OGH 7Ob258/98m

OGH7Ob258/98m23.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schalich, Dr. Tittel und Dr. Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Daniel W*****, und des mj. Tobias W*****, beide vertreten durch das Stadtjugendamt Salzburg als Unterhaltssachwalter, infolge Revisionsrekurses des Unterhaltssachwalters gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 4. März 1998, GZ 21 R 60/98i-41, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs des Unterhaltssachwalter wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der mj. Daniel und der mj. Tobias sind die außerehelichen Kinder des Kindesvaters Walter F***** und der Kindesmutter Elisabeth W*****. Der Kindesvater ist zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 1.800,- ab 1. 7. 1992 für Daniel und von S 700,- für Tobias ab 20. 8. 1990 verpflichtet. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 2. 9. 1996, ON 25, wurden für Daniel Titelvorschüsse von S 2.000,- für 1. 8. 1996 bis 31. 7. 1999, mit Beschluß vom 12. 9. 1996, ON 26, für Tobias solche für den Zeitraum 1. 8. 1996 bis 31. 7. 1999 gewährt. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 31. 7. 1997, ON 30, wurden die Unterhaltsvorschüsse rückwirkend ab 1. 2. 1997 auf S 650,- je Kind herabgesetzt.

Der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz begehrt mit seinen jeweils am 8. 9. 1997 beim Erstgericht eingelangten Anträgen hinsichtlich eines im Zeitraum vom 1. 2. 1997 bis 31. 7. 1997 entstandenen Übergenusses von S 8.100,- für Daniel und S 300,- für Tobias, jeweils das Kind, den gesetzlichen Vertreter, die Pflegeperson und den Unterhaltsschuldner nach den §§ 22, 23 UVG zum Rückersatz der zu Unrecht gezahlten Vorschüsse zu verpflichten.

Das Erstgericht hat mit seinem Beschluß vom 11. 12. 1997 unter Punkt

1.) das "Land Salzburg als Jugendwohlfahrtsträger" zum Rückersatz der Übergenüsse verpflichtet und unter Punkt 2.) die Rückersatzanträge hinsichtlich der Kinder, der Pflegeperson und des Unterhaltsschuldners abgewiesen.

Es erörterte rechtlich, daß "Land Salzburg als zuständiger Jugendwohlfahrtsträger, vertreten durch den Magistrat der Landeshauptstadt Salzburg (Stadtjugendamt, Magistratsabteilung 3, St. Julienstraße 20, 5020 Salzburg)" sei gemäß § 9 Abs 1 UVG gesetzlicher Vertreter der Minderjährigen. Das Stadtjugendamt habe grob fahrlässig seine Mitteilungspflicht im Sinn des § 21 UVG verletzt, weil es trotz Überweisung der Familienzuschläge zum Karenzurlaubsgeld des Kindesvaters, das dieser seit 8. 1. 1997 bezogen habe, hievon dem Gericht erst nach sechs Monaten Mitteilung gemacht habe.

Dagegen richtete sich der Rekurs des Stadtjugendamtes Salzburg mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß im Sinn einer vollinhaltlichen Abweisung des Antrags abzuweisen.

Das Rekursgericht wies diesen Rekurs als unzulässig zurück.

Im vorliegenden Fall werde in die Rechtssphäre der Rekurswerberin (des Stadtjugendamtes Salzburg) nicht eingegriffen, weil nicht die Stadt Salzburg, sondern das "Land Salzburg" zum Rückersatz der zu Unrecht ausbezahlten Unterhaltsvorschüsse verpflichtet worden sei. Eine Vertretungsbefugnis des Stadtjugendamts könne nur hinsichtlich der Stadt Salzburg, nicht aber auch hinsichtlich des Landes Salzburg bestehen. Der Rekurs erweise sich daher schon mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig, ohne beurteilen zu müssen, ob das Stadtjugendamt Salzburg aufgrund magistratsinterner Vorschriften überhaupt die Landeshauptstadt Salzburg als Statutarstadt wirksam vertreten könne. Das Rekursgericht verwies noch darauf, daß das Stadtjugendamt Salzburg zum Sachwalter der Kinder zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche bestellt worden sei. Eine Verletzung der Mitteilungspflicht sei jener Gebietskörperschaft zuzuordnen, der die Organisationseinheit funktionell zuzuordnen sei, die die für den UVG Bereich maßgeblichen Aufgaben der Jugendwohlfahrt besorge. In diesem Sinne hafte das Bundesland für die Bezirkshauptmannschaft und die Statutarstadt für ihren Magistrat. Damit käme beim vorliegenden Sachverhalt nur eine Haftung der Stadt Salzburg in Betracht. Dies könne aber mangels Vorliegens eines zulässigen Rechtsmittels ebensowenig aufgegriffen werden wie der Umstand, daß das Land Salzburg dem Rückersatzverfahren nicht beigezogen worden sei. Dem Rekursgericht sei eine meritorische Befassung mit dem Rekursvorbringen, insbesondere hinsichtlich der Frage einer grobfahrlässigen Verletzung der Mitteilungspflicht, vorderhand verwehrt.

Das Rekursgericht sprach zunächst aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil es auch hinsichtlich der im Hintergrund stehenden Frage des Haftungsträgers für das Stadtjugendamt Salzburg einer einhelligen Lehre und Rechtsprechung gefolgt sei, änderte aber über Antrag gemäß § 14a Abs 1 AußStrG seinen Ausspruch dahingehend ab, daß es den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig erklärte.

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist darauf zu verweisen, daß im Verfahren über die Rückzahlung von Unterhaltsvorschüssen zwar zwischen den Interessen des Unterhaltssachwalters und jenen des Kindes eine Kollision besteht, die an sich die Vertretung des Kindes durch den Unterhaltssachwalter ausschließt (ÖA 1985, 149; SZ 55/24 ua); dies kommt aber im Revisionrekursverfahren nicht mehr zum Tragen, weil der Antrag des Präsidenten des Oberlandesgericht Linz in Ansehung der Minderjährigen bereits rechtskräftig abgewiesen ist.

Sowohl das Rekursgericht als auch das Stadtjugendamt Salzburg erachten das Rechtsmittel als zulässig, weil zur Frage, ob das Stadtjugendamt Salzburg für das Land Salzburg als Jugendwohlfahrtsträger vertretungsbefugt sei, Rechtsprechung fehle. Diese Vertretungsbefugnis ergebe sich aus der mit Salzburger LGBl 1998/8 eingeführten und am 1. 1. 1998 in Kraft getretenen Bestimmung des § 6 Abs 4 der Salzburger Kinder und Landesjugendwohlfahrtsordnung 1992. Danach "obliegt den Bezirksverwaltungsbehörden auch die Besorgung jener Aufgaben, die in anderen Rechtsvorschriften dem Jugendwohlfahrtsträger übertragen werden". Diese Bestimmung ist aber auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden, weil der Beschluß des Erstgerichtes vor Inkrafttreten am 11. 12. 1997 gefaßt wurde und jedenfalls innerhalb der Rechtsmittelfrist eine Vertretungsbefugnis des Stadtjugendamtes Salzburg für das Land Salzburg zu verneinen ist. Ausführungen zu einer erst nach Beschlußfassung ergangenen Rechtsbestimmung wären rein theoretischer Natur, wozu der Oberste Gerichtshof nicht berufen ist.

Im übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre, daß dem Stadtjugendamt eine Rechtsmittellegitimation gegen Beschlüsse, mit welchen ein Bundesland zum Rückersatz zu Unrecht ausbezahlter Unterhaltsvorschüsse auferlegt werden, fehlt. Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre haften für zu Unrecht gewährte Unterhaltsvorschüsse jener Gebietskörperschaft, welcher die zum besonderen Unterhaltssachwalter bestellte Bezirksverwaltungsbehörde funktionell zuzurechnen ist, also das Bundesland für eine Bezirkshauptmannschaft und die Statutarstadt für ihren Magistrat (EF 60.534; SZ 59/98 = EvBl 1987/148 = RZ 1986/60 = ÖA 1988, 85; 2 Ob 626/88; 2 Ob 602/89; 1 Ob 546/93 ua; Edlbacher ÖJZ 1955, 72; derselbe ÖA 1974, 81; Beitner, Die Amtsvormundschaft nach dem JWG; JBl 1957, 33).

Im vorliegenden Fall hätte daher die Stadt Salzburg für eine mögliche grobfahrlässige Verletzung der Mitteilungspflicht einzustehen. Da aber das Land Salzburg in Anspruch genommen wurde und das Stadtjugendamt Salzburg für dieses - zumindest nach der zum Zeitpunkt der Beschlußfassung erster Instanz bestehenden Rechtslage - nicht vertretungsbefugt war, hat das Rekursgericht den Rekurs des Stadtjugendamtes Salzburg zu Recht zurückgewiesen. Ob das Stadtjugendamt Salzburg nach der nunmehrigen Rechtslage vertretungsbefugt gewesen wäre, ist hier nicht zu prüfen.

Der unzulässige Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte