Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Mieterin einer im 2. Stock gelegenen Wohnung. Mieterin der genau darüberliegenden Wohnung ist die Erstbeklagte, die diese Wohnung gemeinsam mit dem Zweitbeklagten, ihrem damaligen Ehemann, bewohnte. Im August 1995 kam es zu einem von dieser Wohnung ausgehenden Wassereinbruch bei der Klägerin. Als Schadensursache wurde die defekte Zuleitung einer in der Wohnung der Erstbeklagten stehenden Waschmaschine festgestellt, die nach den Behauptungen der Beklagten vom Zweitbeklagten während der vorübergehenden Abwesenheit der Erstbeklagten ("um sie zu überraschen") angeschafft und unsachgemäß angeschlossen worden war. Die Klägerin begehrt im vorliegenden Verfahren von beiden Beklagten zur ungeteilten Hand den Ersatz ihres Schadens. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur die Haftung der Erstbeklagten dem Grunde nach.
Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, daß das Klagebegehren gegenüber der Erstbeklagten zu Recht bestehe, und verurteilte den Zweitbeklagten mit Endurteil zur Zahlung des Klagebetrages. Die Haftung der Erstbeklagten ergebe sich aus § 1318 ABGB; der Zweitbeklagte habe das Begehren konkludent anerkannt.
Das Berufungsgericht gab der von der Erstbeklagten erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Der Revision des Zweitbeklagten gab es dahin Folge, daß auch seine Haftung nur dem Grunde nach bejaht, das Urteil im übrigen aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zurückverwiesen wurde. Eine Haftung der Erstbeklagten für ihr eigenes Verhalten als Wohnungsinhaberin könnte - bei Richtigkeit ihrer Prozeßbehauptungen - zwar verneint werden, weil sie während ihrer Ortsabwesenheit keine Kenntnis haben konnte, daß ihr Ehemann eine Waschmaschine anschaffen und mangelhaft anschließen würde. Die Schädigung wäre dann durch einen Dritten erfolgt. Die Haftung des Wohnungsinhabers für eine Schädigung durch Dritte bestehe aber unabhängig von seinem Verschulden oder auch nur einer objektiven Sorgfaltsverletzung;
insoweit liege eine Erfolgshaftung vor. Eine bloß vorübergehende Abwesenheit (während des Besuches bei einer Freundin) könne von dieser Haftung nicht befreien. In der Lehre (Wolf in Klang2 VI 106 f;
Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 15 zu § 1318) werde die Erfolgshaftung des Wohnungsinhabers dann abgelehnt, wenn ihm die Verfügungsgewalt tatsächlich entzogen worden sei wie etwa durch eingedrungene Räuber oder Hausbesetzer. Da somit - von der Rechtsprechung nicht völlig geklärte - Ausnahmen von der Erfolgshaftung des Wohnungsinhabers anerkannt würden, sei die ordentliche Revision zuzulassen.
Die gegen dieses Urteil von der Erstbeklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 1318 ABGB haftet der Wohnungsinhaber für jeden Schaden, der dadurch entsteht, daß aus der Wohnung etwas hinausgeworfen oder hinausgegossen wird; unter diesem Begriff wird im Wege der erweiternden Auslegung auch das Ausfließen von Leitungswasser etwa aus einem nicht abgedrehten Ventil verstanden. Der Grund dieser Haftung liegt darin, daß der Wohnungsinhaber für die Ordnung im Haushalt verantwortlich ist und ihm auch faktisch die Möglichkeit entsprechender Einflußnahme offensteht. Haftbar ist demnach derjenige, dem die tatsächliche Verfügungsgewalt über den betreffenden Wohnraum zusteht (vgl. MietSlg 40.188 mwN). Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin kam ihr zur Zeit des Schadensfalles als alleinige Mieterin die Qualifikation einer Wohnungsinhaberin nach § 1318 ABGB zu. Ihre Rechtsstellung ist daher auch weder mit einem nur vorübergehend in eine Wohnung aufgenommenen Besucher oder Mitbewohner noch mit einem in ein Hotel aufgenommenen Gast zu vergleichen (vgl. SZ 51/116 mwN).
§ 1318 ABGB setzt kein Verschulden des Wohnungsinhabers am eingetretenen Schaden voraus, es kommt lediglich darauf an, ob die Gefahr, aus der der Schaden später entstand, objektiver erkennbar war; das Fehlen subjektiver Vorwerfbarkeit auf seiten des Rauminhabers ist nicht zu berücksichtigen (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 9a und 16 zu § 1318; Koziol, Österr. Haftpflichtrecht2 373 ff, 387 ff, 392; RIS-Justiz RS0029761). Grund für diese Haftung ohne eigenes Verschulden liegt im Beweisnotstand des Verletzten (Koziol aaO 374 unter Hinweis auf Zeiller, Komm. III/2, 747); ein solcher Beweisnotstand bildet aber im Einzelfall keine Voraussetzung dieser Haftung (SZ 51/116; JBl 1989, 40; RIS-Justiz RS0029802).
Bei einem Wasserschaden kommt es darauf an, ob Umstände vorliegen, als deren Folge der Eintritt eines Wasserschadens ohne weiteres verständlich erscheint, Umstände also, die eine Gefahr in dieser Richtung bilden. So wird der Wohnungsinhaber stets für durch schlechten Verschluß des Wasserhahnes verursachte Wasserschäden zu haften haben. Nach § 1318 ABGB ist der Wohnungsinhaber nur dann nicht für den durch das aus seiner Wohnung fließende Wasser verursachten Schaden ersatzpflichtig, wenn er beweist, daß er alle objektiv erforderlichen Maßnahmen getroffen und die nach der Lebenserfahrung mit einer dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entsprechenden Wahrscheinlichkeit berechenbaren Risken in zumutbarer Weise ausgeschaltet hat (vgl JBl 1989, 40 mwN, MietSlg. 47.148). So könnte einem Wohnungsinhaber, der die Wohnung in ordnungsgemäßem Zustand verlassen hat, nicht angelastet werden, daß es während seiner Abwesenheit anderen Personen, auf deren Betreten der Wohnung ("Eindringen" iS der Ausführungen Klangs aaO 107 und Koziols aaO 375) und ihr Verhalten in dieser er keinen Einfluß ausüben konnte, möglich war, eine gefährliche Lage in der Wohnung zu schaffen. Aus dem Umstand, daß außer dem Wohnungsinhaber etwa noch weitere Personen im Besitz von Schlüsseln zur Wohnung waren, so daß diese ohne weiteres auch während ihrer Abwesenheit Zutritt zur Wohnung hatten, könnte ihm kein Vorwurf gemacht werden, wenn nicht er es gewesen war, der die Wohnungsschlüssel aus der Hand gegeben hatte (MietSlg 47.148). Der Wohnungsinhaber haftet demnach nicht für Personen, die ihm die Verfügungsgewalt tatsächlich entzogen haben; in der Lehre werden hier beispielsweise Räuber, Terroristen und Hausbesetzer genannte (Ehrenzweig, SchR 686; Wolf aaO 107; Reischauer aaO Rz 3 und 15).
Selbst bei Richtigkeit der - von den Vorinstanzen nicht überprüfbaren - Behauptung der Erstbeklagten, daß der Wasserschaden in ihrer (vorübergehenden) Abwesenheit und ohne ihr Wissen von ihrem Ehemann verursacht worden sei, besteht im Lichte der bisherigen Ausführungen kein Anlaß zur Befreiung von ihrer Haftung nach § 1318 ABGB. Als Mieterin und über die Wohnung Verfügungsberechtigte haftet sie auch für Angehörige ihres Haushaltes (Familienmitglieder) und damit für den in der gemeinsamen Wohnung lebenden Ehemann. Die Verfügungsberechtigung war ihr auch durch eine vorübergehende Ortsabwesenheit nicht entzogen. Richtig ist, daß Ehegatten über die Ehewohnung gemeinsam verfügungsberechtigt sein können. Gemeinsame Inhabung einer Wohnung führt aber nach herrschender Auffassung zur Solidarhaftung (Ehrenzweig aaO 686; Koziol aaO 388; Reischauer aaO Rz 4; SZ 51/116). Diese Solidarhaftung von Ehegatten, die im gemeinsamen Haushalt leben, ist schon deshalb angezeigt, weil der Geschädigte, der in die Gestaltung des ehelichen Lebens und Wirtschaftens gewöhnlich keinen Einblick hat, nicht mit unnötigen Behauptungs- und Beweisschwierigkeiten belastet werden soll.
Ob die Erstbeklagte auch aus dem Titel des Ausgleichsanspruchs nach § 364a ABGB haften würde (SZ 65/38 = JBl 1992, 641), braucht nicht weiter untersucht zu werden.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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