OGH 5Ob248/98a

OGH5Ob248/98a9.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** Baugesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Christian Konzett, Rechtsanwalt in Bludenz, wider die beklagte Partei Franz S*****, vertreten durch Achammer, Mennel, Welte & Partner, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Zustimmung (Streitwert: S 300.000 sA), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 4. Juni 1998, GZ 2 R 119/98m-22, womit das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 18. Februar 1998, GZ 9 Cg 161/96d-16, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin errichtete um das Jahr 1984 im Ortszentrum von L***** ein Wohn- und Geschäftshaus auf einer in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft, wozu ihr am 22. 12. 1981 die Baubewilligung erteilt worden war. Im Zug des Verkaufs einzelner Wohnungseinheiten erfolgten aufgrund von Wünschen der Kaufinteressenten Umplanungen und eine von der ursprünglichen Baubewilligung abweichende bauliche Ausführung des Gebäudes, der die Klägerin als Bauwerberin durch einen am 7. 9. 1984 bei der Gemeinde L***** als Baubehörde erster Instanz eingebrachten Antrag auf Bewilligung von Planabweichungen Rechnung tragen wollte.

Der Beklagte erwarb mit Kaufvertrag vom 23. 7. 1984 Wohnungseigentum am Geschäftsraum W 12 auf dieser Liegenschaft, wobei sein Eigentum am 7. 9. 1994 verbüchert wurde. Er verweigerte die - ausdrückliche - Zustimmung als Wohnungseigentümer zum Ansuchen der klagenden Partei auf Bewilligung von Planabweichungen, weshalb das Bauverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. 9. 1995, Zl 95/06/0013, steht fest, daß die positive Erledigung des genannten Antrags der Klägerin von der ausdrücklichen Zustimmung des Beklagten zum Antrag abhängig ist. Erst mit einer liquiden Zustimmung des Beklagten oder aber einer diese ersetzenden gerichtlichen Entscheidung wäre der Vorschrift des § 25 Abs 3 lit a Vorarlberger BauG entsprochen.

Die Klägerin begehrt, den Beklagten zu verpflichten, die Zustimmung zu dem das Wohn- und Geschäftshaus auf dem Grundstück Nr 92 Grundbuch L***** *****betreffenden Plan, welcher zur Erteilung der Baubewilligung von Planabweichungen am 7. 9. 1984 eingereicht wurde, am 14. 9. 1984 bei der Gemeinde L***** als Baubehörde eingegangen ist und den Bescheidvermerk vom 3. 10. 1984 zur Zahl 030/0-83-84-4PE2 trägt, zu erklären und diese Zustimmungserklärung auch gegenüber der Baubehörde abzugeben. Der Beklagte habe den darin bezeichneten Bauabweichungen zugestimmt und zwar sowohl im Vorvertrag vom 18. 6. 1984 als auch im Kaufvertrag vom 23. 7. 1984. Überhaupt habe er sämtlichen Planänderungen, die seine Interessen nicht unmittelbar berührten, zugestimmt. Darüberhinaus habe er am 2. 5. 1988 ausdrücklich erklärt, mit der "derzeitigen Bauführung", also dem nunmehr zu genehmigenden Projektstand, einverstanden zu sein.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte Abweisung der Klage. Er habe den Planabweichungen, die erheblich in seine Interessen eingriffen, niemals zugestimmt. Er sei auch zur Zustimmung nicht verpflichtet.

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten, den begehrten Planabweichungen zur Erwirkung einer Baubewilligung zuzustimmen und diese Zustimmung auch gegenüber der Baubehörde zu erklären. Er habe den Ausführungsänderungen zugestimmt, weshalb seine Weigerung, das Bauansuchen zu unterfertigen, vertragswidrig sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge, und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Daß ein auf Vertrag gestütztes Begehren auf Erteilung einer Zustimmung zu einem Bauansuchen im streitigen Verfahren zu verfolgen sei, entspreche ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Im übrigen sei bloß die individuelle Vertragsgestaltung, somit nicht Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO, entscheidungswesentlich.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten. Das Rechtsmittel ist nicht zulässig.

Die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Zunächst zieht der Revisionswerber die Aktivlegitimation der Klägerin in Zweifel, weil nur sämtliche Miteigentümer - inzwischen seien mehrere Eigentumswohnungen verkauft worden - zur Antragstellung im Bauverfahren und damit zur gegenständlichen Klage legitimiert wären.

Ohne daß die Frage, wem gegenüber der Beklagte die Zustimmung zum Bauansuchen abzugeben hat und ob nicht die anderen Mit- und Wohnungseigentümer einem solchen Bauansuchen bereits zugestimmt haben, zu klären wäre, ist der Revisionswerber darauf hinzuweisen, daß einer Behandlung der behaupteten sekundären Mangelhaftigkeit das Neuerungsverbot entgegensteht. Der Revisionswerber hat unzulässigerweise diese Frage erstmals im Revisionsverfahren aufgeworfen.

Aber auch der Einwand der Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs zur Verfolgung des klägerischen Anspruchs ist unzutreffend. Keineswegs haben die Vorinstanzen die Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs für die Ersetzung der Zustimmung eines Wohnungseigentümers zu Änderungen nach § 13 Abs 2 Z 4 WEG bejaht, sondern zutreffenderweise erkannt, daß hier eine Klage auf Zustimmung zu baulichen Veränderungen - gestützt auf eine vertragliche Verpflichtung des Beklagten - vorliegt. Etwas irreführend hat allerdings das Berufungsgericht zunächst (S 9 letzter Absatz der Entscheidungsausfertigung) für nicht maßgeblich gehalten, ob der Beklagte den Abänderungen zugestimmt hat, und sich auf die Frage festgelegt, ob er nach dem Gesetz oder aufgrund seiner vertraglichen Beziehung zur Klägerin zur Erteilung der Zustimmung verpflichtet sei. In der Folge hat das Berufungsgericht eine Verpflichtung des Beklagten allgemein aus vertraglichen Schutzpflichten gegenüber dem Kläger abgeleitet, soweit mit der Bauausführung nicht in seine Rechtssphäre eingegriffen werde. Im weiteren hat das Berufungsgericht allerdings nach Übernahme der erstgerichtlichen Feststellungen erkannt, daß der Beklagte ausdrücklich der Bauführung im nunmehr von der Klägerin angestrebten Bewilligungsumfang seine Zustimmung erteilt habe, weshalb nicht mehr zu prüfen sei, ob er durch konkrete Maßnahmen "unmittelbar betroffen" sei. Der Beklagte sei vertraglich verpflichtet, die klageweise begehrte Zustimmung zu einem konkret umschriebenen Bauansuchen zu erteilen.

Es entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, daß die vertragliche Zustimmungspflicht zu einem Bauansuchen des Mehrheitseigentümers gegenüber dem Minderheitseigentümer im ordentlichen Rechtsweg zu prüfen ist (vgl zuletzt 6 Ob 63/98b = RS0109579).

Ob der Inhalt der Willenserklärungen des Beklagten die Auslegung zuläßt, er habe damit den Änderungen, deren baubehördliche Bewilligung von der Klägerin angestrebt wird, im vollen Umfang zugestimmt, hat grundsätzlich keine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung (vgl Kodek in Rechberger § 502 ZPO Rz 3 mwN). Wenn das Berufungsgericht diese Frage bejaht hat, liegt darin keine auffallende Fehlbeurteilung, die der Oberste Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit wahrnehmen müßte.

Da somit eine Rechtsfrage von im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblicher Bedeutung nicht zu lösen ist, war die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen.

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