OGH 15Os8/99-8 (15Os9/99)

OGH15Os8/99-8 (15Os9/99)11.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Februar 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gutschi als Schriftführer, in der Strafsache gegen Heinz P***** und andere Angeklagte wegen des teilweise in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Werner R***** sowie über die Berufungen der Angeklagten Heinz P***** und Johannes B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 4. August 1998, GZ 8 Vr 1193/98-60, sowie über die Beschwerde des Angeklagten P***** nach § 494a Abs 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und über die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten R***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch einen Verfolgungsvorbehalt gemäß § 263 Abs 2 StPO betreffend den Angeklagten P***** enthaltenden) Urteil wurde der Angeklagte R***** (zugleich mit den Mitangeklagten P***** und B*****, die ihre angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerden zurückgezogen haben - vgl S 132 und 151/II) des teilweise in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall SMG (A I.2. und A II.) schuldig erkannt.

Danach hat er am 24. April 1998 den bestehenden Vorschrift zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) dadurch, daß er

(zu A I.2.) im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit P***** zumindest 1.748 Gramm Cannabisharz (130 +- 18 Gramm Delta 9 THC enthaltend, US 17) in einem PKW von München über den Grenzübergang Walserberg nach Graz brachte, aus der Bundesrepublik Deutschland aus- und nach Österreich eingeführt, und in der Folge

(zu A II.) in Graz im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit P***** und B***** trachtete, 1.500 Gramm Haschisch um 80.000 S an einen vermeintlichen Suchtgiftabnehmer (in Wahrheit an einen verdeckten Fahnder) zu verkaufen, in Verkehr zu setzen versucht, wobei diese Tat zufolge rechtzeitiger Festnahme der Täter beim Versuch geblieben war.

Der Angeklagte R***** bekämpft das Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde aus Z 3 und 5a des § 281 Abs 1 StPO. Sie ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Der Verfahrensrüge (Z 3) genügt es zu erwidern, daß nur die gänzliche Unterlassung der Aufnahme eines vom Vorsitzenden und vom Schriftführer zu unterschreibenden Protokolls unter Nichtigkeitssanktion steht, nicht aber eine überdies behauptete Verletzung der Vorschriften über den Protokollsinhalt (Mayerhofer StPO4 § 281 E 22; § 281 Z 3 E 51). Konkrete Inhaltsmängel der Hauptverhandlungsprotokolle vom 28. Juli und 4. August 1998, deren Berichtigung der Beschwerdeführer nicht begehrt hat, werden indes gar nicht dargetan.

Die geäußerten Bedenken, die beiden Hauptverhandlungsprotokolle könnten nicht von der "betreffenden Schriftführerin" Mag. W***** unterfertigt worden sein (vgl S 521/I und 39/II), sind durch den aufklärenden Bericht des Vorsitzenden vom 4. Jänner 1999 (S 3 z verso/I des Antrags- und Verfügungsbogens) widerlegt, dessen Inhalt dem Verteidiger nach Einbringen der Rechtsmittelschrift bekannt gegeben wurde (ON 3 des Os-Aktes). Die behauptete Nichtigkeit liegt daher nicht vor.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) hinwieder vermag nach Prüfung der gesamten Aktenlage durch den Obersten Gerichtshof weder schwerwiegende, unter Außerachtlassen der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommen Mängel der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen, noch auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen. Gestattet doch auch dieser unter die formellen Nichtigkeitsgründe eingereihte und daher in seiner prozessualen Reichweite keineswegs einer Schuldberufung gleichende Anfechtungstatbestand nicht die Bekämpfung des zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Angeklagten, Zeugen oder eines anderen Beweismittels auf Grund des von diesen in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führenden kritisch-psychologischen Vorganges (Mayerhofer aaO § 281 Z 5a E 1 ff).

Die von der Beschwerde betonte, jedoch isoliert betrachtete Verantwortung des Angeklagten R***** zum Suchtgifttransport von München über die österreichische Grenze, wonach er den aus Spanien angereisten P***** lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen und aus Freundschaft, jedoch in Unkenntnis eines von diesem initiierten Suchtgiftgeschäftes von München abgeholt und ihn später in Graz zum vereinbarten Übergabeort gebracht hat, ist zwar eine mögliche Geschehensvariante, ihre Ablehnung begründet aber keine Nichtigkeit der bezeichneten Art, weil sich aus den Akten nicht gravierende (erhebliche) Bedenken gegen die den Gesetzen der Logik folgende Beweiswürdigung der Erkenntnisrichter ergeben.

Im aktuellen Fall hat das Schöffengericht in einer ausführlichen und kritischen Gesamtschau aller Beweisergebnisse (einschließlich der Einlassungen der drei Angeklagten) sowie unter Verwertung des - an zwei Verhandlungstagen - gewonnenen Eindrucks über ihre Person der freien Beweiswürdigung des § 258 Abs 2 StPO entsprechend nicht nur alle für die Erfüllung des inkriminierten Suchtgiftverbrechens erforderlichen objektiven und subjektiven Tatbestandskomponenten (formal) mängelfrei festgestellt (US 11 ff), sondern auch aktenkonform, denkmöglich und nachvollziehbar begründet, warum es der (jeglichen Schuldvorwurf in Abrede stellenden, von dem Mitangeklagten gestützten) Verantwortung des Nichtigkeitswerbers nicht gefolgt ist und aus welchen Gründen es seine Schuld für erwiesen angenommen hat (US 20 ff). Der Beschwerdevorwurf, die erstgerichtliche Beweiswürdigung sei "absolut lebensfremd und in keiner Weise nachvollziehbar", ist demnach unzutreffend.

Wenn aus den Verfahrensergebnissen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich wären, sich die Tatrichter aber - wie vorliegend - mit formal einwandfreier Begründung dennoch für die ungünstigeren, den Schuldspruch tragenden entschieden haben, liegt ein unanfechtbarer Akt der freien Beweiswürdigung vor.

Im übrigen unterläßt es die Beschwerde prozeßordnungswidrig, jene "aus den Akten ersichtlichen Umstände und Beweismittel" konkret darzulegen, deren Außerachtlassung sie dem Gericht als Verletzung der Pflicht zur amtswegigen Erforschung der Wahrheit vorwirft, sodaß dieses unsubstantiierte Vorbringen einer sachlichen Erwiderung unzugänglich ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sonach als offenbar unbegründet gemäß § 285d Abs 1 Z 2 StPO bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufungen und Beschwerden das Oberlandesgericht Graz zuständig ist (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

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