Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger wurde am 26. 9. 1989 bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Aufgrund des rechtskräftigen Versäumungsurteiles des Bezirksgerichtes Linz vom 26. 8. 1991 haftet ihm der beklagte Haftpflichtversicherer des Unfallsgegners für alle zukünftigen Schäden aus diesem Verkehrsunfall im Umfang von 75 %.
Der Kläger begehrt von der Beklagten S 250.000,-- sA als weiteres Schmerzengeld. Er habe von der Beklagten bis 6. 9. 1993 insgesamt S 130.000,-- als Schadenersatz erhalten. Aufgrund der Schwere der Verletzungen und der daraus resultierenden Schmerzen sei bis zur Erhebung der Klage eine zusätzliche Schmerzengeldforderung (unter Berücksichtigung des Mitverschuldensanteils) von S 250.000,-- angemessen.
Die Beklagte beantragte in der vom Erstgericht gemäß § 243 Abs 4 ZPO ohne erste Tagsatzung aufgetragenen Klagebeantwortung die Abweisung des Klagebegehrens, soweit es S 112.500,-- übersteigt. Die Streitteile hätten am 5. 6. 1992 einen außergerichtlichen Abfindungsvergleich abgeschlossen, nach dem - unter Berücksichtigung des Mitverschuldens des Klägers - die Schmerzengeldansprüche bis 1. 1. 1992 mit insgesamt S 130.000,-- abgegolten worden seien. Aufgrund eines im August 1995 eingeholten Privatgutachtens anerkenne die Beklagte einen weiteren Betrag von S 150.000, jedoch nur als globale Abfindung für die vom Kläger erlittenen Schmerzen. Abzüglich des von ihm zu vertretenden Mitverschuldensanteils ergebe sich sohin ein global berechneter (restlicher) Schmerzengeldanspruch von S 112.500,--, der außer Streit gestellt werde.
Der Kläger versäumte die darauf anberaumte mündliche Streitverhandlung. Die beklagte Partei beantragte die Fällung eines Versäumungsurteils nach § 399 ZPO.
Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin S 112.500,-- zu zahlen. Das auf Zahlung weiterer S 137.500,-- gerichtete Mehrbegehren und das gesamte Zinsenbegehren wies es hingegen ab. Aus der Klage gehe weder hervor, welche Verletzungen der Kläger erlitten habe, noch in welchem Ausmaß er Schmerzen zu erdulden gehabt habe. Mit der bloßen Behauptung, schwere Verletzungen und daraus resultierende Schmerzen erlitten zu haben, sei er dem Bestimmtheitserfordernis des § 226 Abs 1 ZPO nicht gerecht geworden. Die Klage sei daher insgesamt unschlüssig und wäre zur Gänze abzuweisen gewesen. Dem Kläger sei aber der anerkannte Teilbetrag zuzusprechen gewesen. Die beklagte Partei habe zwar kein vorbehaltsloses Anerkenntnis abgegeben, weil es an die Bedingung geknüpft gewesen sei, daß mit dem anerkannten Betrag der gesamte Schmerzengeldanspruch des Klägers global abgegolten werde. Aus dem Anerkenntnis gehe aber eindeutig hervor, daß die beklagte Partei gewillt sei, dem Kläger Schmerzengeld von insgesamt S 112.500,-- zukommen zu lassen.
Gegen den abweisenden Teil dieses Urteils erhob der Kläger einen Widerspruch; weiters beantragte er, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der mündlichen Streitverhandlung zu bewilligen. Mit gesonderten Schriftsatz erhob der Kläger auch eine Berufung.
Das Erstgericht wies den Widerspruch zurück (Pkt 1) und den Wiedereinsetzungsantrag ab (Pkt 2). Der Widerspruch gemäß § 397a ZPO sei nur gegen ein nach § 396 ZPO gefälltes Versäumungsurteil statthaft. Nach rechtzeitig überreichter Klagebeantwortung ergehe aber gerade kein "echtes" Versäumungsurteil, sondern ein alle die Hauptsache betreffenden Fragen erledigendes Urteil, gegen das Widerspruch nicht erhoben werden könne.
Das Rekursgericht hob - nach der Erklärung des Klägers, daß zuerst über den Rekurs und dann erst über die Berufung entschieden werden möge - Pkt 1 des Beschlusses des Erstgerichts auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens über den Widerspruch gegen den abweisenden Teil seines Urteils unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Wenn der Kläger bei Entfall der ersten Tagsatzung und direkter Einräumung der Frist zur Erhebung der Klagebeantwortung gemäß § 243 Abs 4 ZPO der darauf anberaumten mündlichen Streitverhandlung fernbleibe, ergebe sich eine Verfahrenslage, die im wesentlichen dem Ausbleiben des Klägers bei der ersten Tagsatzung entspreche. Zwar liege dann schon ein Sachvorbringen beider Parteien vor, der Kläger habe aber - mangels Abhaltung einer ersten Tagsatzung und Erscheinens zu derselben - noch nicht seine Streitbereitschaft erklärt. § 399 Abs 1 ZPO sei angesichts des Umstands, daß es der Gesetzgeber aus Anlaß der Einführung des § 243 Abs 4 ZPO verabsäumt habe, ihn an diese Gesetzeslage anzupassen, teleologisch dahin zu reduzieren, daß in diesem Fall ein "unechtes" Versäumungsurteil nur im Falle der Säumnis des Beklagten zu fällen sei. Bleibe jedoch der Kläger dieser Verhandlung fern, dann sei gegen ihn ein Versäumungsurteil gemäß § 396 ZPO zu fällen. Daß die beklagte Partei nur ein Vorgehen gemäß § 399 ZPO beantragt habe, schade nicht, weil die Säumnisfolgen wegen des Nichterscheinens des Klägers jedenfalls geltend gemacht worden seien.
Der gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der beklagten Partei ist zulässig, weil sich der Rechtsmittelausschluß des § 397a Abs 3 ZPO nur auf Beschlüsse bezieht, mit denen das Versäumungsurteil aufgehoben wurde (RZ 1981/51; SZ 56/191; SZ 57/141; JBl 1985, 686), und zu der Frage, ob gegen den Kläger, der die erste mündliche Streitverhandlung nach schriftlich aufgetragener Klagebeantwortung versäumt hat, ein echtes oder ein unechtes Versäumungsurteil zu fällen ist, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besteht.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.
Gemäß § 243 Abs 4 ZPO kann der Vorsitzende, ohne eine erste Tagsatzung anzuberaumen, die Beantwortung der Klage mit schriftlichem Beschluß auftragen, wenn nach der Klage, besonders nach dem Inhalt ihr beigelegter Urkunden, anzunehmen ist, daß sich der Beklagte in den Rechtsstreit einlassen wird. § 398 Abs 1 ZPO, nach dessen Satz 1 der Kläger bei Säumnis des Beklagten mit der Erstattung der Klagebeantwortung die Erlassung eines Versäumungsurteils gemäß § 396 ZPO beantragen kann, gewährt nach seinem letzten Satz dem mit der Erstattung der Klagebeantwortung säumigen Beklagten den - nur gegen "echte" Versäumungsurteile zulässigen (arg: "Gegen ein nach § 396 gefälltes Versäumungsurteil" in § 397a ZPO) - Widerspruch gemäß § 397a ZPO, wenn der Beklagte bei der ersten Tagsatzung nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war. Die Rechtsprechung dehnt dieses Widerspruchsrecht auch auf Fälle aus, in denen die Klagebeantwortung gemäß § 243 Abs 4 ZPO sogleich schriftlich aufgetragen wurde (JBl 1984, 560; SZ 56/191 ua). § 399 Abs 1 ZPO sieht vor, daß die erschienene Partei die Fällung des Urteils beantragen kann, wenn nach rechtzeitig überreichter Klagebeantwortung die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung anberaumt wurde und eine der Parteien diese oder eine spätere zur mündlichen Streitverhandlung bestimmte Tagsatzung versäumt. In diesen Fällen ist nur mehr die Fällung eines "unechten" Versäumungsurteils zulässig, gegen das Widerspruch nicht erhoben werden kann. § 399 Abs 1 ZPO begrenzt den Zeitpunkt, bis wann ein echtes Versäumungsurteil erlassen werden kann, mit der rechtzeitig erstatteten Klagebeantwortung, ohne die Fälle zu unterscheiden, ob dem Auftrag zur Erstattung der Klagebeantwortung eine erste Tagsatzung vorangegangen ist, in der die Parteien die Bereitschaft, in den Streit einzutreten, durch ihr Erscheinen zur ersten Tagsatzung bekundet haben. Aus § 442 Abs 1 ZPO ergibt sich für das bezirksgerichtliche Verfahren, daß gegen den Kläger der bei der ersten, sei es zur Vornahme der im § 239 ZPO bezeichneten Prozeßhandlungen, sei es sofort zur Vornahme der mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung nicht erscheint, ein echtes Versäumungsurteil zu fällen ist; ein unechtes Versäumungsurteil ist gegen den Kläger zu fällen, wenn er der ersten zur Vornahme der mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung nach vorausgegangener ersten Tagsatzung oder einer späteren Tagsatzung fernbleibt (§ 442 Abs 3 ZPO).
Klicka (Wann ist ein "echtes" und wann ein "unechtes" Versäumungsurteil zu fällen? JBl 1990, 433 ff) fordert, § 399 ZPO teilweise auf Fälle der Beklagtensäumnis zu reduzieren und bei Säumnis des Klägers in der ersten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung nach direkt aufgetragener Klagebeantwortung immer noch ein "echtes" Versäumungsurteil zu fällen. Wie gemäß dem für das bezirksgerichtliche Verfahren maßgebenden § 442 Abs 1 ZPO ein echtes Versäumungsurteil zu fällen sei, wenn sich der Beklagte zwar in den Rechtsstreit sachlich eingelassen, der Kläger aber noch nicht seine Streitbereitschaft erklärt habe und bei der ersten für ihn vorzunehmenden Handlung säumig werde, sei auch im Gerichtshofverfahren die Fällung eines echten Versäumungsurteils mittels Analogie dazu und zu § 396 ZPO zu fällen, wenn der Kläger nach direkt aufgetragener Klagebeantwortung und Erstattung derselben die daraufhin anberaumte (erste) Verhandlungstagsatzung versäume. Steininger (Klagebeantwortungs-Analogie im Verfahren vor Bezirksgerichten bei absoluter Anwaltspflicht, RZ 1993, 106 ff [108]) und Rechberger (ZPO Rz 1 zu §§ 396, 397) haben sich dieser Argumentation angeschlossen. Der erkennende Senat hat dazu erwogen:
Durch den durch die ZVN 1983 neu geschaffenen § 243 Abs 4 ZPO sollte dem Richter die Möglichkeit geboten werden, keine erste Tagsatzung anzuberaumen, sondern den Beklagten schriftlich - durch Erstattung der Klagebeantwortung - zur Einlassung auffordern; das entscheidende Kriterium für diese Ermessensentscheidung des Richters wird in der Bestimmung ausdrücklich genannt, nämlich, daß sich der Beklagte vermutlich in den Rechtsstreit einlassen wird. Der Gesetzgeber wollte damit überflüssigen Aufwand, der in diesen Fällen mit der Abhaltung einer ersten Tagsatzung verursacht würde, vermeiden (669 BlgNR 15. GP 53). Er verfolgte mit der ZVN 1983 ganz allgemein den Zweck, das Einlassungsverfahren einfacher zu gestalten und daher auch schriftliche Erklärungen zuzulassen (RV aaO 26). § 399 ZPO hat er allerdings unverändert gelassen und die Erstattung der Klagebeantwortung als zeitliche Grenze für die Zulässigkeit eines echten Versäumungsurteils beibehalten, obwohl der Erstattung der Klagebeantwortung eine erste Tagsatzung nunmehr nicht mehr zwingend vorangehen muß. Entgegen der früheren Rechtslage könnte gemäß § 399 ZPO gegen den Kläger, der bei der ersten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung, die nach Erstattung der schriftlich aufgetragenen Klagebeantwortung anberaumt wurde, säumig ist, nur mehr ein unechtes Versäumungsurteil ergehen, obwohl davor keine erste Tagsatzung abgehalten wurde, die der Kläger besucht hat. Damit entstünde ein Widerspruch zwischen der für das Gerichtshofverfahren und der für das bezirksgerichtliche Verfahren geltenden Regelung, für die sich ein sachlicher Grund nicht finden läßt. Daß der Gesetzgeber mit der Ermöglichung des schriftlichen Auftrags zur Klagebeantwortung für das Gerichtshofverfahren die Voraussetzungen für die Fällung eines echten Versäumungsurteiles bei Säumnis des Klägers ändern wollte, ist nicht anzunehmen. Der erkennende Senat schließt sich daher der Auffassung Klickas an, daß § 399 ZPO für die erste Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung, die nach schriftlich aufgetragener Klagebeantwortung anberaumt wird, auf die Fälle der Beklagtensäumnis zu reduzieren und bei Säumnis des Klägers in dieser Tagsatzung ein echtes Versäumungsurteil gegen ihn zu fällen ist. Damit wird ein sonst zwischen § 399 und § 442 Abs 1 und 3 ZPO bestehender, sachlich nicht gerechtfertigter Widerspruch vermieden.
Das vom Erstgericht erlassene Urteil ist daher ein Versäumungsurteil im Sinn des § 396 ZPO, gegen das dem Kläger gemäß § 397a Abs 1 der Widerspruch zustand. Dem Revisionsrekurs war deshalb nicht Folge zu geben.
Die Revisionsrekursbeantwortung war zurückzuweisen, weil kein in § 521a ZPO geregelter Fall eines zweiseitigen Rekurses vorliegt.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.
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