OGH 11Os108/98

OGH11Os108/9820.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Oktober 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Ebner, Dr. Habl und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fitz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerhard H***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Gerhard H*****, Johann P***** und Norbert H***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. April 1998, GZ 2d Vr 11.237/97-128, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche und einen Freispruch weiterer Angeklagter enthält, wurden Gerhard H***** (zu 1-5), Johann P***** (zu 1 und 4) und Norbert H***** (zu 3) des Vergehens des schweren - H***** des gewerbsmäßig schweren - Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, H***** nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3 und 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach haben sie zusammen mit den Mitangeklagten Franz S***** und Mario S***** in Wien, zum Teil mit der abgesondert verfolgten Vera B*****, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte nachgenannter Banken durch Täuschung über ihre Rückzahlungsfähigkeit unter Verwendung einer falschen Lohnbestätigung bzw einer inhaltlich unrichtigen Lohnbestätigung, sohin unter Verwendung falscher Urkunden bzw eines anderen solchen Beweismittels zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung von Kreditbeträgen verleitet, die die genannten Banken an ihrem Vermögen schädigten, wobei Johann P***** und Norbert H***** einen 25.000 S und Gerhard H***** einen 500.000 S übersteigenden Schaden herbeiführten und Gerhard H***** in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung dieser Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und somit gewerbsmäßig handelte, und zwar

1) Gerhard H***** und Johann P***** am 28. November 1995 die R*****bank W***** zur Auszahlung eines Kredites in der Höhe von 200.000 S,

2) Gerhard H***** am 4. Dezember 1995 die R*****bank W***** zur Auszahlung eines Kredites in der Höhe von 150.000 S (Schaden 30.000 S),

3) Gerhard H***** und Norbert H***** am 22. Dezember 1995 die R*****bank W***** zur Auszahlung eines Kredites in der Höhe von 200.000 S,

4) Gerhard H*****, Franz S***** und Mario S***** am 21. Jänner 1997 die M*****bank zur Auszahlung eines Kredites in der Höhe von 150.000

S und

5) Gerhard H***** und die abgesondert verfolgte Vera B***** am 22. Dezember 1995 die R*****bank W***** zur Auszahlung eines Kredites in der Höhe von 200.000 S.

Diesen Schuldspruch bekämpfen Gerhard H*****, Johann P***** und Norbert H***** mit Nichtigkeitsbeschwerden, die P***** auf die Gründe der Z 5, 9 lit a und 10, H***** nur auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO stützen, während die von H***** angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde nicht ausgeführt wurde.

Den Strafausspruch fechten H*****, P***** und H***** mit Berufung an; die Berufung der Staatsanwaltschaft richtet sich gegen den H***** und H***** betreffenden Strafausspruch.

Rechtliche Beurteilung

Die von H***** angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde war schon deshalb zurückzuweisen, weil sie unausgeführt blieb und in der Anmeldung des Rechtsmittels Nichtigkeitsgründe nicht bezeichnet wurden (§ 285d iVm § 285a Z 2 StPO).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Johann P*****:

Entgegen der in der Mängelrüge (Z 5) erhobenen Behauptung, das Schöffengericht habe bei den Feststellungen zum Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz die Verantwortung des Angeklagten, wonach er den Kredit zurückzahlen wollte, ebenso mit Stillschweigen übergangen wie den Umstand, daß er einige Kreditraten zurückgezahlt habe, haben sich die Tatrichter mit diesen Beweisergebnissen eingehend auseinandergesetzt. So wurde insbesondere berücksichtigt, daß einige Raten bezahlt wurden (US 14 f); allerdings gelangte der Schöffensenat zur Überzeugung, daß diese Ratenzahlungen lediglich aus dem herausgelockten Kreditbetrag, welcher zum Teil auf ein eigens dazu eröffnetes Girokonto transferiert wurde, geleistet wurden, um die Banken (zunächst) zu beruhigen (US 15). Von einer Unvollständigkeit der Begründung kann demnach keine Rede sein.

Der Einwand unzureichender Begründung des Bereicherungsvorsatzes versagt schon deshalb, weil das Argument, ein "in Kauf nehmen" einer Schädigung des Vertragspartners lasse "nicht einmal einen Schluß auf einen bedingten Schädigungsvorsatz, umso weniger auf den Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, zu", von vornherein nicht geeignet ist, den relevierten Begründungsmangel darzutun. Daß der Beschwerdeführer mit Bereicherungsvorsatz gehandelt hat, ergibt sich nämlich unmittelbar aus den Urteilsfeststellungen, denenzufolge er die Kreditsumme seinem Vermögen zuführte, ohne eine wirtschaftlich äquivalente Gegenleistung zu bieten, als welche vorliegend nur eine Kreditforderung in Betracht käme, welche zu erfüllen der Kreditnehmer in der Lage und willens ist. Die Feststellung, daß der Nichtigkeitswerber den Kreditgeber eben darüber täuschte, entband das Gericht von der Verpflichtung einer expliziten Begründung des Bereicherungsvorsatzes.

Soweit die Beschwerde aber in der Formulierung, der Angeklagte habe die Nichtrückzahlung des Kredites und die dadurch bewirkte Schädigung der Banken "in Kauf genommen" (US 14), einen den Schädigungsvorsatz betreffenden Feststellungsmangel (Z 9 lit a) erblickt, übersieht sie, daß sich fallbezogen der Schädigungsvorsatz schon als Korrelat des - wie erwähnt - mängelfrei konstatierten Bereicherungsvorsatzes (US 13) von selbst ergibt. Nur zur Klarstellung sei vermerkt, daß entgegen einigen vereinzelt gebliebenen älteren Entscheidungen (siehe hiezu Leukauf/Steininger Komm3 § 5 RN 17) ein "in Kauf nehmen" als Element des bedingten Vorsatzes nicht etwa die Wissenskomponente, sondern nach allgemeinem Sprachgebrauch unzweifelhaft die Willenskomponente umschreibt (vgl Duden Deutsches Universalwörterbuch2 1989 S 823:

etwas in Kauf nehmen = sich mit Unanehmlichkeiten, Nachteilen im Hinblick auf andere Vorteile abfinden ).

Auch die Subsumtionsrüge (Z 10) gelangt nicht zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung:

Bei dem dazu anzustellenden Vergleich der Urteilsfeststellungen mit dem darauf angewendeten Gesetz hat der Beschwerdeführer sich am Urteilssachverhalt zu orientieren und nachzuweisen, worin dem Gericht ein Rechtsirrtum unterlaufen ist.

Diesem Erfordernis wird die Beschwerde nicht gerecht: Denn der Einwand, die Qualifikation des § 147 Abs 1 Z 1 StGB sei nicht gegeben, weil das Erstgericht nicht festgestellt habe, daß sich der Beschwerdeführer zur Täuschung der Bank einer falschen oder verfälschten Urkunde bedient hätte, sondern lediglich von der Annahme ausgegangen sei, daß die (zur Täuschung verwendete) Gehaltsbestätigung inhaltlich unrichtig sei, läßt erkennen, daß der Beschwerdeführer allein den ersten Fall des § 147 Abs 1 Z 1 StGB im Auge hat, der den unter Verwendung einer falschen oder verfälschten Urkunde bewirkten Betrug unter eine erhöhte Strafsanktion stellt. Tatsächlich hielt jedoch der Schöffensenat den zweiten Fall dieser Qualifikationsbestimmung für verwirklicht (US 19), nämlich die Verwendung eines "anderen solchen Beweismittels" als Täuschungsmittel, worunter nach herrschender Judikatur auch eine zwar echte, aber inhaltlich unrichtige Urkunde fällt (13 Os 81/93, verstärkter Senat).

Der Beschwerdeführer vergleicht demnach nicht den festgestellten Sachverhalt mit dem vom Schöffengericht darauf angewendeten Gesetz, nämlich dem zweiten Fall des § 147 Abs 1 Z 1 StGB, sondern mit dem hier gar nicht relevanten ersten Fall dieser Bestimmung und verfehlt damit die gesetzesgemäße Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Norbert H*****:

Die Ausführungen dieses Angeklagten zur Mängelrüge (Z 5) sind, soweit sie darauf bezug nehmen, daß es ihm aufgrund seines Augenleidens nicht möglich war, zu erkennen, daß die zur Erreichung eines Kredites von H***** der Bank vorgelegte Gehaltsbestätigung gefälscht war, zur Darlegung eines Begründungsmangels nicht geeignet, weil das Erstgericht ihm eine solche Kenntnis ohnedies nicht angelastet hat (US 13).

Die übrigen Beschwerdeausführungen zu diesem Nichtigkeitsgrund, mit denen der Versuch unternommen wird, der einen Täuschungs- und Schädigungsvorsatz verneinenden Verantwortung des Angeklagten zum Durchbruch zu verhelfen, stellen sich insgesamt als im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung des Erstgerichtes nach Art einer Schuldberufung dar. Formelle Begründungsmängel werden damit nicht aufgezeigt. Dies gilt auch für die vermißte Feststellung, der Angeklagte sei der Meinung gewesen, H***** werde die ihm vorliegende Einkommensbestätigung des Beschwerdeführers - die dieser selbst als zur Erreichung eines Kredites unzureichend hielt (vgl S 377/II) - der Bank vorlegen, wird doch auch damit nur die Richtigkeit der erstgerichtlichen Feststellungen in Zweifel gezogen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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