OGH 9ObA225/98y

OGH9ObA225/98y21.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Manhard und Helmut Stöcklmayer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Siegfried K*****, Arbeiter, ***** vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei C***** Gesellschaft mbH, Arbeitskräfteüberlassung, ***** vertreten durch Dr. Klaus Altmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 43.887,46 brutto abzüglich S 5.312,04 netto (Revisionsinteresse S 12.767,69), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. August 1997, GZ 9 Ra 209/97i-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 28. Februar 1997, GZ 16 Cga 65/96m-10, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat ihre Revisionskosten selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 27. 6. bis 13. 12. 1995 bei dem beklagten Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen als Hilfsarbeiter beschäftigt und wurde an verschiedene Beschäftiger überlassen. So war der Kläger 21 Tage im Anwendungsbereich des Kollektivvertrages für die eisen- und metallverarbeitende Industrie, vier Arbeitstage in jenem des Kollektivvertrages für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe, 36 Arbeitstage im Kollektivvertrag für Asphaltierer und zuletzt in einem Betrieb beschäftigt, der dem Kollektivvertrag für Glasindustrie und Glashütten zugehörig war. In letzterem wie auch im Kollektivvertrag für Asphaltierer besteht bei einer berechtigten Entlassung ein Anspruch auf aliquote Sonderzahlungen. Bei den übrigen Kollektivverträgen besteht ein Sonderzahlungsanspruch bei berechtigter Entlassung nicht. Vereinbarungen über den Anspruch auf Sonderzahlung bestehen nicht. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete durch eine berechtigte Entlassung.

Für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist nur mehr das vom Kläger geltend gemachte und von der Beklagten bestrittene Begehren auf Leistung von aliquoten Sonderzahlungen, nämlich Urlaubszuschuß ausgehend von 25 Wochen sowie aliquote Weihnachtsremuneration.

Das Erstgericht hat den Anspruch des Klägers auf aliquote Sonderzahlungen bejaht, weil für die Dauer einer Überlassung an einen Beschäftigerbetrieb unabhängig von der Art der Beendigung der Beschäftigung aliquote Sonderzahlungen zustehen. Zum Einwand der Beklagten, daß der Kläger seine Ansprüche aus dem Dienstverhältnis aus Urlaubs- und Kündigungsentschädigung an die Republik Österreich abgetreten habe (§ 16 Abs 2 und Abs 4 ALVG) führte das Erstgericht aus, daß eine Legalzession allfälliger Ansprüche an das Arbeitsmarktservice die aktive Klagelegitimation nicht beseitige.

Das Berufungsgericht gab der Revision der Beklagten lediglich aufgrund der bereits früher erfolgten Zahlung der aliquoten Weihnachtsremuneration Folge und wies das diesbezügliche Begehren ab, bestätigte jedoch den Anspruch des Klägers auf Urlaubszuschuß sowie für das Revisionsverfahren nicht mehr bedeutsame Ansprüche auf Urlaubsabfindung und Entgelt bis zum Entlassungstag.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision zulässig sei, weil zur Beurteilung des Anspruches auf Sonderzahlungen bei überlassenen Arbeitnehmern, wenn die Kollektivverträge in den Beschäftigerbetrieben zum Teil den Entfall der Ansprüche auf Sonderzahlungen bei berechtigter Entlassung vorsehen und teilweise nicht, keine Judikatur des Höchstgerichtes vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der im Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (kurz AÜG) verwendete Begriff des Entgelts umfaßt auch Sonderzahlungen in dem auf die Einsatzzeit im jeweiligen Beschäftigerbetrieb entsprechenden Ausmaß (Geppert, AÜG 120; DRdA 1994/1 [Geppert] = Arb 11.074 = SZ 66/47). Der Kollektivvertrag des jeweiligen Beschäftigerbetriebes wirkt auf das mit dem Überlasser bestehende Arbeitsverhältnis der überlassenen Arbeitskraft nicht unmittelbar ein, er ist nur über den Umweg der Angemessenheit des Entgelts zu berücksichtigen. Bei Beurteilung der Angemessenheit des Entgelts für die Dauer der Überlassung ist auf das im jeweiligen Beschäftigerbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollektivvertragliche Entgelt Bedacht zu nehmen (DRdA 1993/46 [Ritzberger-Moser]; DRdA 1994/1 [Geppert] = Arb 11.074 = SZ 66/47). Aus dem jeweiligen Beschäftigerkollektivvertrag sind alle mit der Berechtigung eines Entgeltanspruches zusammenhängenden Regelungen mitzuberücksichtigen. Eine Herausnahme einzelner Detailregelungen ist nicht möglich (DRdA 1993/46 [Ritzberger-Moser]; DRdA 1994/1 [Geppert] = Arb 11.074 = SZ 66/47; 9 ObA 87/93).

Es wurde deshalb auch entschieden (9 ObA 87/93), daß der Anspruch auf Weihnachtsremuneration mit den im Kollektivvertrag (für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie) enthaltenen Entfallsbestimmungen für den Fall der verschuldeten Entlassung in untrennbarem Zusammenhang steht. Es sei daher nicht zulässig, sich hinsichtlich der Höhe des Anspruches auf den Kollektivvertrag zu berufen, die dazugehörige Entfallsbestimmung, die Tatbestände festsetzt, bei deren Vorliegen der Anspruch gar nicht entsteht, außer acht zu lassen.

Das bedeutet aber entgegen der Meinung der Revisionswerberin, daß der aufgrund der Bestimmungen des Kollektivvertrages, zu dem der letzte Beschäftigerbetrieb des Klägers zugehörig war und der für die Beurteilung der Angemessenheit des Entgelts zum Zeitpunkt der Entlassung ausschlaggebend ist, bestehende aliquote Anspruch auf Sonderzahlungen für dieses Beschäftigungsverhältnis infolge Fehlens einer Entfallsbestimmung im Kollektivvertrag durch die Entlassung nicht vernichtet wurde. Daß eine gesetzliche oder für den Überlasserbetrieb geltende sonstige Bestimmung den Sonderzahlungsanspruch ausgeschlossen hätte, kam nicht hervor.

Da während der Dauer der Beschäftigung in den anderen Beschäftigerbetrieben in diesen Kollektivverträgen vorgesehene sonderzahlungsanspruchvernichtende Umstände nicht eintraten, hat der Kläger auch hiefür im Verhältnis zur jeweiligen Beschäftigungsdauer den Sonderzahlungsanspruch.

Zu der vom Erstgericht bejahten und von der beklagten Partei in der Berufung nicht bekämpften Frage der aktiven Klagelegitimation ist nicht mehr Stellung zu nehmen, weil ein vom Erstgericht verneinter materiellrechtlicher Einwand, der in der Berufung nicht aufrechterhalten wird, nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens sein kann (RZ 1995/93).

Der Kostenausspruch beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

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