OGH 6Ob277/98y

OGH6Ob277/98y28.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Paul Doralt ua Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei E***** AG, ***** vertreten durch Dr. Siegfried Kommar, Rechtsanwalt in Wien, wegen 83.180,-- S und Feststellung, infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 5. Mai 1998, GZ 1 R 710/97a-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 20. November 1996, GZ 12 C 1935/95m-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil zweiter Instanz wird im angefochtenen Umfang (Abweisung des Leistungsbegehrens und Kostenpunkt) dahin abgeändert, daß das Urteil erster Instanz im P 1. und im Kostenpunkt wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 10.181,44 S (darin 1.690,24 S Umsatzsteuer und 40,-- S Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 12.706,40 S (darin 1.014,40 S Umsatzsteuer und 6.620,-- S Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das beklagte Speditionsunternehmen erteilte der Klägerin mit Telefax vom 12. 1. 1994 unter Hinweis auf die Bestimmungen der CMR den Transportauftrag zur Beförderung einer "Komplettladung Kakao" von Dürnkrut zu einer Entladestelle "im Raum Krakau". Als Frachtpauschale wurden 12.000 S vereinbart. Als besondere Vereinbarung hielt die Beklagte folgendes fest: "Unser Kunde kommt selbst zur Ladestelle, um dem Fahrer die nötigen Weisungen zu geben, daher unbedingt auf den Kunden warten (wegen Papiere). Ladetermin ist strikt einzuhalten". Zur Verzollung des Transportgutes führte die Beklagte im Transportauftrag folgendes an: "Importzollabfertigung: Der LKW wird an der Grenze Cieszyn vom polnischen Importeur erwartet, wo er weitere Weisungen bezüglich Importverzollung und Entladestelle im Raum Krakau erhält".

Die Klägerin beauftragte einen Frachtführer mit dem Transport. An der tschechoslowakisch-polnischen Grenze kontaktierten zwei Männer, die sich als Vertreter des von der Beklagten genannten polnischen Kunden deklarierten, den LKW-Fahrer des Frachtführers und wiesen ihn an, zu einer Lagerhalle in (oder bei) Krakau zu fahren. An der polnischen Grenze hatte der LKW-Fahrer das sogenannte "Carnet-TIR" vorgelegt und erklärt, die Verzollung würde in Krakau erfolgen. Am Tag nach dem Eintreffen der Ladung an der von den Vertretern des Empfängers bezeichneten Entladestelle in Polen erschien ein korrekt gekleideter Zollbeamter, besichtigte die Ladung, nahm die Zolldokumente an sich und versah den CMR-Frachtbrief und das "Carnet-TIR"-Dokument mit einer Stampiglie. Der Fahrer des Frachtführers hatte den Eindruck einer ordentlichen Verzollung. Im Mai 1995 erhielt der von der Klägerin beauftragte Subfrachtführer vom Hauptzollamt in Krakau einen Bescheid, mit dem Zoll, Importsteuer und Mehrwertsteuer in der Höhe von 19.263 ZL zur Zahlung innerhalb von sieben Tagen vorgeschrieben wurden. Zur Begründung wurde im Bescheid angeführt, daß die Ware zum "Carnet-TIR" zur Verzollung beim Zollamt in Krakau nicht gestellt worden sei. Im Wege des Zollverfahrens sei festgestellt worden, daß der Warenempfänger nicht existent sei und die Frachtpapiere mit einem gefälschten Stempel versehen worden seien. Ein (auf den Dokumenten deklarierter) Inspektor O***** sei nie beim Zollamt Krakau beschäftigt gewesen. Die Vorschreibung erfolge aufgrund der geltenden polnischen Vorschriften, wonach der Frächter verpflichtet sei, sobald er die Papiere beim Abgabenzollamt übernommen habe, die Ware an das angewiesene Zollamt in der vorgeschriebenen Zeit zuzustellen. Der Frächter erhob auf Veranlassung der Klägerin gegen den Bescheid Berufung, über die bisher noch nicht entschieden wurde. Der Frächter stellte der Klägerin 83.118 S in Rechnung (bei der Umrechnung der im Bescheid genannten Beträge wurde ein Umrechnungskurs von 100 Zloty = 430 S zugrundegelegt). Die Beklagte lehnte eine Bezahlung der dem Frächter entstandenen Kosten ab.

Die Klägerin begehrt den Ersatz der ihrem Frächter entstandenen Kosten und die Feststellung der Haftung der Beklagten für weitere im Zusammenhang mit der Ausführung des Transportes und der Verzollung in Zukunft entstehenden Aufwendungen. Sie sei mit dem Transportauftrag auch mit der Exportzoll- und Importzollabfertigung beauftragt worden. Eine genauere Entladestelle im Raum Krakau sei nicht vorgegeben worden. Am Entladeort sei im Zuge einer amtlichen Hausbeschau unter den üblichen Kontrollen der Zolldokumente die Ware verzollt worden und die Verzollung auf dem "Carnet-TIR" und dem Frachtbrief durch Anbringung eines Zollstempels und der Namensstampiglie des Zollbeamten bestätigt worden. Der Empfänger der Ware habe die Ablieferung bestätigt. Erst später sei die Klägerin bzw ihr Frächter darüber informiert worden, daß die polnischen Behörden davon ausgingen, daß die Sendung nie beim Zollamt gestellt worden sei und die Zollabfertigung im Zusammenwirken mit dem Empfänger auf verbrecherische Weise erfolgt sei. Dem Transportauftrag seien die AÖSp zugrundegelegt worden. Gemäß § 30 AÖSp sowie gemäß § 1014 ABGB seien der Spediteur und auch der Frachtführer berechtigt, sämtliche bei der Durchführung eines Transportes entstehenden Nachteile, insbesondere die vorgeschriebenen Zölle, ersetzt zu erhalten. Der Ersatz könne auch vorschußweise vor Fälligkeit verlangt werden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte im wesentlichen vor, daß sie hinsichtlich der Importverzollung keine Weisungen erteilt habe. Der Subfrächter habe keine ordnungsgemäße Verzollung durchgeführt. Das für den gegenständlichen Transport ausgestellte "Carnet-TIR" sei vom Frächter nicht ordnungsgemäß gestellt worden. Bei ordnungsgemäßer Stellung wäre keine Vorschreibung polnischer Einfuhrabgaben erfolgt. Nach den polnischen Zollvorschriften dürfe eine Verzollung in einem Lagerhaus statt beim zuständigen Zollamt nur mit einer besonderen Bewilligung der zuständigen Zolleitung erfolgen. Bei den entstandenen Zollabgaben handle es sich nicht um einen notwendigen oder nützlichen Aufwand im Sinne des § 30 AÖSp oder § 1014 ABGB. Das Verschulden am Schaden treffe den Frächter.

Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren statt und wies das Feststellungsbegehren ab. Es traf die auf den S 4 bis 9 in ON 9 ersichtlichen Feststellungen, von denen über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch hervorzuheben ist:

In Polen sei der Frächter (Fahrer) verpflichtet, die Ware an das im Carnet-TIR-Dokument erwähnte Zollamt zuzustellen und den Abnehmer der Ware zu informieren. Für die Anmeldung zur Einfuhrverzollung sei der Importeur verantwortlich. Für die Ausgangsabfertigung an der österreichischen Grenze seien an Dokumenten noch erforderlich: die Zollwertanmeldung mit Stempel des Importeurs und Unterschrift; Angaben zum Verantwortlichen für den Zahlungsverkehr sowie Auftrag und Vollmacht für den polnischen Zollagenten. Eine Zollabfertigung finde in Polen üblicherweise im Zollamt statt. Auf Antrag des Abnehmers sei auch eine Zollabfertigung am Sitz des Abnehmers (im Lager) möglich. Eine Entscheidung über eine derartige Verlagerung des Sitzes der Zollabfertigung treffe das Zollamt. Eine Verzollung am Abladeort sei bei verderblichen oder schwer zu öffnenden Produktverpackungen üblich. Die Bestätigung des Carnet-TIR erfolge durch einen Zollbeamten im Zollamt oder am Abladeort. Für die Zollabgaben der Carnet-TIR-Waren hafte den polnischen Zollbehörden der Verband der internationalen Spediteure in Warschau, die sich im Schadensfall am österreichischen Verband regressieren könnten. Dem Zollamt Krakau sei die Empfängerfirma des Transportgutes auch aus anderen Fällen bekannt, in welchen gefälschte Zollstempel verwendet worden seien.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß zwischen den Parteien ein Speditionsvertrag abgeschlossen worden sei und daß sich die Klägerin zur Güterversendung eines Frachtführers bedient habe. Die AÖSp hätten nur für den auftragnehmenden Spediteur Gültigkeit. Die AÖSp seien stillschweigend vereinbarter Vertragsinhalt, wenn der Auftraggeber des Spediteurs von ihrem Bestehen Kenntnis habe oder nach der Art seines Handelsgewerbes Kenntnis gehabt haben mußte. Dies treffe auch auf die Beklagte zu, die selbst Spediteur sei und sich in ihren AGB auf die AÖSp berufe. Im Transportauftrag sei auch der Auftrag zur Verzollung eingeschlossen gewesen. Dies gehe schon aus der Formulierung hervor, daß die Klägerin eine weitere Weisung bezüglich der Importverzollung (vom Empfänger) erhalten werde. Der Transportauftrag zu einer Entladestelle im Raum Krakau hätte ohne Durchführung der Verzollung nicht durchgeführt werden können. Die Klägerin habe einen Ersatzanspruch gemäß § 30 lit a AÖSp. Sie habe Anspruch auf Befreiung von Verbindlichkeiten gegenüber ihrem Frachtführer. Sie habe im Interesse auch der Beklagten gehandelt und ihren Frachtführer angewiesen, gegen die Zollvorschreibung Berufung zu erheben. Der Fahrer des Frachtführers habe von einer ordnungsgemäßen Verzollung ausgehen können. Bei einer Ladung Kakao könne angenommen werden, daß es sich dabei um verderbliche Güter handle, für die eine Verzollung im Wege der Hausbeschau zulässig gewesen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten (die Abweisung des Feststellungsbegehrens erwuchs in Rechtskraft) Folge und wies auch das Leistungsbegehren ab. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und beurteilte den Sachverhalt rechtlich im wesentlichen dahin, daß der Transportauftrag eine Festfrachtvereinbarung und nach den CMR zu beurteilen sei. Die Klägerin habe keinen Auftrag zur Importverzollung erhalten. Es sei ein Frachtpauschale vereinbart worden, sodaß schon deshalb Frachtrecht anzuwenden sei. Die zollamtliche Behandlung tangiere den Frachtführer grundsätzlich nicht. Er müsse sie nur dann vornehmen, wenn dies im Frachtvertrag ausdrücklich vorgesehen sei. Eine solche Beauftragung sei aus dem Transportauftrag nicht ableitbar. Selbst der Geschäftsführer der Klägerin sei in seiner Vernehmung ausdrücklich und unmißverständlich davon ausgegangen, daß der Klägerin zur Importverzollung kein Auftrag erteilt worden sei. Der Frachtführer sei noch auf tschechoslowakischem Staatsgebiet an der Grenze zu Polen vom Empfänger erwartet worden. Schon daraus ergebe sich die Schlußfolgerung, daß die Verzollung nicht notwendigerweise durch den Frachtführer erfolgen hätte müssen. Die Importverzollung sei nicht Gegenstand des Transportauftrages von Dürnkrut nach Polen gewesen. Dies sei Ergebnis der Urkundenauslegung. Ohne Verzollungsauftrag gehe der Anspruch auf Ersatz eines zur Erfüllung des Transportauftrages notwendigen oder nützlichen Aufwands ins Leere.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, daß die Revision jedenfalls unzulässig sei.

Mit ihrer nach einer Änderung des Rechtsmittelzulässigkeitsausspruches durch das Berufungsgericht nunmehr für zulässig erklärten ordentlichen Revision beantragt die Klägerin die Abänderung dahin, daß das erstinstanzliche Urteil in seinem stattgebenden Teil wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Fraglich ist, ob der grenzüberschreitende Gütertransport nach Speditionsrecht oder ausschließlich nach Frachtrecht zu beurteilen ist. Im ersten Fall wären die Bestimmungen der AÖSp anzuwenden (§ 2a AÖSp), insbesondere deren § 25, wonach der Auftrag zur Versendung nach einem Bestimmungsort im Ausland den Auftrag zur Verzollung einschließt sowie § 30 AÖSp, der dem Spediteur gegenüber dem Auftraggeber einen Befreiungsanspruch ua von Zöllen einräumt. Die Klägerin hat sich auf eine Vereinbarung über die Geltung der AÖSp berufen. Ihr Geschäftsführer wurde dazu auch als Partei vernommen und gab an, daß die Parteien in ständiger Geschäftsverbindung stünden und die Beklagte Aufträge stets unter Hinweis auf die Geltung der AÖSp erteilt habe (S 5 f zu ON 8). Das Erstgericht traf dazu keine ausreichenden Feststellungen und hielt nur im Rahmen der rechtlichen Beurteilung fest, daß die Beklagte Spediteur sei und sich in ihren AGB selbst auf die AÖSp berufe. Ob dies auch hier beim Transportauftrag an die Klägerin der Fall gewesen ist, wurde nicht festgestellt. Gleichwohl beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt nach Speditionsrecht. Die fehlenden Feststellungen zu einer Vereinbarung über die Geltung der AÖSp rügte die in erster Instanz mit ihrem Leistungsbegehren obsiegende Klägerin in ihrer Berufungsbeantwortung. Das Thema ist im Revisionsverfahren aber nur dann relevant, wenn der Ersatzanspruch der Klägerin nicht auch nach Frachtrecht berechtigt wäre. Dazu ist folgendes auszuführen:

Nach den auf den Straßengütertransport anzuwendenden zwingenden Bestimmungen der CMR hat der Frachtführer Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihm dadurch entstehen, daß er Weisungen einholt oder ausführt, es sei denn, daß er diese Kosten verschuldet hat (Art 16 Abs 1 CMR). § 440 Abs 1 HGB gibt dem Frachtführer wegen aller durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen ein Pfandrecht am Transportgut und führt beispielsweise als gesicherte Forderung den Ersatzanspruch von Zollgeldern an. Entscheidend ist somit die Frage, ob die Klägerin (wenn sie nur Frachtführerin war) von der Beklagten zur Verzollung ausdrücklich oder schlüssig beauftragt worden ist. Zutreffend verweist die Revisionswerberin dazu auf die der Ansicht des Berufungsgerichtes entgegenstehenden Meinungen in der Lehre und Rechtsprechung. Nach Csoklich (Einführung in das Transportrecht 100) gehört die Verzollung bei grenzüberschreitenden Transporten grundsätzlich zu den Frachtführerpflichten (ebenso Krejci, Grundriß des Handelsrechts 455). In Jabornegg, HGB Rz 15 zu § 425 wird ausgeführt, daß neben dem auf den Frachtvertrag nach herrschender Meinung anzuwendenden Werkvertragsrecht das Auftragsrecht anzuwenden sei, wenn der Transporteur selbst Besorgungen, wie zB die Verzollung vornimmt. Nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung setzt der Anspruch des Frachtführers auf Ersatz von Abgabenschulden nicht einen ausdrücklichen Auftrag (hier: zur Verzollung) voraus. Der Ersatzanspruch muß auch ohne ausdrückliche Regelung nach Treu und Glauben als vereinbart gelten, wenn die Abgabenschulden in Erfüllung der Aufträge notwendigerweise entstanden sind (RdW 1987, 409; 4 Ob 503/96 = RdW 1996, 361). Es ist zwar richtig, daß die Beklagte der Klägerin keinen ausdrücklichen Auftrag erteilt hat, selbst eine Verzollung vorzunehmen. Beide Parteien gingen offensichtlich davon aus, daß der ausländische Empfänger des Transportguts die Importverzollung im Ausland vornehmen werde (was der Geschäftsführer der Klägerin in seiner Parteienvernehmung ausdrücklich einräumte). Die Beklagte hat im Transportauftrag aber die Klägerin ausdrücklich an einzuholende "weitere Weisungen bezüglich Importverzollung" gebunden, sodaß es nur mehr darauf ankommt, ob die Frachtführerin bei der Einholung oder Ausführung der Weisungen des polnischen Empfängers ein Verschulden im Sinne des Art 16 CMR trifft. Nach den getroffenen Feststellungen, an die der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, gebunden ist, hat der Subfrächter die Weisung des Empfängers befolgt, die Ware nicht zu dem für die Verzollung zuständigen Zollamt in Krakau zu transportieren, sondern das Transportgut zu einer Lagerhalle des Empfängers zu bringen, wo in der Folge eine vom Empfänger inszenierte betrügerische Scheinverzollung unter Verfälschung der Zolldokumente durchgeführt wurde. Der Subfrächter als Erfüllungsgehilfe der Klägerin (dessen Verschulden sie also vertreten müßte) hat an der Manipulation nicht vorsätzlich mitgewirkt. Nach den Feststellungen ist aber auch ein fahrlässiges Verhalten zu verneinen, weil in Polen auch eine Zollabfertigung am Sitz (im Lager) des Empfängers möglich und bei verderblichen oder schwer zu öffnenden Transportgütern sogar üblich ist (S 8 f in ON 9). Entgegen den Ausführungen der Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung ist dem Subfrächter kein Verschulden an der Entstehung der Zollschuld bei der Ausführung des Transportes unter Verwendung eines Carnet-TIR nach dem Zollabkommen (TIR-Abkommen) BGBl 1978/112 anzulasten. Der Frächter hat die erforderlichen Papiere ausgefüllt und den Transport nach den Weisungen des Empfängers - wie ihm von der Beklagten im Transportauftrag aufgetragen wurde - durchgeführt und nicht gegen erkennbare polnische Zollvorschriften verstoßen. Von einer verschuldeten nicht ordnungsgemäßen Stellung des Transportgutes unter Verwendung eines Carnet-TIR könnte nur dann die Rede sein, wenn eine Importverzollung vom Empfänger ausschließlich bei dem vom Grenzzollamt bezeichneten Bestimmungszollamt durchgeführt hätte werden dürfen, was aber - wie schon ausgeführt - nicht der Fall ist. Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der beim vereinbarungsgemäß durchgeführten Transport entstandenen, der Höhe nach unstrittigen Aufwendungen ist daher auch nach Frachtrecht berechtigt. Die Beklagte hat die Behauptung der Klägerin, sie habe ihrem Subfrächter die diesem mit dem polnischen Abgabenbescheid aufgetragenen Zahlungen schon ersetzt, nicht konkret bestritten. Feststellungen dazu wurden nicht getroffen; sie sind aber auch entbehrlich, weil die Belastung der Klägerin schon im Entstehen ihrer Verbindlichkeit gegenüber dem Subfrächter liegt und die Klägerin als Geschäftsbesorger vom Auftraggeber den Aufwandsersatz auch schon vor Bezahlung der Schuld verlangen kann (RdW 1991, 45 mwN). Im Ergebnis hat also auch der Frachtführer - wie ein Spediteur nach § 30 AÖSp - einen Befreiungsanspruch.

Die Sache ist im Sinne einer Stattgebung des Leistungsbegehrens spruchreif. In der Berufung der Beklagten wurden zwar fehlende Feststellungen zur Begründung eines Verschuldens des Fahrers des Subfrächters maßgeblichen Umstände gerügt (der Fahrer habe die Identität sowohl der für den Empfänger einschreitenden Vertreter als auch des einschreitenden Zollbeamten am Entladeort nicht geprüft). Diese Umstände unterliegen aber dem Neuerungsverbot, weil sich die Beklagte im Verfahren erster Instanz nur auf die Unterlassung der Stellung des Transportgutes am Ort des zuständigen Finanzamts zur Begründung eines Verschuldens des Frachtführers berufen hat.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 41 und 43 Abs 1 sowie auf § 50 ZPO.

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