OGH 3Ob242/98d

OGH3Ob242/98d7.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** S*****, *****, vertreten durch Dr. Franz P. Oberlercher, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, wider die beklagte Partei Edda H*****, vertreten durch Dr. Walter Reitmann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 85.000 S sA und Feststellung (Streitwert 10.000 S) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgerichts vom 29. Juli 1998, GZ 3 R 243/98i-26 , den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin vermag keine Umstände aufzuzeigen, die an der Richtigkeit der herrschenden Ansicht zweifeln ließen, die Rechtsfähigkeit eines ideellen Vereins entstehe - unabhängig von der Einhaltung verwaltungsrechtlicher Ordnungsvorschriften - bereits dann, sobald seine Konstituierung aufgrund einer Gründungsvereinbarung erfolgte (SZ 66/101; SZ 65/104; SZ 63/156; Aicher in Rummel, ABGB2 Rz 31 zu § 26; Posch in Schwimann, ABGB2 Rz 7 zu § 26). Diese Voraussetzungen der Rechtsfähigkeit eines ideellen Vereins sind nach den Feststellungen (ON 22 S. 8 f) erfüllt.

Die Beklagte ist der Ansicht, ein statutenwidriger Ausschluß von Vereinsmitgliedern sei rechtswirksam, wenn ihn nur die Betroffenen unbekämpft ließen. Das ist in dieser Allgemeinheit unzutreffend. § 6 der Satzung, wonach Mitglieder allein vom Vereinsvorstand als Kollektivorgan ausgeschlossen werden können, bezieht sich auf die Willensbildung des Vereins. Daher ist auch der Verein berechtigt, die Unwirksamkeit des Ausschlusses wegen fehlerhafter Willensbildung geltend zu machen. Ist die Rechtswirksamkeit des Ausschlusses - wie hier - Vorfrage der Hauptfrage, ob die am 13. 9. 1996 gefaßten Vereinsbeschlüsse rechtsunwirksam sind, kann sich deren Beantwortung im Verhältnis zum Verein - entgegen der Ansicht der Beklagten - demgemäß nicht einfach auf den Umstand beschränken, daß eine Anfechtung des Ausschlusses durch die betroffenen Vereinsmitglieder unterblieb. Es stellt sich somit gar nicht die Frage, ob ein satzungswidriger Vereinsbeschluß absolut nichtig (idS JBl 1987, 650; Aicher in Rummel aaO Rz 47 zu § 26; Posch in Schwimann aaO Rz 37 zu § 26) oder bloß vernichtbar ist. Träfe letzteres zu, wäre jedenfalls auch der Verein berechtigt, sich auf die Unwirksamkeit eines solchen Beschlusses zu berufen.

Aber selbst wenn jene Rechtsansicht der Beklagten (Pkt. 2 der Revision) zuträfe, entbehrte ihre Schlußfolgerung, sie habe die "Hauptversammlung" vom 13. 9. 1996 rechtmäßig einberufen, des erforderlichen Tatsachensubstrats, gehörte doch - nach den Feststellungen (ON 22 S. 11 f) - zu den von der Beklagten eigenmächtig "ausgeschlossenen" Vereinsmitgliedern zB nicht der damalige Obmannstellvertreter. Dieser und andere "nicht ausgeschlossene" Vereinsmitglieder wurden aber zur Veranstaltung der Beklagten am 13. 9. 1996 (ON 22 S. 14 und 18 f) gar nicht geladen.

Der reine Wortlaut des Vereinsstatuts ist nicht strittig. Es ist daher der Entscheidung auch § 10 der Satzung zugrundezulegen. Insoweit liegt die Schwäche der Urteile der Vorinstanzen darin, daß es an Feststellungen zur Frage fehlt, ob die außerordentliche Jahreshauptversammlung vom 17. 9. 1997 (ON 22 S. 12) "auf schriftlichen Antrag von mindestens 2/3 der Mitglieder" einberufen und abgehalten wurde, mangelte es doch an einem entsprechenden Vorstandsbeschluß. Fest steht nur, daß der Dachverband, dessen Mitglied die klagende Partei ist, die Versammlung vom 17. 9. 1997 unter Ladung aller Vereinsmitglieder auf Verlangen solcher Mitglieder (ON 22 S. 12 und 20) einberief (ON 22 S.13, 15 und 20 f).

Die Beklagte erhob im Verfahren erster Instanz keine Einwendung, wonach der Einberufung der Versammlung vom 17. 9. 1997 kein schriftlicher Antrag von mindestens 2/3 der Vereinsmitglieder zugrundegelegen sei, obgleich die Beschlüsse dieser Versammlung den entscheidungswesentlichen Klagegrund bildeten. Eine derartige Rüge ist auch deren Berufung (ON 23) nicht zu entnehmen. Selbst in den Revisionsausführungen wird die angebliche Statutenwidrigkeit der "Einberufung zur außerordentlichen Generalversammlung am 17. 9. 1996" nur darin erblickt, daß letztere durch den Obmann des Dachverbands ausgesprochen wurde (siehe dazu Beilage ./B), obgleich feststeht, daß der Dachverband nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Verlangen von Vereinsmitgliedern handelte (ON 22 S. 12 und 20). Dagegen ordnet die Satzung in § 10 lediglich an, daß die "Einladung zur Jahreshauptversammlung ... schriftlich bzw. mündlich zu erfolgen" hat. Die Befugnis zur rein organisatorischen Veranlassung der "Einladung" wird weder bestimmten Personen noch bestimmten Vereinsorganen vorbehalten. Daher ist für die Wirksamkeit der "Einladung" zu einer außerordentlichen Jahreshauptversammlung nur maßgeblich, daß sie auf einem schriftlichen Antrag von mindestens 2/3 der Mitglieder beruht, wer immer die "Einladung" tatsächlich versandt haben mag. Bloß der Umstand, daß die "Einladung" zur Sitzung vom 17. 9. 1996, die unter anderem den Tagesordnungspunkt "Neuwahlen" (siehe Beilage ./B) enthielt, vom Dachverband, jedoch namens einer Mehrheit von 2/3 der Mitglieder an alle Mitglieder versandt worden wäre, könnte daher jenes Treffen noch nicht der Qualifikation einer satzungsgemäßen außerordentlichen Jahreshauptversammlung entkleiden.

Nur dann, wenn die Zusammenkunft am 17. 9. 1996 nicht als außerordentliche Jahreshauptversammlung im Sinne der Satzung zu beurteilen wäre, wäre die Beklagte nach wie vor Obfrau der klagenden Partei, weil dann die Neuwahl des Vorstands in der Sitzung vom 17. 9. 1996 genauso unwirksam wäre wie die in der Versammlung vom 13. 9. 1996 beschlossene Auflösung der klagenden Partei unter Übertragung deren Vermögens an einen neuen Verein.

Dem ist hier allerdings nicht weiter nachzugehen. Die Beklagte versäumte es, schon in der Zulassungsbeschwerde ihrer außerordentlichen Revision Gründe aufzeigen, die gegen eine Qualifikation der Zusammenkunft von Vereinsmitgliedern am 17. 9. 1996 als außerordentliche Jahreshauptversammlung sprechen könnten. Der Oberste Gerichtshof hat aber die Prüfung der Frage der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision - nach seiner bisherigen Entscheidungspraxis - auf die in der Zulassungsbeschwerde angeführten Gründe zu beschränken (10 Ob 66/97x; Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO RZ 3 zu § 506). Ob diesem strengen Standpunkt beizutreten ist, bedarf hier keiner Erörterung, weil die Beklagte auch in ihren Revisionsausführungen nur erwähnt, das Treffen von Vereinsmitgliedern am 17. 9. 1996 sei keine außerordentliche Jahreshauptversammlung gewesen, weil es der Obmann des Dachverbands einberufen habe. Daß diese Ansicht unzutreffend ist, wurde bereits dargelegt. Die Beklagte unterstellt daher entweder offenkundig selbst, daß 2/3 der Vereinsmitglieder eine außerordentliche Jahreshauptversammlung schriftlich verlangten, oder will einen solchen Grund für die Unwirksamkeit von Vereinsbeschlüssen nicht geltend machen. Solche Schlußfolgerungen werden durch den Umstand gestützt, daß das Erstgericht der Zusammenkunft von Vereinsmitgliedern am 13. 9. 1996 gerade auch deshalb die Eigenschaft einer außerordentlichen Jahreshauptversammlung absprach, weil sie nicht aufgrund eines schriftlichen Antrags von mindestens 2/3 der Vereinsmitglieder anberaumt wurde (ON 22 S. 20). Die Beklagte kann daher eine derartige Einwendung zum Treffen vom 17. 9. 1996 im Rechtsmittelverfahren nicht bloß übersehen haben.

Obgleich die Behauptung der für die Bejahung einer satzungsgemäßen außerordentlichen Jahreshauptversammlung am 17. 9. 1996 erforderlichen Tatsachen ein Schlüssigkeitserfordernis der Klage gewesen wäre, hätte die Beklagte als Voraussetzung der Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision einen durch die Auslegung der Satzung gedeckten Schlüssigkeitsmangel der Klage - entweder schon in der Zulassungsbeschwerde oder doch zumindest in den sonstigen Revisionsausführungen - rügen müssen, weil sie nur dann eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufgezeigt hätte, von deren Lösung die Entscheidung abhinge.

Die Beklagte vermag ferner nicht plausibel zu begründen, weshalb die klagende Partei mit einer Klage auf Unterlassung der Ausübung einer Vereinstätigkeit unter einem bestimmten Vereinsnamen rechtskraftfähig bereits alles erreichen hätte können, was sie mit dem Feststellungsbegehren anstrebte.

Die außerordentliche Revision ist daher gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO (§ 510 Abs 3 ZPO) zurückzuweisen.

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