OGH 9ObA275/98a

OGH9ObA275/98a25.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie durch die fachkundigen Laienrichter Franz Ovesny und Dr. Bernhard Rupp als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei D***** Produktionsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Peter Kunz und andere, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Hansa C*****, Schauspieler, ***** vertreten durch Dr. Georg Grießer und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 183.662,81 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. April 1998, GZ 7 Ra 68/98s-46, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 27. August 1997, GZ 6 Cga 120/94y-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

9.900 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.650 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte, der Schauspieler und deutscher Staatsbürger ist, sollte im Jahr 1994 im Spielfilm "Internationale Zone", der in Wien produziert werden sollte, die männliche Hauptrolle des "Sascha" übernehmen. Ihm wurde mitgeteilt, daß die weibliche Hauptrolle mit der in Jugoslawien ansässigen Schauspielerin Anica D***** besetzt werde, was auch den Vorstellungen des Beklagten entsprach. Nach Vorliegen eines Vertrages mit Anica D***** stellte der Geschäftsführer der Klägerin dem Beklagten als gewiß dar, daß Anica D***** seine Partnerin sein werde. Der Geschäftsführer wußte, wie wichtig für den Beklagten die Mitwirkung der Anica D***** war. Soweit Angebote und Gegenangebote zum Arbeitsvertrag per Telefax ausgetauscht wurden, wurden Vertragsformblätter der Klägerin mit der Überschrift Arbeitsvertrag für Filmschaffende verwendet. Darin waren Klauseln "Jeder Vertragspartner erhält eine Ausfertigung dieses Vertrages" und "Änderungen oder Ergänzungen dieses Arbeitsvertrages bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform". Den dem Beklagten am 21. 12. 1993 übermittelten Vertragsentwurf sandte der Beklagte mit Ausbesserungen versehen der Klägerin zurück. Diese Ausbesserungen waren Grundlage eines neuen Vertragsentwurfes vom 29. 12. 1993, der dem Beklagten zugefaxt wurde. Er faxte zurück, daß der Vertrag so "okay" wäre. Dabei bezog er sich auf die geänderten Punkte, den Arbeitsbeginn am 9. 1. 1994 und den Punkt über die Flugkosten Paris - Wien - Paris. Noch am 31. 12. 1993 fand über die zu benützende Klasse im Flugzeug ein einigendes Ferngespräch zwischen den Streitteilen statt. Mit Fax vom 5. 1. 1994 teilte die Agentur der Anica D***** der Klägerin mit, daß diese aus Krankheitsgründen an den Dreharbeiten zur Produktion "Internationale Zone" nicht teilnehmen könne. Noch vor dem vereinbarten Arbeitsbeginn am 9. 1. 1994 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß er unter den "eingetretenen Umständen" (krankheitsbedingter Ausfall der Anica D*****) den Vertrag nicht abschließen wolle.

Die Klägerin begehrt aufgrund der rechtswidrigen und schuldhaften Weigerung des Beklagten, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, Schadenersatz in der Höhe von insgesamt S 183.662,81.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, daß ein Arbeitsverhältnis zwischen den Streitteilen nicht bestanden habe und ein Arbeitsvertrag niemals abgeschlossen worden sei. Selbst wenn Vertragsbindung bestanden hätte, sei Fälligkeit des Anspruches nicht gegeben bzw die gesetzte Bedingung der Mitwirkung der Anica D***** nicht erfüllt worden. Auch Aufhebung des Vertrages nach § 871 ABGB werde geltend gemacht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es vertrat die Rechtsansicht, daß infolge Vereinbarung der Schriftform mangels Einhaltung derselben ein Vertrag nicht zustandegekommen sei. Der Vertragsabschluß scheitere im übrigen auch am Vorliegen von Dissens. Es lägen zwar äußerlich sich deckende Erklärungen vor, während beide Vertragsteile etwas anderes meinten. Dieser den Streitteilen verborgen gebliebene Dissens hindere den Vertragsschluß.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die Revision zulässig sei.

Die Vereinbarung der Schriftform ergebe sich nicht nur aus der Klausel, Änderungen und Ergänzungen des Vertrages bedürften zu ihrer Gültigkeit der Schriftform, sondern auch daraus, daß jede Vertragspartei eine schriftliche Ausfertigung des Arbeitsvertrages erhalten werde. Überdies habe die klagende Partei in gleichgelagerten Fällen stets schriftliche Arbeitsverträge geschlossen. Von der vereinbarten Schriftform sei auch nicht konkludent abgegangen worden. Das Berufungsgericht schloß sich der Rechtsansicht des Erstgerichtes an (§ 500a ZPO), daß über den Hauptpunkt der Vereinbarung, der gemeinsamen Filmrolle mit Anica D*****, zufolge Dissenses auch ein mündlicher Vertrag nicht wirksam zustandegekommen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision der Klägerin nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Berufungsverfahren bleibt nur mangelhaft, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge überhaupt nicht auseinandersetzt. Nicht aber schon dann, wenn es nicht auf jedes einzelne Argument des Beschwerdeführers eingeht (RIS-Justiz RS0043162). Selbst eine mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung bildet keinen Verfahrensmangel. Schon eine knapp gehaltene Beweiswürdigung, die wie hier erkennen läßt, daß eine Überprüfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung stattgefunden hat, genügt (SSV-NF 7/32).

Der von der klagenden Partei in der Verhandlung vom 23. 4. 1997 vorgetragene bereits schriftlich gestellte Antrag, den von der beklagten Partei geführten und im Rechtshilfeweg zu diesem Zeitpunkt bereits vernommenen Zeugen A***** ohne Änderung oder Ergänzung des Beweisthemas vor dem erkennenden Gericht zu vernehmen, weil nur so die Glaubwürdigkeit seiner Aussage überprüft werden könne, ist nicht als Rüge gegen die antragsgemäß erfolgte Rechtshilfevernehmung aufzufassen. Der Antrag auf Vornahme der unmittelbaren Beweisaufnahme aus Zwecken der Beweiswürdigung wirkt sich in erster Linie auf die Beweiswürdigung des Gerichtes aus, die im Revisionsverfahren nicht überprüfbar ist (Fasching Lehrbuch2 Rz 676). Wenn auch die Verletzung der Unmittelbarkeit grundsätzlich einen Verfahrensmangel bilden kann, so hat das Berufungsgericht einen solchen, gemäß § 196 ZPO in erster Instanz nicht gerügten Mangel verneint. Dieser Umstand kann daher nicht in der Revision mit Erfolg geltend gemacht werden (Arb 11.265 ua).

Es kann dahingestellt bleiben, ob überhaupt die Schriftform vereinbart war oder der Vertragsabschluß am Dissens der Vertragsparteien scheiterte. Selbst wenn man die Ansicht der klagenden Partei teilt, daß ein verbindlicher Vertrag bereits aufgrund der Einigung über den Vertragsinhalt vorlag, war nach den Feststellungen Arbeitsbeginn am 9. 1. 1994. Dienste im Sinne des Schauspielergesetzes waren daher erst zu diesem Zeitpunkt zu leisten. Der Beklagte hat aber noch vor dem vereinbarten Arbeitsbeginn erklärt, "den Vertrag nicht abschließen zu wollen". Wenn auch der Beklagte anfangs diese Erklärung nicht als einen Rücktritt von einem bereits geschlossenen Vertrag verstanden hat (AS 23), so ist er dann im späteren Verfahrensverlauf jedenfalls auch davon ausgegangen, daß er aus bestimmten Gründen den Vertrag nicht zu halten verpflichtet war. Unter allseitiger rechtlicher durch das Vorbringen gedeckter Würdigung hat der Beklagte mit der abgegebenen Erklärung zu erkennen gegeben, daß er sich vertraglich nicht gebunden fühlte. Damit kann aber auch von einem Rücktritt nach § 41 Abs 2 Schauspielergesetz bei Vorliegen eines wichtigen Austrittsgrundes nach § 39 Z 4 Schauspielergesetz ausgegangen werden. Es besteht kein Zweifel, daß bei der Zusicherung, daß Anica D***** Spielpartnerin des Beklagten sein werde und der Klägerin bekannt war, wie wichtig für den Beklagten ihre Mitwirkung war, die Nichterfüllung der Vertragspflicht durch Anica D***** aus Krankheitsgründen einen wesentlichen Grund für den Beklagten bildete, nicht mehr am Vertrag festzuhalten. Es kommt nur darauf an, daß diese Vertragszusage der Klägerin eine wesentliche Voraussetzung für den Beklagten war, den Vertrag einzugehen, ohne daß es darauf ankommt, ob es sich auch um eine Bedingung handelte. Infolge des berechtigten Rücktrittes besteht daher keine rechtswidrige und schuldhafte Weigerung des Beklagten, den Vertrag zu erfüllen.

Der Revision war daher im Ergebnis keine Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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