OGH 3Ob267/98f

OGH3Ob267/98f25.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wohnungseigentümergemeinschaft des Hauses S*****gasse *****/A*****Straße ***** Schwechat, vertreten durch Rechtsanwalts - Partnerschaft Gabler & Gibel in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Franz G*****, vertreten durch Dr. Wenzel Drögsler, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 66.499,36 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen als Berufungsgerichtes vom 13. Mai 1998, GZ 35 R 240/98y-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei ein Teil des Urteiles des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 29. Juli 1997, GZ 8 C 2227/95p-17, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst

zu tragen.

Text

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 27. 10. 1994/27. 6. 1995 erwarb der Beklagte vom ehemaligen Wohnungseigentumsorganisator drei Wohnungseigentumsanteile zum Zweck des Ausbaus des Dachbodens. Im Hinblick auf den Verteilungsschlüssel für die Betriebskostenverrechnung wurde vereinbart:

"Die kaufgegenständlichen Dachbodenflächen gelten dabei mit Fertigstellung des Ausbaus ( = Bezugsfertigstellung) als genutzt, sodaß ab diesem Zeitpunkt die Wohnflächen in die Gesamtnutzfläche und damit in die Bemessung für die Betriebskosten einzubeziehen sind. Auf die Erteilung der Benützungsbewilligung ist nicht abzustellen."

Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft begehrt vom Beklagten für drei Wohnungseigentumsobjekte nach Klagsausdehnung die Zahlung von S 66.499,36 sA für rückständige Betriebskosten und zwar jeweils ab September 1995 bis zum Verkauf dieser Objekte durch den Beklagten.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wandte im wesentlichen ein, die Wohnungen seien noch nicht fertiggestellt, da der Innenausbau erst nach den Wünschen der Käufer fertiggestellt werde. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarung sei aber die Fälligkeit der Betriebskosten erst ab Fertigstellung gegeben. Insbesondere seien die Objekte noch nicht an Gas und Strom angeschlossen.

Das Erstgericht wies die Klage zur Gänze ab.

Neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte es unter anderem fest:

Vertragsverfasser im Auftrag der Verkäuferin war Dr. Michael G*****.

Eine Feststellung darüber, daß die Objekte ... zum Zeitpunkt der

erstmaligen Betriebskostenvorschreibung für September 1995 und

überhaupt im Vorschreibungszeitraum 1. 9. 1995 bis ... 24. 10. 1996

... bereits bezugsfertig waren, kann aber nicht getroffen werden.

Insbesondere waren zu diesem Zeitpunkt die Wohnungen noch nicht mit Strom und Wasser versorgt und war noch im Juli 1996 kein Gas- und Stromzähler montiert. Auch die Kamine und Kaminstege waren noch nicht fertiggestellt.

Der Beklagte sicherte den Käufern der drei Wohnungseiogentumsobjekte noch die Durchführung von Arbeiten zu, die dazu dienten, die Objekte nach deren speziellen Wünschen auszustatten.

Am 12. 9. 1996 fand ein abschließender Lokalaugenschein der Baubehörde statt. Bei diesem wurde u.a. als Mangel festgestellt, daß die Benützungsbewilligung der Wiener Stadtwerke - Wiengas über die ordnungsgemäße Ausführung der mit Gas befeuerten Warmwasserzentralheizungsanlage der drei Wohnungen fehle.

Eine Feststellung, wann konkret die Wohnungen "bezugsfertig im Sinne des Punktes III des Kaufvertrages (Fertigstellung des Ausbaues)" waren, kann nicht getroffen werden, zumal die Baufirmen des Beklagten keine Bautagebücher geführt haben und keine nachvollziehbaren Kriterien vereinbart wurden, was unter "Fertigstellung des Ausbaues" zu verstehen sei. Jedenfalls haben im Vorschreibungszeitraum sehr wohl noch Arbeiten des Beklagten in den Wohnungen stattgefunden, vor deren Abschluß die Wohnungen von den Käufern nicht bezogen werden konnten und auch nicht bezogen wurden.

Der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht teilweise Folge. Mit Teilurteil bestätigte es die Abweisung eines Begehrens von S 57.605,90 sA; dagegen hob es das Urteil des Erstgerichtes im Umfang von S 8.893,46 sA auf und verwies die Rechtssache insoweit an dieses zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision zulässig sei.

Zur Rechtsrüge der Klägerin führte es aus, daß entscheidend sei, was unter "Fertigstellung des Ausbaus ( = Bezugsfertigstellung)" zu verstehen sei. Entgegen deren Auffassung sei § 10 Abs 2 Z 2 BTVG nicht heranzuziehen, weil dieses Gesetz erst mit BGBl 1997/7, also lange nach Vertragsunterfertigung Bestandteil des Rechtsordnung geworden sei.

Ohne nähere Begründung wird dargelegt, daß Unklarheiten zu Lasten der Klägerin gingen, da der Vertreter der Verkäuferin (nunmehrigen Mehrheitseigentümerin) Vertragsverfasser gewesen sei. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes könne von einer Bezugsfertigstellung erst dann ausgegangen werden, wenn in den einzelnen Objekten die Gas- und Stromanlagen benützt werden können. Bei solchen Objekten sei jedenfalls davon auszugehen, daß künftige Bewohner dieser Objekte eine standardgemäße Beleuchtung bzw. Beheizung voraussetzten, wozu die Bezugsmöglichkeit von Strom und Gas gehöre. Demnach sei entscheidend, ab wann für die einzelnen Objekte die Gas- und Stromzufuhr bestanden habe. Aus der Auskunft der Wiener Stadtwerke vom 29. 7. 1996 ergebe sich, daß zum damaligen Zeitpunkt weder Stromzähler noch Gasmesser montiert gewesen seien. Wann dies der Fall gewesen sei, lasse sich den Urkunden nicht entnehmen. Unter diesen Umständen sei auf die Ausführungen in der Berufung zum Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung nicht weiter einzugehen, da der Berufung aus rechtlichen Gründen bis einschließlich Juli 1996 der Erfolg zu versagen sei. Für die Monate August bis Oktober fehle es an Feststellungen, wann für die einzelnen Objekte Gas- und Stromzähler angeschlossen worden seien bzw. die Benützungsbewilligung für die Zentralheizung erteilt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision sei zuzulassen gewesen, weil, soweit ersichtlich, keine Judikatur zum Begriff "Bezugsfertigstellung" bestehe, was im Hinblick auf die Verwendung dieses Begriffes im BTVG über das gegenständliche Verfahren hinaus Bedeutung habe.

Die Revision ist entgegen diesem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a ZPO nicht bindenden Ausspruch nicht zulässig.

Wie das Berufungsgericht zunächst durchaus richtig erkannt hat, ist im vorliegenden Fall die Auslegung einer Bestimmung des BTVG, das keinesfalls auf vor seinem Inkrafttreten abgeschlossene Bauträgerverträge anzuwenden ist, schon wegen des davor liegenden Abschlußdatums des zwischen dem seinerzeitigen Wohnungseigentumsorganisator und dem Beklagten abgeschlossenen Vertrag nicht relevant. Daher reicht die Verwendung eines auch im genannten Gesetz verwendeten Begriffes nicht aus, um das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO zu begründen. Die Auslegung einer konkreten Vertragsbestimmung durch die zweite Instanz ist aber, wurden die Auslegungsgrundsätze der §§ 914f ABGB beachtet stets eine solche des Einzelfalls (Kodek in Rechberger Rz 5 zu § 502).

Eine die Zulässigkeit der Revision begründende Fehlbeurteilung liegt

nicht vor. Zunächst übersieht die Klägerin, daß sie in ihrer Berufung

zwar die Negativfeststellung des Erstgerichtes zur Bezugsfertigkeit

der Wohnungen im September 1995 bekämpft hat, nicht jedoch jene, daß

es im Juli 1996 noch an der Versorgung mit Strom und Gas mangelte und

damals weder Gas- noch Stromzähler montiert waren. Tatsächlich war

aber die Frage, ob die "Fertigstellung des Ausbaus (=

Bezugsfertigstellung)" bereits erfolgt war, eine der rechtlichen

Beurteilung, lagen doch keine Beweisergebnisse über die tatsächlichen

Absichten der Parteien in diesem Zusammenhang vor (RIS-Justiz

RS0043422; zuletzt 3 Ob 222/98p). Da eine "echte" Verkehrssitte (vgl

dazu Rummel in Rummel2 Rz 5 und 13 zu § 914) nicht behauptet hat,

kommt es darauf an, was nach der Sprachüblichkeit als Absicht der

Parteien anzusehen ist (aaO Rz 5). Soweit das Berufungsgericht

erkannte, daß zumindest die Bezugsmöglichkeit von Strom [und

jedenfalls soweit Gasheizung vorgesehen] von Gas Voraussetzung für

die Fertigstellung im Sinne von Beziehbarkeit eines neu errichteten Wohnungseigentumsobjektes ist, ist ihm zweifellos zu folgen, sodaß die Feststellung des Erstgerichtes, im Juli 1996 seien die Wohnungen "noch nicht mit Strom und Gas versorgt" gewesen die Verneinung der vertraglich vereinbarten Voraussetzungen der Zahlungspflicht für Betriebskosten rechtfertigt. Es kann somit - was das allein anfechtbare Teilurteil angeht - dahingestellt bleiben, ob nicht üblicherweise die ersten Wohnungseigentümer oder Mieter selbst für die Montage von Strom- und Gaszählern zu sorgen haben, sodaß dies nicht mehr zur Fertigstellung zählen würde. Die Errichtung der entsprechenden Versorgungsleitungen ist aber zweifellos Voraussetzung für die Möglichkeit, kurzfristig diese Energiearten beziehen zu können und damit für die Bezugsfertigkeit. Die zitierte Feststellung kann aber im Zusammenhang mit der weiteren, daß zu dieser Zeit noch kein "Gas- und Stromzähler" montiert war, nur so gedeutet werden, daß eben auch die Anschlüsse nicht fertig waren. Darauf, ob auch die Erfüllung von Sonderwünschen der Käufer der drei Wohnungseigentumsobjekte die Fertigstellung hinausschieben könnte, ist damit ebenso wenig einzugehen wie darauf, ob die Unklarheitenregel des § 915 S 2 ABGB im vorliegenden Fall mangels Identität zwischen Vertragspartner des Beklagten und Klägerin angewendet werden könnte. Eine Stellungnahme zum Aufhebungsbeschluß und der darin geäußerten Rechtsansicht ist dem Obersten Gerichtshof mangels eines Zulässigkeitsausspruches nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO verwehrt.

Die Kostenentscheidung (nach § 50 iVm §§ 40, 41 ZPO) gründet sich darauf, daß der Beklagten in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat.

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