Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrte Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, bei dem er als Motorradlenker auf ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes anderes Motorrad aufgefahren war.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes einschließlich des nicht in einem Geldbetrag bestehenden Teiles (Feststellungsbegehren) S 260.000,-- nicht übersteigt. Die ordentliche Revision erklärte es für nicht zulässig, weil der hier zu lösenden Rechtsfrage keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Der Kläger beantragte, den Zulässigkeitsausspruch abzuändern und verband damit die Ausführung der ordentlichen Revision (§ 508 Abs 1 ZPO).
Das Berufungsgericht änderte hierauf seinen Ausspruch gemäß § 508 Abs 3 ZPO dahin ab, daß die ordentliche Revision doch zulässig sei. Es häuften sich offenbar die Verkehrsunfälle mit im Pulk bzw im Windschatten hintereinander fahrenden Motorradfahrern, bei denen insbesondere dem erforderlichen Tiefenabstand Bedeutung zukomme. Eine gesicherte Judikatur zu diesem Problem - jedenfalls außerhalb der Renn- bzw Trainingsfahrten - liege tatsächlich nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Gemäß § 18 Abs 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Für Motorradlenker sieht das Gesetz keine Ausnahme vor. Es ist daher unerfindlich, warum für den Abstand zwischen zwei Motorrädern anderes gelten sollte. Motorradrennpraktiken (Fahren "im Pulk") sind im allgemeinen Straßenverkehr unzulässig. Im Hinblick auf die klare Rechtslage kommt der vom Berufungsgericht bezeichneten Rechtsfrage keine erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu.
Im übrigen ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, eine Bremsverzögerung (des vorderen Motorrades) von 3 m/sec2 sei nicht im Sinne des § 21 Abs 1 StVO als verpöntes jähes Bremsen aufzufassen, durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gedeckt (ZVR 1980/138); daß hiebei eine Bremsspur abgezeichnet wurde, ändert am Ausmaß der Verzögerung nichts. Auch insoweit ist somit keine erhebliche Rechtsfrage zu lösen.
Die Revision war daher - ungeachtet des ursprünglich richtigen, nach Abänderung aber unrichtigen Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist - mangels der Vorausetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen.
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