OGH 2Ob292/98z

OGH2Ob292/98z12.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Befangenheitssache des Richters des Landesgerichtes Klagenfurt Mag. Gerhard P***** in der beim Landesgericht Klagenfurt anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Diethelm O*****, vertreten durch Dr. Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr. Michael M*****, wegen S 20,000.000 sA, infolge Revisionsrekurses des Klägers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 12. August 1998, GZ 4 R 170/98m-6, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10. Juli 1998, GZ 2 Nc 22/98s-3, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Zur Verhandlung und Entscheidung der beim Landesgericht Klagenfurt zu 29 Cg 96/96b anhängig gewesenen Rechtssache war der Richter dieses Gerichtes Mag. Gerhard P***** zuständig. Er hat sowohl den mit der Klage gestellten Verfahrenshilfeantrag des Klägers als auch das Klagebegehren nach Verhandlung am 15. 12. 1997 mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Rekurs und Berufung waren erfolglos. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhob der Kläger außerordentliche Revision und beantragte unter einem neuerlich die Bewilligung der - ihm nach seinen Behauptungen aus persönlichen Motiven ungerechtfertigt verweigerten - Verfahrenshilfe.

Die außerordentliche Revision wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 24. September 1998 zurückgewiesen.

Am 8. 7. 1998 zeigte der Richter des Erstgerichtes seine Befangenheit mit der Begründung an, er sei nach Abschluß des Rechtsstreites vom Kläger derart attackiert worden, daß eine unbeeinflußte Verfahrensführung nicht mehr im vollen Umfang gewährleistet werden könne.

Der gemäß § 23 JN zuständige Senat des Erstgerichtes erachtete die Befangenheitsanzeige des Richters als begründet und verwies den Kläger, insoweit dessen oben dargestellte Ausführungen im Verfahrenshilfeantrag als Ablehnungsantrag aufzufassen seien, auf diese Entscheidung. Es führte im Rahmen der Begründung aus, die Gründe für die Selbstablehnung des Richters seien erst nach Abschluß des erstinstanzlichen Verfahrens eingetreten.

Das vom Kläger angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, daß im Spruch des Beschlusses ausgesprochen wurde, eine Nichtigerklärung des Verfahrens finde nicht statt. Es sprach aus, der Revisionsrekurs sei jedenfalls unzulässig.

In rechtlicher Hinsicht ging die zweite Instanz davon aus, der Kläger habe im Zusammenhang mit dem neuerlichen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung der außerordentlichen Revision lediglich ausgeführt, die Abweisung seines an sich gerechtfertigten Verfahrenshilfeantrages könne auf persönlichen Motiven beruhen. "Zweifel an einer objektiven Verfahrensführung und Verfahrensentscheidung" habe er bereits in seiner Berufung- und Rekursschrift deponiert, ohne allerdings den Verhandlungsrichter abzulehnen und dessen Befangenheit auch nur annähernd glaubhaft zu machen. Es wäre seine Sache gewesen, konkret, genau und detailliert aufzuzeigen, welche Gründe die Ablehnung des Richters begründet erscheinen ließen, und diese auch zu bescheinigen. Solche Gründe seien aber nicht geltend gemacht worden. Wenngleich der Kläger selbst keinen gerechtfertigten Ablehnungsantrag eingebracht habe, könne er doch das Unterbleiben der in § 25 zweiter Satz JN vorgesehenen Nichtigerklärung durch das Erstgericht bekämpfen. Das Erstgericht habe hierüber zwar nicht ausdrücklich im Spruch, wohl aber in der Begründung Stellung bezogen und ausgeführt, die Befangenheitsgründe des Erstrichters seien erst nach Abschluß des Verfahrens erster Instanz eingetreten. Diese Ansicht sei auch zutreffend. Jene Prozeßhandlungen, die der Richter noch völlig unvoreingenommen vorgenommen habe, seien von der erst später eingetretenen Befangenheit noch nicht berührt und daher von der Aufhebung durch die Ablehnungsinstanz auszunehmen. Das Erstgericht habe zutreffend keine Nichtigerklärung vorgenommen, lediglich zur Verdeutlichung sei im Spruch auszudrücken, daß eine Nichtigerklärung im Sinne des § 25 zweiter Satz JN nicht stattfinde. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses wurde auf § 24 Abs 2 JN und § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gegründet.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Rekurs Folge gegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Zur Zulässigkeit dieses Rechtsmittels wird geltend gemacht, es müsse im gegenständlichen Fall aufgrund des besonderen Sachverhaltes und auch aufgrund der gegebenen Mangelhaftigkeit ein weiteres Rechtsmittel möglich sein. Eine bestätigende Entscheidung im eigentlichen Sinn liege nicht vor, weil aufgrund der eigentlichen Nichtstattgebung des Antrages auf Befangenheit durch den Rechtsmittelwerber eine Zurückweisung anzunehmen sei. Sein Antrag sei an sich durch die Befangenheitserklärung des Verhandlungsrichters nicht einer Erledigung zugeführt, sondern es sei lediglich auf die Entscheidung über die Befangenheitserklärung des Erstrichters verwiesen worden. Darüber hinaus sei dem Rekurs aus formellen Gründen nicht Folge gegeben worden, weshalb auch aus diesem Grund ein weiteres Rechtsmittel gerechtfertigt erscheine. Überdies erscheine die gegenständliche Vorgangsweise von derartiger Bedeutung, daß es von vornherein gerechtfertigt sein müsse, daß über die regionale Gerichtsbarkeit hinaus eine Überprüfung erfolge.

Hiezu wurde erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 45/97p (= RdW 1998, 138) ausgeführt hat, ist in Ablehnungssachen gegen Entscheidungen der zweiten Instanz ein weiterer Rechtsmittelzug grundsätzlich ausgeschlossen, legt doch die Rechtsprechung die Regelung des § 24 Abs 2 JN als abschließende Sonderregelung über die Rechtsmittelzulässigkeit im Ablehnungsverfahren aus (RIS-Justiz RS0074402). Eine Ausnahme besteht hievon, freilich innerhalb der Grenzen des § 528 Abs 1 ZPO, für solche Beschlüsse, in denen das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung gerichteten Rekurses aus formellen Gründen ablehnte (Mayr in Rechberger, ZPO, § 24 JN Rz 5 mwN). Da eine solche Entscheidung des Rekursgerichtes hier nicht vorliegt, ist der Revisionsrekurs schon zufolge § 24 Abs 2 JN unzulässig, soweit er die Entscheidung über die Befangenheit des Erstrichters betrifft.

Auch eine Entscheidung der zweiten Instanz nach § 25 zweiter Satz JN, mit der die Nichtigerklärung der vom abgelehnten Richter vorgenommenen Prozeßhandlung ausgesprochen wird, ist unanfechtbar (EvBl 1977/173; RdW 1998, 138 ua). Wird aber einer Befangenheitsanzeige des Richters stattgegeben und erfaßt der Befangenheitsgrund auch die von ihm vorgenommenen Prozeßhandlungen, unterbleibt aber die notwendige Aufhebung nichtiger Prozeßhandlungen im Sinne des § 25 zweiter Satz JN, dann kann auch die Partei, die den Richter nicht abgelehnt hat, das Unterbleiben der Nichtigerklärung mit Rekurs bekämpfen (RdW 1998, 138; RIS-Justiz RS0046014). Der oben dargestellte Rechtsmittelausschluß gilt somit dann nicht, wenn das Verfahren trotz erfolgreicher Befangenheitsanzeige des Richters nicht oder nur teilweise für nichtig erklärt wurde; freilich sind auch in einem solchen Fall die Grenzen des § 528 Abs 1 ZPO zu beachten (RdW 1998, 138).

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, daß die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde. Hat das Rekursgericht den Beschluß der ersten Instanz mit einer "Maßgabe" bestätigt, dann kann darin eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses liegen; dient aber die Neufassung des Spruches nur der Verdeutlichung der Entscheidung des Erstgerichtes, ohne dessen Rechtskraftwirkung zu berühren, dann liegt eine echte Bestätigung vor (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 528 mwN). Eine solche Bestätigung mit einer "Maßgabe" ist aber hier gegeben. Hat doch das Erstgericht - wenngleich im Rahmen der Begründung der angefochtenen Entscheidung - ausdrücklich ausgeführt, die Gründe für die Selbstablehnung des Richters seien erst nach Abschluß des Verfahrens eingetreten. Das Erstgericht war also ganz offenbar der Ansicht, es bedürfe einer Nichtigerklärung von Prozeßhandlungen im Sinne des § 25 zweiter Satz JN nicht. Dieser Ansicht hat sich auch das Rekursgericht angeschlossen, lediglich im Spruch seiner Entscheidung erfolgte eine entsprechende Klarstellung. Es liegt also eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes vor, weshalb das Rechtsmittel des Klägers auch bezüglich der Frage der Nichtigerklärung des Verfahrens unzulässig ist.

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