selbstbezichtigung in dem gegen ihn geführten Strafverfahren herbeizuführen geeignet ist. Von einem Zeugen, der einen gegen ihn erhobenen Vorwurf bereits als zu Recht bestehend anerkannt hat, kann im allgemeinen nicht angenommen werden, daß er sich im Umfang seines Geständnisses durch eine inhaltsgleiche wahrheitsgemäße Aussage zusätzlich belasten, dh ein zusätzliches Beweismittel gegen sich schaffen könne. Zur Klärung der Frage, inwieweit solche Voraussetzungen vorliegen, war aber das Erstgericht nicht nur berechtigt, sondern - im Hinblick auf die einleitend behaupteten Erinnerungslücken der Zeugin über ihre Angaben vor Sicherheitsbehörde und Untersuchungsrichter (vgl S 212) - sogar verpflichtet, in der Hauptverhandlung durch Bezugnahme auf den Akteninhalt in dem gegen die Zeugin geführten Strafverfahren zu klären, inwieweit sie sich in dem gegen sie geführten Verfahren schuldig bekannt hat. Da die Zeugin keine weitere Erklärung abgegeben hat, warum ungeachtet ihres (auch von der Beschwerde nicht bestrittenen) Geständnisses dennoch eine Belastungsmöglichkeit bestünde, wurde berechtigterweise das Vorliegen eines Aussagebefreiungsgrundes verneint (EvBl 1994/138 uva). Da das Erstgericht also zutreffend davon ausgegangen ist, daß J***** als Zeugin kein Entschlagungsrecht zukommt, ist auch durch die Unterlassung einer diesbezüglichen Belehrung kein Fehler unterlaufen, der wegen der fehlenden Verzichtserklärung (§ 152 Abs 5 StPO) Nichtigkeit des Verfahrens zur Konsequenz hätte (14 Os 80/97).

Soweit der Beschwerdeführer in der Mängelrüge (Z 5) Urteilsunvollständigkeit in Ansehung entscheidungswesentlicher Tatsachen moniert, weil das Schöffengericht "die Beweisergebnisse der Zeugeneinvernahmen K***** und S***** in der Hauptverhandlung unberücksichtigt gelassen habe", übergeht er die diesbezüglichen ausführlichen Darlegungen im Urteil (US 8 und 9), wonach sich das Erstgericht bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der leugnenden Verantwortung des Angeklagten sowie der den Angeklagten belastenden Angaben der Zeugen mit deren Depositionen vor der Sicherheitsbehörde und in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt und nachvollziehbar dargelegt hat, warum die Angaben der Zeugen K***** und S***** vor der Sicherheitsbehörde als glaubwürdig anzusehen sind. Daß aber aus den vom Erstgericht ermittelten Prämissen - wie vom Beschwerdeführer behauptet - auch andere als die von den Tatrichtern abgeleiteten, für den Angeklagten günstigeren Schlußfolgerungen möglich gewesen wären und das Gericht sich dennoch für die dem Angeklagten ungünstigeren entschieden hat, ist ein Akt richterlicher Beweiswürdigung, der einen Begründungsmangel nicht zu bewirken vermag (Mayerhofer aaO § 258 E 21, 22, 24). Mit dem unter dem Aspekt der Undeutlichkeit, Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit erhobenen Behauptung, das Erstgericht hätte den Angaben dieser beiden Zeugen in der Hauptverhandlung mehr Glauben schenken müssen als deren - den Angeklagten belastenden - Depositionen vor dem Untersuchungsrichter, wird gleichfalls der relevierte Nichtigkeitsgrund nicht prozeßordnungsgemäß dargetan. Insgesamt bekämpft der Angeklagte mit seinem Vorbringen lediglich nach Art und Zielsetzung einer in den Verfahrensgesetzen gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung ausschließlich die zu seinem Nachteil ausgefallene sachgerechte und plausible Beweiswürdigung der Tatrichter.

Letztlich vernachlässigt der Einwand, das Erstgericht habe eine Urteilsbegründung zum Faktum D zur Gänze unterlassen, die bezüglichen Ausführungen (US 9 und 10) stellten "lediglich eine Annahme dar", weiters werde versucht, mit einer "Motiverklärung Feststellungen zur vorgeworfenen Totalfälschung zu treffen", vollständig die vom Tatgericht für diesen Schuldspruch gegebene Begründung (US 6), die (neben den dort bezeichneten Beweisergebnissen) auf weitere, im Urteil angestellte und den Gesetzen logischen Denkens nicht widersprechenden Überlegungen basieren (US 9 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufungen und die Beschwerde (gegen die fälschlich als Beschluß ergangene Entscheidung nach § 20a StGB) wird der hiefür zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden haben.

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