OGH 12Os140/98

OGH12Os140/9819.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. November 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schmidt als Schriftführer, in der Strafsache gegen Meinrad K***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 15. Juli 1998, GZ 11 Vr 2749/97-11, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Meinrad K***** wurde des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit vom 6. bis 26. Juli 1997 in St. Radegund unmündige Personen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbrauchte, und zwar

1. die am 16. Mai 1989 geborene Alexandra B*****, "indem er ihr mit der Hand unter die Unterhose fuhr und sie am Geschlechtsteil streichelte",

2. die am 14. Mai 1987 geborene Sabrina S*****, "indem er sie über der Radlerhose an der Scheide berührte",

3. die am 12. April 1988 geborene Denise R*****, "indem er ihr mehrmals unter das Leibchen fuhr und an die Brust griff", und

4. die am 21. Oktober 1986 geborene Sabrina Bl*****, "indem er unter den Badeanzug griff und sie dabei im Scheidenbereich berührte".

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen allein aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Der Verfahrensrüge zuwider bedeutete die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einvernahme der Alexandra B***** und Sabrina Bl***** "zum Beweis dafür, daß Sabrina Bl***** bereits von ihrem Stiefvater mißbraucht wurde und daher eine besondere Sensibilität gegenüber Berührungen hat, sohin die unabsichtlichen Berührungen des Angeklagten als Mißbrauchshandlungen gewertet hat und daher der Angeklagte die in der Anklageschrift genannten Unzuchtshandlungen nicht begangen hat, sowie zum Beweis dafür, daß die Mädchen einen Konflikt mit dem Angeklagten Meinrad K***** wegen der Katzen hatten und daher seine unabsichtlichen Berührungen übersteigert darstellen", keine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsrechte. Denn Gegenstand einer Zeugenaussage können nur Tatsachenbekundungen über sinnliche Wahrnehmungen sein, die der Vergangenheit angehören (Mayerhofer StPO4 § 150 E 1, 2; Leukauf/Steininger Komm3 § 288 RN 4); subjektive Meinungen, Ansichten, Wertungen, Schlußfolgerungen und ähnliche intellektuelle Vorgänge, auf die der in Rede stehende - mangels jedweder Anhaltspunkte sowohl für die behauptete psychische Störung der Zeugin Bl***** als auch für einen Konflikt zwischen den genannten Zeuginnen und dem Angeklagten (93, 109) in Wahrheit überdies auf die Einholung eines Erkundungsbeweises hinauslaufende - Beweisantrag abstellt, kommen hingegen als Gegenstand einer Zeugenaussage von vornherein nicht in Betracht. Damit erübrigt es sich, auch auf das Konkretisierungserfordernis der antragsspezifischen Eignung der Beweisquellen für den angestrebten Nachweis und die sachbezogene Schlüssigkeit des Antrages einzugehen.

Auch das weitere Beschwerdevorbringen, der Angeklagte sei anläßlich seiner Teilnahme an der kontradiktorischen Vernehmung der Tatopfer unvertreten gewesen, habe von seinem Fragerecht niemals Gebrauch machen können und in der Hauptverhandlung angegeben, "die Angaben der Mädchen nicht vollständig gehört zu haben", weshalb "es unverzichtbar gewesen wäre, zumindest einen Teil der Mädchen, so die beantragten Sabrina Bl***** als auch Alexandra B***** einzuvernehmen, um dieses im Gesetz verankerte Fragerecht ausüben zu können und damit zu beweisen, daß nur unabsichtliche Berührungen stattgefunden haben", geht ins Leere, weil es von dem in erster Instanz formulierten Beweisantrag nicht umfaßt wird.

Nur der Vollständigkeit halber sei im gegebenen Kontext darauf verwiesen, daß der Angeklagte es anläßlich der in seinem Beisein am 18. November 1997 gemäß § 162a StPO durchgeführten kontradiktorischen Vernehmung der Tatopfer ablehnte, an die Zeugen Fragen zu stellen (65), und anläßlich seiner Vernehmung als Beschuldigter am selben Tag - ohne auf später behauptete Informationsdefizite Bezug zu nehmen - zu Protokoll gab, "anläßlich der heutigen Vernehmung die Aussagen der Mädchen verfolgt zu haben" (69) und, nachdem ihm die Angaben der Mädchen abermals eindringlich vorgehalten worden waren, erklärte, bei seiner bisherigen Verantwortung zu bleiben. Von einer Verletzung einschlägiger prozessualer Bestimmungen kann somit - entgegen dem Beschwerdestandpunkt - keine Rede sein.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte